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Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen"

Nr. 233

Aus Stadt und Land.

Altensteig, den 6. Oktober 1927.

Amtliches. Ernannt wurden zu Oberlehrern in Gruppe IX die Oberlehrer Günther in Nagold und Schwarzmaier in Berneck.

Einführung des 8. Schuljahrs. Laut Beschluß des hiesigen Ortsschulrats und Gemeinderats kommt im Früh­jahr 1928 das 8. Schuljahr hier zur Einführung.

Statistik der Konkurse und Geschästsaufsichten in Württemberg. Im ersten Halbjahr 1927 sind in Württem­berg 143 neue Konkurse angefallen gegen 569 im ganzen Zahr 1926, darunter in Stuttgart 5. Davon sind eröffnet worden 87, abgelehnt wurde mangels hinreichender Masse ver Antrag auf Konkurseröffnung in 56 Fällen. Die Zahl ver im ersten Halbjahr 1927 beendeten Kurse beträgt 151 und zwar 112 durch Schlußverteilung, 20 durch Zwangsver. gleich, zwei wegen allgemeiner Einwilligung, 17 mangels hinreichender Masse. Die Zahl der Anträge auf Geschäfts- aufsicht zur Abwendung des Konkurses betrug im gleichen Zeitraum 28. Beendigt wurden 25 Geschästsaufsichten

Auswanderung im ersten Halbjahr 1927. Im ersten Halbjahr 1927 wandelten aus Deutschland nach den bisher vorliegenden Meldungen 32 444 Personen nach Uebersee aus gegen 34 231 im ersten Halbjahr 1926. Trotz der Eesami- abnahme der Auswanderung aus dem Reich ist die Aus­wanderung aus Württemberg um 904 Personen gestiegen, aus Baden um 382. Württemberg rst im ersten Halbjahr 1927 mit 2974 (2070), Baden mit 2734 (2352) an dieser Auswanderung beteiligt. Während 1926 Württemberg an fünfter stelle nack' Preußen, Bayern, Sachsen und Baden in der Auswanderung folgte, hat es im ersten Halbjahr 1927 n.iu, Preußen und Bayern den dritten Platz erzielt, wonach erst Baden, Sachsen und Mecklenburg-Schwerin fol­gen. Von den Berufsgruppen ist bei der gesamtdeutschen Auswanderung die Industrie mit 11099, die Landwirtschaft mit 7983 Auswandere, im ersten Halbjahr 1927 beteiligt, Hand-' Verkehr 47^0.

Bewegung der Bevölkerung in Württemberg. Im zweiten Vierteljahr des Kalenderjahres 1927 hat die Zahl der Eheschließungen gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres durchweg zugenommen und beträgt 5848, das ist um 214 mehr als im 2. Vierteljahr 1926. Die Zahl der Lebendgeborenen ging von 12 872 auf 12 618 zurück, an­dererseits auch die Zahl der Gestorbenen von 7945 aus 7285. Einen Rückgang zeigt auch die Säuglingssterblichkeit. Laut Etat. Landesamt kamen auf 100 Lebendgeborene Heuer 7,6 gestorbene Säuglinge- gegen 8,3 im zweiten Vier­teljahr 1926 und 8,5 im ersten Vierteljahr 1927. Der Ge- borenenüberschuß berechnet sich auf 5333.

Der Wert und das Lebendgewicht des württembergi- schen Viehbestandes. Die mit der diesjährigen Viehzäh­lung verbundenen Ermittlungen über den Verkaufswert und das Lebendgewicht des Viehs haben laut Mitteilun­gen des Württ. Stat. Landesamts ergeben, daß der Vieh­bestand unseres Landes (ohne Geflügel) einen Wert von 490,8 Millionen darstellt. Weitaus der größte Teil, mehr als drei Viertel (78,2 Proz.) entfällt auf das Rindvieh, ein Achtel (12,6 Prozent) auf Pferde, etwas mehr als ein Dreizehntel (7,4 Prozent) auf die Schweine, der klein« Rest mit zusammen 1,8 Prozent auf Schafe und Ziegen Bei der letztmaligen Erhebung im Jahre 1912 ergab siH ein Gesamtwert von 508,6 Millionen Mark. Die Ermitt­lung des Lebendgewichts hat im Landesmittel folgend« Gewichte von einem Stück ergeben: bei Rindvieh über­haupt 359 Kg. (gegenüber 366 Kg. im Jahre 1912), bei Schafen 36,2 (39,4) und bei Schweinen 50,1 Kg. Auf Gruni

der vorliegenden Erhebung Lars angenommen werden, daß es den wllrttembergischen Landwirten gelungen ist, in de» Rindviehzucht qualitativ die ungünstigen Einwirkungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre zu überwinden.

