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Die Eidesreform vor dem Reichstagsausschutz Berlin, 2. März. Der Reichstagsausschutz für di« Straf­rechtsreform trat am Freitag zu feiner letzten Sitzung in dieser Reichstagsperiode zusammen, um die dem Unteraus­schutz überwiesene Frage der Eidesreform zu verabschieden. Entsprechend dem Vorschläge des Unterausschusses wurde im ,Paragraphen 184 der Meineid mit Zuchthaus bis zu 10 Iah ren, der fahrlässige Falscheid mit Gefängnis bis zu 2 Jahren bedroht. Wer als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, obwohl er auf die Strafbarkeit hingswiesen worden ist, soll mit Gefängnis bis zu 3 Jahren bestraft werden. In besonders leichten Fällen kann jedoch das Ge­richt von Strafe absehen. Einstimmig wurde sodann vom Strafrechtsausschutz eine Entschließung angenommen, die di« Regierung ersucht, im gesamten Gerichtsverfahren auf eine wesentliche Einschränkung der Eidesabnahmen hinzuwirlen. Dabei sollen eine Reibe von Grundsätzen beachtet werden: An die Stelle des Voreides soll der Nacheid treten. In Pri­vatklagen oder Prozessen wegen Uebertretung soll das Ge­richt eine Beeidigung nur beschließen können, wenn ein öffentliches Interesse oder wichtiges Interesse einer Partei vovliegt. Ohne Widerspruch wurde das gesamte Werk an­genommen.

^ Botschafter von Hoesch wieder in Paris

' Paris» 2. März. Botschafter von Hoesch ist heute vorm.it« .tag von der Riviera kommend in Paris eingetroffen.

Ermätzigung der Fernsprechgebühren mit Amerika Berlin, 2. März. Am 4. März tritt im Fernsprechverkehr DeutschlandAmerika eine Gebührenermäßigung ein. Ein jDreiminuten-Eespräch zwischen Deutschland und der ersten Zone von Amerika kostet alsdann nur noch 207 statt 330 Mark, jede weitere Minute 69 Mark.

Französische Schießübungen Lei Trier Trier, 2. März. Nach einer Mitteilung des Generals Euillaumat an den Regierungspräsidenten in Trier wird die französische Besatzung vom 3. bis 15. März auf dem in der Nähe von Trier gelegenenSchießplatz" Pelltngen Ar- tillerieschietzübungen abhalten. Der Schießplatz Pellingen liegt mitten im bebauten Acker- nick Weinberggelände. Dicht daneben geht die vielbefahrene und begangene Provinzial- straße und bewohnte Höfe liegen nahe der Gefahrengrenze.

Die Jtalianisierung der Familiennamen in SLdtirol Innsbruck, 2. März. DenInnsbrucker Nachrichten" zu­folge teilen die faschistischen Blärter in Südtirol mir, daß die Jtalianisierung der Familienname« nunmehr auch auf Einschreiten der Behörden, selbst wenn der Interessiert« keine entsprechenden Schritte unternimmt, erfolgen kann. Wie die Innsbrucker Zeitungen hierzu berichten, fordert der faschistische Provinzialsekretär von Bozen, Eiarratana, eine Verschärfung dieser Vorschriften in der Weise, daß nicht nur die Rückführung von Schreibnamen auf ihre ursprüngliche italienische Form erfolgt, sondern auchin radikaler Weise exotische übersetzbare Schreibnamen in schönklingsnde ita­lienische Schreibnamen umgewandelt werden".

Deutscher Reichstag

Berlin, 2. März

Präsident Loebe eröffnet« am Freitag die Sitzung um 14 Uhr.

Reichsinnenminister v. Keudell gibt zunächst eine Erklärung ab: In den Aufsichtsrat der Roggenrentenbank Lin ich auf Wunsch meines früheren Freundes, des Regierungspräsidenten son Schwerin in Frankfurt a. d. O. eingetreten, um die innere Kolonisation, deren Förderung satzungsgemäb der Roggen­rentenbank oblag, zu unterstützen. Die jährliche Aufsichtsrats­tantieme hat etwa 3000 Mark betragen. Einen Tag nach meiner Ernennung zum Reichsminister bin ich aus dem Aufsichtsrat »usgeschieden. Im Interesse der inneren Kolonisation habe ich einen gröberen Posten Roggenrentenbriefe übernommen. Der mir dadurch persönlich erwachsene Schaden durch dauernde Be­lastung meines Besitzes übersteigt in Coldmark weit das Hun­dertfache der jährlichen Aussichtssratstantieme. (Hört! hört! rechts, Unruhe links.)

