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M-em. Anzeiger für die Bezirde Ragild, EM ». SrendenftM Amtsblatt für den Bezirk Ragsld s. Alteuftetg-Slndt

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Unrnrner 218

Alterrsteig» MittwL»ci 7 den 11. Septemvee 1d29

52. Jahrgang

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Rede des Grasen Avponyi in Genf ^ ^

Gens, 10. Sevt. Die Vormittagssitzung des Völkerbunds am Dienstag wurde mit einer Rede des Ungarn Grafe» Apponyi «öffnet. Er betonte zunächst die grundlegende Bedeutung der obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit, mit deren Annahme Deutschland den übrigen Großmächten vorangegangen sei. Der Kelloggpakt und vor allem die Eeneralakte der letzten diesjäh­rigen Völkerbundsversammlung, der Graf Avvonyi wegen ihres Verzichtes auf den Sanktionsgedanken und wegen Anpassung des Vergleichs- und Schlichtungsverfahrens an die Methoden der Schiedsgerichtsbarkeit den Vorzug gibt, hätten neue Wege für die Anwendung der obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit eröffnet. In der Minderheitenfrage stimmte Graf Avvonyi den Ausführungen von Reichsminister Dr. Stresemann vollkommen zu. Insbesondere auch seinem Vorhaben, in einer sväteren Ta­gung den politischen Dersammlungsausschuh wieder mit dem Mindcrheitenvroblem zu befassen, da es als noch nicht gelöst oder endgültig abgeschlossen betrachtet werden könne. Die Un­gerechtigkeit im Rüstungsstand sei nicht nur ein Element des Weiterbestebens der Unsicherheit, sondern überdies eine Demü­tigung der besiegten Staaten. Er könne Dr. Stresemanns Be­merken beipflichten, daß unter den heutigen technischen Bedin­gungen der Heroismus auf dem Schlachtfelde keine Bedeutung mehr habe. Man müsse aber unterscheiden zwischen der Jugend, die im Glanze der Vormachtstellung ihres Landes aufwachse und jener anderen, dieim Schatten der Traurigkeit über ein zer­stückeltes Vaterland" lebe. Wer vorbehaltlos in der Richtung auf die friedliche Regelung aller.Konfliktsmöglichkeiten mitar­beite, sei berechtigt, die Gerechtigkeit und die Achtung der grundlegenden Lebensbedingungen der nationalen Existenz zu verlangen. Avvonyi schloß mit einem nochmaligen starken Be­kenntnis für die entscheidende Bedeutung der obligatorischen Schiedsgerichtsklausel. Als zweiter Redner behandelte der schwe­dische Außenminister Trygger vor allem die Wirtschaftsvrob- leme, deren Lösung dringender sei als etwa die vaneuropäische Frage. Unter scharfen Anklagen gegen die wachsenden schutz- zöllnerischen Tendenzen und die Handelspolitik der Großmächte im allgemeinen, die die wirtschaftliche Aktion des Völkerbundes zu kompromittieren geeignet seien, verlangte er eine grundsätz­liche Umstellung der Wirtschaftspolitik. Die kleinen Staaten könnten dabei unmöglich auf die Dauer voran gehen. Eine ra­dikale Aenderung sei erforderlich, da sonst selbst die bis jetzt gewonnenen Ergebnisse als gefährdet betrachtet werden müßten. Die Eesamtfrage hänge übrigens auch mit dem sozialen Frie- bensvroblem zusammen, die die Voraussetzung des politischen und wirtschaftlichen Wohlergehens der Völker seien.

Polen, Südslawien und Peru in den Völkerbundsrat gewählt

Genf, 9. Sept. Die Völkerbundsversammlung hat mit 56 von 53 Stimmen Polen ein weiteres dreijähriges Mandat als nicht­ständiges Mitglied des Völkerbundsrates bestätigt. Anstelle Ru­mäniens wurde Südslawien mit 42 Stimmen, anstelle Chiles Peru mit 36 Stimmen für drei Jahre in den Völkerbundsrat sewählt.

