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Nummer 178 s Altensteig» Donnerstag den 1 . Ausust 1929 _ j 25. Jastrgung

»Gras Zeppelin" zur Amerika- fahrt aufgestiegeu

Fahrt über Basel, die Rhone abwärts, Marseille, Gibraltar und die Azoren

Friedrichshasen, 1. August. (Telegramm.) Das LuftschiffGraf Zeppelin" ist heute früh 3.29 Uhr mit 18 Passagieren zur Amerikafahrt auf- g» stiegen und war 6.03 Uhr über Basel.

DerGraf Zeppelin" hat also zu dem vorher bestimm­ten Termin seine neue Amerikafahrt angetreten, obgleich auch die letzten Wettermeldungen vom Kanal wenig günstig lauteten. Von den bereits bekannten Passagieren konnten zwei an der Reise nicht teilnehmen. Es handelt sich um das amerikanische Ehepaar Pierce aus Newyork. Mrs. Pierce ist, wie verlautet, in Moskau erkrankt, so daß sie die Reise nach Friedrichshafen nicht unternehmen konnten. Die übrigen Passagiere sind vollzählig in Friedrichshafen eingetrosfen. Trotzdem durch das Ausscheiden des Ehe­paars Pierce zwei Plätze im Luftschiff freigeworden sind, wurden neue Passagiere nicht mehr angenommen, da das Schiff ohnehin schwer belastet ist. Nachdem die letzte Amerikafahrt durch widrige Umstände gescheitert ist, möchte man wünschen, daß die jetzt angetretene Fahrt einen glück­lichen Verlauf nimmt.

Haag -le Koafereazstadt

M« altes Zentrum der Weltdiplomatie und des Völkerrechts

Der Haag, holländisch 's-Eravenhage, ist die schönste Stadt Hollands. Sie ist königliche Residenz und Sitz der Regie­rung, während die eigentliche Hauptstadt des Landes be­kanntlich Amsterdam ist. Haag ist die drittgrößte Stadt Hollands, nach Amsterdam und Rotterdam, und zählt 416 000 Einwohner.

'«-Gravenhage (d. h. des Grafen Jagdrevier) war im 13. Jahrhundert ein Jagdschloß der Grafen von Holland. Graf Florenz V. machte es zu seiner Residenz. Doch blieb der Haag für längere Zeit nur ein ansehnliches Dorf und war daher in den Staaten von Holland nicht vertreten. Dagegen war er schon früh Sitz der Regierung und seit Wilhelm von Oranien bis zum Ende der Republik Sitz des Generalstabs. Die historischen Erinnerungen verbinden sich im Haag mit der Gestalt einer lebhaft bewegten und eleganten Stadt von heute zu einem reizvollen Gesamtbild.

Schon im 17. Jahrhundert war Haag der Mittelpunkt der europäischen Diplomatie. Am 23. Januar 1688 wurde dort die Tripelallianz zwischen England, Schweden und den NiÄwrlanden geschlossen. Im Februar 1691 fand hier die Zusammenkunft der deutschen Fürsten im Kriege gegen Frankreich statt. Im 18. Jahrhundert folgten: am 31. März 1710 das Haager Konzert zwischen dem deutschen Kaiser, England und Holland, zur Aufrechterhaltung der Neutrali­tät der deutsch-schwedischen Provinzen im Krieg gegen Schweden; am 4. Januar 1717 die Tripelallianz zwischen Frankreich, England und Holland zur Sicherung des Ut­rechts! Friedens. Am 17. Januar 1717 der Friede zwischen Spanien, Savoyen und Oesterreich; am 16. Mai 1795 der Friede mit Frankreich.

Seine eigentliche Berühmtheit als die Stadt der Welt- diplomatie und des Weltfriedens errang der Haag gegen das Ende des vergangenen Jahrhunderts.

Im Jahre 1895 berief Zar Nikolaus H. von Rußland eine Konferenz, die den Zweck haben sollte, die Militär­lasten aller Völker zu vermindern, um Kriege unmöglich zu machen. Diese erste große internationale Friedens­konferenz hat im Haag stattgefunden. Ihr folgte die zweite Haager Friedenskonferenz im Jahre 1907, die jedoch er­gebnislos verlief, da manche Regierungen die Einschränkung der Rüstungen als Verletzung ihrer Souveränitätsrechte betrachteten. Das einzige große Werk, das von den beiden Haager Friedenskonferenzen erreicht wurde, war die Schaf- ning des ständigen internationalen Schiedsgerichtshofes im Haag (Cour Permanente d'arbitrage). Auch wurde im H^ag gute Arbeit bei der Schaffung der Konvention ge­leistet, die humane Methoden der Kriegsführung bestimmen sollte. Der Haager Schiedsgerichtshof hat seinen Sitz im Friedenspalast (Vredespalais), der zu einer Sehenswürdig­

keit des Haags gehört. Der amerikanische Milliardär Car­negie hat 1903 den Bau dieses Palastes ermöglicht. Das Gebäude wurde 1913 fertiggestellt. Es befindet sich in dem reizenden ParkZorgvliet" am Beginn des Schevening- schen Weges. In wenigen Minuten gelangt man von dort nach Scheveningen, dem berühmtesten und luxuriösesten Seebade Hollands.

