Bon der Witwe Hamm.

Wir haben unlängst mitgeteilt, daß Frau Hamm, die wegen Beihilfe zur Ermordung ihres Mannes ver­urteilt war, aus der Strafanstalt in Siegburg entlasten und die Wiederaufnahme des Verfahrens vom Landge­richt Elberfeld angeordnet worden sei.

Die Beweise für die Schuld der Frau Hamm konn­ten nicht erbracht werden; ihre Verurteilung erfolgte auf Grund eines Berichts, den der frühere Berliner Kri­minalkommissar v. Tresckow II an die Staatsanwalt­schaft einlieferte, nachdem er zur Untersuchung der Sache beigezogen worden war, als die Wiilfrather und Elber- relder Polizei den Täter nicht ausfindig machen konnte. Nach der Darstellung der Frau Hamm ist ihr Gatte, als er in der Nacht vom 15. zum 16. Novembre 1907 in Flandersbach nach Hause kam, von Einbrechern über­fallen und niedergestochen worden. Sie habe ihn gefragt, was denn geschehen sei und ihr Mann habe erwidert: Sie haben mich gestochen und sind zum Fenster hinaus­geflohen". Noch ehe der Arzt kam, sei ihr Mann tot gewesen. Die Wiilfrather und Elberfelder Polizei schloß aus allem, daß es sich um einen Einbruch handle' bei dem die Täter von Hamm überrascht worden seien. Es sei dabei zum Handgemenge gekommen, bei dem Hamm eine Anzahl Schläge und Stiche, darunter auch den tödlichen in die Achselhöhle, erhalten habe. Schließ­lich seien die Täter aus dem Flurfenster gesprungen und entkommen. Die Täter aber blieben unentdeckt. Da brachte es der Kriminalkommissar von Tresckow II" aus Berlin fertig, in einem 86 Seiten langen Bericht an die Statsanwaltschast, in dem er eine Unmasse Familien­tratsch zusammengeschleppt hatte, die Frau zu bezichtigen, sie habe Meuchelmörder gedungen, die ih­ren Mann imBettumgebrachthätten. Und aus Grund des v. Tresckowschen Materials ist Frau Hamm im Jahre 1908 vom Schwurgericht in Elberfeld zu 14Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Die Angehörigen, die örtliche Polizeibehörden, Juristen, Chemiker, Aerzte, alles sprach sich gegen das Elberfelder Urteil aus und am nachdrücklichsten und einleuchtend­sten ein früherer Vorgesetzter des Herrn v. Tresckow, Polizeirat Braun, besten Nachforschungen ergaben, daß es keinem Zweifel unterliegen könne, daß Frau Hamm unschuldig sei." Der Beschluß, das Verfahren wieder auszunehmen und die Witwe Hamm vorläufig aus der Haft zu entlasten, erging auf ein Gesuch der Rechtsan­wälte Dr. Werthauer und Dr. Heyer.

Wer ist nun dieser Herr v. Tresckow, der die Witwe Hamm ins Zuchthaus gebracht hat?

Die Franks. Ztg. erzählt über ihn: Ursprünglich Offizier, war er noch wenige Jahre vor seiner Tätigkeit in der Flandersbacher Sache Schreibmaschinenhändler in Düsseldorf gewesen; seit 1906 war er bei der Berliner Kriminalpolizei tätig, und nun in Flandersbach wollte er offenbar seinen Ruhm als Detektiv begründen. Er tippte auf eine Familienasfäre: zwischen den beiden Eheleuten hatte es öfter Streit gegeben, also fürchtete Frau Hamm offenbar ein für sie ungünstiges Testament des Mannes, also ließ sie ihn durch gedungene Bravi umbringen. In den Dienst dieser Hypothese wurden nun alle Erhebungen gestellt; es wurde mit Zeugenbeeinflus­sungen gearbeitet, und in seine 86 Seiten langen Schluß­bericht, der, wie es heißt, die kühnsten Kombinationen enthält, faßte Hr. von Tresckow II seine Anklage zu­sammen. Es war ihm gelungen, durch die Sicher­heit seines Auftretens alle Instanzen, aufdieesankam, zukaptivieren, die Staats­

