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Sitzung des Völkerbundsrates über den Streitfall in Südamerika

12. Dezember

Lugano, 11. Dez. Der Völkerbundsrat war heute vor­mittag nach einer einstündigen Sitzung, in der verschiedene Berichte über Hygienefragen (darunter die Alkoholfrage j, Schutz des geistigen Eigentums, Handel mit schädlichen Drogen und über die zweite internationale Konferenz zur Bekämpfung der Schlafkrankheit entgegengenommen wur- >en, zu einer vertraulichen Sitzung zusammengetreten, deren Tagesordnung verschiedene Verwaltungsgeschäfte aufweist,

die sich aber, wie man allgemein annimmt, mit dem Ab­bruch der Beziehungen zwischen Bolivien und Paraguay befaßt. Wie nachträglich bekannt wird, haben die drei süd­amerikanischen Ratsmitglieder Villegas-Chile, Aguerroy Bethancourt-Kuba und Zumeta-Venezuela sich in später Nachtstunde an den Ratspräsidenten Briand gewandt, um ihm eine Prüfung der Frage nahezulegen, ob der Völker­bundsrat Bolivien und Paraguay an die ihnen als Völker­bundsstaaten obliegende Verpflichtung zur friedlichen Re­gelung von Streitfällen erinnern soll.

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Die vertrauliche Sitzung des Völkerbundsrates dauerte eineinhalb Stunden. In einer allgemeinen Aussprache be­faßte sich der Rat mit den durch die Presse hierehr gelang­ten Nachrichten über den Abbruch der Beziehungen zwischen Bolivien und Paraguay. Ein Beschluß liegt noch nicht vor. Zur Fortsetzung der Beratungen wurde auf nachmittags eine Eeheimsttzung des Rates angesetzt, in der die Aus­sprache abgeschlossen und, wie verlautet, ein dem allgemei­nen Charakter seiner Verpflichtungen betonender Schritt des Völkerbundsrates bei den beiden Regierungen be­schlossen werden dürfte.

Lugano, 11. Dez. Der Völkerbundsrat hat heute nachmittag in senier Eeheimsttzung, in der die Aussprache über den Streitfall zwischen Bolivien und Paraguay abgeschlossen wurde, beschlossen, an die Regierungen von Bolivien und Paraguay Telegramme zu richten, in denen beiden Regierungen die friedliche Beilegung des Streitfalles und Mäßigung empfohlen wird. Das von Briand in seiner Eigenschaft als amtierender Ratspräsident Unterzeich­nete Telegramm lautet:In meiner Eigenschaft als amtierender Ratspräsident beehre ich mich, Ihnen folgende, vom Völkerbunds­rat in seiner heutigen Sitzung einstimmig angenommene Ent­schließung zu übermitteln: Der in Lugano zu seiner 53. Tagung versammelte Völkerbundsrat spricht seine volle Zuversicht aus, daß die Zwischenfälle» die zwischen zwei Völkerbundsmitgliederu soeben entstanden sind, sich nicht verschärfen werden. Er bezweifelt nicht, daß die beiden Staaten, die durch ihre Unterzeichnung des Völkerbundspaktes sich feierlich verpflichtet haben, die Lösung von Streitigkeiten, die zwischen ihnen sich erheben sollten, aus Iriedlichem Wege zu suchen, die Maßnahmen zu treffen, die in llebereinstimmung mit ihren internationalen Verpflichtungen und unter den gegenwärtigen Umständen als die empfehlens­wertesten erscheinen und zur Ausrechterhaltung des Friedens eine Beilegung ihres Streitfalles zu erzielen."

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Die Lage in Bolivien Newyork, 11. Dez. Die bolivianische Gesandtschaft ver­öffentlichte eine Erklärung des Inhalts, daß die Lage in Bolivien weiterhin ruhig sei und daß die Regierung Vor­kehrungsmaßnahmen ergriffen habe, jedoch seien die Reser­ven nicht mobilisiert worden.

