also immer noch als unpolitisch gelte, trotz der gestrigen Reden im Zirkus und trat für eine Beschränkung des religiösen Eides ein. Der Konservative Holtschke wandte sich u. a. gegen die Wahl der Richter durch das Volk, weil es dann erst Klassenjustiz geben würde. Landsberg (Soz.) fand, daß unsre Zeit sehr emp­findlich geworden sei. Wenn Luther und Goethe ihre Werke heute geschrieben hätten, würden sie nimmer aus dem Gefängnis herauskommen. Der einzige Mensch, der sich über die Verschleppung seines Prozesses nicht be­klagen könne, sei Fürst Eulenburg. Wenn Prozesse ver­schleppt würden, liege das nicht am Gesetz, sondern an den Richtern. Zur Schundliteratur rechnet er gewisse süßliche Traktätchen, die man für religiösen Wahnsinn mehr verantwortlich nrachen könne als Gerichtsberichte für Verbrechen. Zur Schundliteratur rechnet er auch die Büchlein, die in den Jungen den Wunsch erwecken sollen, nach Frankreich und Rußland zu ziehen, alle Feinde totzuschlagen und viele Orden zu bekommen.

-ta-t, Bezirk r»«d Nachbarschaft.

Talw, den 18. Februar 1914.

Konzert von Stadtpfarrer Werner.

Stadtpfarrer Werner, der sich hier eines großen Anhangs rühmen darf, konnte es wagen, mitten in der Fastnachtszeit die musikliebenden Kreise der Stadt zu einem Konzert einzuladen. Darum wunderte uns die große Zahl der Besucher, die gestern im Bad. Hof zu­sammengekommen war, nicht. Ein klassischer Lieder­abend. Klassisch das Programm, klassisch vornehm seine Durchführung. Hier in unsrer Stadt erübrigt es sich, über Stadtpfarrer Werner als Sänger viel Wote zu machen. Er hat mit kurzen Worten alle Register seines künstlerischen Könnens wieder spielen lasten und die Brahms-, Cornelius-, Schubert- und namentlich Hugo Wolf-Lieder mit einer an das Vollendete grenzen­den Ausschöpsung gesungen. Seelische Beherrschung des Liedinhalts, geschmackvolle, verständnisvoll abgestufte Tongebung, eine prachtvolle Vortragsweise dieser Eindruck war wieder vorherrschend. Und das, trotz­dem in keinem der Gesänge des Sängers Heiserkeit, ob der er sich entschuldigen ließ, sich verbergen konnte, und an einzelnen Stellen die Empfindung deutlich wurde: da könnte er noch mehr und noch Besseres ge­ben, oder: das hat er schon schöner herausgebracht. Diese Zufallsmängel aber bei der Beurteilung der Leistung objektiv eingestellt, läßt sich ein künstlerisch in hohem Grade befriedigendes Ergebnis feststellen. Vollen An­teil an diesem künstlerischen Erfolg hat Herr Vikar Her­mann von hier, der Werner am Flügel außerordent­lich gewandt und mit Wärme begleitete. Als Ersatz für zwei mit Rücksicht auf des Sängers stimmliche In­disposition ausgefallene Lieder (darunter leider auch SchubertsAn Schwager Kronos") gab Fräulein Keim aus Stuttgart in liebenswürdiger Weise ein Em- promptu von Schubert, mit dem sie den Zuhörern be­geisterten Beifall entlockte. Calwer und Bernecker, welch letzteren der Ertrag des Konzerts zufließt, können mit dem Abend wohl befriedigt sein.

Wie wird das Wetter? Nach den Wetterprognosen von Stadtpfarrer Schmucker-Eundelfingen für die zweite Hälfte des Februar steht nach den vergangenen som­merlich warmen Tagen lt.Grenzer" eine Wiederkehr von winterlichem Wetter in Aussicht. Vom 18. an soll nachts Frost und leichter Schneefall eintreten, der ab­wechselt mit Nebel und stärkerem Wind! für den 23. ist wieder etwas Aufheiterung vorhergesagt, jedoch soll schon zwei Tage nachher die Bewölkung zunehmen. Mit

Die Württemberger im Feldzug von 1814.

Von A. Hummel.