Abg. Logemann (Dn.) stellt fest, dab jetzt doch allseitig sich ein gewisses Wohlwollen für die Landwirtschaft und Verständnis für ihre Notlage zeige. In der Siedlungsfrage sei heute das lieb­liche, dab von 400 Siedlerstellen 3S3 pleite sind. Die besten Siedler seien die Landarbeiter. Bei einer Bauernrevolution würden beute Großgrundbesitzer, Landarbeiter und Banern Zu­sammengehen.

Abg. Pennemann (Ztr.) bestreitet, daß der deutsche Bauer technisch rückständig sei. Aber gerade die Betriebe, die sich be­müht hätten, zu rationalisieren, seien in Not geraten.

Reichsernährungsminister Schiele sagte: Die nächsten Monate würden das Schicksal der Landwirtschaft entscheiden. Die Bereit­stellung des Hundertmillionenfonds solle dazu dienen, im Düngemittelbezug keine Hemmungen eintreten su lassen. Der Minister verbreitet sich dann über die Verwendung der Not­fonds. Dab die deutsche Standardware keinen genügenden Ab­satz finde, sei vor allem ein Mangel der landwirtschaftlichen Organisation. In der Frage der Aufteilung der Notfonds könne man der vreubischen Anregung nicht folgen. Das ganze Ee- nossenschaftswesen müsse vereinheitlicht werden. Eine einfache schlüssel-mäßige Verteilung an Länder und Provinzen würde für die Landwirtschaft nichts bedeuten. Es gelte vor allem, die aufbauenden Kräfte der Selbsthilfe aufzufangen und in die richtigen Bahnen zu leiten, Darum seien die Notfonds in erster Linie zur Unterstützung der Selbsthilfemabnahmen bestimmt. Die Kernfrage der Agrarkrise fei der Absatz der landwirtschaft­lichen Erzeugnisse. Es gelte eine bessere Marktgestaltung zu er­möglichen. Der Landwirtschaft liege weniger an einer Erhöhung der Preise, sondern an ihrer Stabilisierung. Auf die sozial­demokratische Frage, was er für die Landwirtschaft getan habe, antworte er mit der Gegenfrage, ob die Sozialdemokratie glaube, Lab man der Landwirtschaft helfen könne, wenn das Gefrier­fleisch in unbegrenzten Mengen zollfrei ins Land kommt und wenn man einen Zoll für Kartoffeln und Gemüse ablehnt. U :re Maßnahmen, so schließt der Minister, können nur einen dauernden Erfolg haben, wenn wir gleichzeitig Herangehen an einen grundsätzlichen Neuaufbau unseres Wirtschaftslebens.

Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen*

Abg Sörnle (Komm.) erklärt, über die Not der Landwirt­schaft habe man im Reichstag nur Wahlreden gehört.

Nach weiteren Ausführungen kommt man zur Abstimmung. Die Streichuna des Ministergehalts wird gegen die Stimmen der Kommunisten abgelehnt. Vor der Abstimmung über den kommu­nistischen Mißtrauensantrag gegen den Reichsernährungsminister erklärt Abg. Dr. Haas (Dem.), seine Partei bringe der Regie­rung in ihrer Gesamtheit Mißtrauen entgegen. Deshalb könne man aber nicht jeden Tag Mißtrauensanträge einbringen. Nach­dem sich seine Fraktion bereit erklärt habe, an dem Notprogramm mitzuarbeiten, habe sie gegenwärtig keine Veranlassung, dem Mißtrauensantrag zuzustiinmen. Der Mißtrauensantrag wird ge­gen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten ab­gelehnt.