Vom Bölierbrmdsrat

Bölkerbundsratssitzung am Dienstag Lugano, 11. Dez. In Ser heutigen öffentlichen Sitzung des Völkerbundsrates gab lediglich der Bericht des Hygieneausschusses zu einigen erläuternden Bemerkungen der Ratsmitglieder An­laß. So stellte Reichsaußenminister Dr. Stresemann unter Zu­stimmung des Rates fest, daß bei der in der Opiumkonvention von 1925 vorgesehenen Erweiterung der unter die Kontrolle fallenden Opiumderivate diese nicht auf solche Präparate aus­gedehnt werden kann, dis ärztlich als unschädlich anerkannt wer- s den. In dem Bericht über die zweite Konferen zur Bekämpfung s der Schlafkrankheit werden die Kolonialverwaltungen aller Län­der besonders auf die Bedeutung des Vorschlages dieser Kon­ferenz hingewiesen, weitere Studien über die Wirksamkeit der Methoden zur Bekämpfung der Schlafkrankheit im Interesse der Erhaltung der afrikanischen Bevölkerung und ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung durchzuführen. Der Ausschuß für internationale Zusammenarbeit wurde mit der Durchführung der Vorarbeiten für die internationale Vereinheitlichung der Gesetzgebung zum Schutz des geistigen Eigentums beauftragt und schließlich nahm der Rat einen Bericht des polnischen Ratsmit­gliedes betreffend den Vau einer Nadiostation in der Nähe Genfs zur Aufrechterhaltung unabhängiger Verbindungen des Völker­bundes in Krisenzeiten an Der schweizerischen Bundesregierung, die auf ihren Wunsch an der weiteren Prüfung des Problems im Rat teilnehmen kann, soll zunächst das in Vorbereitung be­findliche Rechtsgutachten des Völkerbundsrates über die ein­schlägigen internationalen Rechtsfragen zugestellt werden. Die nächste Sitzung findet am Mittwoch nachmittag statt.

Unterredung zwischen Strefemann und Grandi Lugano, 11. Dez. Die angekündigte Unterredung zwischen dem italienischen Unterstaatssekretär des Aeußern, Grandi, und Reichsminister des Aeußern, Dr. Stresemann, ist aus nachmittags 5 Uhr am Sitz der deutschen Delegation an­beraumt. Von unterrichteter italienischer Seite verlautet, daß Grandi am Mittwoch abend Lugano verläßt, um sich über Rom direkt nach Angora zu begeben, wo er den Besuch erwidern wird, den der türkische Außenminister Tefki Ruedy Bey Ostern 1928 in Mailand Mussolini abgestattet hat.

Die Friedenspolitik der Sowjetunion

Litwinow über die internationale Lage Moskau, 11. Dez. Im Zentralexekutivkomitee der Sowjet Union führte Volkskommissar Litwinow über die inte, nationale Lage u. a. aus: Die Locarnoabmachungen kröntei die Politik der Siegermächte in der ersten Nachkriegs Periode und hemmten die politische Handlungsfreihei Deutschlands erheblich. Es leben die diplomatischen Jntri gen nach dem Vorkriegsmuster wieder auf. Das markantest« Beispiel derartiger diplomatischer Tätigkeit sind das eng lisch-französische Abkommen und die jüngsten englisch-japa Nischen Verhandlungen. Die Teilnehmer an dieser AK machung und diesen Verhandlungen behaupten offiziell daß diese von nur beschränkter Bedeutung seien. Es genüg! jedoch, nur in der englischen Presse nachzulesen, um zu de, Ueberzeugung zu gelangen, daß wir es mit sehr bedeut samen und bedrohlichen Erscheinungen zu tun haben.

Moskau, 11. Dez. Das Zentralexekutivkomitee nahm im An­schluß an den Bericht Litwinows einstimmig eine Entschließung an, in der die Politik der Sowietregierung die auf Herstellung und Festigung friedlicher Beziehungen zwischen der Sowjet­union und allen Staaten der Welt gerichtet sei, voll gebilligt wird. Das Exekutivkoinitee stellt fest, daß die konsequent fried­liche Politik der Sowjetregierung und ihre systematischen Be­strebungen um eine allgemeine, wenn auch nur teilweise, so doch wirkliche Abrüstung auf den Widerstand der stärksten kapi­talistischen Staaten stoße, und beauftragt die Sowjetregierung, ihre Friedens- und Abrüstungspolitik unentwegt fortzusetzen, gleichzeitig jegliche Versuche, die darauf Hinzielen, den Frieden zu verletzen und die Menschheit in ein neues Gemetzel hinein- zuzieben, aufmerksam zu verfolgen und einen aktiven Kampf für die Aufdeckung dieser Versuche und für die Festigung der friedlichen Zusammenarbeit aller Völker zu führen. Im Ver­lauf einer Rede wies Litwinow auf den freundschaftlichen Cha­rakter der Beziehungen zu Deutschland hin. Die gegenwärtig in Moskau stattfindenden deutsch-sowjetrussischen Verhandlungen zeigten den beiderseitigen Willen zur Fortsetzung und zum Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit bei voller Be­rücksichtigung der politischen und wirtschaftlichen Besonderhei­ten der beiden Länder. Ueber die Beziehungen zu ven Verei-

Die Antwort auf die deutschen Anregungen vom Oktober London, 11. Dez. Der Pariser Korrespondent derTi­mes" meldet, die britische Regierung habe Poincare wissen lassen, daß sie abgesehen von einigen geringen Einzel­heiten des Wortlautes mit dem Entwurf der französi­schen Antwort auf die deutsche Mitteilung vom 30. Oktober einverstanden ist.

