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Atlerrsteig. Samstag den 13. I nni 19 29
32. Jat^egang
AmtseiMkMg des Kirch«- prSsidMle«
Theophil Wurm
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ev. Am Freitag vormittag fand in dem Festsaal des Neuen Vereinsbaujcs die feierliche Einführung des neuen Kirchenpräsidenten Tbeophil Wurm in sein Amt statt Nach einem Ein- gangsgebet, das von Vizepräsident Welsch gesprochen wurde, wartete die Versammlung gespannt, bis der neue Kirchenpräst- denr im Amtsornat mit dem goldenen Kreuz, von den Schriftführern Scheurlen und Seiz 2 geleitet in ihrer Mitte erschien. Präsident Rocker begrüßte ihn und nahm ihm das Amtsgelübde ab. worin er sich verpflichtete in Treue gegen das Evangelium sein Amt zu führen, die Ehre Gottes und das Heil der Seelen unverückt im Auge zu behalten, die kirchlichen Gesetze und Verordnungen zu wahren und das Wohl der evangelischen Kirche nach bestem Wissen zu fördern.
Die Reihe der Ansprachen eröffnete sodann Präsident Rücker, der im Namen des Landeskirchentags Segenswünsche und die Bereitschaft aller Mitglieder aussvrach, auf dem gemeinsamen Boden des Evangeliums und der Gewissenspflicht alles zu tun, um ihm die Führung des Amtes zu erleichtern. Im Namen des Oberkirchenrats begrünte Dir. Dr. Müller den Kirchenpräsidenten, wies darauf hin und berührte die Fülle neuer Aufgaben, die sich jetzt aufruc, vor allem die Neuordnung des gottesdienstlichen Lebens. Was unserer politisch, sozial und weltanschauungsmüßig so zerklüfteten Zeit besonders nottue, sei wahre innere Gemeinschaft. Die Kirche solle und wolle eine Stätte der Gemeinschaft sein für alle, die nach den ewigen Gütern des Evangeliums verlangen ohne Unterschied der politischen Partei, der sozialen Stellung und der Richtung. Daß sie diese für das ganze Volksleben so bedeurungsvollc Aufgabe immer weiter und besser erfüllen möge, sei der innigste Wunsch in dieser Stunde.
Im Namen der Gruppe 1 sprach Abg. Fischer die Freude darüber aus, daß eine in vielseitiger Arbeit erprobte, den Aufgaben der Gegenwart und Zukunft aufgeschlossene Persönlichkeit Kr die Leitung der Kirche gewonnen sei, und die Hoffnung, daß auch der neue Kirchenpräsident werde bleibende Arbeit leisten können. Ueber allen einzelnen Aufgaben stehe die umfassende, das Wort von der Versöhnung in die friedlose Menschheit und in das weithin Heimat- und wurzellose Volk hineinzu- tragen. Habe gestern der Landeskirchentag mit Ernst um die Wahl der rechten Persönlichkeit gerungen, so werden von heule an sich alle mit gleichem Eifer bestreben, den Neugewählten in seiner Aufgabe zu unterstützen.
Namens der Gruppe 2 begrüßte der Abg. v. Mayer 1 den Kirchenpräsidenten und erklärte die Bereitschaft der Gruppe, im Vertrauen mit ihm zusammenzuarbeiten. Der Redner zweifelt lucht, daß die Gruppe 2 für ihren grundsätzlichen Standpunkt ^ dem Kirchenpräsidenten Verständnis und Anerkennung finde. Daß die bedeutsame soziale Aufgabe der Kirche dem Kirchenprä- hdemen am Herzen liege, verbürge dessen Lebensgang. Dem , "at gegenüber habe die Kirche ihre Rechte zu vertreten, su- Sleich ztzbr nach aller Ueberzeugung mit ihm im Frieden zu eben, wjtz die Regierung zusammengesetzt sein möge.
