Grobe Fehler zwar können nicht nachgewiesen werden. Die gemischten Chöre flössen im allgemeinen lebendiger und geschloffener dahin' so z. B. kam der Chor im zwei­ten TeilWas klingen denn die Hörner" recht packend zur Geltung und ebenso der GrabgesangWie Blätter am Baum" im ersten Teil des Werkes. Mit Wärme kam der prachtvolle Männerchor heraus:Bist du im Wald gewandelt". Von den Solisten nennen wir zuerst die Interpretin der Rose, Fräulein Dora Roos. Sie war mit ihrem frühlingsfrischen Gesang, der wie Lerchenschlag klang, voll auf der Höhe ihres Könnens; sie vermochte in Natürlichkeit und Schlichtheit auch die schwierigsten Partien ihrer Rolle mühelos zu beherrschen und sie mit gutem Verständnis zu singen. Unfern besten Glückwunsch! Die Altsoli sang Fräulein I u l i e E i d e n- benz aus Altburg. Ihre Stimme ergänzte die der Sopranistin volltönend und wohlklingend; prachtvoll entströmte ihr z. B. das Lied der Elfenfürstin:Und eine Rose sollst du tragen". In dem poetischen Dreigesang zu Beginn,Die Frühlingslüfte bringen", begleitete Frl. Göhner mit einer kräftigen, geschmeidigen Stimme als Alt. Der Gesang der drei Stimmen war ein Ka­binettstück an Musik und Wohllaut; vielleicht die beste Leistung des Abends. Hauptlehrer Aichele trat, so viel wir wissen, mit der Uebernahme der Tenorsoli- Partien zum erstenmal öffentlich in Calw auf. Der Tenorstimme ist im Werk die verbindende Erzählung Angewiesen; sie ist musikalisch und technisch zum Teil recht schwierig gehalten. Herr Aichele zeigte sich in der Be­wältigung dieser Partie als ein vortrefflicher Musiker und als ein geschmackvoller Sänger, zu dessen Eintritt in das musikalische Leben der Stadt diese sich nur be­glückwünschen kann. Rechtsanwalt Rheinwald fes­selte die Zuhörer mit seinem weichen und doch aus­giebigen, runden Baß, welche Stimme im Werk die Partie des Totengräbers zugewiesen ist; Handelslehrer Stauff mit seiner reinen, angenehmen Baßstimme war dann in dem Duett zwischen Rosa, der Müllerin, dem Müller und dem Totengräber alsMüller" ein vollwertiges Glied dieser musikalischen Kette. In Vikar Herrmann war dem Chor und den Solisten eine vorzügliche Kraft zur Begleitung am Flügel beigegeben. Es war ein Genuß für sich, namentlich auch seiner Wie­dergabe der Zwischenspiele zuhören zu dürfen, seine ganze Art, das duftige und poesiereiche Werk, soweit es feine Aufgabe war, seelenvoll vor Ohren und Herzen er­stehen zu sehen.

Herr Eunderthat wieder einen großen Tag hin­ter sich und sein Kirchengesangverein nicht nur. sondern alle Freunde der Musik, werden ihm für die mühevollen Vorbereitungsarbeiten und dann für die gelungene, liebevolle Durchführung des schönen und schweren Wer­kes aufrichtigen Dank wissen. Möge er den Verein noch oft zu solchen Höhepunkten führen dürfen, wie gestern, zu Veranstaltungen, die dem Laien und dem Musiker Stunden edler Freude bereiten, die ihren Schim­mer bis ins Alltagsleben hinüberwerfen!

Der Sturm in der Nacht vom Montag auf Dienstag hat in unfern Wäldern glücklicherweise keine großen Verwüstun­gen angerichtet. Auch im übrigen Württemberg verlief er ohne besonderen Schaden.

O. Vortrag. Auf den auf Veranlassung der Jung­deutschland-Ortsgruppe veranstalteten Georgenäums- vortrag (siehe Inserat) von Herrn Leutnant Schafferdt möchten wir an dieser Stelle noch besonders Hinweisen.

(Einges.)

8- Mötttingen, 17. März. Das im Konkurswege ver­steigerte Gasthaus mit Bäckereiz. Krone" hier, wurde dem Bäcker Ernst Schwarz aus Weiler, OA. Schorndorf, zuge­schlagen um die Kaufsumme von 20 250 ,F.. Die hiesige Gemeindejagd wurde um einen jährlichen Pacht von 243 auf die folgenden 6 Jahre von Sägewerksbesitzer Heintel in

Hausen a. W. gepachtet. Möge nun das seither übliche Kahenschießen ein Ende haben!

Württemberg.

Wiirttembergischer Landtag.

Stuttgart, 17. März.

