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Schlau denkt der Bauer auch, wenn er sagt: „Man hat sich leichter verredt, als verschwiegen", denn „Reden ist nur Silber, aber Schweigen ist Gold", und: „Ein Narr sieht einem Gescheiten nie ähnlicher, als wenn er den Mund hält." Es steckt in den Bauernsprüchen etwas von jeher Philosophie, die eine Weisheit ausstreuen auf denkbar einfachste, sinnfälligste Art. Der Bauer hat seine Sprüche nach dem Leben und Erfahrung geprägt. Was weiß er von gelehrter Philosophie. In seinem eigenen, engen Bezirk fließen ihm Denken und Ausführung, Ueberlegung und Handeln sofort in einen Gedanken, der dann, fast souverän, klar und sicher manchem Spruch Inhalt und Form gegeben. Als verständig wirtschaftender Mensch steht er seinem Hauswesen vor. Mag er als paterfamilias auch in den vom Urahn überkommenen Sprüchen anderes herauslesen, als ihm angenehm ist, sie bestehen, haben Geltung. Aber Eltern und Kinder leben sich bald auseinander:
„Mit Uebersehen und Ueberhören Schlagen die Kinder die Eltern."
Daß es keine Seltenheit ist, wenn Kinder das von den Eltern oft unter Entbehrungen sauer Erworbene leichtsinnig vergeuden, beweisen zwei Sprüche: „Was die geizigen Eltern gewonnen, das verzehren die vergoldeten und versilberten Kinder wieder", „Oft essen die Eltern Holzäpfel, davon den Kindern die Zähne stumpf werden." Aber auch die Frau kann der Wirtschaft Schaden zufügen: „Was ein Weib im Schurz verträgt, bringt der Mann mit Roß und Wagen nimmer heim." Geschieht dem Bauern solches, dann sucht er keinen Trost im Gebet, sondern mag wohl energisch dazwischenfahren, denn: „Ein aufrichtiges Donnerwetter ist besser als ein falsches Vaterunser." Der Bauer mag manchem, besonders dem Frommen, mehr oder weniger gottlos erscheinen, «eil er, wie ich es öfter erfahren, auf allzu vieles Beten, in die Kirche laufen und in die Bibel gucken keinen großen Wert legt. And dock weiß er: „Wenn uns Gott nicht* immer auf die Finger klopft, ist im Beten kein rechter Ernst." Trotzdem ist der Bauer gottesfürchtig. Auch pflichtbewußt. Bestrebt, seinen Platz auszufüllen, sagt er sich: „Die Menschen, die Sterben für Gewinn halten, sind schwer zu erschrecken." So steht der Bauer furchtlos und treu auf dem Erbe seiner Väter, von dem er bestimmt weiß, daß auch alle, die es nach ihm besitzen werden, es eines Tages »erlassen müssen. In diesem Sinne las ich einmal an einem ^Bauernhaus folgenden Spruch:
„Dies Haus g'hört mein und doch nicht mein;
Dem Zweiten wird's wohl auch nicht sein,
Den Dritten trägt man auch hinaus.
/ Sag' Wanderer, wem g'hört dies Haus?"
Oder der Bauer wehrt von vornherein jeder Kritik über sein Haus und dessen etwaige „architektonische" Eigenart:
„Ein Jeder baut nach seinem Sinn,
Da keiner kommt und zahlt für ihn."
Dem bösen Gast wehrt er ab:
„Mein Lieb' und Freud' ist in dem Haus,
Wer Böses will, der bleib' heraus."
Er kennt auch die Schwächen seiner Mitmenschen genau:
„Hat dir das Glück ein Haus gebaut,
Der Neid dir durch die Fenster schaut."
Daß er sich im eigenen Heim wohlfllhlt wie jeder, dem ein holdes Geschick eines geschenkt hat, sagt ein anderer Spruch:
„Eignes Heim mit seinem Frieden Ist ein Rest von Paradies."
Daß dieser Paradiesfrieden aber auch gestört werden kann, „wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt", erhärtet die Warnung:
„Wer sonst nichts weiß, als andre Leute schmähen,
Ein solches Lästermaul soll in mein Haus nicht gehen."
Und ein biederer Schlossermeister stellt der Blüte seines Handwerks durch die Lästermäuler folgende Prognostikon in seinem Hausspcuch:
„Wenn an jedes lose Maul Ein Schloß müßt' angehängt werden,
Dann wär, die edle Schlosserkunst Die beste auf der Erden."
Ein durchaus nicht unlösbares Rechenexempel trägt ein anderer Hausspruch in sich:
„Gott gebe allen, die mich kennen,
Zehmal so viel, als sie mir gönnen."
Dem frommen, bittenden Hausspruch:
„O Gott, bewahre dieses Haus Vor Not, vor Wasser, Wind und Brand Mit deiner Allmachtshand!"
sieht eui weniger von christlicher Nächstenliebe zeugender gegenüber: „O heiliger Sankt Florian Verschon' mein Haus, zünd' andere an."
