schaft großen Nachteil bringe. Außerdem müsse die alte Straße für den Verkehr der Latrinenfuhrwerke mit dem Wagenschuppen doch für die Stammheimer, Hengstetter und Gechinger Bauern freigehalten werden.

Der Vorsitzende weist zunächst auf den schneidenden Widerspruch hin, in den sich die Unterzeichner der Ein­gabe mit ihrer Eingabe vom 25. Febr. 1903 setzen, in welcher sie die schleunigste Inangriffnahme des Neubaus der Stuttgarter Straße verlangten unter dem besonderen Hinweis auf die in den Steigungsverhältnissen der alten Straße liegende Erschwerung und Gefährlichkeit des landwirtschaftlichen Betriebs. Damals seien von landwirtschaftl. Seite aus der Stadtverwaltung die lautesten Vorwürfe gemacht worden, weil sie angeblich nicht tatkräftig genug für den Neubau der Straße bei den Staatsbehörden sich eingesetzt habe. Heute sehe es beinahe so aus, als liege dieErschwerung des land­wirtschaftl. Betriebs" an der neuen Straße, als wäre der Straßenumbau eine Unnot gewesen, und als wäre man froh, wenn man nur die alte Straße allein wieder hätte.

Die Aussperrung des Latrinenfuhrwerks von der alten Straße sei nie beabsichtigt gewesen; die gesamte Latrinenabfuhr, die zwar mit fremden Gespannen, aber stadteigenen Wagen betrieben werde, sei als ein städt. Betrieb anzusehen, dem der uneingeschränkte Verkehr zu dem an der alten Straße gelegenen Wagenschuppen zustehe. Der Eemeinderat habe am 12. seinen Beschluß nach reiflicher Aussprache gefaßt. Wenn er heute den Beschluß wieder aufhebe, so könnte er sich kaum des Vorwurfs erwehren, daß er die tatsächlichen und recht­lichen Grundlagen seiner Beschlüsse und ihre Folgen selb­ständig nicht zu prüfen und zu übersehen vermöge und erst der Unterweisung durch Eingaben Beteiligter be­dürfe. Die Sperrung der Straße sei erfolgt, weil Stein- und Eisfuhrwerke, die auf der alten Straße gar nichts zu suchen hatten, in letzter Zeit trotz erfolgter Ver­warnung mit ihren Krätzern die erst mit viel Kosten neubewalzte Straße in der rücksichtslosesten Weise be­schädigt haben. Von dem Eemeinderat verlange die Pflicht größter Sparsamkeit, dafür zu sorgen, daß nicht neben dem einmaligen Bauaufwand für die neue Straße (70 000 -N) ein größerer Unterhaltungsaufwand für die alte Straße fortlaufend bestehen bleibe.

Aus der Mitte des Eemeinderats wurde dar­über geklagt, daß zur Zeit in gewissen Kreisen unverantwortlich über die Stadtver­waltung geschimpft werde; man dürfe solchen Einflüssen nicht nachgeben. Von anderer Seite wurde hervorgehoben, daß eine Sperrung des unteren Teils der Straße vom Schiff bis zur Linde nicht beabsichtigt gewesen und auch nicht durchführbar sei. Schließlich wurde beschlossen: Die Sperrung der alten Straße von der Abzweigung aus der Neuen Straße an bis zum Verbindungssträßchen bei Eisenhardt auf­recht zu erhalten, die untere Strecke (Ver- bindungssträßle bisLinde"), als Ortsstraße sreizu- geben.

Der Stadtvorstand stellte anheim, zur Zeit der Heu- und Getreideernte den Verkehr mit Erntefuhrwerken freizugeben, da mit diesen Wagen und zu dieser Zeit dieStraße weniger verdorben werde. Die mit einer nur feldwegmäßigen Unterhaltung der Straße verbun­dene Gefahr für Fuhrwerke, Ladung und Gespann werde aber dann wohl bald zu Klagen über den Zustand der Straße führen. Auch sei es schwierig, eine Straße nur für eine gewisse Art von Fuhrwerken zu sperren, für eine andere Art freizugeben. Der Eemeinderat er­klärte sich mit dieser Handhabung der Sperre in der Erntezeit einverstanden. Eine Bitte des K. Post - amts um Durchfahrt für die Postbotenfuhrwerke fand damit eine ablehnende Erledigung.

Bortrag im Georgenäum.

