angenommen, der die Zustimmung des Hauses dazu aus­spricht, daß die württembergische Regierung wiederholt bei der Reichsregierung auf die Wichtigkeit und Dring­lichkeit der Stromoerbesserung am Rhein und Neckar hingewiesen hat, ferner, datz die Reichsregierung mit der niederländischen über die Stromverbesserung am Rhein und seinen Zuflüssen und über die Finanzierung des deutschen Strombauprogramms in Verbindung getreten ist, und datz erneute Verhandulngen mit Baden und Hessen von der württembergischen Regierung eingeleitet find. Der Antrag ersucht schließlich die Regierung, auf eine möglichste Beschleunigung der Verhandlungen mit den Regierungen der Niederlande, Baden und Hessen hinzuwirken. Darauf trat das Haus in die 2. Be­ratung des Gesetzentwurfs über Zuruhesetzung zweier Beamter der Kunstgewerbeschule ein, ohne sie zu be­endigen. Freitag Fortsetzung.

Kein Raubüberfall.

Besigheim, 2. April. Der Postagent Geißel in Freudental ist von der Staatsanwaltschaft Heilbronn verhaftet und ins hiesige Untersuchungsgefängnis ein­geliefert worden. Er hatte anscheinend versucht, mit dem gemeldeten Raubüberfall die Behörden und das Publikum in den April zu schicken, um das Fehlen eines Betrages von annähernd 5000 -st in seiner Kasse zu verdecken. Die Schutzverletzung an der Hand soll er sich selbst beigebracht haben.

Ländliche Wohlfahrtspflege.

Nürtingen, 2. April. Am 6. Mai hält der Verein für ländliche Wohlfahrtspflege in Württemberg und Hohenzollern hier seine 9. Hauptversammlung ab. Auf der öffentlichen Versammlung wird Stadtpfarrer Sand- berger-Liebenzell über Wohlfahrtspflege und Familienleben und Bezirksschulinspektor Kirn von hier über Kunstpflege auf dem Lande sprechen.

Ein Großindustrieller als Landwirt.

Eningen u. A., 2. April. Fabrikant Robert Bosch in Stuttgart hat durch Gutsbesitzer Jäger auf dem Lin­denhof in Eningen ein der Gemeinde Eningen gehöri­ges Areal von 300 Hektar auf der Alb, die sogenannte Eninger Weide, zum Preise von 240 000 käuflich er­worben. Es soll darauf ein moderner, mustergültig geführter landwirtschaftlicher Betrieb eingerichtet wer­den. Der Kauf wurde heute von den bürgerlichen Kol­legien genehmigt.

Sigmaringen, 2. April. Der Kommunallandtag hat mit 9 gegen 6 Stimmen beschlossen, die hiesige Ackerbau­schule aufzuheben. Dagegen wurde der Beschluß gefaßt, in Haigerloch eine zweite einklassige Winterschule zu errichten.

Au» Wett und Jett.

Alt- und Jungliberale zu den Zentralvorstands- Beschlüssen.

Die Altnationalliberale Reichskorrespondenz be­streitet die Angabe des Jungliberalen Verbandes, in der Besprechung des Antrages auf Auflösung des Jung- und des Altliberalsn Verbandes sei auf altnationalliberaler Seite eine grundsätzliche Geneigtheit zur Auflösung nicht zu erkennen gewesen. Dazu sagt die Korrespondenz, die Altnationalliberalen hätten durch ihre Reden wie durch ihre Abstimmung ihre Bereitwilligkeit, an einer Ver­ständigung mitzuwirken, bekundet. Durch die junglibe­rale Erklärung aber wäre dem wohlgemeinten Zentral- vorstandsbeschlusse der Boden entzogen und es entfalle für die Altnationalliberalen jeder Anlaß, heute näher darauf einzugehen. Sachlich stimmt die Korrespondenz dann mit den Jungliberalen überein, indem sie auf die großen Schwierigkeiten hinweist, die einer Durchführung des Zentralvorstandsbeschlusses entgegenstehen, und die Frage aufwirft, ob die Zeit schon gekommen ist, um die notwendige und gerade auch von den Altliberalen im­mer gewünschte sachliche und taktische Einigkeit der

Partei auch organisatorisch voll in die Erscheinung tre­ten zu lassen. Diesen Bedenken habe der Abgeordnete Hirsch als Sprecher der Altnationalliberalen loyaler- roeise auch Ausdruck gegeben, als er im Zentralvorstande für den Altnationalliberalen Reichsverband die Bereit­willigkeit feststellte, in dem geplanten Verständigungs- ausschutz mitzuwirken.