anwaltschaft, das Gericht, die Geschworenen und eine» großen Teil der öffentlichen Meinung; der Respekt vor deralten Erfahrung" dieses Mannes übte einen sug­gestiven Einfluß. Offenbar nämlich verwechselte man ihn in Flandersbach und Elberfeld mit dem Kriminal­kommissar v. Tresckow I, der in der Tat nach dem Urteil derer, die ihn kennen, die guten kriminalistischen Eigen­schaften besitzt, die seinem Namensvetter abgingen. Frau Hamm wurde verurteilt, aber die amtliche Laufbahn ihres polizeilichen Anklägers nahm ein schnelles Ende. Zwar spielte er noch einmal in einem großen Mord­prozeß eine wichtige Rolle; in der Verhandlung gegen den Rennfahrer Breuer war er es, der den An­geklagten am schwersten belastete; auch hier setzte er die Verurteilung durch, und auch hier liegt nach der Auf­fassung sehr urteilsfähiger Kriminalisten ein Iustiz - mord vor. Bald danach aber kam es zu einem diszipli­nären Einschreiten gegen ihn, das ihn zu einem plötz­lichen Abschied unter Verzicht aus Pension veranlaßte, und noch heute schwebt eine Voruntersuchung wegen fal­scher eidesstattlicher Versicherung gegen ihn. Nachdem er so aus dem Polizeipräsidium ausgeschieden war, tat er in Berlin ein Detektivinstitut auf, das, wie es scheint, an Skrupellosigkeit alle Rekords schlägt.

Drohender Streik.

Solingen, 28. Febr. Eine gestrige Versammlung der Waffenarbeiter des Jndustriearbeiterverbandes, an der auch interessierte Mitglieder des Metallarbeiterver­bandes teilnahmen, beschloß, über die Waffenfabrik C. Eickhorn die Sperre zu verhängen, weil die Fabrik Waf­fenteile von auswärts bezieht. Der Arbeitgeberverband der Solinger Waffenindustrie stellte den Arbeitern eine Frist, bis zum Dienstag morgen 10 Uhr, bis zu der sie aus den Streik verzichten sollen, widrigenfalls sämt­liche Arbeiter der Solinger Waffenindustrie, insgesamt gegen 1000, ausgesperrt werden sollen.

Tod im Gebirge.

Chables, 1. März. (Wallis.) Bei der Besteigung des Rosablanche wurden die drei Schweizer Touristen Meylan, Detan und Marmillod von stürzenden Schnee­masten verschüttet. Alle drei sind tot.

Die katholische Partei.

Paris, 28. Febr. In der heutigen Generalversamm­lung der katholischen Partei wurde folgendes Mindest­programm aufgestellt: Wiederherstellung der diplomati­schen Beziehungen zum Heiligen Stuhle, gesetzliche An­erkennung der Rechte der Kirche in Frankreich. Wieder­herstellung des Kirchenvermögens im Einvernehmen mit Rom, Rückkehr der vertriebenen Ordenskongregatio- ncn, Wiederverwendung der geistlichen Krankenpflege­rinnen in den Spitälern, Schutz der Rechte des katholi­schen Unterrichts und Erhaltung der katholischen Schu­len aus dem Unterrichtsbudget und schließlich Abschaf­fung des Ehescheidungsgesetzes.

Gerlchtssaal.

Mißhandlung eines Dienstmädchens.

Wegen fortgesetzter brutaler Mißhandlung ihres Dienstmädchens hat die Breslauer Strafkammer die Apothekersgattin Hedwig Thiel, die schon vorher wegen Dienstmädchen-Mißhandlung mit Geldstrafe bestraft worden ist, zu 3 Monaten Gefängnis und 50 Geld­strafe verurteilt. Ihre 16jährige Tochter wurde wegen Beihilfe zu 60 -4l Geldstrafe verurteilt. Das Dienst­mädchen hatte kaum einen Teil am ganzen Körper, der unverletzt war. Der ganze Körper war blau und braun geschlagen. Ihre Augen waren so geschwollen, daß sie

zur Untersuchung im Hospital mit Instrumenten geöff­net werden mußten.