Aus dem Stemmt Calw

Marliusmoos, 5. Okt. (Absti-ed.) Zu Ehr.n des von hier scheidenden Havplehrers Wallers fand vergangene Woche in der Kirche eine kleine Abschicdsftier statt, an welcher sich die ganze Gemeinde bete'l'gte. Pfarrer Kübler dankte in einer Ansprache dem Scheidenden im Namen der Kirche. Die Schüler und der Mädüpnchor, unter Leitung von Lehrer Müller-Zwerenberg, trugen Lob- und Dank- . lieber vor. Schultheiß Schaibie sprach im Namen des Ortsschulrats wie überhaupt der ganzen Geme'nde Herrn , Walter für seine treue Mitarbeit und für dis aufopfernde Mühewaltung jin der Schule warmen Dank aus und gab - ihm die besten Glückwünsche für s inen neuen Wirkungs- i kreis mit auf den Weg. Den Abschluß der Feier bildete ein von Herrn und Frau Pfarrer Kübler und Herrn und Frau Havptlehr-r Müller gemeinsam vorgetcagem s Lied, s

Aus dem Obemmt Ireudeustadt

Kraftpostlinie FreudenstadtZwieselberg. Die Kraft- postsahrten auf der Strecke Freudenstadt-Zwieselberg wer­den vom 6. Oktober an eingestellt.

Freudenstadt, 5. Okt. (Vom Rathaus.) Das erste Gebäude des Baurings an der Musbacherstraße hat nun einen Käufer gefunden, und zwar haben Ernst Stähle, Reservelokomotiv­führer und Gustav Haas, Lokomotivführer, das Gebäude mit drei Dreizimmerwohnungen um den Preis von 26 004 RM. s käuflich erworben. Der Kaufvertrag wurde vom Gemeinderat genehmigt. Ein Bauplatz im Meßgehalt von 6 » 09 qm war , öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben. Bei der ersten Versteige- i rung betrug das Höchstgebot 7 Mark pro gm. Da ein Nachgebot gemacht wurde, wurde ein zweiter Verkauf abgehalten, bei dem von Studienrat Hummel das Höchstgebot von 7.85 Mark abgegeben wurde. Der Verkauf wurde genehmigt mit der Be­dingung, daß analog der Bürgschaftsübernahme für Darlehen . der Wohnungskreditanstalt die Bauarbeiten vorzugsweise an hiesige Bauhandwerker zu vergeben sind, sofern die Preise nicht unverhältnismäßig hoch sind. Die Deutsche Reichsbahngesell- ' schaft beabsichtigt, durch einen einstöckigen Anbau an das. Empfangsgebäude des Stadtbahnhofs die Dienst- . räume nach dem Bahnhofvorplatz zu erweitern. Wie der Vor- ^ sitzende hiezu ausführt, ist man sich allseitig darüber einig, daß, ^ wenn am 1. Juli nächsten Jahres die Murgbahn in Betrieb genommen wird, der Stadtbahnhof vergrößert werden mutz, da die vorhandenen Diensträume weder für den zu erwartenden gesteigerten Güterverkehr noch für den Personenverkehr aus­reichend sind. Der Güterschuppen soll verlegt werden und neue Schalter und ein neuer Wartesaal erstellt werden. Die Reichs- bahngesellschaft hat aber hinsichtlich des geplanten Erweite­rungsbaues eine ganz unglückliche Hand. Ist schon das vor­handene Stationsgebäude keine Zierde des Stadtbahnhofs, so wird der geplante einstöckige Anbau noch viel weniger in der Lage sein, das Bild zu verbessern. Der Vorsitzende empfiehlt der Reichsbahngesellschaft dringend, etwas der künftigen Bedeu­tung der Murgtalbahn Entsprechendes zu schaffen und wendet sich gegen die weitere Anwendung von flachen Dächern, wie sie , durch die Nachgiebigkeit der früheren Gemeindeverwaltung zum Schaden des Gesamtbildes eingeführt wurden. Der Eemeinde- rat beschloß einstimmig, den vorliegenden Entwurf nicht zu genehmigen, da er geeignet ist, das Landschaftsbild noch weiter zu beeinträchtigen. Das Gebäude des 82 Jahre alten Wagnermeisters David Haist, Katharinenstraße, muß renoviert werden. Da mangels öffentlicher Interessen ein städtisches Darlehen, um das nachgesucht wird, nicht in Frage kommmt, wird der Antrag auf Gewährung eines Darlehens von 1200 Mark aus Mitteln der Wohnungskreditanstalt zur Instandsetzung von Altwohnungen unterstützt und die Bereit- ' Willigkeit zur Bürgschaftsübernahme erklärt. Das gleiche ge- . schieht für Taglöhner Michael Blaich. Verkauf eines städt. : Bauplatzes im Ziegeltal. Architekt Schafts bittet im Auftrag der Pino A.G. um käufliche Abtretung eines Bauplatzes für

