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Alten steig, Montag den 31. Dezember 1828

53. Aastrgang

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^um neuen Zahr

entbieten wir allen unseren verehrten Leserinnen unä Lesern, Mitarbeitern unä geschäitsireunäen

clie besten wünsche!

Verlag unä Schriftleitung äer Schwarrwsläer TsgesreitungMs äen Tannen".

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Ende und Anfang

Deutsche Silvestergedanken 1928

In den zehn Jahren, die seit dem verlorenen Krieg ver­strichen sind, und die in der Fülle ihres Geschehens am Jahresende und Anfang eines neuen Dezeniums beson­ders lebendig sind, hat Deutschland einen dreifachen Kampf zu kämpfen gehabt, der noch lange nicht abgeschlossen ist und dessen Ausgang uns niemand verkünden kann. Er galt der materiellen Existenz unseres Staates und Volkes, der Abwehr gegen die äußeren Feinde und endlich derReinigungund Erneue­rung der deutschen Seele. Dieses dreifache Ringen gab auch dem scheidenden Jahre sein Gesicht vor der Welt.

Darum wird man von dem Jahre 1928 künftig sagen, daß es eine Zoi > pe »io»»! W iMi W »W»ch«^ s«r ge« vnsfflnanzieUer Röte war. Wirtschaftsgelehrte werden feststellen, das Jahr habe mehr gehalten, als es versprach, denn man hatte einst eine wesentliche Verschlechterung der Wirtschaftsblüte schon sür das Frühjahr vorausgesagt. Gewiß, die Krisenzeichen blieben nicht aus, aber der Abstieg vollzog sich langsam. Die Krise in der Industrie war erträglich. Die allgemeine Verschlechterung der Geschäftslage war nicht so drückend, daß man von einem völligen Konjunkturumschwung reden kann, nur von einem merkbaren Rückgang, der in den letzten Monaten des Jahres stärker in Erscheinung trat. Die sehr vorsichtigen Berichte des Instituts für Konjunktur­forschung lassen die Frage offen, ob die unbestreitbare all­gemeine Verschlechterung der Geschäftslage im November und Dezember das Zeichen einer herannahenden Krise oder nur eine vorübergehende Erscheinung sei. Der große Lohn­konflikt in der nordwestdeutschen Eisenindustrie endete vier Wochen vor dem Schiedsspruch Severings, und dieser be­mühte sich, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeits­bedingungen zu schaffen, die sich auch bei weiterer Ver­schlechterung der Konjunktur aufrecht erhalten lassen. Unsere Industrie muß aber mit Sorgen in das neue Jahr eintreten, wenn sie den Blick auf andere Länder richtet. Amerikas Export wächst und verdrängt die deutsche Ausfuhr mehr und mehr. In Südamerika, in Südostasien und Australien hat Deutschland Exportverluste erlitten. Auch Frankreichs Industrie ist gegenüber der Vorkriegszeit um ein Drittel jewachsen, der französische Außenhandel zeigt ein Anwachsen, die Zahlungsbilanz ist günstig. In England unterstützt die Regierung durch allerlei Maßnahmen die Bewegung, aus­ländische Waren fernzuhalten, sie finanziert die Kohlen- industrie in großzügiger Weise und unterbietet die deutsche Kohle auf allen Weltmärkten. Auch bei den neuen Staaten in Osteuropa wie in Italien zeigen sich ähnliche Bestrebun­gen, die Einführung ausländischer Waren wird geradezu oerfemt. Deutschland aber hat jährlich 2,5 Milliarden Kriegstribute aufzubringen, hat jährlich 12 Milliarden Aus­ländsanleihen zu verzinsen, 24 Milliarden an Steuern unr Abgaben jährlich aufzubringen und erlaubt sich noch den Luxus starker Wareneinfuhr aus dem Auslande. Das Heer der Arbeitslosen ist in Deutschland auf über eine Million jum Jahresschluß angewachsen. Der deutsche Jnnenmarkt erliegt fast der Einfuhr ausländischer Erzeugnisse. Für die Industrie und die gesamte Wirtschaftspolitik wird der Tag kommen, daß die Lage sich katastrophal gestaltet, wenn nicht durch handelspolitische Maßnahmen der deutsche jnnenmarkt der deutschen Industrie mehr erhalten wird als bisher, und wenn nicht das deutsche Volk die Auslands­ware ablehnt.