Stuttgart, 28. Febr. Schlachtviehmarkt. Zuge­trieben: 112 St. Großvieh, 123 Kälber, 424 Schweine. Ochsen 1. Kl. 9496 -4t. Bullen 1. Kl. 8284 Stiere 1. Kl. 9496 -N. Jungrinder 2. Kl. 9193 Kälber 1. Kl. 105108 -4l, 2. Kl. 100104 -4t. Schweine 1. Kl. 6263 -N. 2. Kl. 6061 -1t. Verlauf des Mark­tes: langsam.

Umschau.

Erweiterter Eeneralpardon.

Wie bekannt, bleiben gemäß 8 68 des Wehrbeitrags­gesetzes diejenigen Beitragspflichtigen von der landes­gesetzlichen Strafe und der Verpflichtung zur Nachzah­lung der Steuer für frühere Jahre frei, die ein bisher der Besteuerung entzogenes Vermögen oder Einkommen bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag oder zu einer direkten Staats- und Gemeindesteuer freiwillig angeben (sogenannter Eeneralpardon). Diese Vergünstigung kann auch solchen Steuerpflichtigen noch zuteil werden, die ihre Vermögenserklärung schon abgegeben haben; so können sie ihre bereits abgegebene Vermögenserklä­rung durch eine richtige Vermögenserklä- rung ersetzen oder auf andere Weise bei dem Be­zirkssteueramt die richtigen Angaben über ihr Vermö­gen oder Einkommen nachholen, solange die Veran­lagung zum Wehrbeitrag noch nicht beendigt ist. Die Veranlagung zum Wehrbeitrag findet ihren Abschluß mit Zustellung der Veranlagungs- und Feststellungs­bescheide. Die Wohltat des 8 68 des Wehrbeitragsge­setzes wird also namentlich auch denjenigen Steuerpflich­tigen noch zugut kommen, die anläßlich der bevorstehen­den Verpflichtung zur Abgabe von Kapital- und Ein­kommensteuererklärungen für das Steuerjahr 1914 ihr Einkommen (Kapital- und andere Einkommensbezüge) richtig und vollständig abgeben.

Der Bazillenkuchen. Ein französischer Bakteriologe beobachtete kürzlich seinen kleinen Jungen, der auf einem Spielplatz im Park Sandkuchen buk. Der Inhalt eines solchen Sandkuchens schien ihm wohl wert, einmal aus seine Bakterien untersucht zu werden. Er nahm daher das Backwerk seines Kleinen mit nach Hause und unter­zog es einer genauen Analyse. Das Resultat ist, wie derLyon Republicain" mitteilt, ein entsetzliches ge­wesen. Folgende Mengen gefährlicher Mikroben befan­den sich in den wenigen Kubikzoll Erde, mit denen sein Sohn gespielt hatte: 1800 000 Diphtheriebazillen,

2 450 000 Erreger von Masern, 900 000 Pockenbazillen,

3 Millionen Bakterien, die den Muskelstarrkrampf er­regen, 900 000 Disenteriemikroben, 620 000 Tuberkel­bazillen.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Vuchdruckerei.

R»Nanr-t«it.

Die Meinung eines asthmakranken Arztes über Apotheker Neumeler's Asthma-Pulver und Asthma-Ciga- rillos. Derselbe schreibt wörtlich:

, Jch kann nicht genug danken für die gefällige Sendung des Asthma-Pulvers, das gerade zu einer Zeit eintraf, als ich schwer an Asthma zu leiden hatte. Die Wirkung war ein« vorzügliche." Dr. Kirschner, Arzt, Polzin, Pommern. Erhält!, nur in Apoth., Dose Pulver M. 1.50 od. Karton Cigarillos M. 1.50. Apotheker Neumeier, Frankfurt a. M

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Amtliche und Privatanzeigen.

