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«llgem. Aazctger sar me «ezirse Rag«». Salw >. Ireudeustadt - Amtsblatt für den Bezirk Nagold u. Meafteig-Stadt
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Altensteig. Dienstag den 17. IuU 1828
51. Anhegnng
Sie Tragödie iw Eise
wkalmgreen lebend zurückgelassen — Keine Spur von Nmundsei
Die Meldungen, daß Amundsen von dem russischen Eisbrechei ^Malygin" gerettet worden sei, haben sich nicht bestätigt. Ei bandelt sich um einen verstümmelt aufgefangenen Funkspruch de» Eisbrechers „Malygin". Der „Malygin" wird seine Arbeit Entsetzen, ebenso der „Krassin", der inzwischen den Strandungsort der Viglieri-Eruppe verlassen hat, um zunächst einmal wieder den Flieger Tschuchnowski aufzunehmen. Man rechnet damit, daß Tschuchnowski bereits innerhalb der nächsten 48 Stunden wieder an Bord sein wird. Dann will der „Krassin" versuchen, die Ballongruppe zu finden. Sollte sich das Schiff zu der Stelle, an der die Vallongruvve vermutet wird, durch das Eis nicht durcharbeiten können, so würde Tschuchnowski abermals «inen Erkundungsslug unternehmen. Bon der Ballongrupp« Hllessandri fehlen weitere Nachrichten. Auch die Meldungen über Vmundsens Aufenthalt bei der Ballongruppe beruhen nur auf Vermutungen.
Die Tragödie Malmgreen konnte noch immer nicht aufgeklärt werden. Die Leiden überlebenden Italiener geben durchaus widersprechende Mitteilungen. Nach ihrer neuesten Darstellung Hat der erschöpfte Malmgreen bei der Brock-Jnsel gebeten, ihm im Eise ein Grab zu machen, in das er dann hinabgestiegen sei. -Malmareen hatte erfrorene Füße und einen gebrochenen Arm,
' ^ sals er Zappi bat, ihn liegen zu lassen. Zie Italiener nahmen X den ganzen Proviant mit, um ihren Plan, das Nordkav zu er- ' ^reichen, durchführen zu können. Malmgreen übergab Zappi jseinen Taschenkomvatz zur Erinnerung für seine Mutter. Die lLeiche Malmgreens ist noch nicht geborgen worden; sie ist noch nicht gefunden.
Nobile gibt die Meldung des Majors Zappi über Malm- greens Tod wieder.
„Er blieb dort liegen, wo er hingefallen war", erklärte Major Zappi, „und sagte zu uns, daß seine letzte Stunde gekommen ^sei, und er flehte uns an, ihn seinem Schicksale zu überlassen. iEr starb wie ein Selb. Bis zuletzt drängte er uns, schnell vorwärts zu marschieren, um Hilfe für General Nobile und den !Rest der gestrandeten Mannschaft zu holen."
Grobe Erregung in Skandinavien In den nordischen Ländern, besonders in Schweden, ist die Erregung über den Tod Malmgreens außerordentlich grob. Heftige Anklagen gegen Nobile werden in der Presse und im Publikum laut und die nordische Presse ist sich darüber einig, daß »ine strenge Untersuchung aller Umstände, die dem Tode Malmgreens vorhcrgingcn, unerläßlich sei. Nobile selbst erklärt in einem Telegramm an die Zeitung „Afdon Vladet", die Meldungen von Differenzen zwischen ihm und Malmgreen seien unzutreffend. Malmgreen sei in Frieden von ihm geschieden, da er die Lage im roten Zelt für hoffnungslos gehalten habe.
Rettung Tschuchnowskis und seiner Begleiter Moskau, 16. Juli. Sonntag abend gegen 10 Uhr hat der Eisbrecher „Krassin" den Flieger Tschuchnowski und seine Begleiter an Bord genommen.
