Mgeni. Anzeiger für die Bezirke Nagold, Calw «. Freudenftadt — Amtsblatt sör den Bezirk Nagold u. Altensteig-Stadt
Gegründet 187/
Kegrrrnöet 187/
Tannen
MM
LK---
scheint wöchentlich 6 mal. / Bezugspreis: Monatlich 1.56 Mk., die Einzelnummer kostet 10 Pfg. M Nichterscheinen der Zeitung infolge höherer Gewalt oder Betriebsstörung besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung / Postscheck-Konto Stuttgart 5780 / Telegramm-Adr.: „Tannenblatt" / Telefon 11
Anzeigenpreis: Die einspaltige Zeile oder deren Raum 15 Pfg., die Reklamezeile 45 Pfg. Für telephonisch erteilte Aufträge übernehmen wir keine Gewähr. Rabatt nach Tarif, der jedoch bei gerichtlicher Eintreibung oder Konkursen hinfällig wird. Erfüllungsort Altensteig. Gerichtsstand Nagold
Uum»rier." j Alten steig, Dunneestug den 6. Osttuder? 1927 j 51. Jahrgang
Reich M Länder
Schneller als man dachte ist die alte Streitfrage des Ler- Mnisses zwischen Reich und Ländern wieder zu aktueller Bedeutung gelangt. Gewiß, der Kampf zwischen Zentralsten und Förderalisten ist seit den Tagen der Weimarer Nationalversammlung nicht zur Ruhe gekommen. Das liegt pi einem nicht geringen Teile in der Verfassung selbst begründet, die in staatsrechtlicher Beziehung vieles zu wünschen übrig ließ und die Ausführung oder besser gesagt Ausfüllung grundlegender Derfassungsartitel einer späteren Zen ausdrücklich vorbehielt. Man hatte in Weimar wohl gedacht. Latz mit der Beruhigung der innerpolitischen Atmosphäre auch derartige Fragen viel leichter ihrer Lösung mtgegengeführt werden könnten, als in Weimar selbst, wo man den Primat der Außenpolitik unbedingt bejahen mutzte. Kein Mensch konnte aber ahnen, daß die Auseinandersetzung über das große Problem „Reich und Länder" innerhalb kurzer Jahre zu einer Klärung drängen würde. Wir sind jedenfalls zu der Annahme geneigt, daß die Bespre- hungen zwischen den Vertretern der Neichsregierung und Sen Chefs der Länderregierungen, die anfangs der Woche in Berlin stattfanden und über die ein sehr eindeutiges Kommunique herausgegeben wurde, nichts anderes sagen, ^ ils daß man die Frage der künftigen Gestaltung des staats- : rechtlichen Verhältnisses zwischen Reich und Ländern in s großem Ausmaß ernsthaft erörtern und auch den Versuch « machen will, sie zu lösen.
Der Mut, den diese Initiative bedingt, ist aller Ehren wett, mit ihm allein wird man nicht zum Ziele kommen. : DE man an die Auseinandersetzungen in der Vergangen- Heit zurück, so kann man fast verzagen. Und doch ist es in : -er Tat nötig, im tiefsten Sinne des Wortes, daß man an .« die Lösung des Problems geht. Ein Blick in die innerpolitischen Geschehnisse, insbesondere in die Gesetzgebungsprak- tiken, beweist, daß man die Dinge wie bisher nicht weiter > treiben lassen darf. Im Interesse des Reiches nicht, aber , auch nicht im ureigensten Interesse der Länder! Greifen wir s nur einmal ein paar Fälle aus der Gegenwart heraus, um f an ihnen die tatsächlichen Verhältnisse zu demonstrieren. Da > ist z. B. eine Reihe von Gesetzentwürfen und bereits oer- s Nbschiedeten Vorlagen, die vom Reichstag im Einverständnis : mit der Reichsregierung verabschiedet worden sind und die l bei ihrer Durchführung, für die die Länderregierungen ver- z antwortlich sind, viel, zuweilen sehr viel Geld kosten. Er- ) innert sei nur an das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechts- : krankheiten, an das Jugendfchutzgesetz. In weit höherem r Matze werden die Finanzen der Länder aber angestrengt r durch die Besoldungsreformvorlage und den Reichsschul- : gäfetzentwurf. In diesen letzten beiden Fällen haben die j größten Länderregierungen bereits das Reichskabinett wis- f sen lasten, daß es ihnen unmöglich ist, die dadurch entstehen- « den neuen schweren finanziellen Lasten auf ihre Etats zu - übernehmen. Derartige Erklärungen schaffen eine Atmo- l sphäre, in der die sachliche Beratung ungeheuren Schaden j nehmen muß. Was nützen alle Debatten in den Parka- k menten, was nützen noch so schöne Beschlüsse, wenn nachher r nicht das Geld zu ihrer Durchführung in den Regierungs- > kästen ist? Bedenklicher stimmt aber noch die staatsrechtliche ? Seite der ganzen Angelegenheit. Es liegt ein Aufbegehren > der Länder gegen das Reich vor, das, was zugegeben wer- ' den mutz, allerdings hinreichend motiviert werden kann. , Einige Länder ziehen bei dieser Sachlage die kurze Schluß- i folgerung, daß der staatsrechtliche Aufbau in der Reichs- s Verfassung eine Lücke haben müsse, deren baldige Schlie- - tzung ein Gebot der Stunde sei. ?
