Sonntagsausgabe der Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen"

«LWM

^«UU

W,M

SliMlÄgSt»/^

!->ÜT4

MOW

W»

MASSSM

«W

LMM

KUVi

:^LM

MiA

K«

M,/, «,,//->

HE-

S«i

EM

- §ZDWtz

NM-A

Iw.

49

Anzeigenpreis: Die einspaltige Zeile 20 Pfg., die Reklamezeile 50 Pfg.

Altensteig, Sonntag 2. Dezember

Bezugspreis im Monat 40 Pfennig Die Einzelnummer . .10 Pfennig

1928

Zum Adueutssest

Advent! Das bedeutet für Kinder Lichtlein und Vorfreude. Einleitung der Weihnachtszeit mit all ihrem geheimen Zauber. Möge diese Freude von recht vielen ausgekostet werden, in der Kinderkirche bei so viel Vorbereitung, in der Kinderstube bei ge­steigertem Gehorsam gegen Vater und Mutier, in der Dämmer­abendslunde, wo man durch Fenster und Borfenster dem Schnee- gewirbel zuschaut mit der stillen Hoffnung, das Christkind möchte doch an keiner Hütte vorübergehen.

Advent! Es bedeutet den Beginn eines neuen Kirchenjahrs. Das ist freilich den allermeisten Zeitgenossen völlig uninteressant und unbekannt, auch vielen im Kirchenoolk. Bismarck war da anders. Er kannte und verwendete den kirchlichen Kalender. Er schrieb einen Brief mit dem Datum:Barzin, Trinitatis 1872" oder einen andern:Friedrichsruhe, Rogate 1884". Unter uns wissen die wenigsten, wann Rogate ist. Und doch ist Vas Kirchen­jahr, der kirchliche Kalender mit der feinen Symbolik und Anleh­nung an die biblische Geschichte und an Naturvergänge gewiß wert, ein Element allgemeiner Bildung zu sein.

Advent! Es bedeutet für den Nichtmaterialisten die immer wieder erneuerte Hoffnung, daß es Ideale gibt und daß sie vor­wärts liegen. Es bleibt nicht alles einfach wie es ist, sondern es geht vorwärts und aufwärts: es kommt etwas Besseres, Reine­res und Höheres. Dies wird etwas Göttliches sein.

Advent! Für den Christen bedeutet es, daß sein Herr kommt. Einst kam er in diese Welt, sie zu erlösen: einst kam er in seine Stadt, sein Lebenswerk zu vollenden. Noch immer kommt er täglich und sonntäglich, mit seinem Geist und seinen Gaben, mit Wort und Sakrament unserer Seelen zu sich zu ziehen. An den großen Wendepunkten der Weltgeschichte und Kirchengeschichts kam er oft mit handgreiflicher Gegenwart. So wird er immer wie­der kommen. Denn erist nun und nimmer nicht von seinem Volk geschieden." Und so wird er das letzte Wort haben bis an das Ende der Geschichte und wird wiederkommen: es wird ein Tag der Freude und des Gerichts sein. Das ist sein großer Ad­vent. Wie werden wir ihn empfangen? Andererseits: wie wird er uns empfangen und wie wird er uns begegnen?

Ausblick am Advent Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.

und über denen, dis da wohnen im finsteren Lande, scheint es Helle. Jesaja 9,2.

Ohne Hoffnung und Glauben kann man den lebendigen Gott nicht haben, aus dessen Händen die Zukunft kommt. Er wartet auf Menschen, die über die Gegenwart hinaus­schauen können, die schon in der Gefangenschaft die Lust und Freiheit ahnen, die an die unerschöpfliche Kraft glauben, die mehr Wege hat, aks wir berechnen können.

F. Naumann.

Me alle Burg

Von Julia Jobst

Urheberrechtsschutz durch Oskar Meister, in Werdau (Sachsen) 13) (Fortsetzung.)

Sie ist erschöpft, arme Christine", rief Rother teil­nehmend und legte seinen Arm um die Zitternde.Es soll sofort jemand mit dem Schlitten herunter, daß die Frau Weber geholt wird und dann wird geschlafen. Auch wird der Arzt bald hier sein, das Schneetreiben hat endlich auf­gehört. Hat Sie schon Nachricht von der Rose?"

Der Knecht war eben hier, es geht alles gut", stieß sie kaum hörbar heraus.So sind wir auch diese Sorge los. Das war ein Tag, an den wir noch lange denken werden. Trinke, mein Kind, und schlafe. Das liebe Engelchen haben wir in die Kapelle gebracht, es liegt dort, als ob es schliefe."

Fleur war noch zu matt, um den Schmerz so tief zu empfinden, sie ließ sich ihr Söhnchen von Bärbchen reichen, dre über das ganze verweinte Gesicht schon wieder strahlte. 4ie war jetzt die beste Gefährtin für die junge Mutter.

