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ALtensteig» Montag -en 14. Mai 1828

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intreib, od. Konkursen hinfällig wird. Erfüllungsort Altensteig. Gerichtsstand Nagold.

51. Jahrgang

Zg-M WWülilik lind der Völkerbund

Soeben ist das Programm der Tagung des Völkerbunds­rates für den kommenden Juni veröffentlicht worden, und man mutz sagen, daß es gerade zur rechten Zeit kommt. Sicherlich sind einige Programmpunkte vom Standpunkt der rein deutschen Interessen aus sehr wichtig, so beispiels­weise die Beschwerde des Deutschen Volksbundes wegen der Richtdurchführung des Abkommens über die oberschlesischen Minderheitsschulen, oder etwa auch der rumänisch-unga­rische Optantenstreit wegen seiner allgemeinpolitischen Aus- . Wirkungen. Mit keinem Wort aber ist der japanisch-chine- sssche Konflikt erwähnt, und wenn auch ein chinesischer Pro­pst beim Völkerbund wegen des militärischen Vordringens der Japaner in Schantung eingegangen ist, so steht doch zu erwarten, daß der Völkerbundsrat mindestens offiziell nicht mit der Angelegenheit befaßt werden wird.

Man kann nicht gerade behaupten, daß sich in diesem Schweigen ein besonders starker Wille zur Tat innerhalb der Völkerbundsgemeinschafr ausprägt. Da beide Konflikts­mächte Mitglieder der Genfer Institution sind, wäre es eigentlich selbstverständlich, daß die ganze Angelegenheit, namentlich wegen ihrer großen weltpolitischen Auswirkung, vor das Forum des Rates gebracht würde. Und es liegt nahe, in dem ganzen Verhalten des Völkerbundes ein stilles Eingeständnis der eigenen Schwäche zu sehen, die sich scheut, eine Feuerprobe einzugehen, wie sie der Brand im Osten sicher darstellen würde.

Dennoch geht es nicht an, daß man Dinge auf eine so einfache Formel bringt, da der ganze Fragenkomplex, der durch das Eindringen Japans in das Innere der Provinz Schantung angeschnitten wird, sehr verwickelt ist. Vor allem wird man sich davor hüten müssen, aus der Zurückhaltung des Völkerbundes allgemeine Rückschlüße auf seine Aktions­fähigkeit zu ziehen. Zunächst ergibt sich die Frage, welche der chinesischen Regierungen der Völkerbund als rechtmäßig anerkennen würde. Der Bürgerkrieg, der das Reich der 400 Millionen Menschen seit Jahren durchtobt, hat eine tiefe Kluft zwischen dem Norden und dem Süden Chinas auf­gerissen, über die auch die einheitliche Vertretung Chinas beim Völkerbund nicht hinwegtäuschen kann. Weder Tschang- tsolin noch Tschangkaischek sind im weltpolitischen Sinne voll aktionsfähig. Hier liegt also schon das erste große Dilemma, vor das der Völkerbundsrat sich gestellt sähe, wenn er mir dem Konflikt befaßt würde.

Wichtiger aber, vielleicht sogar geradezu entscheidend fiir die augenblickliche Zurückhaltung in Gens ist wohl die Tat­sache, daß Japans Gegenspieler im Fernen Osten die Ver­einigten Staaten sind, die dem Völkerbund ja nicht «We- hören und also auch nicht durch dessen Entscheidungen ge­bunden sind. Richtschnur ihres Handelns ist allein der Ver­trag von Washington, der 1922 zwischen Amerika, England und Japan geschlossen wurde und der die Politik deroffe­nen Tür" in China sicherstellen sollte. Es liegt auf der Hand, daß sich hier die Möglichkeit einer Jnteressenkollision zwischen der Einflußsphäre des Völkerbundes und dem poli­tischen Willen der Vereinigten Staaten ergibt und daß der Völkerbund es angesichts der eigenartigen politischen Kräfte­lagerung am pazifischen Ozean gar nicht auf eine Kraft­probe ankommen lassen kann, die, solange Amerika nicht Mitglied ist, die ganze Institution nur diskreditieren müßte. Die Frage, ob Japan den Washingtoner Vertrag mit den beiden angelsächsischen Mächten durch seine jetzige Haltung verletzt oder nicht, ist ausschließlich eine Angelegenheit der drei Vertragspartner selbst, die sich ja auch ihrsrseits be­reits lebhaft auf diplomatischem Wege darüber unterhalten. Und man verrät kein Geheimnis, wenn man sagt, daß die Japaner, bei denen sehr wahrscheinlich auch innerpolitische Gründe für die jetzige Zuspitzung der Feindseligkeiten gegen­über den chinesischen Truppen mit entscheidend gewesen sind, mcht nur in Washington, sondern auch in London starken ^sE^aud finden und daß die Kabinette der beiden angel­sächsischen Länder zweifellos nach Kräften bemüht sein wer- ven, Japan an der Erweiterung seiner wirtschaftlichen und zollpolltischen Vorrechte an der Schantung-Küste zu ver­hindern. .