Angenommen wird eine Entschließung, die die Reichsregierung ermächtigt, die den Winzern gewährten Kredite nach Lage des Einzelfalles ganz oder zum Teil niederzuschlagen. In weiteren Entschließungen werden Kreditmaßnahmen und Frachtermäßigun­gen gefordert Eine sozialdemokratische Entschließung, alle Futter­mittelzölle auszuheben, wird in namentlicher Abstimmung mit 209 gegen 157 Stimmen abgelehnt. Auch die Ausschutzentschließun­gen über die Umschuldung im Sinne des Notprogramms werden angenommen. Der sozialdemokratische Antrag, für die Kinder­speisungen 5 Millionen Mark in den Etat einzusetzen, wird mit 193 gegen 169 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Ein von Abgeordneten der Bayerischen Volkspartei und des Zentrums vorgelegter Antrag auf Bereitstellung von 100 000 Mark für die Förderung des Braugewerbes verfällt mit 155 gegen 117 Stim­men bei 3 Enthaltungen der Ablehnung.

Die auf Gefrierfleischeinfuhr bezüglichen Anträge werden zurück­gestellt, bis die entsprechenden Vorlagen des Notprogramms be­raten. Der Haushalt des Reichsernährungsministeriums wird in der Ausschutzfassung angenommen.

Samstag: Haushalt des Reichswirtschaftsministers.

Aus Stadt und Land.

Altensteig, den 3. März 1928.

Amtliches. Uebertragen wurde je eine Lehrstelle an der evangelischen Volksschule in Calmbach OA. Neuenbürg dem Hauptlchrer Gräßle in Kocherstetten, Tumlingen OA. Freudenstadt dem Lehrer Friedrich Schneck in Oberjettingen.

Auch dieses Jahr übernimmt das Bezirkswohlfahrts­amt wieder die Vermittlung von Plätzen in Solbädern und andern Erholungsheimen für erholungsbedürftige Kinder. Um eine Uebersicht über die Zahl der zu bele­genden Plätze zu gewinnen, ist baldigste Anmeldung er­forderlich. Am Sonntag, den 3. und Mittwoch, den 7. März werden Anmeldungen vormittags von 812 Uhr im Jugendamt, Oberamtspflege 1. Stock, von "der Be­zirksfürsorgerin angenommen: ein ärztliches Zeugnis ist vorzulegen. In der Tuberkulosensprechstunde am Montag, den 5. März im Bezirkskrankenhaus, ist nöti­genfalls auch Gelegenheit zur Untersuchung der Kinder gegeben, (siehe Inserat in der gestrigen Nr.)

Der heilige Berg. Nach zwei Jahren der Arbeit trat Dr. Arnold Fanck, der Leiter der ehemaligen Berg- und Sportfilm A.-G. Freiburg und der geniale Schöpfer des Wunder des Schneeschuhs" und desBerg des Schick­sals", von neuem aus der Versenkung. Als Regisseur der Ufa hat er einen neuen großartigen Alpenfilm geschaffen, Der heilige Berg" ist sein Name. Zwei Jahre ruhe­loser Arbeit brachten dieses alle seine bisherigen Filme schlagende Werk zum Reifen. Wie keine seiner sportlichen uno künstlerischen Filmleistungen vorher, steigert sich die­ser Film in seiner idealen Konzeption und seiner Hand­lung sowohl, als in seiner photographischen, schauspiele­rischen und sportlichen Durchführung zu einer Höhe, der das ganze leidenschaftliche Wollen und der ganze Idealis­mus Fancks um die Filmgestaltung der Bergidee inne­wohnt. Sein artistisch-dramatisches Motiv, das bereits imBerg, des Schicksals" anklingt: Die Berge, die Welt und die tragische Verstrickung dieser beiden Sphären im Menschen durch die Liebe, wird hier aus dem Gegen­ständlichen und aus der Zeit in ein fast Zeitloses, Sym­bolisches gerückt und so eine Idee bestrahlt: die Idee vom Geiste der Berge und vom Geiste der Menschen, die die Berge lieben; da sie größeres im Herzen der ihnen Ver­fallenen bedeuten als Liebe und Leben. Gerüstet mit allen Erfahrungen und dem alten Stab seiner auf sport­lichen und alpinen Höchstleistungen geschulten Darsteller und Operateure konnte er in zwei Jahren die in den alpinen Szenen liegenden Hauptschwierigkeiten und Ar­beiten des Werkes zu Ende führen. Einen Winter saßen sie in den Hochstationen und auf den Hütten des Enga­dins, suchten Schneestürme und Lavinen, bauten aus den Eistrümmeru der Seen den Eispalast des Traumaktes, filmten bei Nacht bei 26 Grad unter Null, sprangen, rannten um die Wette mit den norwegischen Kanonen, schleppten die Apparate über die Gletscher, um zehnmal wieder unverrichteter Dinge umkehren zu müssen, weit der Regisseur die Beleuchtung, Wolken und Sonne nicht gut fand. Einen Sommer lagen sie am Materhorn, täg­lich im Eis, auf Graten und Gipfeln, in Kälte und Sturm- fluchten und arbeiteten. Einen zweiten Winter filmten sie am Arlberg und in den Dolomiten Cortina d'Ampezzo und in den Riesenwänden der Sella und in den Mauern des Langkofels, an dessen Nordwand die Fabel deshei­ligen Berges" sich vollendet. Der prachtvolle Film wird heute und am morgigen Sonntag in den Licht­spielen des Grünen Baum hier vorgeführt und er ver­spricht einen großen Genuß für die Besucher desselben.