Bitte Nobiles an den „Krassin"
Moskau» 16. Juli. Nobile richtete an den Kommandanten des „Krassin" Samoilowitsch die Bitte, der „Krassin" möge eine der nächsten Buchten Spitzbergens anlaufen, um die geretteten Italiener der Citta dj Milano zu übergeben. Wie die Telegraphenagentur der Sowjetunion vom Hilfskomitee erfährt, wird die Bitte Nobiles sofort nach der Ankunft des „Krassin" in der Advent-Vay erfüllt werden.
Zum Eisenbahnunglück in München
Die Schuldfrage
München, 16. Juli, lieber die mögliche Ursache des Eisenbahnunglücks im Müchener Hauvtbahnhof wird gemeldet: Kurz nach uer Ausfahrt des Vorzuges wurde festgestellt, daß die Plombe der Notbremse in dem dritten Abteil des dritten Wagens des Vorzuges verletzt war. Die Polizeidirektion München sucht fest- iustellen, wie der Hauptzug Ausfahrt erhalten konnte, obwohl die Rückmeldung des, Vorzuges und damit die Freigabe der «trecke für den Hauptzug noch nicht vorliegen konnte, weil der Vorzug den Block noch gar nicht durchfahren hatte.
Die Wiederausräumungsarbeiten beendet München, 16. Juli. Wie der Landesdienst des Süddeutschen uorrespondenzbüros hört, sind die Wiederaufräumungsarbeiten °n der Stätte des Eisenbahnunglücks fast beendet, sodaß damit «-rechnet werden kann, daß die zur Zeit noch gesperrten Gleise um die Mittagsstunde oder in den etst'en Nachmittagsstunden wieder freigegeben werden können.
In der Chirurgischen Klinik befinden sich in den Morgenstun- oen «och sechs Verletzte, deren Befinden zu Bedenken keinen -untatz gibt. Ein Verletzter mit Rauchvergiftung liegt in der meoizinischen Klinik, ein weiterer, der einen Nervenschock erlitten hat, m der Ncrvenklinik.
Aus der Opferliste
Aus den gänzlich ausgebrannten Wagen wurden neun Leichen geborgen. Von diesen konnten bisher festgestellt werden:
Niedermaier, Max, Hauptmann bei der Landespolizei Augsburg; Deifinger, Rudolf, Oberleutnant bei der Landesvolizei Augsburg; Geißler, Joseph, Friseur, Alvenstraße, Ort unbekannt.
Der aus dem Wagen gerettete Käsereibefitzer Gottfried Rebele aus Augsburg ist nach Ueberführung in die Klinik dort gestorben. Die Verletzten stammen sämtlich von Augsburg.
Ein zweites Eisenbahnunglück in Bayern München, 16. Juli. Infolge Ausdehnung der Schwellen durch die große Hitze entgleiste bereits am Donnerstag ein Zug auf der Waldbahn Reit im Winkel-Ruhpolding, wobei die Lokomotive und die beiden ersten Wagen über den Fahrdamm in einen Eebirgsfluß stürzten. Drei Fahrgäste wurden leicht verletzt, die Wagen wurden stark beschädigt.
Ergänzend erfahren wir: Infolge der außergewöhnlich großen Hitze trat eine Schwellendchnung ein, die auch das Gleis in Mitleidenschaft sog. Der Zug konnte die betreffende Stelle nicht passieren und entgleiste. Dabei rissen sich die beiden ersten Waggons und die Lokomotive vom übrigen Zug los und stürzten die Böschung hinab in den Fluß.
Eisenbahndamm Mitteuwald—Scharnitz Die Reichsbahndirektion München teilt mit: Am Sonntag, den 15. Juli, wurde zwischen Mittenwald und Scharnitz der Eis nbahndamm und die Straße Lei Kilometer 121,6 auf etwa 80 Meter durch eine Mure (Geröll) verschüttet. Das Gleis wird voraussichtlich zwei Tage gesperrt sein. Der Personenverkehr wird durch Umsteigen aufrecht erhalten -^
Mexikos neuer Präsident
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General Mvaro Obregon, genannt „der Einarmige", der schon einmal, in der Zeit von 1920 bis 1924 die Geschicke Mexikos leitete, ist zum Nachfolger des Präsidenten Calles gewählt worden.