Der ganze Fall in Ostasien gehört also nach Lage der Dinge nicht vor das Ratsforum. Er sollte aber, um der Wiederherstellung des Friedens willen und um die An- lammlung von weiterem gefährlichen Konfliktstoff am pa­zifischen Ozean zu verhüten, schon im Juni in Genf Gegen­stand interner Aussprache vielleicht gar interner Erledi­gung sein. ^

Japan stellt den Kampf ei«

Tokio, 13. Mai. Auf Anordnung des japanischen Kriegs­ministers ist die japanische Offensive in China mit der Be­setzung der Tsinanfu-Schantung-Eisenbahn vorläufig ein­gestellt worden. Gleichzeitig wurden der Nanking-Negierung folgende Forderungen vorgelegt: Voller Ersatz des Mate­rialschadens, sowie Bestrafung aller an irgendwelchen Ver­gehen beteiligten Offiziere und Soldaten. Sollten diese Forderungen anerkannt werden, so würde sich Japan damit zufrieden geben. Die von China vorgeschlagene Vermitt­lung des Völkerbundes wird abgelehnt. Japan hat weitere Truppenverstärkungen nach Schantung entsandt.

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Nach Mitteilungen des Außenministeriums ersuchte der amerikanische Konsul in Tsinanfu den Oberbefehlshaber Ugaki, das Blutvergießen in China einzustellen. Auf die Frage, ob der amerikanische Konsul von sich aus das Er­suchen stelle, erklärte der K^ruul, daß er entsprechende An­weisungen von Kellogg habe.

Vor Beilegung der Angelegenheit in Tsinanfu Paris, 13. Mai. Havas berichtet aus Tokio: Premier­minister Tanakau erklärte der Presse, daß er den zustän­digen Behörden Weisungen erteilt habe, damit die An­gelegenheit von Tsinanfu auf diplomatischem Wege geregelt werde, da jede unmittelbare Gefahr nunmehr beseitigt sei.

Nur der Wahlbewegaog.