Am stärksten trat die wirtschaftliche Krise in der Land­wirtschaft in Erscheinung. In einer Denkschrift der preußi­schen Zentralgenossenschaft wird die Verschuldung der ost­deutschen Landwirtschaft mit über 50 Prozent veranschlagt, der Gesamtertrag der deutschen Landwirtschaft nur mit etwa 4 Prozent errechnet. Wohl wird die verhältnismäßig

gute Ernte des Jahres 1928 die Lage etwas mildern, aber nachhaltige Besserung ist nicht erreicht worden. Auch die Maßnahmen der Reichsrsgierung im Notprogramm haben die erhoffte Wendung nicht gebracht und können sie nicht bringen. Das Hauptgebiet der deutschen Landwirtschaft, der deutsche Osten, ist besonders bedroht, aber die Krise macht sich bis in den kleinsten Betrieb hinein bemerkbar. Dis geringe Rentabilität der Landwirtschaft ist auf die Preis­bildung am Weltmarkt zurückzuführsn, auf die starke Ein­fuhr von Lebens- und Genußmitteln und auf den geringen zollpolitischen Schutz. Das Radikalmittel, die Aenderung der Zollschutzgebung, kann eine durchgreifende Besserung allein nicht herbeiführen. Es müssen also Selbsthilfemaßnahmen durch Steigerung der Produktion, Verbesserung der Quali­tät der Erzeugnisse und bessere Organisation des Absatzes unter Ausschaltung des Zwischenhandels gefunden werden.

Die finanzielle Lage des Reiches und der Länder wird gekennzeichnet durch weitere Steigerung der Ausgaben und Anspannung der Steuern. Am Jahresende steht ein Reichs­haushalt für das kommende Jahr, der einen Fehlbetrag von mehreren hundert Millionen Mark aufweisen wird. Steuerpläne verschiedener Art sind zur Erörterung gestellt. Unterdessen hallt das Lied von der Steuernot und dem Ab­bau der drückenden Lasten an Steuern, Abgaben usw. durch den Blätterwald, durch zahllose Versammlungen der Or­ganisationen, durch die Reden der Politiker und Wirt­schaftler und dennoch zieht die Steuerschraube erneut an. Sie hat im abgelaufenen Jahr bereits zu den bekannten Preis- und Tariferhöhungen bei der Post und der Reichs­bahn geführt, den beiden größten Wirtschaftsbetrieben des Reiches. Und nun soll das neue Jahr die Lösung der Re- dringen, ote Grundlage geschaffen werden für Deutschlands wirtschaftliche, soziale und finanzielle Ent­wicklung. Wir wollen Untragbares nicht übernehmen, aber die Schwere der Entscheidung lastet über diesem Jahres­schluß, der den Kamps um die materielle Existenz des Einzel­nen und des Staates ganz grell ins Licht stellt.