Ueber Vulcanismus sprach gestern im Eeorgenäums- saal Oberreallehrer Dr. Brösamlen. Wohl noch nie bei einem Eeorgenäumsvortrag war der Saal so dicht mit Zuhörern gefüllt, wie bei dem gestrigen und für den Verwaltungsrat dürfte dieser Umstand ein Finger­zeig sein, recht fleißig unter den Leuten Calws selbst seine Redner auszusuchen, statt in die Ferne zu schwei­fen. Wer etwa befürchtet hatte, der Vortrag über Vulcanismus erfahre eine allzu wissenschaftliche Be­handlung. wurde recht angenehm enttäuscht: so wenig die Ausführungen des Redners des wissenschaftlichen Unterbaus selbstverständlich nicht entbehrten, so sehr ver­mochte er, ihnen eine unterhaltsame, bilderreiche und fesselnde Note zu geben. Diese kluge Rücksichtnahme auf die Zusammensetzung seiner Zuhörer, die in allen Schichten vertreten waren, begrüßen wir ganz besonders und empfehlen sie allen nachfolgenden Georgenäums- rednern angelegentlich. Auf den Inhalt des Vortrags brauchen wir uns heute nicht weiter einzulassen: durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn Dr. Brö­samlen wird es uns möglich gemacht, das Gehörte an dieser Stelle im Wortlaut zu veröffentlichen. Herr Dr. Brösamlen konnte seine Schilderungen durch Vorzeigung verschiedenerlei vulkanischen Gesteins, das ihm Herr Bergrat Schiiz hier in liebenswürdiger Weise zur Ver­fügung gestellt hatte, desgleichen durch schematische Dar­stellungen an der Tafel und durch schöne Lichtbilder wirk­sam vervollkommnen. Leider aber wurde dieser bildliche

Genuß stark beeinträchtigt durch Damenhüte und der rednerische durch die Geräusche des Lichtbilder-Apparats. Sicherlich ließe sich in beiden Dingen Abhilfe schaffen.

st. Militärisches. Der Oberleutnant im 8. Znf.- Regt. Nr. 126, Cucumus, wurde in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs mit der gesetzlichen Pension zur Dis­position gestellt und zum Vezirksoffizier beim Land­wehrbezirk Calw ernannt.

Neue Stellen für Bertehrspersonal. In Ausführung des Etats werden auf 1. April weiterhin folgende Stellen neu­errichtet, die jetzt zur Bewerbung ausgeschrieben sind: 17 Post­assistenten, 43 Postgehilfinnen, 35 Eisenbahnastistenten, 6 Eisenbahngehilfinnen, 5 Bahnhofaufseher, 20 Zugführer, 10 technische Schaffner, 25 Bremser, 20 Lokomotivführer, 50 Lokomotivheizer 1. Kl., 5 Oberbahnwärter und 5 Ober­weichenwärter, 40 Weichenwärter, 39 Stationsdiener.

v. Staatliche Bezirksrindviehschauen werden Heuer in 31 württ. Oberamtsbezirken abgehalten. U. a. fin­det eine solche Schau für Fleckvieh am 19. Juni in Neu­bulach statt; die Schau im Bezirk Neuenbürg fällt Heuer aus.

st Wildbad, 19. Febr. Gerichtsnotar Oberdörfer hier wurde auf sein Ansuchen hin an das Bezirksnotariat Ulm versetzt.

Altensteig, 21. Febr. Eine Angelegenheit, die viel Staub aufgewirbelt hat, scheint die Gemüter noch weiterhin zu be­wegen. Die Stadtgemeinde hatte die Verfügung über das Grabgeläute für sich in Anspruch genommen; nachdem der Vorsitzende des Kirchengemeinderats bei der Bestattung eines Selbstmörders das Geläute verweigert hatte. Mit ihrer Ein­sprache wurde die Stadtgemeinde zuerst von der Kreisregie­rung und dann vom Ministerium des Innern unter Ansatz einer Sportel von 30 abgewiesen. Dem Gemeinderat wird zudem nicht berechtigte Selbsthilfe vorgeworfen und Ver­letzung der ihm obliegenden Dienstpflicht. Der Gemeinderat will nun gegen diesen Vorwurf weitere Vorstellungen beim Ministerium erheben und gegebenenfalls gegen sich selbst die Einleitung eines Disziplinarverfahrens beantragen.

Horb, 21. Febr. Der Vertreter des Bezirks in der Zwei­ten Kammer, S ch w e i tz e r, hat an den Minister des Innern eine sogenannte kleine Anfrage gerichtet über den Zeitpunkt der Auszahlung der Unterstützungen für die durch das Un­wetter vom 4. Juni 1913 geschädigten Angehörigen des Be­zirks. Insbesondere hat der Abgeordnete angefragt, ob der Minister bereit sei, im Falle eines weiteren Verzugs der Aus­zahlung vorerst eine teilweise Auszahlung in die Wege zu leiten.

Württemberg.

Wiirttembergischer Landtag.

Stuttgart, 20. Febr.