Schwarzwälder Sonntagsblatt
All das sind Epigramme, sind Sinngedichte. Scharf charakteristisch ist ihr Inhalt Umrissen wie die Aufschrift auf einem Denkmal. Ihre Kürze überrascht oft und befriedigt in ihrer meist versteckten Art, eine Wahrheit mit schlau blinzelnden Augen an den Mann zu bringen, bald spitz, bald unsanft und etwas derber. Das drückt auch Klopstock einmal sehr fein aus:
„Bald ist das Epigramm ein Pfeil,
Trifft mit der Spitze:
Ist bald ein Schwert,
Trifft mit der Schärfe:
Ist manchmal auch, die Griechen lieben's so,
Ein klein Gemäld', ein Strahl gesandt,
Zum Brennen nicht, nur zum Erleuchten."
Würde mancher seinen Hausspruch wohl korrigieren, wenn er ihn an anderen Häusern lesen würde, ihn vielleicht auf sich beziehen müßte? Ein reizendes Epigramm — wenn ich nicht irre von v. Logau — trifft diesen Gedankengang:
„Es schrieb sich Pravus an sein Haus:
„Hier geh' nichts Böses ein noch aus!"
Ich weiß nicht, soll sein Wunsch besteh'n,
Wo Pravus ein und aus wird geh'n."
Dieser Sinnspruch ist bezeichnenderweise an „Pravus" gerichtet, also an den Schlechten und Boshaften. Man fühlt den Stachel, der des Epigrammes Würze ist.
Ein Hausspruch ist immer für den bestimmt, den es angeht. Er ist für alle da, für Dumme und Gescheite, kurz für das so- genante Publikum. Aber immer liest ihn nur einer. Er liest ihn ein-, zweimal, deutet, legt aus und geht befriedigt oder kopfschüttelnd weiter, nimmt es krumm oder nicht. Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Mit dem „Publikum" aber setzt sich ein Epigramm des Berliner Privatgelehrten Ludwig Robert auseinander, das wegen seiner netten „logischen Konsequenz" dieses Samelsurium beschließen möge:
„Das Publikum, das ist ein Mann,
Der alles weiß und gar nichts kann:
Das Publikum, das ist ein Weib,
Das nichts verlangt als Zeitvertreib?
Das Publikum, das ist ein Kind,
Heut' so und morgen so gesinnt:
Das Publikum ist eine Magd,
Die stets ob ihrer Herrschaft klagt:
Das Publikum, das ist ein Knecht,
Der, was sein Herr tut, findet recht:
Das Publikum sind alle Leut',
Drum ist es dumm und auch gescheut.
Ich hoffe, das nimmt keiner krumm,
Denn Einer ist kein Publikum!"
Vermischter
k>- Baumwollhochzeit. In gewissen Gegenden Frankreichs legt man aus das von den Vorfahren ererbte Feiern der Hochzeitstage hohen Wert. Die einzelnen Jahrestage, die Anlässe zu Feierlichkeiten bieten, heißen: 1. Jahrestag: Baumwollhochzeit, 2. Jahrestag: Papierhochzeit, 3. Jahrestag: Kupferne Hochzeit, 6. Jahrestag: hölzerne Hochzeit, 7. Jahrestag: Leinenhochzeit, 10. Jahrestag: zinnerne Hochzeit, 12. Jahrestag: seidene Hochzeit, 15. Jahrestag: kristallene Hochzeit, 20. Jahrestag: Porzellanhochzeit, 25. Jahrestag: silberne Hochzeit, 30. Jahrestag: Perlenhochzeit, 40. Jahrestag: Rubinhochzeit, woran sich dann die traditionelle auch anderwärts übliche goldene und diamantene Hochzeit anschließen.
p. Eine Erfindung. In Budapest hat ein Schüler der V. Gymnasialklasse einen Apparat erfunden, der jeden Kurzschluß bei elektrischen Stromleitungen unmöglich machen soll. Der Apparat wird derzeit durch eine deutsche Patentkanzlei ausprobiert.
p. Eine neuartige Wahlvorschrist. Wie aus Newyork berichtet wird, hat die Regierung des Staates Portorico ein Mittel erfunden, um bei Wahlen eine doppelte Abgabe der Stimmen zu vermeiden. Die Wähler werden nämlich im Wahllokal am kleinen Finger der rechten Hand mit einer unschädlichen, aber langandauernden Farbe gezeichnet werden.
p. Die altberühmte Schmiede von Eretn a-E reen, einem Dorfe unweit von Glasgow, ist auch heute noch ein vielbesuchter Ort. Bekanntlich wirkt dort seit langem der Schmied als Standesbeamter aus eigenem Recht. Junge Paare, denen sich irgend welche Schwierigkeiten in der Eheschließung entgegenstellen, begeben sich zum Schmied, der sie traut.