den Eisenbahnarbeiter Finkbeiner, dessen Anwesen in den Besitz der Pino A.G. übergeht. Die Abtretung des Bauplatzes wird genehmigt. Die Abtretung von 1 qm städt. Platz an Gebr. , Grammel (Brunnen- und Reichsstratze) zum Preise von 7 RLü i wird genehmigt. Der vergangene Sommer hat gezeigt, daß t der Stromverbrauch noch keineswegs an seinem Maximum an­gelangt ist. Wir haben wieder eine Steigerung von annähernd 33 Prozent zu verzeichnen gegenüber dem Vorjahr. Dies hat zur Folge, daß das Eleichstromnetz überlastet wird und die Spannungen immer mehr zurückgehen. Eine Umwandlung des Gleichstromnetzes innerhalb der Stadt ist nicht zweckmäßig, da­gegen empfiehlt sich die Abriegelung der äußeren Stadtteile vom Eleichstromnetz und Anschluß an das Drehstromnetz. Hiezu ist aber notwendig, daß das Drehstromkabel von der Landhaus­straße nach dem Christophstal zu einer Ringleitung zusammen­geschlossen wird. Die Kosten für diese Ringleitung ein­schließlich der Vergrößerung der Transformatorenstation an der Steige in Christophstal betragen insgesamt 35 000 Mark. Die Aussprache ergab keine Beanstandung gegen die Ausgestaltung der Ringleitung, sodaß ein einstimmiger Beschluß zustande kam, die vom Vorsitzenden und Betriebsleiter Bader für diesen Herbst geplanten Arbeiten ausführen zu lassen. Die Kosten werden durch die infolge des erhöhten Stromverbrauchs erzielten Mehr­einnahmen gedeckt. Aus unaufgeklärter Ursache ist dieser Tage ein Transformator im Elektrizitätswerk durchgebrannt, wobei sich gezeigt hat, wie notwendig die Anschaffung des Dieselmotors war, da sonst die Stadt wochen­lang ohne Strom gewesen wäre. Der Schaden ist durch Ver­sicherung gedeckt. Einem langgehegten Wunsche folgend, hat der Gemeinderat die Aufstellung einer elektrischen Straßenuhr aus der Plakatsäule Ecke Bahnhof- und Turn­hallestraße beschlossen. Die Uhr kostet 280 Mark und wird vom Elektrizitätswerk aus betrieben. Außerdem wird ein Vertrag zwischen der Stadtgemeinde und der FirmaArcus" Normal- Uhren-Säulen-Vertriebsgesellschaft m. b. H., Charlottenburg, vorgelegt, wonach die Firma sich verpflichtet, Normaluhr- Reklame-Säulen einschließlich der Uhren unentgeltlich aufzu­stellen, auf eigene Kosten zu unterhalten und bis nachts 12 Uhr zu beleuchten.

Aus dem Laude

Stuttgart. 5. Okt. (Geburtstagsgeschenk ver Daimler-Venz-Werke an Hindenburg. Die Daimler-Venz-Werke ließen am Sonntag in Berlin dem Reichspräsidenten v. Hindenburg die Schenkungsurkunde über einen 12/55 PS. Sechzylinder, bestimmt für das Gut Reudeck, überreichen. Der Reichspräsident kann sich den Wagen ganz nach seinem Wunsch und seinem Geschmack auswählen. Es liegt bereits ein Schreiben des Reichsprä­sidenten vor, in dem er der Firma Daimler-Benz für ihre Aufmerksamkeit seinen Dank ausspricht.