Die neulich abgebrochene Debatte über die Eingabe des neuen Eisenbahnerverbandes um Schaffung einer S o n d e r a n st a l t der Invaliden- und Hinterbliebenen­versicherung für die württembergischen Verkehrsanstalten und über den Zentrumsantrag auf Schaffung einer Pensions­kasse für die staatlichen Arbeiter wurde heute nachmittag fort­gesetzt. Den sozialdemokratischen Antrag Mattutat auf Er­höhung des staatlichen Zuschusses für die Pensionskasse der Angehörigen unserer Verkehrsanstalten beantragte Hieb er (N.) dahin zu ergänzen, daß dabei auch die Möglichkeit des Eintritts schon vor der Erfüllung der Militärpflicht, sowie ein Wegfall der auf das 50. Lebensjahr festgesetzten Grenze ins Auge zu fassen sei. Nachdem ein Vertreter der Versiche­rungsanstalt Württemberg weitere eingehende Fürsorge zuge­sagt hatte, legte als Sekretär des alten Eisenbahnerverbands der Abg. Fischer (V.) die Gründe dar, weshalb sein Verband heute von der alten Forderung einer Sonderanstalt zurück­getreten sei. Ministerpräsident v. Weizsäcker wandte sich wiederholt gegen die Sonderanstalt und erklärte, daß auch die Regierung das 50. Lebensjahr streichen und die Zulassung des Eintritts von der Erfüllung der Militärpflicht nicht mehr abhängig machen wolle. Kurz nach 7 Uhr wurde auf Anregung des Berichterstatters die Weiterberatung auf mor­gen vormittag 9 Uhr vertagt.

Das Ergebnis der Roten Woche.

Wie die Schwäbische Tagwacht nunmehr abschließend mitteilt, sind in Stuttgart während der Roten Woche 1275 Parteimitglieder, davon 945 männliche und 330 weibliche, gewonnen worden. Das Blatt selbst hat der Agitation insgesamt 425 neue Abonnenten zu ver­danken.

Metzger und Konsumverein.

Heidenheim, 17. März. Die Freie Metzgerinnung hatte einen hiesigen Metzgermeister ausgeschlossen, weil er sich weigerte, gleich den übrigen Metzgermeistern einen Vertrag zu unterschreiben, der ihm bei Konventio­nalstrafe die Lieferung an einen Konsum-oder Rabatt­sparverein verbot. Der Ausgeschlossene legte beim Ge­meinderat Beschwerde ein, worauf der Beschluß von die­sem für unzulässig erklärt und wieder aufgehoben wurde.

In der Kirche totgestürzt.

Weißenau OA. Ravensburg, 17. März. Während des Dormittagsgottesdienstes fiel am Sonntag ein An­staltspflegling kopfüber von der Galerie auf den Stein­boden und starb nach einstündiger Bewußtlosigkeit. Der Unfall brachte die Kirchenbesucher in große Aufregung.

Freudenstadt, 17. März. Der Oberamtsoorstand, Regierungsrat Wiegandt, hat sich auf das Oberami Riedlingen versetzen lassen. Wiegandt war, wie er­innerlich, seinerzeit in die Auseinandersetzungen zwi­schen dem Kameralamt und dem Stadlschultheißenamt wegen der bekannten Königsgeburtstagsrede des Stadt- oorstands als Beschwerdeinstanz verwickelt.

Rottenburg, 17. März. Eine Maus verursachte ge­stern an einem Marktstand eine große Aufregung. Aeußerte da, wie die Rott. Ztg. erzählt, eine Frau: Ich weiß gar nicht, was mit meinem Hute ist, ich glaube, mich sticht meine Hutnadel." Eine Marktfrau erbot sich, nach der Sache zu sehen, als pardauz eine Maus aus dem Hute auf den Boden sprang, wie man den Hut vom Kopfe hob. Die Maus flüchtete na­türlich unter den nächsten besten schützenden Rock, war ihr doch schon lange nicht mehr wohl gewesen in ihrem hohen Hause. Darob aber neue Aufregung. Denn die Rockträgerin erwehrte sich vergebens des Besuches und

suchte ihn vergebens zu vertreiben. Da erschien ein Rattenfänger auf dem Plane. Eine kurze Rekognos­zierung, und die Uebeltäterin hatte für ihren Hut­frevel gebüßt.

Nürtingen, 17. März. Gestern hat Friseur Häupter von hier am linken Neckarufer oberhalb des Friedhofs, verschiedene dem Hauptlehrer A. Stautz in Urach ge­hörende Kleidungsstücke und Gegensttinde vorgefunden. Ob Stauß ein Unglücksfall zugestoßen ist, konnte vor­erst nicht festgestellt werden. Das Absuchen des z. Zt. starken Neckars war erfolglos.