In den letzten Tagen des Dezember 1813 und den ersten Tagen des Januar 1814 zogen die Württemberger unterhalb von Hüningen über den Rhein, mit Hellem Jubel und frischem Mut, und traten dann, nachdem Neubreisach erobert war, den Vormarsch durch das Ober­elsaß an. Schon am 11. Jan. 1814 hatten die württemb. Truppen bei Epinal an der Mosel, am 18. Januar bei Chaumont an der Maas und am 23. Janur bei Lo- lombey mit den Franzosen Gefechte zu bestehen. Zur ersten größeren Schlacht hatten unsere Landsleute sich vorzubereiten, als das böhmische und das schlesische Heer unter Blücher sich nahezu vereinigt hatten. Blücher war am 29. Januar in Brienne heftig angegriffen und, als er vom dortigen Schloß aus die Eefechtslage über­blicken wollte, beinahe gefangengenommen worden. Aber er schwur, dem Korsen, der am 23. Januar 1814 von seiner Gattin Marie Luise in Paris feierlichen Abschied genommen der fürs Leben gelten sollte und am 25. Januar sich zu seinen Truppen begeben hatte, den Ueber- fall heimzuzahlen. Dazu sollte es am 1. Februar bei Brienne und La Rothiöre kommen.

Napoleon hatte sich schon als Sieger gefühlt und wollte denalten Fuchs" Blücher gründlich schlagen, aber dieser war schlau, ging etwas zurück und verband sich bei Trannes mit der Hauptarmee. Bei dieser unter Blüchers Oberbefehl vereinigten Macht stand der Kron­prinz von Württemberg auf dem rechten Flügel; es waren 90 000 Verbündete gegen 50 000 Franzosen. Nach­dem der Kampf gegn 1 Uhr bei starkem Schneegestöber begonnen hatte, gelang es gegen 4 Uhr den Rüsten, das

zeimlich heftigen Winden und Schneefällen wird sich der Monat verabschieden. Auch sind in einigen Ge­bieten um diese Zeit Erdbeben zu erwarten. Im ein­zelnen lauten die Vorhersagen:

17. Febr. Nachts Frost, unter Tags meist heiter, Wind

schwach.

18. Nachts leichter Schneefall und Frost, tagsüber

vorwiegend sonnig, Wind mäßig.

19. Früh neblig, vorübergehend noch heiter, dann

trüb, strichweise Schneefall, Wind ziemlich stark.

20. Nachts Frost, dann meist trüb, Wind zu­

nehmend.

21. Nachts windig, dann bewölkt, strichweise

Schneefall, Wind mäßig.

22. ., Nachts Frost, leichter Schneefall, zeitweilig

aufheiternd, Wind stark.

23. Früh Reif und dunstig, zeitweilig heiter,

Wind schwach.

24. Früh Reif, darauf leicht bewölkt, strichweise

schwacher Schneefall.

25. ., Früh Reif, dann zunehmende Bewölkung, die

Temperatur steigt, Wind noch schwach.

26. Früh neblig, Wind und Wolken nehmen zu,

Niederschläge schwach.

27. Nachts starker Wind mit Regen oder Schnee,

tagsüber meist bewölkt, zeitweilig fast stürmisch.

28. Früh trüb, leichter Schneefall, wenig Sonnen­

schein, Temperatur über normal.

Der Postverkehr an Königs Geburtstag. Am 26. Februar, an dem Heuer die kirchliche und bürgerliche Feier von Königs Geburtstag stattfindet, wird der Post-, Telegraphen-, und Fernsprechdienst in der Weise einge­schränkt, daß die Postschalter während der für die Sonn- und Feiertage festgesetzten Zeit offen gehalten werden. In größeren Städten wird die Einlieferungszeit ent­sprechend verlängert. Die Briefkasten werden wie an Sonntagen und außerdem noch einmal nachmittags ge­leert. In den Postorten finden zwei Bestellgänge statt, im Landbestelldienst werden die Sonntagsbotengänge ausgeführt. Im Telegraphen- und Fernsprechdienst grei­fen dieselben Einschränkungen wie an Sonntagen Platz.

Angestelltenversicherung. In nächster Zeit werden Beauftragte des Direktoriums der Reichsversicherungs­anstalt für Angestellte eine Revision vornehmen, um zu ermitteln, ob versicherungspflichtige Personen in der richtigen Eehaltsklasse versichert sind. Sowohl die Ar­beitgeber wie die Versicherten haben über Lohn- und Dienstverhältnisse Auskunft zu geben und auf Verlan­gen die Versicherungskarten auszuhändigen.