Einberufung der vorbereitenden Abrüstungskommission London, 11. Dez. WieDaily Gerald" aus Lugano mel­det, soll vereistbart worden sein, den vorbereitenden Ab­rüstungsausschuß in der zweiten Februarwoche einzuberufen.

2VV0 Bergarbeiter im Anmarsch auf Budapest Budapest, 11. Dez. Etwa 2000 Bergarbeiter von Pilis- oörösvar, die seit etwa vierzehn Tagen wegen Lohndiffe­renzen mit den Unternehmern, einer belgischen Jnterssen- gruppe, im Streik stehen, haben heute früh einen Marsch nach Budapest angetreten, um vor dem Parlament z« demonstrieren und zu verlangen, daß die belgischen Unter­nehmer den Bergarbeitern denselben Lohn zahlen, wie er in den übrigen ungarischen Bergwerken tarifmäßig gezahlt wird. Der Zug, der in Viererreihen in großer Ordnung marschierte, wurde in der Gemarkung der Gemeinde Uröm durch Polizei und Gendarmerie angehalten. Ein Ausschuß der Arbeiter wurde vom Arbeitsminister empfangen.

Deutscher Reichstag

Berlin, 11. Dezember.

Auf der Tagesordnung steht das Genfer Protokoll wegen Ver­bots des Gaskrieges. Abg. Stöcker (Kom.) bezeichnet das Pro­tokoll als eines der heuchlerischsten Dokumente des Völkerbundes. Der Abgeordnete stellte eine Granate auf den Tisch des Hauses, die angeblich in der Schichauwerft hergestellt wird.

Abg. Ritter v. Epp (Nat.Soz.) wird von den Kommunisten mit dem RufArbeitermörder" empfangen. Er bezweifelt, daß das Genfer Protokoll praktisch zu einer Einschränkung des Gas­krieges führen werde. Die Nationalsozialisten würden der Rati­fizierung des Protokolls zustimmen, aber daneben müsse noch für einen Schutz der Bevölkerung gegen Gasangriffe gesorgt wer­den. Die Vorlage wird nach längerer Eeschäftsordnungsdebatte dem Haushaltsausschuß überwiesen.

Dann folgt die zweite Beratung des Gesetzes über Aenderungen in der Unfallversicherung. Nach der Vorlage soll die Unfall­versicherung ausgedehnt werden auf Feuerwehr, Krankenhäuser, Heil- und Pflegeanstalten, Laboratorien, Schauspielunternehmun­gen, Schaustellungen und Filmbetriebe, Wachdienstbetriebe und eine ganze Reihe weiterer Betriebszweige.

Abg. Frau Schröder (Soz.) begrüßt die Vorlage. Es sei aber notwendig, die jetzt noch freigelassenen Betriebe in die Unfall­versicherung einzubeziehen, vor allem die Hausangestellten.

Abg. Eok (Dntl.) erklärt, seinen Freunden gehe die Vorlage in einzelnen Punkten zu weit. Man hätte sich mit der Regie­rungsvorlage schließlich abfinden können, aber die vom Ausschuß beschlossenen Erweiterungen seien eine Ueberspannung des Ver­sicherungsprinzips

Abg. Schmidt-Merseburg (Kom.) bezeichnet die Vorlage als unzureichend und begründet verschiedene Anträge.

Abg. Thiel (D.Vp.) tritt für die Vorlage ein. Der Redner beantragt eine Aenderung dahin, daß die Angestellten dann ver­sicherungspflichtig sein sollen, wenn die Abteilung, in der sie beschäftigt sind, in örtlicher Verbindung mit dem verstcherungs- pflichtigen Betrieb steht.

Abg. Beier (W.Pt.) erklärt, bei seinen Freunden bestehe eine Abneigung gegen eine weitere Ausdehnung des sozialen Ver­sicherungswesens. Die im vorliegenden Gesetz beabsichtigte Aus­dehnung der Versicherung liege gar nicht im Interesse der Arbeit­nehmer.

Die Weiterberatung wird aus Mittwoch 3 Uhr vertagt.