Daraus ergriff Kirchenpräsident Wnrm das Wort zu einer ^"^ngsrwllen Einführnngsansvrache, in der er folgendes aus-
l freundlichen Begrüßungen,' die ihm zuteil geworden seien, »en ihn hoffen, daß vorhandene Gegensätze zurücktreten wer- n hinter der Pflicht zur gemeinsamen Arbeit auf demselben evangelischer Glaubensstellung. Er empfinde tief das de Maß von Verantwortung, Nachfolger eines Mannes zu
werden, der so erfolgreich dieses Amt geführt habe, habe es aber trotz aller Bedenken gewagt, dem Ruf zu folgen im Vertrauen auf Gottes Führung sowie auf die Mitarbeit der be währten Mitglieder des Obcrkirchenrats und des Landkirchen- !ags. Mit den erwählten Vertretern des evangelischen Kirchenvolks in steter Fühlung zu bleiben, sei ihm nicht Mk eine verfassungsmäßige vorgeschriebene Aufgabe, sondern auch persönliches Bedürfnis. Zugleich wisse er sich getragen durch die Fürbitte der Glaubensgenossen.
Der Kirchenpräsident gab sodann dem Gefühl der Gemeinschaft Ausdruck. Er gedachte in erster Linie des Pfarrstandes, auf dessen innere Einstellung und ganze Amtsführung so viel ankomme. Das Pfarramt sei beute selbst in einfachen Verhältnissen kein leichter, aber auch in schwierigen kein verlorener Posten. Wir fühlen uns verbunden all den Lehrern der ver- schiedenn Schulgattungen und grüßen die Scharen derer, die in freiwilliger Mitarbeit oder im Hauptberuf in Gemeinschaft und Innerer Mission unermüdlich für das leibliche und seelische Wohl des Volkes tätig sind. Ihre große Zahl, zu der sich einst auch der Kirchenpräsident während anderthalb Jahrzehnten rechnen durfte, widerlege die Anklage als stünde die Kirche den Nöten der Gegenwart tatenlos gegenüber. Wir schließen uns im Geist zusammen mit den Glaubensgenoffen in der Zerstreuung und ihren opferwilligen Freunden im Gustav-Adolf-Verein wie mit den Brüdern und Schwestern auf dem Missionsfeld» die den deutschen Namen in der weiten Welt zu Ehren bringen. Wir sind bereit auch über die Grenzen unseres Kirchentums hinaus mit jeder Religionsgemeinschaft zusammenzugehen, wenn es gilt, wertvolle Güter dem Volkstum zu erhalten, schwere Schädigungen abzuwenden, und wissen uns gerade auch in dieser Hinsicht mit den Leitern des Staatswesens einig.
Zum Schluß wies der Kirchenpräsident auf die schweren Gefahren hin, die der seit anderthalb Jahrzehnten in unserem Volk bestehende Zustand der äußeren Unruhe und inneren Gäü- rung auch für das Kirchenwesen in sich birgt. In allen Proben können Kirchenvolk und Kirchenleitung nur dann bestehen, wenn hinter der Rechtsgemeinschaft, die die Kirche auch ist, und als die neben andern Rechtsgemeinschaften sich zu behaupten sie verpflichtet sei, eine Lebensgemeinschaft derer steht, die als Dank für die dieselbe Gabe sich verpflichtet wissen zum selben Dienst. Die Zukunft der Kirche ruhe nicht auf Menschen oder auf wechselnden Ordnungen und Einrichtungen, sondern auf der Treue, mit der sie ihrer eigenen Botschaft nachlebt. Mit einem Segenswunsch schloß die von einem tiefen Verantwortungsgefühl und fester Elaubensgewißheit getragene Rede.