Der Dank Hindenburgs an Württemberg. Staatspräsident Bazille, der von Berlin zurückgekehrt ist, hat von dem Reichspräsidenten folgendes Schreiben erhal­ten: Berlin, 3. Oktober 1927. Hochgeehrter Herr Staats­präsident! Haben Sie aufrichtigen Dank für die guten Glückwünsche, die Sie mir namens der Regierung Würt­tembergs und des ganzen württembergischen Volkes in Ihrem Schreiben vom 1. Oktober wie in Ihren Worten am 2. Oktober dargebracht haben. Mit herzlichem Dank nehme ich auch die schöne Gabe württembergischen Ee- werbefleißes entgegen, die Sie mir übersandt haben. Die in Werk und künstlerischer Form vollendete Standuhr macht mir viel Freude und wird in meinem Hause einen besonderen Ehrenplatz einnehmen. Mit freundlichen Grü­ßen bin ich Ihr sehr ergebener (gez.) v. Hindenburg.

Ehrenvoller Ruf. Professor Schneck an der staat­lichen Kunstgewerbeschule Stuttgart hat einen Ruf als Stadtbaurat nach Köln a. Rh. erhalten.

Radrennbahn in der Stadt Halle. In dieser Woche sind die einzelnen Teile der Radrennbahn, auf der sich im kommenden Winter viele große sportliche Ereignisse abspielen werden, in die Stadthalle geschafft worden, so daß am Donnerstag die Bahn fertiggestellt sein wird. Die Bahn, die von der Firma Evple in Degerloch konstruiert

Lotte Lobenstreit

Roman von Erich Eben st ein Urheberschutz durch die Stuttgarter Romanzentrale C. Ackermann, Stuttgart

^8) (Nachdruck verboten.)

Wieckfeld versank in Nachdenken. Nicht der Mensch, son­dern der Jurist in ihm suchte den Zusammenhang zu fin­den. Wer war dieser Mörder Strettnys? In welchen Be­ziehungen konnte er zu Lotte stehen und was veranlaßte ihn, sie unter falschen Vorspiegelungen heute hierher zu locken? Liebe? Nein! Dann hätte er sicher eine vorteil­haftere Kleidung gewählt und wenigstens den Versuch ge­macht, ihr abermals von seinen Gefühlen zu sprechen. Rache, weil sie ihn früher zurückgewiesen und seine Gefühle nicht erwiderte? Furcht, sie könnte in ihm Strettnys Mörder wiedererkannt haben und ihn verraten? In diesem Falle hätte er aber doch versucht, sich irgendwie zu rächen bezw. sich dieser gefährlichen Zeugin zu erledigen, wozu sich nur zu leicht Gelegenheit geboten hätte. Aber weder in der einen noch in der anderen Richtung war etwas unternom­men worden. So blieb der Zweck der ganzen Mystifikation völlig rätselhaft.

Der Förster brachte den Tee und Lotte leerte gehorsam die Tasse. Indes fühlte sie sich dadurch wenig erfrischt. Eine bleierne Müdigkeit lag in ihren Gliedern. Es war, als habe die überstandene Angst alles in ihr, sogar die Denk­kraft gelähmt. Nur Ruhe sich ausstrecken können schlafen war das einzige Bedürfnis, das sie erfüllte. Wieckfeld, der dies merkte, schlug vor, zu Bett zu gehen. Es war beinahe 9 Uhr und morgen war auch noch ein Tag. Bis dahin wollte er alles Grübeln fein lasten.

Auch er fühlte sich müde und abgespannt. Sie waren vor dem Abendessen noch am Hochegger Bühel gewesen, wo der Förster ihm den Wechselplatz des Hirsches zeigte. Das einstündige Steigen auf steilen Jägersteigen hatte, weil ^ungewohnt, seine Kräfte erschöpft. Nun war noch der

Schreck über Lottes Enthüllungen dazu gekommen.

Laß mich bei dir schlafen, Papa", bat Lotte, als sie in das erste Stockwerk Hinaufstiegen, wo sich die Schlafzimmer befanden,ich fürchte mich so allein . . . Die Angst, dieser Mensch könne sich noch irgendwo in der Nähe verborgen halten, würde mich kein Äuge zutun lasten."