Soweit kann man den Länderregierungen nur zustimmen, l Das hat auch die Neichsregierung getan, indem sie sich damit - einverstanden erklärte, daß in großem Ausmaße das Pro» j blem des staatsrechtlichen Verhältnisses zwischen Reich und : Ländern schon in der nächsten Zeit grundsätzlich diskutiert ? werden soll. Man wird zunächst die Diskussion, die mit j grundlegenden Referaten und Korreferaten in einer Son« 1 dersitzung der Vertreter des Reiches und der Länder einge- ? leitet werden soll, abwarten müssen, um zu erfahren, welche j Weg« man gehen will, um zu gesunden staatsrechtlichen ^ Verhältnissen zu kommen. j
Zweifelsfrei dürfte feftstshen, daß mit dieser Diskussion s die alte Streitfrage, ob bei der Zwangsläufigkeit unserer j innen- und außenpolitischen Entwicklung eine Umformung Z der Weimarer Verfassung im Sinne eines zentralistischen ? Regimes — wohlgemerkt ohne einen „Wasserkopf" Berlin l nicht doch die gegebene Lösung sei, in ihrer ganzen Breite ^ nufgerollt wird. Die Länder, denen die Eigenstaatlichkeit in 2
evvmmr vewpen wuroe, wehren stcy recht energisch gegen , derartige Absichten. Sie verlangen ander« Wege. So oder so wird die Diskussion auf eine Verfassungsänderung hinauslaufen müssen, wenn mcht die Länder ihre eigenen Etats merklich herabsetzen, um so Gelder für die Zwecke , freizubekommen, die von reichswegen erfüllt werden sollen. Das käme natürlich einem staatsrechtlichen Harakiri gleich, l weshalb man verstehen kann, Latz die Länder sich gegen derartige Absichten entschieden wehren. Auf der anderen Seite kann man das Matz von Befugnissen, das die zentrale Reichsregierung gegenüber den deutschen «Cinzelstaaten hat. : nicht weiter vermindern wollen. So ist es einigermaßen fraglich, wie das staatsrechtliche Verhältnis zwischen Reich ^ und Ländern künftig gestaltet werden soll. Eins steht fest: ' mit Teillösungen kommt man nicht mehr weiter. Sollten ^ sie aus koalitionspolitischen oder sonstigen Gründen noch ein- : mal gewagt werden, wird man bald einsehen müssen, daß s alle Mühe vergeblich war. Für die Beantwortung der grundsätzlichen Frage: gesunder Föderalismus oder Ünita- r rismus ist aber das deutsche Volk, wie die Mandatsvertei- ° lung im Reichstage zeigt, noch nicht reif. Deshalb sehen wir - den Verhandlungen über das staatsrechtliche Verhältnis I -wischen Reich und Ländern mit einigermaßen Skepsis ent- ; Segen. ___
Die Diskonterhöhung !
