Nr. 49. (Lrster Vlatt) Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Lalw._ 89. Jahrgang.

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SarriLtag, den 28 . K-brirar

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Kta-t, Nezirk «»d Aachbarscchaft.

Talw, den 28. Februar 1914.

Die heutige Nummer umfaßt 6 Seiten.

Vorbestraft."

In dem Märzheft desTürmers" verweist Fried­rich Beyer auf den Fall eines Kaufmanns in Dresden, der in seiner Eigenschaft als Zeuge auf die Frage nach etwaigen Vorstrafen eine vor Jahr und Tag erlittene Geldstrafe von dreißig Mark verschwieg, von den Ge­schworenen des wissentlichen Meineides für schuldig be­funden und zu fünfzehn Monaten Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt worden war.

Wir haben es hier, bemerkt der Verfasser des Ar­tikels, mit einem jener Konflikte rm Rechtsleben zu tun, die in ähnlichen Fällen oft auch das Herz der Rich­ter ergriffen und zu Sammlungen in ihren Reihen für den Verurteilten, oder zur Befürwortung eines Gna­dengesuches Veranlassung gaben einem jener Kon­flikte, in denen das Suminum ius, das höchste Recht, zum Ausdruck gelangt, das zur Summa iniuria, zum bitter­sten Unrecht, wird. Die Vorstrafenfrage ist heute be­sonders aktuell geworden, insofern auf den letzten beiden internationalen Kriminalistenkongressen mit großer Emphase festgestellt wurde, daß jeder fünfte männliche Deutsche sich irgend eine gerichtliche Bestrafung zuge­zogen habe bei der modernen Reglementierungs­wut kein Wunder! (Man wird auch auf diesem Ge­biete noch Fortschritte erleben!) Dian weiß, in unsere Gerichtssäle begibt sich die böse Fama nicht, um zu schlummern; gerade hier sucht und findet sie die armen Opfer ihres ehrlosen Nachrichtergewerbes. Ueber nichts­sagende Kleinigkeiten, über Vorstrafen, denen nichts von Schande anhaftet, fällt sie her, bauscht sie auf, bringt sie unter die Menge und läßt den Bedauernswerten, der seiner Zeugenpflicht genügen mußte (ob er sich gleich­wohl dagegen wehrte), Spießruten laufen vor hämischen Blicken und giftigen Zungen! Die bittersten Tragödien desLebens sind daraus ent­standen, Wahnsinn, Selbstmord oder Verkommen­heit man erfährt meist nur rein zufällig davon, daß die Klatschsucht (der personifizierten äußeren Moral) wieder mal eine Existenz auf dem weiten Gewissen hat!

Sollte sich nicht jeder Richter selber gegen die Ge­setze oder gegen ein als Gewohnheit übernommenes ge- schäftsordnungsmäßiges Verhalten wehren müssen, das, wie diese öffentliche Frage nach den Vorstrafen, mit einer beinahe katastrophalen Brutalität in das private Leben eingreift? Ws ist denn diese öffentliche Frage nach den Vorstrafen anderes, als ein Pendant zur Po- leizeiaufficht, die die verfolgten Beaufsichtigten brotlos und unstet macht? Ist sie etwas anderes, als eine wiederholte Verurteilung? Besteht die leiseste Möglich­keit der Gefährdung des öffentlichen, des Staatsinter- csses, schließt man vorsorglicherweise die Oeffentlichkeit der Verhandlung aus. Bei Beleidigungsklagen soll in der Strafprozeßreform, eben um der Chronique sean- daleuse eine ihrer stärksten Triebkräfte abzufchneiden, die Nichtöffentlichkeit der Zeugenvernehmungen in be­liebig weitem Umfange eingeführt werden; und diese Frage, die mit dem Recht an sich nur in dem losesten Zusammenhangs lebt, die eine ausschließliche formale Begleiterscheinung der Prozeßordnung ist, wird nach wie vor ruhig und ohne Bedenken öffentlich erhoben cs stehen bei ihr allerdings ja auch nur private Inter­essen auf dem Spiele! So setzt sich jederfünfte Deutsche" gelegentlich der Gefahr aus. als Eebrandmarkter, als Opfer spür- sinniger Klatschsucht den Gerichtssaal zu verlassen. Die barbarische Justiz des Mittel­alters wandte bei qualifizierten Verbrechern die beliebte Strafe des Ohr- und Naseabschneidens an, um sie ein für allemal zu kennzeichnen. Unsere humanere Rechts­pflege hat die Form dieser öffentlichen Brandmarkung gewandelt, aber in der Wirkung steht sie dem Mittel- alter nur wenig nach.