Von leitender jungliberaler Seite wird Berliner Blättern eine Polemik gegen die Darstellung der natio­nalliberalen Korrespondenz mitgeteilt. Es heißt darin u. a.: Man hätte vor zwei Jahren den Reichsverband außerhalb der Partei gestellt und würde deshalb sich gefallen lassen müssen, daß diese außerhalb der Partei stehende Organisation über ihr Bestehen oder Nichtbe­stehen selbst beschließt. Der Beschluß des Zentralvor­standes würde wohl bei der Mehrzahl der Parteifreunde als übereilt empfunden. Es handle sich in Wirklichkeit um einen Vorstoß der Altnationalliberalen, welche dar­auf rechnen, daß ihre Eeheimkonventikel doch nie auf­gelöst werden können.

Justiz- Irrtum.

Frankfurt a. M.. 2. April. Der Kaufmann Georg Friedrich Ehrhardt wurde im vorigen Herbst auf das Zeugnis eines.Dieners wegen Einbruchs zu zwei Jahren > Zuchthaus verurteilt. Seine Anträge auf Revision und aus Eröffnung des Wiederaufnahmeverfahrens wurden abgelehnt. Nun hat der zu neun Jahren Zuchthaus ver­urteilte Arbeiter Boch im Zuchthaus die Tat eingestan­den, worauf Ehrhardt sofort freigelassen und nun von der Strafkammer freigesprochen wurde. Der Belastungs­zeuge hatte sich durch eine Aehnlichkeit des Ehrhardt mit dem Doch täuschen lassen.

Bittgesuch an den Kaiser.

Die Mutter des Berliner Ingenieurs W. Nicolai, der zusammen mit dem Luftfahrer Ingenieur Berliner und dem Architekten Haase eine Fahrt im Freiballon von Berlin nach Perm in Rußland machte und dort mit seinen beiden Gefährten bekanntlich immer noch fest­gehalten wird, hat jetzt an den deutschen Kaiser ein Telegramm gerichtet, in dem sie um Hilfe für ihren Sohn bittet.

Ein Dichtergreis s

München, 2. April. Der Schriftsteller Dr. Paul Heyse ist heute nachmittag um 5.20 Uhr sanft verschieden.

Eisenbahnunglück.

Batavia, 2. April. Heute früh ist ein Eisenbahn­zug auf einer Brücke nahe bei Tandjong Priok entgleist. Die Lokomotive und fünf Wagen stürzten in den Fluß. 20 Eingeborene wurden getötet und 50 verletzt. Die europäischen Reisenden, die sich im hintern Teile des Zuges befanden, blieben unverletzt.

Landu»irts«chaft «n- Märkte.

Künstliche Milch.

Die schwierige Aufgabe der billigen Ernährung gro­ßer Volksmassen bringt immer neue Probleme und neue Ideen ans Tageslicht. Eingedickte Milch, Trockenmilch, Milchpulver gibt's ja schon geraume Zeit, die Butter, das edelste Produkt der Milch, weiß man durch Marga­rine täuschend nachzuahmen, aber richtige,echte Kunst milch" hat man bis jetzt noch nicht gehabt. Nun, wir werden sie nächstens kosten kön­nen, und wenn wir das ehrsame Handwerk eines Bäcker­meisters in Frankfurt a. Main betrieben, hätten wir das Vergnügen vielleicht schon jetzt gehabt. Einer An­zahl Bäcker in Frankfurt wurde nämlich von einer in der Gründung begriffenenMilchfabrik" Proben von Kunstmilch" zugestellt, um dieselben auf ihre Vackfähig- keit zu prüfen. Der wichtigste, wenn nicht der Haupt­bestandteil der neuen Kunstmilch ist d i e So j a b o h n e, eine über ganz Ostasien verbreitete Hülsenfrucht, aus deren Bohnen man die Soja bereitet, die in Japan, China und Indien überall als Zutat zu Speisen ge-

Das Iischermädchen.