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p. Chinesische Straßennamen. Die Straßennamen in Peking muten den Europäer, der sie zum erstenmal hört, meist recht seltsam an. So heißt z. B. eine Straße „Straße der glücklichen Spatzen", weil sich hier die beschwingten Gassenbuben besonders zahlreich tummeln. Eine andere führt den friedvollen Namen „Straße der ewigen Ruhe". Dabei ist gerade sie eine der verkehrsreichsten der ganzen Stadt. Ändere Straßen heißen „Gehorsam", „Der steinerne Tiger", „Barbarenstraße" zu Ehren der Europäer usw. Sackgassen nennt man „tote Straßen". Auch die Tore haben eigentümliche Namen, z. B. „Tor der standhaften Unschuld."
p. Heimgekehrtc Totgeglaubte. Wie aus Polen berichtet wird, sind aus russischer Kriegsgefangenschaft in Sibirien erst jetzt in ihr Heimatdorf Eramsdorf bei Obor- nik zwei Söhne des Dorfes zurückgekehrt, von denen der Name des einen auf der Kriegergedächtnistafel der evang. Gemeinde steht. Beide haben die Rückkehr in die Heimat dadurch ermöglicht, daß sie Schafe, die ihnen zum Hüten anvertraut waren, zu Geld machten. Sie behaupten, daß in der dortigen Gegend noch gegen 6000 deutsche Kriegsgefangene sind, die sich teilweise durch Verheiratung dauernd seßhaft gemacht haben.
K Aus Kalkutta werden den englischen Blättern jetzt nähere Einzelheiten über die Rettung des deutschen Schiffsjungen Alfred Spitz durch den italienischen Dampfer „Lianna" gemeldet. Der Junge war auf die Spitze des Mastes geklettert, um einen Vogel, der sich erschöpft dort niedergelassen hatte, zu fangen. Dabei verlor er das Gleichgewicht und stürzte ins Meer, ohne daß jemand an Bord der „Rheinfels" etwas von dem Unglück bemerkte. Als Spitz wieder auftavchte, war der Dampfer bereits zu weit entfernt. Der 17jährige Junge, ein vorzüglicher Schwimmer, verlor keinen Augenblick den Mut und schwamm in der Richtung, in der er die Küste vermutete. Mehrere Schiffe fuhren an ihm vorüber, ohne ihn zu sehen oder seine Hilferufe zu hören. Als der Morgen dämmerte, erkannte Spitz zu seinem Entsetzen, daß er auf die hohe See Hinausgetrieben wurde. Die Sonne brannte ihm auf den Kopf, und er litt entsetzlich unter Durstqualen. Vergeblich versuchte er, sich das Hemd, das einzige Kleidungsstück, das ihm geblieben war, über den Kopf zu ziehen, um sich gegen die sengenden Sonnenstrahlen zu schützen. Die Haut brannte wie Feuer, die Kehle schwoll an und die Zunge war hart wie ein Stück Holz. Ueber- dies sah er sich von Haifischen verfolgt, die ihn aber merkwürdigerweise verschonten. Dagegen litt er unter der Belästigung durch die Seevögel, die sein Gesicht und seine -Arme mit ihren Schnäbeln bearbeiteten. Schon gab er sich verloren, als im Augenblick der höchsten Not ein Schiss am Horizont auftauchte. Es war der italienische Dampfer „Lianna", dessen Kapitän über die Rettung des Schiffbrüchigen einem in Kalkutta erscheinenden Blatt folgende Mitteilung machte: „Es war halb sechs Ahr nachmittags, und wir hatten kurz vorher Perim passiert, als der auf Wache befindliche zweite Offizier einen schwimmenden Körper wahrnahm. Als wir schärfer hinsahen, erkannten wir, daß es sich um den Körper eines Menschen handelte, der die Arme flehentlich in die Luft hob. Ich ließ sofort die Maschinen stoppen, und wir warfen Rettungsgürtel und ein Faß über Bord; gleichzeitig ließ ich die Schaluppe flottmachen. Zunächst schien das Faß verloren, bald aber sahen wir es wieder auftauchen und daneben den Jungen, den wir gerade in dem Augenblick, als er im Begriff war, im Wasser zu verschwinden, an Bord zogen. Zwei Tage lag er bewußtlos im hohen Fieber. Die Eesichtshaut war von der Sonne völlig verbrannt. Inzwischen war auch die „Rheinfels" in Kalkutta angekommen, so daß der gerettete Junge von der „Lianna" an Bord seines Schiffes überführt werden konnte.
Heiteres
Zeitgespräch. „Scheußlich, dieses Novemberwetter, alle Leut« sind erkältet." — „Ja, Peppi hat einen so lauten Husten, daß er ohne Hupe autelt'"
Pech. „Ihr Fräulein Tochter spricht aber sehr viel." — „Ja, ja. Sie ist aus Versehen mit einer Grammophonnadel geimpft worden!"
Ehestreit. „Welche Schuld trifft den Mann an dem Ehestreit, Zeuge'?" — „Daß er die ganze Zeit über still zugehört har."
Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei, AltenßtrjA Für die Schriftleitung verantwortlich: Ludwig L«»>,
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