Rede des Reichswirtschaftsministers Dr. Cnrtins Stuttgart, 12. Mai. In einer Wahlversammlung der Deutschen Volkspartei im Eustav-Siegle-Haus sprach heute abend Reichs­wirtschaftsminister Dr. Curtius. Er ging aus von der Außen­politik und bezeichnete als die schwerste noch bevorstehende Auf­gabe die Räumung des Rheinlandes und die Revision des Dawesplanes. Er erinnerte daran, daß man neben den Be­ziehungen zu den Westmächten auch Beziehungen zu anderen Mächten gesucht und gefunden habe, so nach Osten und zu den Vereinigten Staaten. Zur Innenpolitik übergehend, führte der Redner aus, daß der Kampf um die Staatsform weggefallen sei. Wichtig seine eine Reform des Parlamentarismus und die Regelung des Verhältnisses zwischen Reich und Länder«. Ferner bedürfe der Reichstag einer gründlichen Reform. Es müsse die Öffentlichkeit der Ausschußverhandlungen berbeigeführt wer­den, ferner sei eine Selbstbeschränkung der Ausgabefreiheit des Reichstags notwendig. Notwendig erweise sich weiter eine Reform des Wahlrechts; wir brauchten kleinere Wahlkreise. In der Ver­fassungsreform dürfe man nicht zur Bismarckschen Verfassung zurückkebren. Weiterhin ging er auf die Wirtschaftspolitik ein, wobei er betonte, daß eine Exportpolitik zur Bezahlung der Rohstoff- und Lebensmitteleinführ notwendig sei. Für die Zu­kunft müsse das Schwergewicht der wirtschaftsvolitischen Tätigkeit auf landwirtschaftlichem Gebiete liegen. Sodann behandelte der Minister die Handwerkerpolitik und Mittelstandsförderung durch Aufhebung jeder Zwangswirtschaft, Hilfe zur Selbsthilfe, Aus­gleich der inneren Gegensätze und Entlastung der Wirtschaft durch Senkung der Realsteuern. Die Revision des Dawesplanes könne nur ein wirtschaftlich starkes Deutschland erreichen. Der Redner streifte die Sozialpolitik, hob die Bedeutung der Leibes­übungen hervor und verteidigte dann die Haltung der Deut­schen Volkspartei gegenüber dem Reichsschulgesetzentwurf. Sie habe sich nur auf den Boden der Verfassung gestellt und nicht koalitionswidrig gehandelt. Zum Schluß behandelte der Redner Koalitions- und Regierungsbildungsfragen, wobei er erklärte, daß er den Eindruck habe, daß die Deutschnationalen sich wieder auf eine entschiedene Opposition einrichten. Der Minister trat auch für die Zukunft für eine Politik der Mitte ein, von der aus man die Kräfte von Links zur Mitwirkung an der Regierung heranziehen sollte. Nach der mit Beifall aufgenommenen Rede sprach der Vorsitzende der Deutschen Volkspareti von Stuttgart, Generalleutnant Haas, dem Reichswirtschaftsminister den Dank der Versammlung aus.

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Der Führer der. deutschen Nationalsozialisten, Adolf Hitler, sprach in der überfüllten Liederhalle in Stuttgart wohl zur

gramen Wahlversammlung (ca. S5V0 Personen), die in dies»! etwas flauen Wahlperiode stattgefunden hat. Der Andrang war so stark, daß im Oberen Museum eine »weite Versam«-! lung stattfand und überdies Hunderte nicht zugelassen wurden^ Schon aus dieser Tatsache sollten die Parteien etwas lerne«,! Die Nationalsozialisten weichen in der Aufmachung ihrer Wahl-j Versammlung bewußt von dem Herkömmlichen ab und sie ge»! winnen dadurch Besucher. Fahnenaufmarsch der Braunhemden, Orchester und Gesang gibt der Sache eine wirkungsvolle Note4 Mit Heilrufen wird Hitler begrübt, der durchaus einen sym»« pathischen Eindruck macht. Er ist ein Redner, der imponieren» kann, zweieinhalb Stunden lang frei spricht und sich nicht i« Alltäglichkeiten und in die kleinen Sorgen der Reichsbürgep verliert. Es ist unmöglich, den Eedankengang seiner Rede übers den Freiheitskampf des deutschen Volkes in Kürze wiederru- geben, aber er zeigt die Ziele der nationalsozialistischen Arbeiter»! Partei so stark und nachdrücklich, daß sie jedem Hörer in Fleisch! und Blut übergeben. Und das will schon etwas heißen, wenn! man von einer Wahlversammlung etwas Dauerndes mit nach! Hause bringt! Da ist erstens der Rasse- und Blutsgedanke, dem Hitler als erste Forderung seiner Bewegung an wirklich packen­den Beispielen in den Vordergrund stellt, ohne rn das sonst sr» liche Geschrei gegen Juden usw. einzufallen. Als zweiten Ge­sichtspunkt stellt er den Fübrergedanken oder den Wert der Per­sönlichkeit heraus, die Deutschlands Schicksal bestimmen. Hier allerdings kann er sich nicht verkneifen, Demokratie, Parlament, Pazifismus usw. ironisch zu beleuchten. Er verurteilt die Rück­sichtnahme auf die Masse, die in den letzten neun Jahren immer nur durch Erhöhungen des Einkommens an den Wagen der deut­schen Politik und des Parlamentarismus gespannt wurde. Aks drittes vertritt Hitler den Kampfgedanken. Die Macht eines Volkes sei keine Waffenfrage. Es komme auf die innere Ge­sinnung, auf die Lebendigkeit des Selbsterhaltungstriebes eines Volkes an. Nicht um Stimmen und Mandate kämpfe seine Par­tei, sondern um die Idee und Ideale, die in diesen drei Ge­sichtspunkten umschlossen sind. Nicht um Bürger oder um Prole­tarier kämpfe er, sondern um den deutschen Menschen und das Vaterland, denn das Volksschicksal bestimmt das Einzelschicksal und das Reichsschicksal das der einzelnen Länder und Kom­munen. Das Problem ist der Mensch und nicht die Wirtschaft, der deutsche Mensch, die deutsche Zukunft. Nach stürmischem Beifall meldete sich trotz wiederholter Aufforderung niemand zur Diskussion. Das Deutschlandlied beendete die eindrucksvolle Wahl­versammlung. Hitlers Gcdankengänge tragen etwas Ideales und fanatisch Werbendes an sich. Die Politik der politischen Realitäten und der gegebenen Tatsachen unterschätzt er zweifel­los, auch in der Beurteilung des parlamentarischen Systems geht er zu weit. Was er vortägt, ist Weltanschauung und Ideal. Die Tatsachen des politischen Geschehens und die Verbundenheit der Völker in ihrer Wirtschaft wie in ihrer Politik finden bei ihm kaum Anerkennung. Darin liegt die Schwäche der ganzen Be­wegung, was aber nicht ausschliebt, daß das Gute in ihr mit­wirkt an der Erziehung des deutschen Volkes.