Für den Kenner mexikanischer Verhältnisse war es nicht schwer, die Wahl gerade dieses Kandidaten schon vor mehr als Jahresfrist vorauszusagen. Denn immer schon war es die ungemein große Volkstümlichkeit dieses energischen Mannes, in dessen Adern, wie behauptet wird, das Blut der Paqui-Jndianer fließt, die ihm vor den andern Präsidentschaftskandidaten einen tüchtigen Vorsprung sicherte. Obregon, der Freund und Gesinnungsgenosse von Calles, hätte wahrscheinlich auch dann über seine Rivalen im Wahlkampf gesiegt, wenn diese nicht vorzeitig und auf etwas ungewöhnliche Weise — durch Vollstreckung kriegsgerichtlicher Todesurteile — von der politischen Bühne abberufen worden wären.
Präsidentschaftswahlen pflegen in Mexiko ihre Schatten weit vorauszuwerfen. Jene aufregenden Ereignisse, die im vergangenen Herbst als neue mexikanische „Revolution" in die Welt hinausgekabelt wurden, waren, so schreibt da» „Hamburger Fremdenblatt", nichts anderes als eine unerwartet rücksichtslose „Auseinandersetzung" der Präsidentschaftskandidaten, von Calles und Obregon freilich nicht gewollt, die als Verfechter der Staatsgewalt über die Unruhestifter ebenso schnell wie gründlich triumphierten. Obregon war der erste Präsident, der eine Revolution (die Resolution Adolfs de la Huertas) siegreich niederschlug: Calles bestand vor kaum einem halben Jahre die Feuerprobe.
Was im Sommer 1927 die Ruhe und Ordnung im Lande gefährdete, war die Unzufriedenheit klerikaler Kreise mit den Maßnahmen der Negierung, der religionsfeindliche Gesinnung vorgrworfen wurde. Die Bewegung geriet erst in politisches Fahrwasser, nachdem es Präsident Calles gelun--. gen war, die Möglichkeit der Wiederwahl gesetzlich stcher- zustellen. Entgegen der bisherigen Gepflogenheit kann in Mexiko ein Präsident nach Ablauf seiner vierjährigen Amts- Periode und einer weiteren Wartezeit von mindestens vier
Jahren abermals zum Präsidenten gewählt werden. Die! Gegner von Calles hatten zu spät erkannt, was er mit dem Wiederwahlgesetz bezweckte. Er wollte sich mit seine politischen Freund Obregon in der Leitung der Staatsgeschäfts ständig, von vier zu vier Jahren ablösen und damit prak- tisch eine Diktatur errichten.
Es entstand der „Anti-Wiederwahl-Block" unter Führung der Generale Arnulfe Gomez und Francisko Serrano, beide „feindliche Brüder" zwar, da jeder von ihnen nach vem Präsidentensessel schielte, aber geeint in dem Bestreben, das Schutz- und Trutzbündnis zwischen Calles und Obregon zn zerstören. Und da jeder von ihnen glaubte, sich auf die von ihm befehligten Truppen verlassen zu können, auch das Schlagwort „Nieder mit der Wiederwahl!" für weitere» Zulauf, besonders aus dem Lager der Klerikalen, sorgte, entschlossen sie sich für den Kampf.