Die saarländischen Parteiführer bei der deutschen Delegation in Genf

Saarbrücken, 10. Sevt. Der Genfer Vertreter derSaarbrücker Zeitung" meldet, daß die in Genf weilenden Führer der saar­ländischen Parteien in Anwesenheit Dr. Stresemanns, Staats­sekretärs v. Schubert und der Reichstagsabgeordneten v. Rbein- baben, Dr. Kaas und D. Koch-Weser von der deutschen Dele­gation empfangen worden seien. Bei der Besprechung seien alle Tragen erörtert worden, die mit der Einleitung diplomatischer Verhandlungen über die Saarfrage zwischen Deutschland und Frankreich in Verbindung stehen und festgestellt, daß der Stand- «lnkt sämtlicher vertretenen Parteien in den besprochenen Fro­ren ein einheitlicher ist. Die Verhandlungen, die in der zwei­ten Hälfte des September in Paris beginnen, stehen deutscher­seits voraussichtlich unter der Leitung des Staatssekretärs v. D. Dr. Ernst v. Simson.

Der österreichische Bundeskanzler vor der Völkerbundsversammlung

Genf, 10. Sevt. Der österreichische Bundeskanzler Streeruwitz kielt Dienstag nachmittag vor der Völkerbundsversammlung «ne längere Rede. Er begrüßte mit aufrichtiger Freude die »ro­hen Fortschritte, welche die Idee der Schiedsgerichtsbarkeit im Haufe dieser Tagung gemacht hat. Bedauerlich sei, daß die At- Aosvhäre der Ruhe und des Vertrauens durch Gerüchte gestört werden, die jüngst bezüglich Oesterreichs in den Zeitungen ver­leitet wurden.Diese Gerüchte", so fuhr er fort,haben nicht ?erfehlt, im Auslande ihr Echo zu finden, und darüber möchte ein Wort sagen. Insoweit, als diese Stimmen auf Gerüchte über Interventionen oder Einmischung in die inneren Angele- ^nbeiten hinzielen, liest mir daran, hervorzuheben, daß diese Kombinationen an und für sich wo immer sie Herkommen, a« und für sich überaus beklagenswert sind, jeglicher Grundlage Ebehren und keinerlei Rechtfertigung in den tatsächlichen Vev- lrltnissen des Landes finden."

In einem weiteren von der englischen Delegation ei «gebrach­ten Entschließungsantrag über das Kohlen- und Zuckervrob- lem wird "der Völkerbundsrat aufgefordert, eine Zusammen­kunft von Vertretern der interessierten Regierungen^ herbelzd- führen, um die Möglichkeit des Abschlusses einer internationa­len Vereinbarung zu prüfen, die sowohl die Interessen der Pro­duzenten wie auch der Verbraucherländer und der Arbeiter ge­währleisten und erlauben würde, die gegenwärtig zu beobach­tenden erheblichen Schwankungen im Kohlen- und Zuckerpreis zu beseitigen, sowie gleichzeitig das Mißverhältnis »wischen Produktion und Bedarf herabzusetzen.

Erholungsreise des Reichsau'gemuinisters Dr. Stresemann

Genf, 10. Sept. Reichsaußenminister Dr. Stresemann be­gibt sich Mittwoch nachmittag zu einem Erholungsaufent­halt nach einem Ort der Zentralschweiz. Er wird in zwei bis drei Wochen nach Berlin zurückkehren. Der französische Ministerpräsident Briand hat Genf bereits Dienstag mittag verlassen.

Eine neue Weltwirtschaftskonferenz beantragt Genf, 10. Sept. Der Völkerbundsversammlung ist von der französischen Delegation ein Entschließungsantrag über die Ein­berufung einer neuen Weltwirtschaftskonferenz zugegangen, an der im Gegensatz zur ersten Weltwirtschaftskonferenz vom Jabre 1927 Regierungsvertreter teilnehmen sollen, um die Frage« »u vrüfen, die im Wirtschaftsrat offen geblieben sind.