Neues vom Tage

Errichtung privater Postannahmestellen

Berlin, 12. Mai. Der Reichspostminister hat, den Blättern zufolge, eine Verfügung erlassen, nach der im gesamten Deutschen Reiche in Zukunft eine große Anzahl von Post­annahmestellen bei privaten Kaufleuten errichtet werden sollen. Nicht nur alle größeren Betriebe, sondern auch klei­nere Läden, die an verkehrsreichen Punkten liegen, können in Zukunft auf ihren Amrag eine eigene Postannahmestelle erhalten. Soweit die Post in diesen Fällen anerkennen wird, daß ein öffentliches Bedürfnis für eine derartige Stelle oorliegt, 'wird sie eventuell einen Zuschuß zu der Betrieds­führung der Annahmestelle leisten, wie es bei den Postagen­turen auf dem Lande geschieht. Die großen Firmen müssen ebenso wie die kleinen, wenn ein Bedürfnis für das PuAi- kum nicht vorliegt, ihre Poststelle auf ihre Kosten betreiben. In diesen neu einzurichtenden Postzweigstellen sollen Briefe und Pakete aufgeliefert werden können, sogar Geld soll eiN- gezahlt werden können, in welchem Umfange jedoch, ist noch nicht festgesetzt.

Eröffnung der Press«

Köln, 12. Mai. Samstag vormittag wurde die internationale Prcsseausstelluns Köln 1928 (Pressa) in Anwesenheit zahlreicher. Vertreter der Reichs- und preußischen Staatsregierung, anderer. Behörden und Vertretern von 45 fremden Staaten, sowie z>»m Völkerbund feierlich eröffnet.

Der Silfsflug für dieBremen"

Millerfield, 12. Mai. Die beiden Armeeflugzeuge, die rnv Hilfeleistung für dieBremen" von Washington abgeflogc»' waren, sind in der Nacht hier gelandet. Die Piloten gaben, über den Zeitpunkt ihres Weiterfluges keine Auskunft. Dev' Flug nach Ercenly Island wird über New-Schottland und New- t^undland führen. In St. George auf Neufundland werden die beiden Flugzeuge auf dieBremen" warten. Wie verlautet, rechnet man damit, am Samstag über Greenly Island und mm - kommende« Donnerstag in Neuyork einzutreffen. - .