Calles und Obregon sind beides Männer, denen daran liegt, die in früheren Zeiten als geradezu traditionell an-^ gesehene periodische Wiederkehr blutiger Umsturzbewegungen zu verhindern und dem Lande außenpolitisch das Prestige eines Ordnungsstaates zu verschaffen. Nach Obregons Sieg über de la Huerta schien es auch tatsächlich so, als sek den Revolutionsgeneralen die Lust zu bewaffneten uf- ständen gründlich vergangen. Sicher ist es auch nur religiöser Fanatismus gewesen, der in erster Linie Serrano und Eo^ mez bewog, die Taktik früherer bewegter Zeiten zu wählen, und noch einmal Wildwest-Episoden größeren Stils zu inszenieren, anstatt den Stimmzetteln die Machtentscheidung zu überlassen. Das Schicksal, das beide ereilte, ist bekannt. Calles schlug mit eiserner Faust den Aufstand nieder und überantwortete die Schuldigen dem Kriegsgericht. Serrano und Gomez wurden hingerichtet.
Nun ist der Weg für eine friedliche Entwicklung frei. Die gefährlichsten Feinde der Regierung sind tot, und da Mexiko zurzeit nicht über Männer gleichen Formats wie der jetzige und der kommende Präsident verfügt, der Regierung also keine ebenbürtigen Gegner erwachsen können, wird wohl das Zweigestirn Calles-Obregon vermutlich in nächster Zukunft die Geschicke des Landes allein bestimmen.
Die Wahl Obregons bedeutet, daß sich der Kurs in Mexiko in absehbarer Zeit kaum ändern wird. Was Calles begann,. Lerwaltungsreformen, Förderung der Landwirtschaft, Herstellung erträglicher Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, wird sein Nachfolger zu vollenden trachten. Was aber oom deutschen Standpunkt aus besonders Erwähnung verdient, ist die Gewißheit, daß Obregon ein ebenso großer veutschenfreund ist wie General Calles.
Zum SöMiunderfeA iu Wie»
Die deutsche Männerchorbewegung
150 000 Sänger geben in der Stadt der Musik, in Wier^ -in machtvolles Zeugnis von der deutschen Männerchor« bewegung. Aus kleinen Anfängen heraus, unter Ueberwin- dung unzähliger Hindernisse und hemmender Einflüsse ist jetzt die deutsche Eesangsbewegung zu der größten der Welt geworden. 565 000 Mitglieder stehen hinter dem deutschen Sängerbünde und ebenso viele sind als Freunde des Chorgesanges, als passive Mitglieder dieser Organisation am geschlossen. Also eine Bewegung, die über 1 Million Mit« glieder verfügen kann und der in ihrer Macht nur di^ Turnvereine gleichzusetzen sind, lieber alle politischen uiÄ weltanschaulichen Gesichtspunkte hinweg sind sie geeint durch die Macht des Liedes und des Gesanges. Aber schon ganz früher haben sie die kulturelle Bedeutung des deutschen Gesanges in den Dienst der deutschen Einheitsbewegung gestellt. Die Gesangvereine und Liedertafeln, die sich zu Beginn des vorigen Jahrhunderts zuerst in Berlin und später in allen Teilen Deutschlands bildeten, waren Vorkämpfer für die Zusammenfassung der deutschen Länder und Stämme. Die gemeinsame Sprache, das gemeinsame Lied, das gemeinsame Ziel, das alles waren mächtige Helfer im Kampfe um die. deutsche Einheit.
Wann wurde der erste deutsche Männergesangverein gegründet? Die ersten Männergesangvereine nannten sich nach dem Vorbilde der Ende 1808 von K. Fr. Zelter in Berlin aus 24 Mitgliedern gebildeten Liedertafel. Diese Gründung eröffnete die Aera des Männerchorgesanges. Der Name Liedertafel findet darin seine Erklärung, daß die Versammlungen gemeinschaftliches Abendessen, um das sich die Lieder rankten, zum Mittelpunkt hatten. Diese erste Liedertafel trug noch einen sehr exklusiven Charakter, da nur Dichter, Berufssänger oder Komponisten ausgenommen wurden. Ihr vornehmstes Ziel war die Schaffung einer mehrstimmigen Literatur für Männerstimmen. Es entstan-
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