Ei» Vorstoß -er Bmernsront

Forderungen an den Reichserniihrungsministcr Bor Ein­berufung des handelspolitischen Ausschusses Die Führer der in der Bauernfront zusammengeschlossenen agrarischen Verbände haben an den Reichsernährungsminister ein Schreiben gerichtet, das sich mit der kritischen Lage des ge­samten Agrarmarktes befaßt und eine Reihe sehr präzis for­mulierter Forderungen aufstellt. Wie wir erfahren, geht dieser Schritt darauf zurück, dag man die bisherigen Maßregeln als unzulänglich ansieht und infolgedessen, wenn nichts Durch­greifendes geschieht, ein Wachsen der eruptiven Stimmungen befürchtet, die sich hier und dort bei der Landbevölkerung zeigen.

In dem Schreiben, das von Brandes, Schiele, Hermes und Fehr unterzeichnet ist wird die Verschlechterung der Marktverhält­nisse seit dem Sommer geschildert. Es heißt weiter:

Die Landwirtschaft kann es nicht verstehen, daß die Reichs­regierung untätig einer Entwicklung gegenübersteht, die uns in schwere innere Erschütterungen hineinzutreiben droht. Die Erbitterung ist außerordentlich gewachsen und es wird den besonnenen Elementen angesichts der Untätigkeit der be­rufenen amtlichen Stellen immer schwerer, die erregten Ge­müter zu beruhigen. Die Verantwortlichkeit der Reichsregie­rung, auf die wir mehrmals mit größtem Ernste hingewiesen haben, hat sich nicht vermindert, sondern ist erheblich ge­wachsen. Wir richten daher erneut die dringende Forderung an die Regierung, unbeschadet der grundsätzlichen, aus lange Sicht und nur unter Mitwirkung der gesetzgebenden Körper­schaften zu verwirklichenden Forderungen unseres Programms vom 20. März d. I. eine Reihe o«i Sofortmatznahmen durch- zuführen, die geeignet find, die dringendsten Mißstände auf den landwirtschaftlichen Produktemuärkten zu beheben und die ohne Mitwirkung des Reichsttysplenums durchführbar find."

Als solche Sofortmaßregeln werden zahlreiche einzelne Punkto ausgezählt. Insbesondere wird gefordert, daß der Ernährungs­minister von den Ermächtigungen Gebrauch macht, die ihm das Gesetz über den Vermahlungszwang in die Hand gegeben hat, um einen stärkeren Verbrauch an inländischem Getreide zu be­wirken. Es wird die Auffassung vertreten, daß die im Gesetz vorgeschriebene Quote von 40 Prozent inländischen Weizens bisher tatsächlich nicht vermahlen ist. Eine Erhöhung dieser Quote wird verlangt. Auch auf dem Roggenmarkt werden Maßregeln empfohlen, die eine Minderung des inländischen lleberangebots bringen sollen. Der Zusammenhang mit den Fragen der Viehwirtschaft wird nachdrücklich betont. Die an­haltende Dürre der letzten Zeit habe zwangsläufig einen ver­mehrten Viehauftrieb und damit ein weiteres Sinken der Preise zur Folge. Die Verhandlungen mit Dänemark werden erfolg­los genannt, die Kündigung des deutsch-finnischen Handels­vertrags wird empfohlen. Der Brief nennt ferner einige wei­tere Maßregeln, darunter die Erhöhung der Zölle für Brau­gerste, zum Schluß die Befreiung der Landwirtschaft von der Last der Tilgung der Rentenmarkscheine.

Von unterrichteter Seite wird betont, daß die an diesem Schritt beteiligten, den verschiedenen Parteien ungehörigen Par­teien entschlossen sind, ihren Vorstoß mit allem Nachdruck weiter­zutreiben. Dem soll auch die Einberufung des handelspoliti­schen Ausschusses dienen, der voraussichtlich in der nächsten Woche zusammentreten wird.

Jedenfalls wirft die Aktion der Banernfront sehr ernste inner- politische Fragen auf, die genau wie die Reform der Arbeits­losenversicherung in der nächste« Zeit gelöst werden müssen.

Ser mW-Wesische Mg

London, 10. Sept.Times" berichtet aus Mukdenl Sowjetrutzland führt de« Krieg gegen China ohne jede Kriegserklärung. Der Vormarsch der Truppen ist auf dis Ankunft von Verstärkungen und auf die Organisation der Streitkäste unter dem Sowjetoberbefehlshaber Blücher (Galens) zurückzuführen. Weitere Verstärkungen werde« aus Moskau während der kommenden Woche erwartet- Die chinesischen Truppen sind angewiesen worden, sich bis zum äußersten zu verteidigen.