Die Zweite Kammer nahm heute zunächst den Gesetz­entwurf über die Befteuerungsrechte der Gemeinden und Amtskörperschaften einstimmig an und befaßte sich sodann mit der Anfrage des Zentrums an den Minister des Innern, ob er bereit ist, mit Rücksicht auf die be­sonderen Verhältnisse der landwirtschaftlichen Mittel­und Kleinbetriebe für die Milch der Sammelmolkereien dauernde Befreiung vom Erhitzung s.- zwang zu gewähren.

Der Abgeordnete Schmidberger (Z.) begrün­dete die Anfrage unter Hinweis auf die erheblichen Nach­teile, die den Molkereien daraus erwachsen. Minister v. Fleischhauer antwortete, die Bestimmung, wo­nach die Milch den Tieren nur in erhitztem Zustand ver­abreicht werden dürfe, stütze sich auf die vom Bundes­rat erlassenen Vorschriften, die allerdings mehr auf die ostpreußischen Großbetriebe zugeschnitten seien und die sich namentlich in den kleinbäuerlichen Betriebe nicht gleichmäßig durchführen ließen. Die Regierung habe deshalb weitgehende Erleichterungen vorgesehen und die Befreiung vom Erhitzungszwang trete ein, wenn der Viehbestand einem staatlich anerkannten Tu­berkulosetilgungsverfahren unterworfen werde, dessen Einführung durch Staatsbeiträge möglichst erleichtert werden solle. Von Zentrum und Konservativen wurden Anträge gestellt, die nachher in einem einzigen Antrag vereinigt wurden, in dem verlangt wird die Befreiung vom Erhitzungszwang der Milch in Sammelmolkereien, da die durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnisse derselben eine derartige Berücksichtigung als geboten er­scheinen lassen. An der Debatte beteiligten sich die Ver­treter aller Parteien, mit Ausnahme derjenigen der Sozialdemokratie, zustimmend. Der erwähnte Antrag wurde dann angenommen mit dem Zusatzantrag Körne? (B.K.j, die Untersuchungstaxe auf höchstens 30 Pfennig für ein Stück Vieh festzusetzen.

Schließlich wurde noch in die erste Beratung eines Nachtrags zur Errichtung weiterer Landge­richtsdirektorstellen für 1914 eingetreten. Nach kurzer Erörterung wurde der Gesetzentwurf, der vier neuzuerrichtende Landgerichtsdirektorstellen für die Land­gerichte Heilbronn, Tübingen, Rottweil und Ravens­burg, wo je eine 2. Zivilkammer errichtet werden soll, vorsieht, zugleich in zweiter Beratung einstimmig ange­nommen. Schluß 1 Uhr. Morgen vormittag 9 Uhr: Unfallfürsorge für Körperschaftsbeamte.

Prälat Rieg legt Berufung ein.

Ulm, 20. Febr. Prälat Rieg hat gegen das Urteil der hiesigen Strafkammer in seinem Prozeß mit Professor Dr. Wilhelm Koch Revision beim Reichsgericht eingelegt.

Wiirttembergischer Kriegerbund.

In seiner Eigenschaft als Protektor des Württember- gischen. Kriegerbundes hat der König die Ernennung des zu­rückgetretenen Präsidialmitgliedes, Generalmajors a. D. v. Funk, zum Ehrenmitglied des Präsidiums und die Wahl des Direktors Dr. Hegelmaier von der Württ. Bankanstalt anstelle Funks in das Präsidium genehmigt.

Milchpreisabschlag.

Eßlingen, 20. Febr. Dem Druck der öffentlichen Meinung endlich nachgebend, hat die Milchhändler-Ver- einigung von Eßlingen und Umgebung in ihrer letzten Sitzung beschlossen, den Milchpreis ab 23. wiederholt um 1 Pfg. zu ermäßigen, so daß nun auch hier der Milch­preis innerhalb 2 Monaten um 2 Pfg. zurückgegangen ist. Er beträgt vom 23. ds. Mts. ab 21 Pfg. für das Liter. Die Händler bezahlen dem Bauern teilweise 14 Pfennig für das Liter!

Tübingen, 20. Febr. Die Absender einer gelegentlich des Sängerfestes, also im Juni vor. Js., in den Neckar ge­worfenen leeren Weinstasche erhielten dieser Tage, nachdem sie ihrePost" längst verloren und verschollen wähnten, die Mitteilung, daß die Flasche am 7. d. Mts. bei der Insel Schiermonnikoos (einer Nachbarinsel von Borkum) gefunden worden sei.

Stuttgart, 20. Febr. Der Mechaniker Theodor Klein­knecht aus Poppenweiler, der am Dienstag abend auf seine Geliebte, die Kellnerin Sophie Hiller, zwei Schüsse abfeuerte und sich selbst zwei Kugeln in den Kopf jagte, ist im Katha­rinenhospital gestorben. Das Befinden der Hiller hat sich erheblich gebessert.