Göppingen, 17. März. Von der Firma Johann Weber wurde dieser Tage ein Nußbaum aufgekauft, der in Weisenbach im Murgtal stand und weit und breit der älteste unter seinen Genossen war. Der Stamm hatte einen Durchmersser von rund 1 Meter und ergab ca. 8 Kubikmeter Sägholz. Der Baum, der wohl zwei Jahr­hunderte lang den Stürmen standgehalten hat, hieß we­gen seiner Größe derKönig vom Murgtal".

Sigmaringen, 17. März. Der Mitte der 40er Jahre stehende städtische Taglöhner Nikolaus Weidmann wurde gestern nachmittag kurz vor dem Einschnitt in das Han- fertal von dem fahrplanmäßigen Zuge der Landesbahn überfahren und sofort getötet, indem er in mehrere Teile zerschnitten wurde. Das Unglück geschah dadurch, daß Weidmann beim Ueberschreiten der Bahnlinie in­folge des Unwetters das Herannahen des Zuges nicht hörte. Ein Verschulden trifft niemand.

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Der Thronerbe.

Braunschweig, 18. März. Die Herzogin von Braun­schweig und Lüneburg, die Tochter des Kaisers, ist heute früh 5 Uhr von einem Prinzen entbunden worden.

Ersatzwahlen zum Reichstag.

Borna, 17. März. Bei der heutigen Reichstagsersatz­wahl im Wahlkreise Borna-Pegau (14. sächsischer) wurden abgegeben für von Liebert (Reichspartei) 8527, für Mitzschke (natl.) 6437, für Ryssel (Soz.) 11.995 Stimmen. 4 Ort­schaften fehlen noch. Es findet Stichwahl zwischen von Lie­bert und Ryssel statt.

Posen, 17. März. Bei der heutigen Reichstagsersatzwahl im 2. Posener Wahlkreis (Obornik-Samter-Birnbaum-Schwe- rin a. Warthe), die durch die Mandatsntederlegung des Reichstagsabgeordneten Graf Mielzhnskt erforderlich gewor­den war. wurden abgegeben für Rittergutsbesitzer Haza-Rad- litz (kons.) 13.019, für Prälat Klos (Pole) 16.438, für Schulz (Soz.) 636 Stimmen. Zersplittert waren 3 Stimmen. Klos ist somit gewählt.

Verhaftung eines russischen Kapitäns in Köln.

Zu der Mitteilung über die Verhaftung des russischen Kapitäns Poljakow beim Kölner Karneval ist zu bemerken, daß der Russe während des Rosenmontagszuges auf der Hohen Straße von drei Personen, die sich als Augenzeugen bezeichnet haben, übereinstimmend des Taschendiebstahls be­zichtigt und daraufhin von der Polizei festgenommen und dem Gericht zugeführt worden ist, wo auf Grund der Vernehmung der Zeugen die Verhaftung zur Untersuchung erfolgt ist. Der Minister hat zur Aufklärung die Akten von Köln eingefordert.

Streik.

Saarbrücken, 17. März. In der Gmbe Hostenbach bei Voelklingen, der Privatgrube der Voelklinger Eisen- und Stahlhütte, ist ein Streik ausgebrochen, dem sich der größte Teil der 700 Mann zählenden Belegschaft angeschlos­sen hat. Den unmittelbaren Anlaß gab die Bestrafung von 20 Bergleuten, die am Fastnachtsdienstag entgegen der An­ordnung der Verwaltung gefeiert hatten. Eine Verschlechte­rung der Arbeitsordnung wird auch als Grund angegeben.

DesBauernschrecks" Ende.

Der am 5. März bei Waldenstein-Wolfsberg in Kärnten erlegte Bauernschreck, ein mächtiger Wolf, hat nun endgültig die Steiermark verlassen und ist wieder

Das Iischermädchen.

7) Novelle von Björnstjerne Björnson.