21) Novelle von Björnstjerne Björnson,

Eines Abends versammelten sich Seeleute, die Gunlaug Geld schuldeten, versoffne Arbeiter, denen sie keine Arbeit verschaffen wollte, junge Burschen, denen sie nicht pumpen wollte, oben auf dem Hügel, und Leute aus bessern Ständen führten sie an. Sie Pfiffen, sie heulten, sie schrien nach dem Fischermädchen" und nach derFischergunlaug"; bald flog rin Stein gegen die Haustür, bald ein zweiter durch das Fenster der Dachstube. Erst nach Mitternacht ging man aus­einander. Hinter den Fenstern war alles dunkel und still.

Am nächsten Tage wollte kein Mensch mehr bei Gunlaug einkehren, nicht einmal ein Kind ging mehr oben am Berge vorüber. Am Abend aber wiederholte sich der Auflauf, nur mit dem Unterschiede, daß jetzt die ganze Stadt daran teil­nahm; man zertrat alles, man zertrümmerte die Fenster, man riß den Gartenzaun aus, man brach junge Obstbäume um, und dazu sang man:

Mutter, ich habe einen Seemann gefischt.

So, hast du das?

Mutter, ich Hab einen Kaufmann gefischt.

Ja, hast du das?

Mutter, es beißt auch ein Pfarrer an!

Ei, so zieh an!

Ach kling und klang.

Die Nase wird lang.

Was Hilsts, die großen Fische beißen alle an.

Wenn man sie ins Schiffchen nicht ziehen kann?

Mutter, der Seemann ging mir durch.

Na, so tat er das!

Mutter, der Kaufmann ging auch mir durch.

Na, so tat er das!

Mutter, der Pfarrer bleibt auch nicht dran!

Ei, so zieh doch an!

Ach kling und klang,

Die Nase wird lang,

Was Hilsts, die großen Fische beißen alle an.

Wenn man sie ins Schiffchen nicht ziehen kann?

Und vor allem rief man nach Gunlaug, man freute sich darauf, ihre.ohnmächtige Wut lärmen und rasen zu hören.

Gunlaug saß auch drinnen und hörte jedes Wort; aber sie schwieg, denn um seines Kindes willen muß man viel ertragen können.

Petra war auf ihrer Kammer gewesen, als das Johlen, das Pfeifen und Geschrei am ersten Abend begann. Sie war aufgesprungen, als ob das Haus rings um sie her in Flammen stünde, oder als ob alles über ihr Zusammenstürzen sollte. Sie lief in dem Raum umher, als werde sie mit glühenden Ruten gepeitscht. Es brannte, es glühte ihr in die Seele, ihre Gedanken jagten sich müde nach einem Ausweg; aber zu der Mutter hinunter wagte sie nicht zu gehn, und draußen vor dem einzigen Fenster standen siel Ein Stein

gessen wird. Als sehr wärmebedürftrge Pfl-anze wird die Sojabohne in geringem Umfange auch in den Mais bauenden Ländern Europas (Ungarn, Balkanstaaten) gebaut und als sehr nährstoffreiches Viehfutter benutzt. Der Gehalt der Sojabohne an den wesentlichen, in der Kuhmilch enthaltenen Nährstoffen ist sehr groß und be­trägt für: Eiweiß 33,2 Fett 17,5 H, stickstoffreie Extraktstoffe 30,2 Mineralsalze 4,7 A. Ja, man ist sogar versucht, zu behaupten, daß, wenn die Herstellung einer der natürlichen Kuhmilch auch in ihren übrigen Eigenschaften wenigstens nahestehenden Flüssigkeit wirk­lich gelingt, diese letztere an verdaulichen Nährstoffen sogar reicher sein wird, als die Kuhmilch. Ob sie gerade so gern getrunken werden und ge­rade so bekömmlich sein wird, muß allerdings erst die Erfahrung lehren, aber wenn sie sich bei einem ent­sprechend billigen Preise verbacken läßt, ist schon außer­ordentlich viel erreicht. Das mit mehreren Millionen fundierte Unternehmen, an dessen Spitze der Vizepräsi­dent des Reichstages, Professor Dr. Paasche, steht, hat sich noch weit höhere Ziele gesteckt: Bon der aus der Sojabohne fabrizierten Milch will man auch Rahm ge­winnen, aus dem Rahm ri^ige Butter und die Milch soll sich sogar verkäsen lasten, genau wie die natürliche Kuhmilch. Don volkswirtschaftlichem Standpunkte aus wäre die Erreichung dieser Ziele in vollem Umfange von weittragendster Bedeutung und tiefgreifendem Ein­fluß auf die gesamte Landwirtschaft. Dr. Schwind.