Stetten i. Remstal, 20. Febr.b Der Storch hat gestern hier sein Nest auf dem Rathaus bezogen. Er ist von Alt und Jung als Frühlingskünder freudig begrüßt worden. In den letzten Jahren pflegte der Storch erst 1014 Tage später ein- zutreffen.

A«» Welt Zeit.

Deutscher Reichstag.

In der Freitag-Sitzung wurde die zweite Beratung des Marineetats fortgesetzt. Bassermann (N.) eröff- nete nlt einem nachdrücklichen Eintreten für die deutsche Ma­rine-ulWeltpolitik den Rednerreigen. Dann folgte der Konser- vative M e b e l, der in der entschlossenen Amtsführung des Staatssekretärs v. Tirpitz eine der besten Garantien für den Weltfrieden sieht, v. Tirpitz selbst ergriff hernach das Wort, dann der Fortschrittler Heck sch er und der Sozial­demokrat Vogtherr, endlich die Zentrumsabgeordneten Pfleger und Erzberger. Samstag Fortsetzung.

Der Sozialdemokrat unterlegen.

Bei der Reichstagsstichwahl im Wahlkreis Magdeburg 3 erhielten von 31.884 Wahlberechtigten Rtttergutspächter Schiele-Schollene (kons.) 16 625, Expedient Haupt-Magde­burg (Soz.) 15 259 St.

Die bedrohte Kommandogewalt.

In der Form einer Dementierung der Mitteilungen kon­servativer Blätter über die Haltung der Regiemng zur Za- bern-Kommission erläßt dieNordd. Allgemeine Zeitung" eine Erklärung in der Frage der Kommandogewalt des Kai­sers. Es wird gesagt, die Frage, in welchen Fällen das Mili­tär bei inneren Unruhen etnzuschreiten habe, sei in einzelnen Bundesstaaten durch Verfassung, Gesetz und allgemeine Rechtsgrundsätze geregelt; auf der Basis dieser Rechtslage erlasse die Kommandogewalt ihre Instruktionen; für eine reichsrechtliche Bestimmung der Grenzen zwischen der Militär- und Polizeigewalt könne die Zustimmung des Bundesrats nicht in Aussicht gestellt werden.Die ab­lehnende Haltung der verbündeten Regierungen auf die in der Erklärung hingewiesen wurde, wird, lt. Tägl. Rundsch., hauptsächlich durch die Erwägung bestimmt, daß es unmöglich sei, die Ausnahmefälle, in denen das Militär ohne Auf­forderung der Zivilbehörden einschreiten darf, gesetzlich fest­zulegen. Unter diesen Umständen wird eine reichsgesetzliche Regelung der Grenzen der Militärgewalt nicht erfolgen. Es wird bei der Regelung, die der Reichskanzler in Aussicht ge­stellt hat, bei der Aenderung der Dienstanweisung für das Militär sein Bewenden haben.

Die Verkehrseinnahmen

der deutschen Haupt- und vollspurigen Nebenbahnen betrugen im Januar 1914 nach der im Reichseisenbahnamt aufgestellten Uebersicht im Personenverkehr: 64 812 291 .F., das sind auf einen Kilometer 1 064 ^., somit gegen das Vorjahr ein Mehr von 1316 280 ^F., im Güterverkehr 174 807 678 das sind auf einen Kilometer 2 797 (gegen das Vorjahr weniger 3 969 251 ^.) Diese Uebersicht umfaßt zum erstenmal auch die Einnahmen der bayrischen Staats- und Privatbahnen.

Mordprozeß Mielczynskq.

Meseritz, 20. Febr. Im Prozeß gegen den früheren Reichstagsabgeordneten Grafen Mielczynsky, der heute vor dem Schwurgericht begann, wurde auf Antrag des 1. Staatsanwalts Boellfahr und im Einverständnis mit den Verteidigern Jarecki und Drwenski-Posen die Öf­fentlichkeit für die Dauer des ganzen Prozesses in vollem Umfange ausgeschlossen. Auch die zahlreich erschienenen Presseberichterstatter und die nicht ausgelosten Geschwo­renen mußten den Saal verlassen. Neben dem Grafen Mielczynski nahm dessen Arzt, Dr. Markwitz, auf der Anklagebank Platz. Der wegen Beleidigung vorbe­strafte Angeklagte, der gebeugt aussieht und mit matter Stimme antwortet, ist nach dem Eröffnungsbeschluß schuldig, in der Nacht zum 20. Dezember v. I. seine Frau und deren Neffen durch zwei selbständige Hand­lungen vorsätzlich getötet zu haben, mit der Entschuldi-