Die Reichsbank «bereitete dem Wirtschaftsleben ein« s Uoberraschung. Dr. Schacht gab von seinem Beschluß Kennt- i nis, den Reichsbankdiskont und den Lombardzinsfutz um je ^ 1 Prozent, also bezw. auf 7 und 8 Prozent zu erhöhen. Nach i der Entspannung, die der Geldmarkt nach dem Viertels ah- j resNlttmo gezeigt hatte, war nur dann mit der Möglichkeit s einer Diskonterhöhung gerechnet worden, wenn der Status ! der Reichsbank vom 30. September tatsächlich eine über Ev- j warten hohe Anspannung zeigen würde. Der Herbst-Vier- ! teljahrs-Termin pflegt regelmäßig große Ansprüche mit sich « zu bringen, und tatsächlich sind sie auch diesmal in einem ! Umfang in die Erscheinung getreten, daß der Reichsbank» j ausweis eine Anspannung zeigt, wie es bisher noch nicht ; der Fall gewesen ist. Zwar ist die Neueinrichtung von Wech» i sein nicht ganz so erheblich gewesen, wie Ende August, aber : die Tatsache, daß die Rückflüsse im letzten Monat nur verhältnismäßig klein waren, hat dazu geführt, daß das Wech- - selkonto mit 2,78 Milliarden einen Rekordstand aufweist. ^
Diese starke Inanspruchnahme auf Wechselkonto steht im ; Zusammenhang mit dem Bestreben der Bankwelt, sich große « Barmittel zu schaffen; das hatte zur Folge, daß auch der s Zahlungsmittelumlauf ganz erheblich gestiegen ist und jetzt ; mit 6,15 Milliarden gleichfalls einen Höchststand aufweist, s
Zur Begründung feiner Maßnahme stützte sich der Reichs» : banvprästdent ausschließlich auf den angespannten Status l des Instituts und auf die Erhöhung der Zinssätze. Di« . Maßnahme selbst aber bietet Anlaß zu einer Stellung» « nahm« zur Diskontpolitik selbst. Wenn auch zugegeben wer- s den soll, daß Diskonterhöhungen angesichts der Struktur- : änderungen in unserer Wirtschaft, namentlich unter Berück- ! sichtigung des großen Einflusses der fortschreitenden Kar- ? tellierung nicht mehr ganz so einschneidend auf das Wirb s schastsleben sind, so ist ihr Einfluß auf den Preisstand auch s jetzt noch bedeutungsvoll, und Diskonterhöhungen sollen nur : vorgenommen werden, wenn sie unumgänglich sind. Nun - hat gewiß die Belastung der Reichsbank in den letzten Mo- j naten unter dem Einfluß des günstigen Konjunkturverlau- s fes, der im Sommer allerdings eine leichte Unterbrechung - erfahren hatte, sich aber jetzt wieder günstiger stellt, statt ; zugenommen, und es läßt sich die Frage aufwerfen, ob er ^ vielleicht nicht richtiger gewesen wäre, bevor sich die Reichs- ^ bank zu der Diskonterhöhung entschloß, zunächst abzuwa» ^ ten, wie sich die Rückflüsse in diesem Monat stellen würden -
Dabei muß besonders der Umstand berücksichtigt werden, , daß in Anbetracht der Beamtewbesoldungsreform Vorschüsse 1 an die Beamten gezahlt worden sind, die etwa 100 Mil- : Konen betragen dürften. Diese werden aber doch bald wie- der in die Kanäle der Banken zurückfließsn, stellen also nur : eine vorübergehende Belastung dar. Diskontpolitik ond : Währungsfchutz hängen zusammen. Diskonterhöhungen wur- s den vor dem Kriege durchweg nur zum Schutz des Gold- s bestandes vorgenommen. Dieser ist aber jetzt noch nicht be- j droht, vielmehr ist. die Diskonterhöhung eine Wirkung der i guten Binnenkonjunrtur. Daß diese aber in ihrer Entwick- !> lung durch die Diskonterhöhung gehemmt, wird, steht wohl s außer Zweifel. Auch von anderer Seite kann die Diskont- s Politik des Reichsbankprästdcnten als nicht ganz konsequent i angesehen werden Sein Bestreben acbt aus Fernhaltung s
von Ausländsanleihen, namentlich kurzfristigen Charakters. Daß aber ein Hereinströmen durch eine Diskonterhöhung eher «begünstigt wird, liegt auf der Hand, was angesichts des unbeständigen Charakters der kurzfristigen Ausländsanleihen für später wieder Gefahrenmomente bietet.