Auch im politischen Leben Deutschlands spielte sich der der dreifache Kampf um Wirtschaft. Abwehr gegen äußere Feinde und um Erneuerung der deutschen Seele wider. Das Ergebnis der Reichstagswahl vom 20. Mai 1928 er­brachte einen Linksruck, ein Anschwellen der Sozialdemo, kratie auf 153 Abgeordnete, während alle anderen bürger­lichen Parteien, ausgenommen die neugebildeten und jungen Gruppen, wie Wirtschaftspartei und Bauernparteien. Verluste zu buchen hatten. Die Regierungsbildung mit der Rechten war dadurch zerschlagen. Das Kabinett Marx- Keudell (Zentrum und Deutschnationale) wurde abgelöst durch ein Kabinett unter sozialdemokratischer Führung mit Hermann Müller, dem sich aber das Zentrum und die Deutsche Volkspartei nicht voll anschlossen, sondern durch Entsendung von Vertrauensleuten. Indessen soll im neuen Jahre die Bildung der notwendigen Mehrheitsregierung erneut versucht werden. Das Wahlergebnis vom Mai ist nicht allein der Ausdruck politischer Willensbildung, sondern die Folge der wirtschaftlichen Depression. Wir haben es in den letzten zehn Jahren wiederholt erlebt, wie ausschlag­gebend solche wirtschaftlichen Einflüsse, der Kampf um die materielle Existenz, die politischen Wahlen beeinflussen. Der Zersetzungsprozeß geht unterdessen in allen Parteien um. Hugenberg hat die Führung der Deutschnationalen über­nommen, im Zentrum trat für Dr. Marx der Prälat Dr. Kaas an die führende Stelle, zugleich wurde vom Zentrum der Kampf gegen Dr. Stresemann eingeleitet. Auch die Sozialdemokratie ist nicht frei von Schwierigkeiten. Sie stand in Opposition gegen den Bau des Panzerkreuzers und hatte doch ihre Minister im Kabinett. Das Bekenntnis der Sozialdemokratie zum Wehrgedanken soll durch den kommenden Parteitag im März weiter geklärt werden. Bei den Kommunisten ist die Krise am stärksten. Ihr Volks­begehren zum Panzerkreuzerbauverkot ist kläglich gescheitert. Unser Parlamentarismus hat nach zehn Jahren die Kinder­schuhe noch nicht ausgetreten und die Klärung der partei­politischen Verhältnisse ist noch lange nicht zu erwarten. Innenpolitische Ausgaben großen Formats wie Wahlrechts­reform, Verwaltungsreform, Finanzausgleich erwarten die Parlamentarier im neuen Jahre. Aber überschattet werden alle diese innenpolitischen Ereignisse durch die großen Auf­gaben der Außenpolitik. In der Forderung nach Räumung der besetzten Gebiete sind alle Parreien einig. In der Frage der Fortsetzung der Locarnopolitik gibt es schon ver­schiedene Schattierungen, obwohl die Erkenntnis allgemein ist, daß sie bisher kein Ergebnis brachte und daß bei der Haltung Frankreichs nicht viel zu erwarten ist. Die Ta­gungen im Völkerbund in Genf oder im Völkerbundsra: in Lugano haben trotz vielfacher Besprechungen und Ver­

handlungen der Staatsmänner und Divlomaten den äuße­ren Druck der alten Feinde in keiner Weise gemildert. Die Welt hat ihr altes Gesicht wie vor dem Kriege, die Ver­hältnisse haben sich eher verschärft, der Ring der Feind­mächte um Deutschland ist geschlossener und stärker. Auch die Friedensversicherungen des Kelloggpaktes können uns da­rüber nicht hinwegtäuschen, daß Deutschland im Kampfe um seine nationale Existenz und in der Abwehr der geg­nerischen Bedrückungsmaßnahmen allein auf sich gestellt ist. Die Art, wie man in Paris den Anschluß Oesterreichs an Deutschland verhindert, schlägt all den verkündeten Grund­sätzen des Selbstbestimmungsrechtes ins Gesicht. Die Be­drückung der Deutschen in den Grenzstaaten hat sich nicht gemildert; man darf nur auf Oberschlesien und Südtiro! verweisen.