Die Arbeitsmarktlage im Bezirk Calw

(Nach dem Bericht des Oesfentlichen Arbeitsnachweises Calw)

Im Monat Februar ist eine leichte Besserung der Arbeitslage eingetreten. Eine umfangreichere Inangriffnahme von Autzenarbeiten wird lediglich durch den immer noch an-

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haltenden Frost verzögert. Nach Abzug der erledigten Arbeits­gesuche und offenen Stellen durch Vermittlung usw. beträgt die Zahl der am Schlüße des Berichtsmonats beim Arbeitsnach­weis noch verfügbaren männlichen Arbeitskräfte 500, diejenigen der weiblichen 87. Außerdem sind 161 Lehrstellensuchende, zu­sammen 748 stellesuchenden Personen gemeldet, denen 25 uner­ledigte Stellen für männliche und 68 für weibliche Personen, ferner 26 unerledigte offene Lehrstellen gegenüberstehen. Unter den Stellesuchenden befinden sich nach dem Stande vom 28. ds. Mts. 295 männliche und 18 weibliche Personen, die zum Per- soneukreis der Arbeitslosenversicherung gehören und wegen Fehlens von Arbeitsgelegenheit Unterstützung beziehen; Krisen­unterstützung erhält nur eine Person. 39 Arbeitslose sind bei Notstandsarbeiten beschäftigt. Arbeitslosen- und Krisenunter­stützungsempfänger und wertschaffende Arbeitslosenfürsorge nach der letzten Zählung zusammen 353 (Vormonat 429). Die unterstützten Arbeitslosen (einschließlich der für die Arbeits­aufnahme im freien Erwerb ebenfalls verfügbaren Not­standsarbeiter) gehören der Reihe nach zu den Verufsgruppen: Baugewerbe 148, Metallverarbeitung 58. Verkehrsgewerbe (Eisenbahnbetrieb) 22, Forstwirtschaft (hauptsächlich ver­heiratete Holzhauer) 15, sonstige Verufsgruppen 74. Sie ver­teilen sich im übrigen auf die einzelnen (Stadt) Gemeinden wie folgt: Calw 66, Altbulach 7, Altburg 5, Althengstett 8, Alzenberg 5, Breitenberg 2, Eechingen 6, Hirsau 23, Holzbronn 12, Hornberg 1, Liebelsberg 2, Bad Liebenzell 81 (einschl. 2 Notstandsarbeiter) Monakam 6, Neubulach 6, Neuhengstett 6, Neuweiler 9, Oberhaugstett 2, Oberkollbach 1, Oberreichenbach 1, Ostelsheim 5, Ottenbronn 6 (einschl. 32 Notstandsarbeiter), Bad Teinach 10, Unterhaugstett 6, Unterreichenbach 22, Würzbach 13.

- Calw, 2. März. Güterbeförderer Friedrich Bauer ist gestern nach kurzer Krankheit gestorben. Er war der älteste Mann der Stadt und erreichte ein Alter von 89 Jahren. Etwa 30 Jahre lang war er 'Güterbeförderer und zeigte sich in diesem Geschäft als sehr umsichtiger und gewissenhafter Mann. Daneben trieb er eine ausge­dehnte Landwirtschaft, die er musterhaft verwaltete. Cr wurde deshalb in verschiedene landwirtschaftliche Schü­tzlings- und Verwaltungskommissionen gewählt und sein Rat und Wissen wurde allgemein anerkannt. Durch das Vertrauen seiner Mitbürger bekleidete er Jahre lang das Amt eines Gemeinderats und Waisenrichters. Im Ge­meinderat war er wegen seiner Kenntnisse in den Ge­bäude- und Grundstücksschätzungen sehr geachtet. Im persönlichen Verkehr erfreute er sich in allen Kreisen der Bürgerschaft größter Beliebtheit. In den letzten Jahren führte er ein zurückgezogenes Leben, war aber noch in der Landwirtschaft tätig.