Büchertisch

Wie man sich billig und chik zugleich kleiden kann,

lehrt aufs einfachste das tonangebende Weltmodenblatt Große Modenwelt", mit Fächervignette, Verlag John Henry Schwerin, E. m. H., Berlin lV? 57. Probenum­mern bei den Buchhandlungen und Postanstalten und dem Verlag John Henry Schwerin, E. m. b. H., Berlin VV. 57.

Le Traducteur, The Translator, Jl Traduttore,

drei Halbmonatsschriften zum Studium der französi­schen, englischen, italienischen und deutschen Sprache. Diese Sprachschriften bieten hauptsächlich folgenden In­halt: Interessante Erzählungen, naturwissenschaftliche Aufsätze, Handelsbriefe, Belehrungen über Länder- und Völkerkunde, Handel, Sitten und Gebräuche, entweder mit genauer Uebersetzung oder mit Fußnoten. Neben dem Sprachstudium berücksichtigen sie auch die Aneignung wichtiger Sachkenntnisse. Ganz besonders nützlich dürf­ten die in jeder Nummer enthaltenen Gespräche sein, in denen hauptsächlich die in den Schulen nicht genug gepflegte Umgangssprache berücksichtigt wird. Außerdem wird den Lesern Gelegenheit geboten, mit Ausländern zu korrespondieren. Probenummern für Französisch, Englisch oder Italienisch kostenfrei durch den Verlag des Traducteur" in La Chaux-de-Fonds (Schweiz).

Das erste Damenhotel in Paris bedeutet einen neuen Fortschritt in der Frauenbewegung, der bei uns gewiß bald Nachahmung finden wird. Eine vorzügliche Ab­bildung des Damenhotels finden die Leser und Leserin­nen der Illustrierten Familien- und Modenzeitung Häuslicher Ratgeber" in Heft 25 der beliebten Zeit­schrift. Für 15 H ist das Heft in jeder Buchhandlung zu haben. Probenummern versendet der Verlag auf Wunsch kostenlos und portofrei.

Briefkasten.

In dem Bericht über Gründungsversammlungen des Deutschen Bauernbundes (vgl. gestrige Nummer), ist insofern eine Unrichtigkeit enthalten, als außer in Neu­weiler und Sommenhardt nicht auch in Agenbach, son­dern in Aichelberg eine Ortsgruppe gegründet wurde.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.

kam hereingeflogen und fiel in ihr Bett. Sie stieß einen Schrei aus und lief in eine Ecke hinter eine Gardine und versteckte sich hinter ihre alten Kleider. Dort saß sie zu­sammengekauert glühend vor Scham, zitternd vor Furcht. Unklare Schreckbilder jagten an ihr vorüber, die Luft war angefüllt mit Gesichtem mit grinsenden, verzerrten Ge­sichtern; sie kamen ganz nahe an sie heran, Feuer regnete um sie her; nein, das war kein Feuer, es waren Augen; es reg­nete Augen, große, glühende Augen, kleine funkelnde Augen Augen, die starrten, Augen, die rollten Jesus, Herr Jesus! rette mich!

Ach, welche Erlösung, als die letzten Rufe in der Nacht erstarben, und cs ganz dunkel und ganz still wurde. Sie wagte sich hervor, sie warf sich auf ihr Bett und verbarg sich in den Kiffen, aber die Gedanken wollten nicht weichen; die Mutter erschien in ihnen drohend, ungeheuer, wie Gewitterwolken, die sich über dem Gebirge zusammenballen, denn was mußte die Mutter nicht um ihretwillen leiden! Es kam kein Schlum­mer in ihre Augen, es kam keine Freude in ihre Seele, und der Tag kam, aber er brachte keine Linderung. Sie ging auf und nieder, auf und nieder und dachte nur daran, wie sie entfliehen konnte, aber sie wagte nicht, der Mutter zu begeg­nen, sie wagte nicht, hinauszugehn, solange es Tag war, und mit dem Abend würden sie wiederkommen! Und doch mußte sie Watten, denn vor Mittemacht zu entfliehen war noch ge­fährlicher.

(Fortsetzung folgt.) ,, ,