Natürlich bleibst du bei mir, mein Herz! Sieh, hier im Bett schläfst du und auf dem Diwan daneben mache ich mirs bequem. Und Angst brauchst du wirklich keine haben. Schattier schläft unten in der Stube, die Haustüre ist wohl­versperrt und an allen Fenstern im Hans gibt es solide Gitter, die auch ein Herkules nicht ausbrechen könnte. Da das Jagdhaus ja meistens unbewohnt ist, habe ich natur­gemäß alle Vorkehrungen treffen lasten, um einen Einbruch unmöglich zu machen. Wir sind also hier sicher, wie in Abrahams Schoß auch wenn zehn Raubmörder draußen lauern würden! Und morgen früh kehren wir selbstver­ständlich sogleich nach Wolfshag zurück."

Plötzlich, kurz vor Mitternacht, fuhr Lotte jäh aus dem Schlaf auf. Ein beklemmendes Gefühl wie nach schweren Träumen beengte ihr die Brust. Oder war es etwas an­deres? Roch es nicht nach Rauch? Verwirrt starrte Lotte um sich. Seltsam wie hell es im Zimmer war und es roch wirklich wie Rauch und irgendwo im Haus polterte es dumpf wie Schläge. Da regte sich auch Wieckfeld, und er erhob sich taumelnd.

,Lotte? Was ist das? stammelte er schweratmend, noch schlafbefangen.

Ehe sie antworten konnte, fuhren beide entsetzt zusammen. Ein geheimnisvolles Knistern war an ihr Ohr gedrungen irgendwo, oben im Haus oder unten? lleberall? Und am Fenster huschte es plötzlich vorüber rot, grell!

Feuer!" schrien beide gleichzeitig. Mit einem Satz war Lotte am Fenster und riß es auf, gerade als unten die pol­ternden Schläge jäh verstummten und Förster Schüttler die Treppen heraufgerannt kam.

Herr von Wieckfeld! Auf! Rasch! Das Haus brennt und ich kann die Tür nicht aufbringen! Helfen Sie mir, sonst"

Wieckfeld sprang schon die Treppe hinunter. Lotte in­stinktiv ihm nach, lleberall spürte man Rauch. Es war, all» stünde das ganze Haus in Flammen. Aber wie konnte es denn überhaupt Feuer fangen rings um das Haus> gleichzeitig?

Kalter Schweiß perlte auf Wieckfelds Stirn, während die Gedanken durch seinen Kopf flogen und er mühte sich, mit Schattier die Tür aufzubringen. Vergebens. Denn das Schloß ließ sich so wenig bewegen wie die Klinke und die Bohlen waren wie von Eisen.

Ich hab's ja schon mit der Axt versucht vorhin", keuchte Schattier,aber sie ist klein und zuletzt brach der Stiel ab riechen Sie nichts, Herr von Wieckfeld?" unterbrich er sich plötzlich.Das stinkt ja wie Petroleum! Himmelherr­gott", schrie er dann wild auf,das Feuer ist angelegt! Und sie haben uns absichtlich den einzigen Ausgang verrammelt? Aber wer wer ist die Bestie, die uns das antat?"

Seine Stimme klang heulend vor Wut. Aus den wild­rollenden Augen flackerte die Todesangst jetzt, da er be­griffen, um was es jetzt ging. Dann warf er sich wieder mit übermenschlicher Kraft gegen die Tür wie ein toller Stier und brach ächzend zusammen an den dicken, eichenen Boh­len, die nicht nachgaben.

Wieckfeld wandte sich schweigend ab, auch er hatte be­griffen. Wußte nun auch, warum man Lotte in das Jagd­haus gebracht. Es galt ihr und ihm. Und auf einmal wußte er auch, daß nur einer das getan haben konnte derselbe, der schon einmal zerstörend in sein Leben ein­gegriffen Harald! Der einzige, der ein Interesse daran haben konnte, sie beide aus der Welt zu schaffen, um sick die Erbschaft zu sichern.

Papa", stammelt eine bebende Stimme hinter ihm, warum öffnet ihr die Tür nicht? Der Rauch ich ersticke."

(Fortsetzung folgt.)' M