Freudenstadt, 2. März. (Versammlung der Innungen des Bezirks.) ImSternensaal" fand gestern eine sehr gut besuchte Versammlung sämtlicher Innungen statt, bei der das Oberamt durch Amtmann Dr. Zeller und die Handwerkskammer Reutlingen durch Syndikus Eber­hardt vertreten waren. Schreinermeister Ernst Müller, Freudenstadt, welcher die Versammlung leitete, gab die Satzungs-Aenderungen, die infolge des Ärbeitsgerichtsge- setzes, vorgenommen werden müssen, bekannt; während Amtmann Dr. Zeller Erläuterungen über die neuen Be­stimmungen für- das Lehrlingswesen gab. Als Vorsitzender des Ausschusses zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Prinzipal und Lehrling wurde Stadtschultheiß Dr. Blaicher und als dessen Stellvertreter Amtmann Dr. Zeller bestimmt. Hierauf hielt Syndikus Cberhardt einen Bortrag überDie hohen Steuern und die behördliche Vergebungsweise", in sehr fesselnder Weise die Nöten und Sorgen des Handwerks schildernd. Einer eingehenden Kri­tik unterzog er die Ungerechtigkeit der Gewerbe- und Ee- bäudeentschuldungssteuer. An Hand eines stak. Materials wies er nach, daß die heutige Steuerlast ungeheuerlich sei und das Handwerk im Verhältnis weit mehr Steuern zu bezahlen habe als die Großindustrie. Er empfiehlt dem Handwerker nach kaufmännischen Grundsätzen Bücher zu führen, damst er seinen Verdienst Nachweisen könne und die unliebsamen Einschätzungen nnt:rbl.ilen. Der ganze behördliche Apparat sei viel zu umständlich, eine durch­greifende Verwaltungsresorm, weniger, aber gut durch­dachte Gesetze, weniger Instanzen, ein rascherer Geschäfts­gang, Verminderung der Beamtenzahl, das sei die For­derung der Stunde. Auch über den Achtstundentag, der dem Handwerker nur Schaden bringe, sprach der Redner. Man sei hier bemüht, Erleichterungen zu bekommen; doch müsse aber, so lange dies nicht der Fall sei, dieser einge­halten werden, andernfalls empfindliche Bestrafungen fol­gen. Er forderte die Handwerker auf zur Einigkeit, wie solche von den Bauern beim Vauerntag in Stuttgart künzlich gezeigt wurde; denn nur durch Einigkeit sei etwas zu erreichen. 3n der sich anschließenden Aussprache wurden noch verschiedene Punkte besprochen und Auf­klärung gegeben. Zum Schlüsse dankte der Vorsitzende, Syndikus Eberhardt für seine mit großem Beifall aufge­nommenen Ausführungen und gab der Hoffnung Aus­druck, daß auch diejenigen Stellen, die zur Hilfe des Handwerks berufen seien, nicht vergessen mögen, welches wichtiges Glied ein arbeitsfreudiger Handwerkerstand für unser Vaterland sei.

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Wildbad, 1. März. Ueber die heutige politische Lage sprach am Dienstag abend der Generalsekretär der D. Volkspartei, Dr. Maerz, in einer gutbesuchten Ver­sammlung im Hotel Traube. Ausgehend von der außen­politischen Lage, beleuchtete der glänzende Redner Deutsch­lands Stellung in der Weltpolitik u. bejahte die Vorteile, welche durch die Verstäridigungspolit k des Außenministers Dr. Stresemann hauptsächlich in bezug auf die Schiedsge­richtsverträge sich gezeigt hätten. Üebergehend zu den innerpolitischen Lage nahm der Redner Stellung zu den politischen Tagesfragen, wie Reichsschulg:setz, Wcimarer Verfassung, Flaggenfrage üsw. Die Leitung der Ver­sammlung lag in den Händen von Rektor Fromm.