Aus dem Lebensgang des neuen Kirchenpräsidenten
Der neue Kirchenpräsident Theophil Wurm ist am 7. Dezember 1868 in Basel geboren, wo sein Vater, der verstorbene Dekan P. Wurm, damals theologischer Lehrer am bekannten Basler Missionsseminar gewesen ist. Sein theologischer Bildungsgang hat ihm von Tübingen ein Semester zum Studium nach Berlin geführt Seit seinem Besuch des ersten national- ökonomischen Kurses des Evangelisch-sozialen Kongresses im Herbst 1883 ist er mit der evangelisch-sozialen Bewegung eng verbunden. Nach kurzer Vikarszeit in Echterdingen und fünfjähriger Stadtvikarszeit an der Friedenskirche in Stuttgart wurde er 1899 in den Dienst der Evangelischen Gesellschaft berufen, vor allem zur Organisation der evangelischen Arbeit an der weiblichen Jugend. 1901 übernahm er die Stadtmission sowie das Sekretariat der Evangelischen Gesellschaft und hat stärkste Anregungen zur Bildung des Landesverbandes für die Innere Mission gegeben Außerdem wurde von der Evangelischen Gesellschaft auf seine Anregung hin das Charlottenheim erworben und als Töchterheim für die erwerbstätige Jugend verwendet. Unter wesentlicher Mitwirkung von ihm wurde das Zufluchtsheim Weraheim ins Leben gerufen. Seine Tätigkeit in der Evangelischen Gesellschaft war besonders den hilfsbedürftigen, gefährdeten und verlorenen Volksgenossen gewidmet, u. a. war er auch mit Seelsorge in den Gefängnissen betraut. So hat er 14 Jahre lang in dieser Stellung tiefe Einblicke in die soziale Arbeit und in die Zweige der Inneren Mission bekommen. Mehrere Jahre arbeitete neben ihm als Leiter der literarischen Abteilung August Hinderer, der heutige bekannte Direktor des Evangelischen Presseverbandes für Deutschland. In den unmittelbaren Dienst der wllrttembergischen Landeskirche trat Theophil Wurm im Jahre 1913 als zweiter Stadtpfarrer in Ravensburg und lernte hier aus eigener Anschauung die Verhältnisse in der oberschwäbischen Diaspora und die segensreiche Tätigkeit des Eustav-Adolf-Vereins kennen. Im Jahre 1919 wurde er in die verfassungsgebende Landesversammlung, die bekanntlich auch über die Stellung der Kirche im neuen Staat und über den Religionsunterricht an den Schulen grundlegende Entscheidungen zu treffen hatte, als Abgeordneter gewählt. Im Landtag hat er sachkundig und erfolgreich vor allem auf kulturpolitischem Gebiet mitgearbeitet. Sein politisches Mandat legte er freiwillig nieder, als er im Jahre 1920 Dekan in Reutlingen wurde. Trotzdem anfangs in einem Teil der Gemeinde Vorurteile gegen den angeblichen „Reaktionär" bestanden, hat er sich in kurzer Zeit das allgemeine Vertrauen erworben und hat mit Leuten anderer politischer Richtung nicht nur reibungslos, sondern fruchtbar und gedeihlich zusammengearbeitet. An der Gründung des Altenheims in Reutlingen war er wesentlich beteiligt. Dem gegenwärtigen Landeskirchentag wurde er im Jahre 1925 aus Vorschlag der Gruppe 1 zugewählt; zwei Jah^s-später wurde er Prälat des Sprengels Keilbronn.
Im Pfarramt wie an führender kirchlicher Stelle hat er sich das Vertrauen der Gemeinden und der Geistlichen erworben. Er steht als eine für die Fragen der Gegenwart und der theologischen Wissenschaft ausgeschloffene Persönlichkeit von ernster und warmer Frömmigkeit, starkem sozialem Empfinden, ein. dringendem Urteil, organisatorischem Geschick und weitem Ueber- blick in hoher Achtung.
Jas PreilßMMardat
Unterzeichnung des Konkordats
Berlin, 14. Juni. Wie der amtliche preußische Pressedienst mitteilt, ist am Freitag vormittag der Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Preußen und der römischen Kurie vom preußi, schen Ministerpräsidenten Dr. Braun und dem päpstlichen Nuntius Pacelli unterzeichnet worden. Dem Unterzeichnungsakt wohnten ferner die Staatsminister Dr. Becker und Dr. Höpker- Aschoff bei Außerdem waren anwesend der Staatssekretär im Staatsministerium Dr. Weismann, der Staatssekretär im Kul- tusministerium Dr. Lammers, Ministerialdirektor Dr. Trendelenburg, Nuntioturrat Mops Centoz und P. Eduard Eehr- mann.