Konkursverfahren.

In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Christian Beißwanger, Kaufmanns in Gechingen, ist zur Abnahme der Schluß­rechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußocrzeichnis der bei der Verteilung zu berücksichtigenden Forder­ungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Dermögcnsstücke der Schlußtermin auf Freitag, den 27. März 1914, Vormittags 11 Ahr, vor dem K. Amtsgericht Hierselbst bestimmt.

Calw, den 25. Februar 1914.

Dick, Gerichtsschreiber des K. Amtsgerichts.

Iagdverpachtung.

Die hiesige Eemeindejagd, umfassend 433 Hektar Grundfläche,

davon 407 Hektar Feld und 26 Hektar Wald, wird am Montag» den 16. Marz 1914» nachmittags 1 Uhr» hier auf dem Rathaus auf 6 Jahre im öffentlichen Aufstreich verpachtet, wozu Liebhaber einge­laden find.

Unbekannte Steigerer haben beglaubigte Vermögens­zeugnisse vorzulegen.

MSttlingen, den 28. Februar 1914.

Gemeinderal.

R. Amtsgericht (Lalw.

In das Genoffenschaftsregister wurde am 24. Februar 1914 ein­getragen:

DarlehensLasseuverelv Rötendach. VA. Eula», eingetragene Ge­nossenschaft mit vnbeschrSvkter Haftpflicht, Sitz in Rötendach.

Statut vom 12. Februar 1914.

Zweck der Genoffenschaft ist, den Mitgliedern die zu ihrem Ge­schäfts- und Wirtschaftsbeiriebe nötigen Geldmittel in verzinslichen Dar- lehen zu beschaffen, sowie Gelegenheit zu geben, müßig liegende Gelder verzinslich anzulegen. Außerdem kann dieselbe für ihre Mitglieder den gemeinschaftlichen Ankauf landwirtschaftlicher Bedarfsgegenstände sowie den gemeinschaftlichen Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse vermitteln; auch kann eine Sparkasse mitverbunden werden.

Die Vorstandsmitglieder find:

1. Gottlieb Pfrommer, Postbote, als Vorsteher,

2. Johann Georg Hammann, Bauer und Gemeinderat als Stellver- treter des Vorstehers.

3. Johann Georg Roller, Gemeindepfleger.

4. Johann Georg Gail, Maurer,

5. Daniel Kugele, Bauer und Gemeinderat, sämtliche in Rötenbach.

Rechtsverbindliche Willenserklärung und Zeichnung für die Ge­nossenschaft erfolgen durch den Vorsteher oder seinen Stellvertreter und zwei weitere Mitglieder des Vorstands.

Die Zeichnung erfolgt, indem der Firma die Unterschriften der Zeichnung hinzugesügt werden.

Bei Anlehen von hundert Mark und darunter genügt die Unter­zeichnung durch zwei vom Vorstand dazu bestimmte Vorstandsmitglieder.

Die Bekanntmachungen der Genossenschaft erfolgen unter der Firma derselben und gezeichnet durch den Vorsteher bezw. dem Vorsitzenden des Aussichtsrats im Calwer Tagblatt.

Die Einsicht der Liste der Genoffen ist während der Dienststunden des K. Amtsgerichts jedermann gestattet.

Stv. Amtsrichter: Ne st len.

SAeeWhvtteiu.

Am 3. März, abends '/-9 Uhr,

Mitgliederversammlung

imAdler".

Tagesordnung: Besprechung über die Wintertouren und über die Osterfahrt nach Zürs.

Zahlreiches Erscheinen, auch der Damen, erwünscht.

Hms-u.MtenittklNlf

Der Unterzeichnete verkauft

ein Wohnhaus

_mit Scheuer»

sowie ca 1V Morgen Güter.

Das Anwesen würde sich gut für einen Schreiner eignen. Ein Kauf kann jeden Tag abgeschloffen werden.

Wilh. Dürr z. Hirsch, Wart.

Ein größeres Quantum

Heu und Oehmd

gibt ab Obiger.