Rother winkte Christinen heimlich zu, ihm zu folgen und ging hinaus.Vis der Arzt da ist, legt Sie sich hin. «Klier und Bärbchen sorgen schon, und die neue Magd ist tut angelernt. Nun kein Wort gesagt und gehorcht. Sie

kann sich ja nicht mehr auf den Beinen halten und sieht zum Erbarmen aus. Sie ist doch nicht schuld an dem Tod des Kleinen und hat gestern ihre Pflicht so treu erfüllt wie noch nie."

Christine fühlte selber, daß sie nicht mehr Herr über ihren Körper war. Und nachdem sie Weller, der gerade daher kam, nochmals eingeschärft hatte, sie sofort wecken zu lassen, wenn man ihrer bedürfe, ging sie ihrem Zimmer zu.

Ich habe in der Nacht noch alles für das Mittagessen vorbereitet, Weller, die Dörthe braucht es nur zuzusetzen!

Darum flog Sie so oft hin und her", rief Weller ihr noch zu.Ich schlief so schlecht die Nacht!"

Es war gut, daß er gleich hinunterging, denn Christine blickte ihm mit erdfahlem Gesicht nach. Wenn der Weller sie überrascht hätte! Taumelnd betrat sie ihr Zimmer, riegelte hinter sich zu und brach an ihrem Bett zusammen. In ihr schrie es auf: Gott mein Gott, erbarme dich meiner!

Lange lag sie so, ihre Augen blieben trocken, aber der Körper zuckte in Gewissensqualen, die sie erst jetzt befielen. Dann folgte eine völlige Apathie, bis ein tiefer Schlaf sie alles vergessen ließ.

Frühling kam über Nacht. Die Lerchen stiegen den Himmel aus den Feldern, auf denen der Schnee des Februar noch in einzelnen hohen Mauern lag, die rieselnde Bächlein zu dem kleinen Flüßchen hinabschickten, das wie­der einmal zum Strom geworden war. Wie Bärbchen soeben lachend ihrer Herrin erzählte, als sie ihr das kleine Junkerchen abnahm, das gesättigt mit deutlich bemerk­barem Lachen in der Mutter Schoß gelegen hatte.

Wie er verständig wird, Bärbchen. Von Tag zu Tag wird er klüger. Aber gegen den von Rose ist er ein Nichts! Wie ihr Kleiner bei der gedeiht."

Die Rose hat genug für zwei", rief Bärbchen in plötz­licher Eingebung.Wie wär es, wenn die an Stelle der Flasche dem Junker von ihrem Ueberfluß abgäbe. Die Weber sagte mir noch Hestern, sie glaube nicht, daß Frau Gräfin noch lange stillen könnten."

Das gab Ihr ein guter Geist ein, Bärbchen. Ruf Sie mir die Christine."

So kam es, daß Frau Rose so oft den Burgberg empor­stieg, ihr Kind im Arm und Fleur gewann es über sich, neidlos zuzusehen, wie ihr Junkerchen bei der kräftigen Mutter sich das Veste zu seinem Gedeihen holte, was sie ihm leider nicht geben konnte. Als es wärmer wurde, schob Bärbchen ihren Pflegling in seinem Wagen zur Mühle hinunter, und ihre Herrin begleitete sie, wenn das Befinden des alten Grafen es zuließ.

Es ging mit ihm zu Ende. Noch einmal flackerte sein Lebensflämmchen auf, als sein alter Kriegskamerad vom Dietrichstein auf seinen Ruf angefahren kam. Aber dann schlief er friedlich ein-

Christine, kann Sie gut schweigen?" fragte Restorf, als der Tote in die Familiengruft gebettet war.

Das hat man bei dem seligen Grafen gelernt."

Ich habe Nachricht-"

Von unserem Ulrich!" Christine gab ihm wieder den Namen wie in der Kinderzeit.

Er lebt!"

Christine streckte die Hände gen oben und begann zu schluchzen.

Danken Sie nicht zu früh. Als schwerkranker Mann

kommt er heim-gelähmt. Es ist ein Wunder, daß

er uns erhalten blieb."

Wann kommt unser Herr Graf?"

Er ist schon in der Nähe. Ein Glück, daß mein alter Kriegskamerad das nicht mehr erlebt hat. Ein Jammer soll es sein! Wie tot hat er im Schnee gelegen auf dem Schlachtfeld, da hat ein russisches Bäuerlein ihn gefunden und mit heimgenommen. Er hat gemeint, es gut zu machen."

Daß er nur lebt dafür ist doch viel zu danken, Herr von Restorf. Unsere Frau Gräfin wird dasselbe sagen. Sie muß es wissen bald. Nicht erst, wenn er ihr gebracht wird."

Ich glaube, sie hat recht, Christine."

Und heute ist die richtige Stunde dazu, da der über alles geliebte Großvater in der Kapelle beigesetzt wurde. Ist ist der Herr Graf sonst gesund?" Christine deutete unwillkürlich auf die Stirn.