Diese Nachricht erfüllte sie mit großer Unruhe; denn sie wußte, daß mit der Konfirmation der Unterricht ein Ende hätte, und was sollte dann aus ihr werden? Die Mutter ließ eine Dachstube in ihrem Hause ausbauen, sie sollte nach ihrer Konfirmation ihren eignen Raum haben; das unaufhör­liche Hämmern und Klopfen erinnerte sie schmerzlich an das Bevorstehende. Oedegaard bemerkte, wie sie stiller und stiller wurde, manchmal sah er auch, daß sie geweint hatte. Der Religionsunterricht machte unter diesen Umständen großen Eindruck auf sie, obwohl Oedegaard absichtlich alles vermied, was sie in Rührung versetzen konnte. Aus diesem Grunde schloß er auch vierzehn Tage vor der Konfirmation seinen Unterricht mit der kurzen Bemerkung, daß dies die letzte Stunde sei. Damit meinte er die letzte Stunde bei i h m; denn er wollte noch weiter für sie sorgen, aber durch andre. Sie aber blieb sitzen, wie sie saß; das Blut wich aus ihren Wangen, sie starrte unbeweglich vor sich hin, und unwillkür­lich gerührt beeilte er sich, einen Grund anzugeben. Es sind ja nicht alle jungen Mädchen schon erwachsen bei ihrer Konfirmation; du fühlst aber wohl, daß es mit dir so ist. Hätte sie im Schein eines großen Feuers gestanden, so hätte sie nicht röter werden können, wie sie es bei diesen Worten wurde; ihr Busen wogte, die Augen blickten unsicher und füll­ten sich mit Tränen, und er ließ sich verführen, hastig zu fragen: Wollen wir vielleicht doch fortsahren? Erst hinter­

her wußte er, was er vorgeschlagen hatte; es war unrecht; er wollte es zurücknehmen, aber sie erhob schon die Augen zu ihm, sie sagte nicht ja mit den Lippen; deutlicher hätte es aber nicht gesagt werden können. Um sich vor seinem eignen Gewissen zu entschuldigen, suchte er einen Vorwand und fragte: Du möchtest jetzt etwas Besondres anfangen,

etwas, wozu du er beugte sich zu ihr hin wozu du Beruf verspürst, Petra? Nein, erwiderte sie so schnell, daß er errötete und abgekühlt wieder in seine eignen, lang­jährigen Grübeleien versank; ihre unerwartete Antwort hatte sie wieder wachgerufen.

Daß sich etwas Eigentümliches in ihr regte, daran hatte er keinen Augenblick gezweifelt, seit er sie als Kind singend an der Spitze der Straßenjungenkompagnie hatte marschieren sehen. Aber je länger er sie unterrichtet hatte, desto weniger hatte er sich über ihre Begabung klar werden können. In jeder ihrer Bewegungen zeigte es sich, daß sie Begabung hatte; was sie dachte, was sie wollte, dem verliehen Geist und Körper Ausdruck, beide zugleich aus der Fülle der Kraft, übergoffen von dem Schimmer der Schönheit. Aber in Worte und namentlich in Schrift gebracht war es nur Kinderei. Sie sah aus wie lauter Phantasie, die sich ihm jedoch nur als Unruhe offenbarte. Sie war sehr fleißig, aber ihre Studien verfolgten weniger den Zweck, etwas zu lernen, als vorwärtszukommen; was auf der nächsten Seite stehn werde, beschäftigte sie am meisten. Sie hatte religiösen Sinn, aber wie der Propst sich ausdrückte keine Anlage zu religiösem Leben, und Oedegaard war häufig voll Sorge

um sie. Jetzt stand er wieder am Ausgangspunkt; unwillkür­lich versetzte er sich im Geiste vor die Stetntreppe, wo er sich ihrer angenommen hatte, er hörte die scharfe Stimme der Mutter die Verantwortung auf ihn wälzen, weil er den Namen Gottes genannt hatte. Nachdem er mehrmals auf und nieder gegangen war, faßte er sich wieder. Ich reise jetzt ins Ausland, sagte er mit einer gewissen Unsicherheit, aber ich habe meine Schwestern gebeten, sich deiner solange anzu­nehmen, und wenn ich wiederkomme, wollen wir weiter sehen. Lebe wohl! Wir sehen uns wohl noch, bevor ich abreise. Er ging so schnell in das Nebenzimmer, daß sie ihm nicht ein­mal die Hand geben konnte.

Sie sah ihn wieder, wo sie ihn am mindesten erwartet hatte, nämlich im Pfarrstuhl neben dem Chor sich gerade gegenüber, als sie in der Schar der Konfirmanden im Kirch­gänge stand. Das nahm ihre Gedanken so gefangen, daß diese lange von der heiligen Handlung fernblieben, auf die sie sich in Demut und mit Gebeten vorbereitet hatte. Ja sogar Oeds- gaards alter Vater blieb stehn und sah ihn lange an, ehe er hervortrat, um zu beginnen. Gleich darauf sollte Petra noch einmal in der Kirche aufgeschreckt werden; denn ein wenig weiter nach unten zu saß ja Pedro Ohlsen in neuen, steifen Kleidern; er reckte gerade den Hals, um über die Köpfe der Knaben weg zu ihr in die Mädchenschar hinüberzusehen. Er duckte sich gleich wieder nieder; aber wiederholt sah sie ihn den dünnbehaarten Kopf in die Höhe strecken und wieder nteder- ducken.

(Fortsetzung folgt) ^