Was du ererbt von deinen Vätern hast . . .

Ein zeitgemäßes Mahnwort.

I.

Die Zeit ist wieder gekommen, da die Altertums- sammler und -Händler hinausziehen auf die Ortschaften unserer engeren Heimat, um dieselben in aller Form wieder einmal auf Altertümer zu durchsuchen und aus­zubeuten.

Und wahrhaftig! Eine gelegenere Zeit könnte man sich für dieseGeschäftsreise" gar nicht wünschen, als die jetzige. Nicht nur bürgt jetzt der Umstand, daß die Sammler und Händler die Landbevölkerung fast samt und sonders zu Hause antreffen können, und die letztere mehr Zeit hat denn je, sich den Interessen der ersteren zu widmen, für einen guten Eeschäftserfolg, sondern noch vielmehr derjenige, daß die Bauers­leute in den Monaten Februar und März gerne ein paar Pfennige Haushaltungsgeld nebenher erwerben.

Diese gute Gelegenheit wird denn auch von den Herren Händlern u. Sammlern gehörig ausgenützt u. von ihnen kein Mittel unversucht gelassen, sich in den Besitz der begehrten Altertümer zu setzen und bei dem Erwerb derselben ein Eifer an den Tag gelegt, der einer besse­ren Sache würdig wäre. Nicht genug damit, daß so ein Händler seine Inserate in den Zeitungen erlassen hat und durch die Ortsschelle bekannt gemacht wurde, wie man glücklich seiner Altertümer loswerden könne, nein; um allem die Krone aufzusetzen, wird irgend einer, der in dem betreffenden Dorfe, dasgerade heim- (pardon!) besucht wird, wohnt und Verhältnisse und Leute kennt, gedungen, um dem Händler bei seinem heimatschutz- widrigen Unterfangen Führerdienste zu leis­ten. Alte Möbel aller Art, wie Truhen, Kästen und Stühle, Kupferstiche und bunte Heiligenbilder, altes Porzellan-, Zinn- und Kupfergeschirr, Spinnräder, Bücher u. s. w. stehen auf dem Arbeitsprogramm der rührigen Interessenten. Wer nun bei dem Geschäft am besten wegkommt, ob Erwerber oder Verkäufer, darüber kann man kaum im Zweifel sein. Der springende Punkt bei jedem Handel ist bekanntlich der Preis. Wenn nun auf der einen Seite Laien-Unkenntnis und -Unverständnis, auf der anderen Seite aberdas lautereEegenteil in die Wagschale fallen müssen, so ist ohne weite­res klar, wer bei dem Handel sein Schäfchen ins Trockene bringen wird. Und die Vermutung, daß so ein Laie und Bauersmann recht wacker übers Ohr gehauen wird, ist da naheliegend.

So etwa dürfte es mit dem Gewinn und Nutzen desGeschäftchens" für die Verkäufer derartiger Alter­tümer bestellt sein. Doch nun zu einem anderen Punkte.

Man nimmt im allgemeinen gerne an, der in Be­zug auf Lebensführung und -Anschauung mit einer ge­wissen Zähigkeit am Althergebrachten, an der Tradition hängenden Landbevölkerung müsse es schwer werden, ein in ihrem Haushalt vorhandenes altes Stück kurzweg aus der Hand zu geben. Dem ist aber, wie die Erfahrung lehrt, nur selten oder nur bedingt so. Wohl gibt es manchen, der seine Altertümer um keinen Preis her­geben will, doch die Zahl derer, denen die Sache weniger zu Herzen geht, ist weitaus größer. Denn die mancher­lei Umstände, die da Hineinspielen und die Beweggründe der Veräußerung bilden, sind gar vielseitig und ich muß mich darauf beschränken, bei deren Aufzählung die mar­kantesten herauszugreifen. Da kommt vor allem neben der bereits erwähnten Geldfrage und Profitwut der Umstand in Betracht, daß die Altertümer in einem Vauernanwesen in Hülle und Fülle vorhanden sind und dem einzelnen Stücke wenig Beachtung geschenkt wird.

(Fortsetzung folgt.)

Wohltätigteitskonzert. Am nächsten Samstag, den 7. März, findet im Badischen Hof ein Wohltätigkeits­konzert statt, das im Blick auf die Mitwirkenden: Frl. Dora Roos, Herr Konzertsänger Haas mit Frau Ge­

mahlin, Evgl. Kirchengesangverein und Orchester der Spöhrerschen Höheren Handelsschule, einen vornehmen, edel unterhaltenden Abend in Aussicht stellt. Ehrt die Veranstalter dieses Konzerts der schöne Zweck, dem zu­liebe sie ihr Können zur Verfügung stellen, so möchten wir auf der andern Seite der Einwohnerschaft es als eine Pflichtsache ans Herz legen, diese löblichen Absichten durch einen recht zahlreichen Besuch zu unterstützen. Die unterste Grenze des Eintrittspreises beträgt 50 der Ertrag wird für bedürftige Konfirmanden und Kom­munikanten, sowie die Wöchnerinnenhilfe verwendet.