Heute hat der Haag erneut Gelegenheit, seinen Ruhm als Stätte internationaler Verständigung zu bestätigen. Die große politische Konferenz, die hier nunmehr stattfinden wird, hätte sicherlich kaum eine bessere Ortswahl treffen können. Auch liegt Anlaß vor, anzunehmen, daß das ge­waltige Bankinstitut, dessen Schaffung der Poungplan vor­sieht, die internationale Reparationsbank, im Haag seinen ständigen Sitz erhalten wird. Jedenfalls wird die schöne holländische Residenzstadt jetzt lange Wochen hindurch in aller Munde sein.

Die Einberufung der Haager Konferenz Berlin, 31. Juli. Heber die formale Seite der Ein­berufung der Haager Konferenz verlautet von unterrichteter Seite, daß die sechs beteiligten Mächte vereinbaren» sich am 6. August zu einer festgesetzten Stunde im Haag zn treffen. Zu dieser Zeit wird dann die Eröffnungssitzung stattfinden. Dieselben sechs Mächte laden Amerika ein, an der Konferenz teilzunehmen, und zwar erfolgt die Ein­ladung durch den Doyen des diplomatischen Korps in Wa­shington. In welcher Form die Vereinigten Staaten sich beteiligen, ob nur durch Entsendung eines Beobachters oder in aktiverer Form, steht natürlich bei der Entscheidung der amerikanischen Regierung. Ebenso werden die kleineren Mächte eingeladen, die Reparationsgläubiger sind.

Die französische Delegation für die Haager Konferenz Paris, 31. Juli. Die französische Delegation für die Haager Konferenz wird lautMatin" aus folgenden Per­sonen bestehen: Ministerpräsident Briand, Finanzminister Cheron, dem Sekretär im Außenministerium, Berthelot, dem Gouverneur der Bank von Frankreich, Moerau» dem Kabinettschef Briands, Leger, dem Rechtssachverständigxn des Außenministeriums, Fromageot, sowie mehreren Sach­verständigen, darunter dem Archivar der Bank von Frank­reich, Quesney.

Die britische Delegation

London, 3V. Juli. Wie der diplomatische Korrespondent des Daily Telegraph" berichtet, wird der britischen Delegation für die Haager Konferenz außer dem Schatzkanzler Snowden «nd dem Staatssekretär des Aeuheren, Henderson, auch der Präsident de<s Handelsamtes, Graham, angehören. Die Frage der Rbein- landräumung werde möglicherweise die Zuziehung von Militär- sachverständigen notwendig machen.

Französische Blätter über Konserenzsragen Paris, 31. Juli.Matin" erklärt, daß die französische Re- gierung nach wie vor dabei bleibe, daß die Haager Reparations­konferenz am 6. August beginne. Die Nachricht, Macdonald werde sich an der Konferenz nicht persönlich beteiligen, sei icht ernst- zuuehmen. Denn gerade der persönliche Wille Macdonalds sei der einzige Grund gewesen, weshalb die Konferenz nicht in der Schweiz, also in der Nähe von Genf tagen werde. Es wäre wohl möglich, daß die holländische Regierung darum ersuchen werde, nicht am 6. August, sondern einige Tage später zu be­ginnen, weil die technischen Vorbereitungen einige Zeit erfordern. Jede Verzögerung wäre ernst. Denn da der Völkerbund Ende August in Gens zusammentrete, habe die Konferenz nur drei Wochen Zeit, was gerade genug sein werde, den finanziellen Teil des Programms zu entwickeln.

Excelsior" gibt ein mit Vorsicht auszunehmendes Gerücht wieder, wonach die politische Konferenz wahrscheinlich nur ein oder zwei Wochen dauern und technische Kommissionen einsetzen werde, die bestimmt seien, die Fragen über die Inkraftsetzung des Poungplanes zu regeln. Di« Konferenz werde ihre Arbeite« nach der Session des Völkerbundes, die im Septamber in Genf stattfinde, wieder fortsetzen.

Der Sitz der Rcgierungskonferem Haag, 31. Juli. Es kann nunmehr als feststehend angesehen werden, daß die Regierungskonserenz in den Parlamentsgebäu­den auf dem Vinnenhof im alten Haager Burghof abgehalten werden wird. Die öffentlichen Vollversammlungen werden im Rittersaal der zweiten Kammer stattfinden, während für die Kommissionssitzungen der Sitzungssaal der ersten Kammer, so­wie mehrere Nebengebäude zur Verfügung stehen. Alle im Haag in Gang befindlichen Vorbereitungen werden in der Voraus­setzung getroffen, daß die Konferenz bereits am 6. August be­ginnen kann.