Der Kampf um die Erneuerung der deutschen Seele, uw die redliche deutsche Art, um die unzerstörbare Tüchtigkeit um die Geistigkeit und Selbstbesinnung, um die deutsche Rechtlichkeit und den sozialen Ausgleich geht nach den Sturm- und Drangjahren des Krieges und der ersten Nach­kriegszeit weiter. Von Notjahr zu Notjahr kämpfen wir uns durch gegen materielle Nöte, gegen Drangsal und Be­drückung, gegen die Einflüsse unserem Wesen fremder Ideen, gegen die unterirdischen Kräfte einseitiger zerstörender Re­formbestrebungen in Kultur. Der soziale Frieden kann nicht durch politische Arbeit und Gesetzgebungswerke allein herbei­geführt werden, war doch das Jahr 1928 reich an solchen Taten. Es sei nur an die Einführung der Arbeitslosen­versicherung, die Neueinteilung der Arbeitsämter usw. er­innert. Es setzt die Durchdringung des Einzelnen mit echt deutscher Gesinnung voraus, aus der jene Volksgemeinschaft erstehen kann, die allen Parteifanatismus und alle Recht­haberei ablehnt. Die ethischen Kräfte eines Volkes sind es, die sein Leben und seine Geltung bestimmen. Darum sind die Rückstände aus der zurückliegenden demoralisierenden Aera aus dem Volkskörper auszustoßen.

Nicht hoffnungslos, aber nicht ohne schwere Sorgen können wir, wenn wir ehrliche Rückschau und Einkehr halten, in das neue Jahr hinüberschreiten. Was es uns auch bringen mag, wir werden als Volk und Staat fortleben, wenn jeder einzelne sich mit der Ueberzeugung durchdringt, daß nur angestrengteste Arbeit und treueste Pflichterfüllung uns Helsen können. Einer der Großen des deutschen Volkes hat vor 400 Jahren zu Neujahr die Mahnung ausgesprochen, die auch heute gilt:

Was kommt im Jahr, kannst nit durchschaun,

Mußt hoffen und auf Gott vertraun!

Neues vom Tage.

Kundgebung der Presse der Pfalz zur Jahreswende

Frankfurt a. M., 30. Dez. Sämtliche pfälzischen Zeitun- gen halten es für ihre Gewissenspflicht, den einmütigen Gefühlen und Stimmungen der ganzen Bevölkerung der Pfalz durch folgende Kundgebung vor aller Welt laut Aus­druck zu verleihen:Zur Jahreswende wiederholt die Pfäl­zer Bevölkerung als ihren vordringlichsten Wunsch den Ruf nach Befreiung vom drückenden Joch einer fremden Be­satzung. Zehn harte Jahre tragen wir dieses schwere Joch mit Ruhe und Würde und mit jener bereitwilligen Vater­landsliebe, der kein Opfer zu groß ist. Wie ein Albdruck liegt die Besatzung auf dem Pfälzer Volk. Fast hat es den Glauben an wahren Frieden unck> echte Völkerversöhnung verloren, schier verzweifelt es an der Gerechtigkeit. Aller­orts spricht man in schönen Worten vom Frieden; wir sehen aber in unserer Heimat zehn Jahre nach Kriegsende immer noch fremde Truppen. Ist es unseren ehemaligen Gegnern wirklich ernst um die Durchführung der Verständi­gung, um die Erhaltung des Friedens, dann mögen sie zu­nächst das größte Hindernis aus dem Wege räumen: dis Besatzung!

Vom Jahre 1929 erwarten wir die volle Befreiung deut­schen Bodens ohne besondere Gegenleistungen Deutschlands und damit die volle Freiheit für unsere pfälzische Heimat. Wir erheben Anspruch auf diese Befreiung. Rechtliche, mo­ralische und politische Gründe sprechen dafür."

Zusammentritt der Reparationskommissiou am 5. Januar

Paris» 29. Dez. Nach demTemps" wird die Reparations- kommission wahrscheinlich am 5. Januar zusammentreten, um die Ernennung der von den in der Reparationskommis­sion vertretenen Regierungen bezeichneten Sachverständigen rein formell zu vollziehen.