-I- Hirsau, 16. Febr. Zum zweiten Gemeindeabend in diesem Winter hatte der hiesige Zweigverein des Evangelischen Bundes auf gestern abend in den Saal des Easthofs zumRößle" hier eingeladen. Nach dem gemeinsamen Gesang der beiden ersten Verse des Luther­liedes begrüßte der Bezirksvertreter, Herr Stadtpfarrer Schmid von Calw, die Versammlung und gab seiner großen Freude darüber Ausdruck, daß der Ein­ladung so zahlreich Folge geleistet wurde und wies dar­auf hin, daß wir in geistiger und politischer Hinsicht in einer ernsten Zeit leben und daß ein treues Zusammen­halten der evangelischen Glaubensgenossen schon des­halb not tut, weil wir die Angegriffenen sind, daß er­freulicherweise aber die Bestrebungen des Evangelischen Bundes auch in immer weiteren Kreisen Anklang und Verständnis finden, so daß der Evangelische Bund nun­mehr im Oberamtsbezirk Calw etwa 500,

in Württemberg etwa 26 000 und in ganz Deutschland etwa 500 000 Mitglieder zählt. Der Evangel. Bund will aber nicht nur im deutschen Vaterland evangelisches Leben pflegen, wo immer er kann, sondern auch den außerhalb Deutschlands infolge der Los-von-Rom-Be- wegung immer neu sich bildenden Gemeinden beistehen und zeigen, was evang. Bruderliebe vermag; so hat denn auch der württ. Hauptverein des Ev. Bundes der Für­sorge für 10 evangelische Gemeinden, welche infolge die­ser Bewegung in Oesterreich entstanden sind, übernom­men. Für den Vortrag des Pfarrers Broser aus Neutietschein in Mähren über die evangelische Be­wegung in Oesterreich, den wir in einer der nächsten Nummern ausführlich wiedergeben werden, dankte Stadtpfarrer Schmid herzlich. Die für die evang. Ge­meinde Neutietschein eingeleitete Sammlung unter den Anwesenden ergab die schöne Summe von 80 Pfr. Nieß von hier sprach den Dank der hiesigen Kirchen­gemeinde aus, ein Mitgleid der Gemeinde widmete den Rednern des Abends und Herrn Hauptl. Hin derer für seine musikalische Mitwirkung dankende Worte; er versicherte den Hauptredner auch der ferneren Anteil­nahme an dem Ergehen der österr. Glaubensgenossen. In seiner Schlußansprache berührte Stadtps. Schmid u. a. die gegenwärtig vielbesprochenen Kirchenaustritte. Nach dem Gesang des letzten Verses des Lutherliedes und dem Vortrag humoristischer Gedichte, wobei sich, wie beim Einsammeln der Gaben für Neutietschein Calwer Pfadfinder in dankenswerter Weise beteiligten, löste sich die Versammlung auf.

Pforzheim, 17. Febr. Gestern war hier das Gerücht von einem Raub mit tödlichem Ausgang verbreitet. Der 40jährige verheiratete Feilenhauer Schneider (gebürti­ger Calwer) wurde in der Nacht zum Montag mit leichten Kopfverletzungen in der Eerberstraße gesunden und starb, ins Krankenhaus gebracht, dort gestern nach­mittag. Da er behauptete, von zwei Unbekannten über­fallen und seines Geldbeutels beraubt worden zu sein, wurde eine Untersuchung eingeleitet, die aber noch nichts Bestimmtes ergab. Es ist möglich, daß Sch. den Geld­beutel verloren hat. Er soll an einem Herzschlag ge­storben sein. Die Sektion muß Näheres ergeben.

Altensteig, 18. Febr. Zn der Nacht vom 10. auf 11. Februar wurde in der Eisenbahnrestauration hier von der Rückseite des Hauses ein Einbruch versucht. Als der Täter schon eine Fensterscheibe eingeschlagen hatte, wurde er durch die Wirtin gestört. Als Täter ist jetzt Joh. Eg. Calmbach aus Simmersfeld verhaftet und ans Amtsgericht Nagold eingeliefert worden.

Haiterbach OA. Nagold, 17. Febr. Auf dem Hof­gut Altnuifra spielte ein kleiner Knabe mit einer Zim­merflinte und schoß sein jüngeres Schwesterlein ins Auge. Das Mädchen starb nach kurzer Zeit.

Württemberg.

Württembergischer Landtag.

Stuttgart, 17. Februar.