):( Bad Liebenzell, 27. Febr. Auch hier wurde des Königs Geburtstag in würdiger Weise gefeiert. In der Frühe verkündeten dröhnende Böllerschüsse vom Mo- nakamer Berg den Anbruch des hohen Festes. Von X-11 Uhr an versammelten sich die Staats- und Eemeinde- beamten, die bürgerlichen Kollegien sowie der Krieger­und Militärverein mit Fahne im großen Ratssaale zu einem gemeinsamen Kirchgang zum Festgottesdienst, wo Stadtpfarrer Sandberger eine zu Herzen ge­hende Predigt hielt. Um X>1 Uhr fand im Gasthof zum Lamm das von 40 Personen besuchte Festessen statt, bei welchem Stadtpfarrer Marquardt eine treffliche, formvollendete Festrede hielt und das Hoch auf den König ausbrachte, in das die Versammelten begeistert einstimmten. Stadtschultheiß Mäulen feierte die Königin als treue Landesmutter und Stadtpfarrer Sandberger in ausgezeichneter Weise den Kaiser, an dem sogar die Franzosen froh wären, wenn sie einen solchen hätten. Noch manches schöne Wort fiel zwischen die hin und wieder vorgetragenen Musikstücke eines Pforzheimer Künstlertrios. Noch während des Festmahls lief ein Antworttelegramm ein, auf eine an Se. Maj. abgesandte Elückwunschadresse, das freudige Stimmung in die Reihen der Festteilnehmer brachte. Noch sei er­wähnt, daß Pfarrer Bl um Hardt auf Jungdeutsch­land und unfern Zeppelin, den Eroberer der Lüfte, und Privatier Haager auf die Frauen toastierte. So ver­lief die Feier in schönster, harmonischer Weise. Auf den Abend hatte der Krieger- und Militärverein seine Mit­glieder zu Kamerad Stark zur Linde zu einem Bankett eingeladen, in dem Forstamtmann Lorey das Köntgs- hoch ausbrachte. Auch diese Feier war gut besucht und brachte die Teilnehmer in anregende Stimmung, be­sonders durch ein wirklich gut vorgetragenes Lustspiel Die Maientour". Sein Vorstand hatte mit diesem Stück einen glücklichen Griff getan. Lange währte es, bis die Festenden auseinander gingen.

(!) Althengstett, 27. Febr. Wecken durch Hornisten und Böllerschüsse von der Höhe des Heubergs kündeten das Eeburtsfest unseres Königs an. Veteranen- und Militärverein sammelten sich vormittags 10 Uhr zum Kirchgang und nachher in der Traube zu einem kurzen Frühschoppen, Abends fand im Gasthaus zum Hirsch eine gemeinschaftliche Feier statt, an der hauptsächlich der Veteranen- und Militärverein und der Gesangver­ein Liederkranz sich beteiligten. Schultheiß Braun begrüßte die Anwesenden. Oberlehrer Reiff brachte den Königstoast aus. Dekan Wunderlich gedachte der Landesmutter. Der Gesangverein Liederkranz erfreute die Anwesenden mit schönen Chören und Hauptlehrer Dieterich durch humorvoll^ Vorträge.

-I- Stammheim. 27. Febr. Beim üblichen Kirch­gang anläßlich des Eeburtsfestes des Königs beteiligten sich der Veteranen- und Militärverein. Abends fand im Gasthaus zum Hirsch eine gemütliche Feier statt. Nachdem Schultheiß Rauser die Anwesenden begrüßt hatte, brachte Oberlehrer Kömpf den Königstoast aus. Weitere Reden, von echt patriotischer Gesinnung zeu­gend, hielten Militärvereinsvorstand Mann und Ehrenvorstand des Veteranenvereins Kömpf. Pfar­rer Jung berichtete einiges aus den ersten Blättern eines Kirchenbuchs, welches im Jahr 1629 begonnen wurde. Drei vergilbte Blätter mit Taufeintragungen und doch so vielsagend. Verschönert wurde die Feier noch durch Vorträge der Musikkapelle und des Gesang­vereins. Der zum Schluß vom Ortsvorsteher ausge-