Als wichtigste Folge der Diskonterhöhung ist zunächst die allgemeine Kreditverteuerung für die deutsche Wirtschaft zu erwähnen, die bis zu einem gewissen Grade allerdings dadurch gemildert wird, daß die Eolddiskontbank sich dem Schritt der Reichsbank bisher noch nicht angeschlossen hat. Wir möchten hoffen, Laß es gelingt, zu verhindern, daß die Kreditverteuerung auf die Konsumenten in Form von Preiserhöhungen abgewälzt wird, da hiernach sonst di« Gefahr bestände, daß wir in den berüchtigten fehlerhaften Zirkel Preiserhöhung—Lohnbewegung hineingeraten. Das würde unsere eben gefestigte wirtschaftliche Lage aber un' ' gar keinen Umständen vertragen.
Neues vom Tage
Beginnender Besatzungsabbau im Rheinland L-erlin, 8. Okt. In den nächsten Tagen, noch vor Mitte' ves Monats, soll, wie die V. Z. berichtet, die Durchführung der zugestandenen Truppenreduzierung im Rheinland um 1V 000 Mann beginnen. Die Vorbereitungen der Truppenchefs für den Rücktransport sind in vollem Gange, die Aufstellung der genauen Pläne ist immerhin schwierig, da bekanntlich damit eine völlige Umorganisation der bleibenden Vesatzungsarmee verbunden ist. Vor allem ist die Zurückziehung einkSM-Stäbe, wodurch besonders Privatwohnungen wieder freiwerden, ziemlich kompliziert. Bis gegen Ende des Monats sollen die ersten 4000 Mann deutsche« Boden verlassen haben. Der Abmarsch der übrigen Truppen schließt sich unmittelbar an. Vis spätestens Ende November sollen die 10 000 Franzosen, Belgier und Engländer, um die die Vesatzungsarmee vermindert wird, die Grenze passiert haben.
Kirchlich-sozialer Kongreß
Düsseldorf, 6. Okt. Nach Eröffnung des Kongresses fanden Sondevversammlungen über kirchliche Volksmission und Jugendfragen statt. Der Reichsoerkehrsminister Dr. Koch, der im Flugzeug eingetroffen war, überbrachte die Grüße der Reichsregierung und sprach über das Thema „Kirche und Arbeiterschaft" und Abgeordneter D. Mumm über „Die äußere und innere Kraft der christlich-nationalen Arbeit-- bewegung".
Das Ozeanflugzeug gestartet Amsterdam, 5. Ott. Das Flugzeug D 12L0 ist u« halb 6 Uhr Amsterdamer Zeit von hier abgesloge«, vermutlich «ach Lissabon.
Der Aufstand iu Mexiko.
Neuyork, 6. Ott. Nach einer Meldung aus Galoeston sollen ln der Stadt Mexiko 19 gesellschaftlich hervorragende Perionen verhaftet worden sein. In einem Gefecht bei Jalisco wurden 19 Aufständische getötet und 20 verwundet. Bei Üexcoco wurde ein Elsenbahnzug angegriffen und die Passagiere und ein Postwagen ausgeplündert.
Unterdrückung des Aufruhrs in Mexiko Siewyork, 5. Ott. Der Aufruhr in Mexiko hat nur 24 Stunden gedauert, da Präsident Calles dessen Urheber mit eiserner Hand niedergerungen hat. Die Stadt Perote im Staate Veracruz, wo General Eomez sich verborgen halten soll, ist von den Regierungstruppen umzingelt und dürfte in der allernächsten Zeit fallen.
Rundschreiben zur Sonderkonferenz Berlin, 5. Ott. In Ausführung des am Montag in dei Länderkonferenz beim Reichskanzler gefaßten einstimmi gen Beschlusses auf Einberufung einer Sonderkonferen; zur Erörterung des staatrechtlichen Verhältnisses zwischer Reich und Ländern ist laut „Vossischer Zeitung" bereits ein Rundschreiben von der Reichskanzlei aus versandt worden. In diesem Rundschreiben wird das Ersuchen um die Uebernahme von Referaten und Eegenreferaten über das Thema ersucht, das diese Sonderkonferenz beschäftigen soll: Reich und Länder oder einheitliches Deutsches Reich unter Wegfall der Eigenstaatlichkeit der Länder.
Schneefall im Riesengebirge
Hirschberg, 5. Okt. Im Riesengebirge hat es in den letzten 24 Stunden zeitweise geschneit. Die Schneedecke beginnt bei etwa 1000 Meter Höhe und beträgt etwa zwei Zentimeter. Mittwoch morgen wurden vom Kamm rwei Grad Kälte gemeldet.