Die Zweite Kammer hat in ihrer heutigen Nachmit­tagssitzung das Körperschaftspensionsgesetz in namentlicher Schlußabstimmung mit 77 Stimmen ein­stimmig angenommen. Vorher wurde der sozialdemo­kratische Antrag auf Prüfung der Frage, ob Körper­schaftsbeamte in ungerechtfertigter Weise entlasten wur­den, abgelehnt, dagegen der sozialdemokratische Antrag auf Gewährung eines weitergehenden Schutzes gegen un­gerechtfertigte Kündigung jedoch ohne Beschränkung des Eemeindeselbstverwaltungsrechtes mit 53 gegen 25 Stim­men (Zentrum) angenommen.

Dorf La Rothiöre zu besetzen; den Württembergern aber unter General v. Stockmayer blieb es Vorbehalten, durch die versumpften Wälder sich einen Weg zu bahnen und im Verein mit einem heftigen Schneetreiben die Franzo­sen bei La Eiberie zu überraschen und trotz ihrer lleber- macht zurückzuwerfen. Auch als der Kaiser Napoleon persönlich eine Infanteriedivision ins Treffen führte, wurde er bei Chaumesnil zurückgeschlagen; die Franzo­sen flohen, Rüsten und Württemberger eilten mit der Kavallerie ihnen nach, und dabei eroberten die WUrt- temberger noch zwei Geschütze. Napoleon blieb die Nacht über im Schloß zu Brienne, auf besten Kriegsschule er studiert hatte, in besten Nähe er nun eine Schlacht und 6000 Mann, darunter 3000 Mann Gefangene, verloren hatte. Die Württemberger hatten 471 Mann Verlust, aber Blücher und Eneisenau waren des Lobes voll über die vortreffliche Haltung der Württemberger. Dem Kronprinzen sandte der Kaiser von Rußland noch auf das Schlachtfeld den St. Eeorgenorden und dem König von Württemberg gegenüber rühmte er besten Sohnes und besten Truppen Tapferkeit. Der König von Würt­temberg stiftete Ehrenmedaillen in Gold und Silber mit der Aufschrift:Für den Sieg am 1. Febr. 1814. Kö­nig und Vaterland dem Tapferen." In Erz gegossen, als Reliefbild an der Jubiläumssäule in Stuttgart, lebt die Schlacht bei Brienne weiter, und das Lied von W. Hauff gedenkt ihrer:

Bei Brienne im dunkeln Walde Unser Jägerhorn erschallte,

Unsre Trommeln wirbeln drein:

In den Feind durch Sumpf und Graben Stürmt der Prinz mit seinen Schwaben,

Daß der Sieg mutz unser sein.

Napoelon war zum erstenmal im eigenen Lande schwer geschlagen worden, aber darum noch nicht ver­zagt. Seine Truppen sammelte er nördlich von Brienne in Troyes; die Heere der Verbündeten trennten sich wieder. Der Kronprinz von Württemberg fand, als er am 7. Februar vor Troyes ankam, die Stadt von den Franzosen verlassen und nahm von der Stadt Besitz, die die Verbündeten mit ungeheurem Jubel aufnahmen. Den Feind aber, der kurz vorher nach Norden weiter­gezogen war, verfolgten die Württemberger und mach­ten 800 Gefangene. (Eine hübsche SkizzeAls Kund­schafter in Troyes" findet sich auch in dem von Paul Dorsch herausgegebenen BuchKriegszüge der Würt­temberger im 19. Jahrhundert".) Ganz besonders zeich­neten sich nun die Württemberger in denfolgenden Ta­gen vor der festen Stadt Sens an der Panne aus, wo sie am 11. Februar eintrafen. Schon vorher hatte das Kosakenkorps Platow die etwa 8600 Einwohner zäh­lende Stadt einzunehmen versucht, aber ohne Erfolg. Der Kronprinz begann gegen Mittag des 11. Februar die Beschießung der Stadt, aber erst als sein Eeneral- stabschef Oberst Graf Latour an der Nordostecke eine kleine Türe, die zu einem auf der Stadtmauer stehenden Kloster führte, entdeckt hatte, führte General Prinz von Hohenlohe-Kirchberg überraschend auf dieses Tor einen Sturmangriff aus, ließ von österreichischen Pionieren die Klostermauern sprengen und drang unaufhaltsam wenn auch nur vereinzelt und heftig beschosten, in die Stadt ein, während General v. Stockmayer ein anderes Tor mit Erfolg berannte. Trotz der heftigen Kämpfe waren die Opfer für die Schwaben gering.

... - - (Schluß folgt.) ^ ' ..