Brimds RegiMMttklörmg

Paris, 31. Juli. Die Regierungserklärung, die heut» nachmittag im Parlament verlesen wird, spricht zuerst Poincare wertvolle Sympathie und innigste Wünsche für baldige glückliche Heilung aus und fährt dann fort: Durch die Finanzierung im Aeußern, durch das Budgetgleichge­wicht, durch die Stabilisierung und durch die Regelung der auswärtigen Schulden Haien die beiden vorhergehende« Kabinette die Konferenz möglich gemacht, die sich in eini­gen Tagen versammeln wird und deren Ergebnis vor der Oeffentlichkeit des Landes die Vollendung des Werkes be­siegeln sollen» das für die Sicherheit Frankreichs in Europa, sowie für die Verteidigung seiner höchsten materiellem und moralischen Interessen in der Oeffentlichkeit durchgeföhrt worden ist. Es scheint uns, daß gegenüber dieser Ansicht eine Einigung unter uns möglich sein sollte. Die Stunde ist ernst genug, um die Aufopferung jeder anderen Erwä­gung für die Bedürfnisse unserer auswärtigen Politik zu rechtfertigen. Drei Monate Burgfrieden unter den gegen­wärtigen Umständen zn verlangen, erscheint uns keine un­mögliche Forderung. Die Haager Konferenz wird ein we­sentliches Glied in der Kette der Organisierung des Frie­dens sein. Die Verteidigung der Rechte und der Inter­essen Frankreichs auf dieser großen internationalen Ans­sprache bildet unsere Daseinsberechtigung. Sie ist unser Programm, wir könnten im gegenwärtigen Augenblick sa­ge» unser einziges Programm. Um im Namen des Landes mit der notwendigen Autorität zu sprechen, brauchen wir Ihr Vertrauen, Ihr ganzes durch Ihre Abstimmung zum Ausdruck gebrachtes Vertrauen Wir stehen den schwersten Verantwortlichkeiten gegenüber, die seit dem Ende des Krieges auf einer Regierung gelastet haben. Mit Ihrer Hilfe sind wir bereit, sie zu übernehmen. Wir verlassen uns daraus, daß Sie allein von den Interessen Frank­reichs geleitet sich auch Ihrer Verantwortung bewußt find.

Der französische Ministerrat über die Regierungserklärung

Paris, 31. Juli. In dem heutigen Ministerrat wurde der Text der Regiernngserklärung, die vom Ministerpräsi­denten in der Kammer und vom Justizminister im Senat verlesen wird, einstimmig gebilligt. Hierauf wurden die auf der Tagesordnung der Kammer stehenden Interpella­tionen geprüft und die Mitteilung des Innenministers über die für den 1. August getroffenen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe auf den Straßen entgegen- oenommen.

Bertrauenserkliirung für Briand

Paris, 31. Juli. In der ersten Sitzung der außerordent­lichen Kammertagung wurde nach Verlesung der Regie­rungserklärung und der Stellungnahme der Parteien die Tagesordnung Sibille, die die Regierung annimmt und

Ministerpräsident Briand das Vertrauen ausspricht, mit 325 gegen 136 Stimmen angenommen. 140 Abgeordnete enthielten sich der Stimme.

Die Tagesordnung hat folgenden Wortlaut: Die Kam­mer billigt die Erklärung der Regierung. Sie hat zu ihr Vertrauen, lehnt jeden weiteren Zusatz ab und geht zur Tagesordnung über.

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Aussprache i« der frauröfischeu Kammer

Paris, 31. Juli. Nach Verlesung der Regierungserklärung er­griff als erster Interpellant der sozialistische Abgeordnete Fros- fard das Wort. Er führt aus: Das Kabinett Poincare habe zwei Schläge erlitten. Erstens sei die Ratifizierung nur mit acht Stimmen Mehrheit erfolgt, darunter die Stimmen von 14 Ministern. Der zweite Mißerfolg sei der Versuch gewesen, die Steuererleichterungen durch die wenig höfische Verlesung des Dekrets zur Schließung der Tagung zu verhindern. Die Oppo­sition nehme die Beibehaltung Tardieus als Innenminister als Beweis dafür an, daß die Innenpolitik unverändert bleibe. Wenn Briand aus dem Haag zurückkehre, werde sich vor der Kammer eine andere Mehrheit und eine neue Regierung vor­stellen. Der kommunistische Abgeordnete Marcel Cachin erklärte, paß der Boungplan nur als ein Versuch Amerikas zu bezeichnen sei, die Hand auf Europa zu legen. Der der Gruppe Maginor angehörende Abgeordnete Eignoux spricht sich über Briands Pläne der Gründung der Vereinigten Staaten von Europa aus. Er bezweifelt, daß es möglich sei, im jetzigen Augenblick einen

Abbau der Zollpolitik zu erreichen. Der soziakrevublikanische Ab­geordnete Planche, vertritt den Standpunkt, daß man eiue Frie­denspolitik nicht mit einer Regierung machen kann, di« sich a>k eine Mehrheit stützt, die den Friedensideen nicht ergeben sei. -

Der sozialistische Abgeordnete Uhry forderte, dab Briand vo» Schluß der außerordentlichen Eeflion das Amnestlegefetz für Ktff Elsässer annebmen lass«. . . ,