Eine neue Sowjeterklärung über den Ostchinabahn-Konflikt Moskau, 10. Sept. Das Außenkommissariat übergab oer deutschen Botschaft eine Erklärung mit dem Ersuchen um Weiterleitung an die Nankinger und Mukdener Regierung, in der 19 neue Fälle von Einbrüchen chinesischer Truppen­teile und weißgardistischer Banden in Sowjetgebiet an­geführt werden. Die Erklärung legt die Verantwortung für die Ileberfälle restlos der Nankinger und der Mukdener Regierung auf.

Die Lage an der sowjetruffisch-chinrfifchen Grenze London, 10. Sept. Wie Reuter aus Chardin meldet, sol­len sowjetrussische Flugzeuge erneut den Ort Pogronitsch» naya mit Bomben belegt habe«. In dem Ort herrsche-, lige Anarchie.

Die chinesisch-russischen Unruhen Mulden. 10. September. Ein amtliches Communique besagt: Der Bahnhof, die drahtlose Station und das Tele­graphenamt von Pogranitschnaya sind durch die Bomben der sowjetrusstschen Flugzeuge zerstört worden. Getötet wurden 40 Soldaten und 20 Eisenbahnbeamte. Russische Schiffe haben versucht, in den Sungari einzudringen, dessen Mündung von den Chinesen unter Feuer gehalten wurde. Heute früh haben sowjetrussische Flugzeuge die Stadt Mulin westlich Pogranitschnaya mit Bomben beworfen.

Neues vom Tage

Die Suche nach den Bombenattentätern. Ein früherer Polizeihauptmann verhaftet

Berlin, 11. September. Nach Blättermeldungen aus Itzehoe wurde gestern nachmittag im benachbarten Krempe ein angeblicher früherer Polizeihauptmann im Zusammen­hang mit den Bombenanschlägen verhaftet. Heber die Personalien wird strengstes Stillschweigen beobachtet. Der Verhaftete wurde schon längere Zeit verfolgt und gesucht. Er kam am Dienstag mit seinem Auto nach Krempe und stieg imKremper Hof" ab, um mit dem Zuge nach Heids weiterzufahren. Kurz nach seiner Ankunft wurde er ver­haftet.

Berlin, 11. September. DieD.A.Z." meldet hierzu aus Hamburg: Wie wir erfahren, soll es sich bei dem in Krempe Verhafteten um den etwa 40 Jahre alten angeb­lichen früheren Polizeihauptmann Nickel handeln. In seinem Besitz soll eine Bombe von der gleichen Beschaffen­heit gefunden worden sein, wie sie bei den Anschlägen zur Verwendung gelangt sind.

Noch im Laufe der späten Abendstunden fanden die ersten Vernehmungen im Landratsamt Itzehoe, worin der Verhaftete zunächst gebracht worden ist, statt. Zwei höhere Beamte des Altonper Polizeipräsidiums haben sich sofort nach Itzehoe begeben, um die lleberführung des Verhafte­ten nach dem Altonaer Polizeipräsidium in die Wege zu leiten. Mit Rücksicht auf die Tragweite des Falles wird wahrscheinlich die Staatsanwaltschaft in Altona den Fall direkt behandeln.

Es verlautet, daß man glaubt, im Anschluß an die Ver­haftung noch eine Reihe weiterer Spuren aufdecken zu können. Einzelheiten werden wegen der noch in Aussicht stehenden Verhaftungen vorläufig von den Behörden noch geheim gehalten.

Rene Läuderkonserenz

Berlin, 10. Sept. Am 4. Oktober treten die Unteraus­schüsse der Länderkonferenz zusammen, um über das O« ganisatiousreferat zu beraten. Es ist möglich, daß die Aus­schüsse auch noch am 5. Oktober tagen werden.

Briand unterbricht seinen Genfer Aufenthalt Paris, 10. Sept. WieMatin" berichtet, wird Briand an dem am Donnerstag in Rambouillet stattfittdenden Mi- nisterrat teilnehmen und wahrscheinlich Ende der Woche nach Genf zurückkehren.