Der Ministerpräsident dankte nach der Unterzeichnung de» Vertrags dem Herrn apostolischen Nuntius und seinen Mitarbeitern für die große Mühewaltung, die er dem Vertragswerk gewidmet hat und sprach auch den Herren auf der preußischen Seite seinen Dank aus. Er sprach die Hoffnung aus, daß das Parlament den Vertrag genehmigen werde und daß damit heute der Grundstein zu dauernd friedlichen Beziehungen zwischen dem preußischen Staat und der Kirche gelegt sei. Der apostolisch« Nuntius dankte dem Ministerpräsidenten und erklärte, daß das Parlament, wenn es diesen Vertrag genehmigt, eine Historische Tat vollzieht» mit der der dauernde kirchliche Fried« gesichert sei.
Der Inhalt des Konkordats
Berlin, 14. Juni. Der Vertrag wird eingeleitet mit dem Hinweis, daß beide Parteien m dem Wunsche, die Rechtslage der katholischen Kirche in Preußen den veränderten Verhältnissen in Preußen anzupassen beschlossen haben, in einem förmlichen Vertrag neu und dauernd zu ordnen. Der Vertrag umfaßt 14 Artikel und ein Schlußprotokoll. Nach Aufzählung der beiderseitigen Bevollmächtigten heißt es in
Artikel 1: Der Freiheit des Bekenntnisses und der Ausübung der katholischen Religion wird der preußische Staat den gesetzlichen Schutz gewähren.
Artikel 2 enthält den Hinweis, daß die gegenwärtige Diözesan- organisation und der Zirkumskription der katholischen Kirche Preußens bestehen bleibt und in Aachen wieder ein bischöflicher Stuhl errichtet wird. Dem Bistum Osnabrück werden die bisher von seinem Bischof verwalteten Missionsgebiete einverleibt. Dem bischöflichen Stuhle zu Paderborn wird der Metropolitancharakter verliehen. Der bischöfliche Stuhl in Breslau wird zum Sitze eines Metropoliten, das Breslauer Kathedral- zum Metropolitankapitel erhoben. Der bisher dem Bischof von Breslau mit unterstehende Delegatursitz Berlin wird selbständiges Bistum, dessen Bischof und Kathedralkapitel bei St. Hedwig in Berlin ihren Sitz nehmen.
Nach Artikel 3 können unbeschadet der Bestimmungen des Artikels kirchliche Aemter frei errichtet und umgewandelt werden, falls Aufwendungen aus Staatsmitteln nicht beansprucht werden.
Artikel 4 enthält Bestimmungen über die Dotation der Diözesen und Diözesananstalten, die künftig jährlich 2 800 000 RM. betragen und im einzelnen gemäß besonderer Vereinbarung verteilt werden wird Für eine Ablösung der Staatsleistungen gemäß der Verfassung des Deutschen Reiches bleibt die bisherige Rechtslage der Diözesandotation maßgebend.
Artikel 5 regelt die Eigentumsverhältnisse und andere Rechte der öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Anstalten und Stiftungen der katholischen Kirche an ihrem Vermögen nach Maßgabe der Verfassung des Deutschen Reiches.
Artikel 8 und 7 regeln die Neubesetzung eines erzbischöflichen oder bischöflichen Stuhles Der Heilige Stuhl wird hiernach zum Erzbischof oder Bischof niemand bestellen, von dem nicht das Kapitel nach der Wahl durch Anfrage bei der preußischen Staatsregierung festgestellt hat, daß Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen.
In Artikel 8 heißt es u. a.: die Dignitäten der Metropolitan- und der Kathedralkapitel verleiht der Heilige Stuhl. Die Ka- nonikate der Kapitel besetzt der Diözesanbischof abwechselnd nach Anhörung und mit Zustimmung des Kapitels, ebenso die Dom- »ikarien.
Artikel 8 besagt u. a.. Angesichts der in diesem Vertrag zugesicherten Dotation der Diözesen und Diözesananstalten wird «in Geistlicher zum Ordinarius eines Erzbistums oder Bistums, zum Weihbischof, zum Mitglied eines Domkapitels, zum Domvikar, zum Mitglied einer Diözesanbehörde oder zum Leiter oder Lehrer an eine Diözesanbildungsanstalt nur gestellt werden, wenn er die deutsche Reichsangehörigkeit hat und das vorgeschriebene Studium erledigt hat. Bei kirchlichem und staatlichem Einverständnis kann von den genannten Erfordernissen abgesehen werden. Mindestens zwei Wochen vor der beabsich-