Er soll geistig völlig frisch sein."

Welch ein Glück welch ein großes Glück! So Hai unsere Frau Gräfin wieder etwas Liebes zu pflegen. Und

einen Menschen neben sich, bei dem sie sich Rat holen kann. Heute noch sagte sie mir, wie sie sich schon bange vor der Abreise des Großvaters."

Das könnte ja gar nicht besser sein, Christine, und er soll fein Unglück tragen ohne Klagen!"

Ja, unser Junker so einen guten Menschen gibt es nicht wieder auf der ganzen Welt. Und wenn der seinen Sohn sieht. Weiß er davon?"

Es ist ihm mitgeteilt."

Wo ist er denn, Herr von Restorf?"

Eine Stafettd meldete gestern Abend, daß er auf Diet­richstein eingetroffen ist. Dort will er, wie er mir schreibt"

Schreiben kann er auch noch!" schrie Christine voller Freude.

Restorf sah sie mit seinem guten Lächeln an und meinte: Wenn die Frau Gräfin so dankbar ist wie Sie, dann habe ich mich umsonst gefürchtet."

Bei der Frau Gräfin wird es noch ganz anders sein. Sie werden es erleben. Wenn nur der Herr Graf erst hier wäre."

Einige Tage völliger Ruhe muß er haben, so hat der Arzt, der den Kranken begleitet, befohlen. Will Sie nun auch noch wissen, welch Getreuer ihn pflegt?"

Haase-na unser Haase!"

Ja, der Haase! Er hat sofort die Erlaubnis erhalten, wieder für seinen verehrten Doktor zu sorgen. Untröstlich war der Mann, als er, selber schwer verwundet, seinen Herrn in der Schlacht verlor."

So haben sie im Verein mit den Russen gekämpft?"

Ja, denn sie hatten sich doch in den Dienst des Zaren gestellt."

Gehen Sie zu der Frau Gräfin, sie ist droben im Turmzimmer. Das sucht sie in letzter Zeit so oft auf. Sie sitzt dann am offenen Fenster und blickt weit hinaus auf die Landstraße, als ob sie wisse, daß ihr Liebster dort bald gezogen käme. Ihre Ahnung hat sie nicht betrogen."

Und hat mir gut vorbereitet", murmelte Restorf vor sich hin.

Leise öffnete er Ulrichs Zimmer und trat ein. Alles war so belassen worden, wie es der Doktor verlassen hatte» und dort saß die liebreizende Fleur, schöner denn je in der Reife ihrer Mutterschaft und sah nach dem Geliebten aus.

Fleur, dort wird er gezogen kommen", sagte Restorf, mutig auf das Ziel losgehend.

Sie fuhr herum und sagte ganz leise:Ich ich hoffe es noch immer, Großvater."

Aber ich ich weiß es."

Großvater!" Sie war aufgesprungen und sah ihn mit wilden Augen an.Du weißt es?-Ulrich lebt!"

Und ist auf dem Dietrichstein."

Seit wann?" Warum kommt er nicht hierher?"

Er muß sich Ruhe gönnen."

Ruhe? So nahe der Heimat?"

Sein Arzt hat es befohlen."

Er ist krank?" Leise war die Stimme geworden, aller Jubel war ihr vergangen.

»Ja, Fleur, sehr krank! Verschollen war er, vom Schlachtfeld von einem russischen Bauern, der noch Leben in ihm spürte, im Schlitten weit fort in dessen Hütte ge­bracht. Dort lag er und rang sich in vielen Monaten wie­der zum Leben hindurch."

Aber er ist noch immer krank?"

Er lacht wieder, Fleur, und wird der Welt noch viele kluge Werke schenken, nun er Muse dazu hat."

Aber-"

Er ist gelähmt. Für immer, doch er darf das nicht wissen. Er kann es gar nicht erwarten, bis seine Fleur ihn stützt."

Mein Gott ich danke dir." Fleur hob die gefalteten Hände empor, in ihren Augen lag ein wundersames Leuchten, daß dem alten Mann das Herz warm wurde.

So sind die Frauen dachte er, so groß im Erleben, so ergeben in Leid. Ulrich würde es gut haben, trotz allem.

Wann wird er hier sein?"

Morgen brechen sie auf. Sein Diener wird vor ihm eintreffen, um alles für seinen Herrn vorzubereiten."

Sein Diener?"

Du fragst nicht nach seinem Namen, Kind?L

Haase!" jubelte auch Fleur auf.Der treue Haase, wie wird sich mein gutes Bärbchen freuen. Nun wird die auch noch eine glückliche Frau."

Wie sie schon sorgt, dachte Restorf. Aber es könnte ja gar nicht besser sein. Von Bärbchen und Haase an die Rose und christine dazu, der alte Weller-und dann