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Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen"

Neues vom Tage

Der deutsche Botschafter bei Briand Paris» 27. Aug. Der deutsche Botschafter v. Hoesch hatte heute vormittag eine neue Unterredung mit dem Außen­minister Briand, in der allgemeine Fragen der deutsch- französischen Politik erörtert wurden. Der Botschafter brachte bei dieser Gelegenheit Herrn Priand die Befrie­digung zum Ausdruck, die die deutsche Regierung trotz der bedauerlichen Nichterfüllung einiger ihrer Forderungen über den erfolgten Abschluß aus.

Sturmfahrten auf dem atlantischen Ozean Newyork, 27. Aug. Paffagiere und Mannschaften der heute hier eingetroffenen Ozeandampfer berichten über eine ungewöhnlich stürmische Ueberfahrt. Der Sturm, der eine Geschwindigkeit zwischen 80 und 100 Meilen in der Stunde erreichte, türmte die Wellen zu gewaltigen Waffermauern in Höhe von SO Fuß, die über die Schiffe hinwegstürzten und sie wie Korke hin- und herwarfen. Besonders aben­teuerlich war die Fahrt des italienischen DampfersMartha Washington", der mit 617 Passagieren aus den Mittelmeer- häfen mit eintägiger Verspätung in Newyork eintraf. Das Schiff geriet Dienstag nacht rn einen Orkan, der im Laufe des folgenden Tages an Stärke zunahm. 60 Paffagiere er­litten Verletzungen und mußten in ärztliche Behandlung genommen werden. Die Radioantennen wurden weggespült, doch gelang es der Mannschaft trotz des wütenden Sturms, sie wieder herzustellen.

Der Flug NeufundlandLondon begonnen Harbour Garce, 27. Aug. William Vroek und Edward Schlee, die von Old Orehard aus auf dem EindeckerStolz von Detroit" einen Flug um die Welt angetreten haben, sind heute hier zu ihrem transatlantischen Flug gestartet.

Schwere Unwetter in Italien Rom, 27. Aug. Gestern vormittag tobte ein außerordent­lich heftiger Sturm über Triest. Eine große Anzahl von Schiffen wurde von den Ankern losgerissen. In der Stadt wurden viele Läden zertrümmert. Etwa 100 Personen erlit­ten Verletzungen. Zn lldine ging ein heftiges Gewitter nieder. Drei Häuser wurden durch Blitzschlag eingeäfchert. Ein Mann wurde getötet und ein anderer lebensgefährlich verwundet. Nach monatelanger Trockenheit ist gestern über Florenz ein wolkenbruchartiger Regen niedergegangen, der die Ernte gerettet hat. Ohne diesen Regen wäre alles ver­dorrt. In Rom hat es schon seit drei Monaten keinen Trop­fen Regen gegeben.

Zu den Rücktrittsabsichten Lord Cecils

London, 27. Aug. Lord Cecils Sekretär erklärte auf eine Frage nach Lord Cecils Rücktrittsabsichten: Nichts ist bisher endgültig, die Frage ist vollkommen in der Schwebe. Wenn überhaupt, so werden wahrscheinlich bis Montag endgültige Nachrichten verfügbar sein.

Das FlugzeugDer Stolz von Detroit" in Croyden gelandet

London, 28. Aug. Die Piloten Brock und Schlee, die mit ihrem FlugzeugDer Stolz von Detroit" gestern früh S.14 Uhr amerikanischer Zeit zu dem Transozeanflug ge­startet waren, sind heute vormittag 10.33 Uhr in Croydon gelandet, haben also die erste Etappe ihres Weltfluges in etwa 24 Stunden zurückgelegt. Der Start zur zweiten Etappe des Weltfluges wird voraussichtlich morgen um 8 Uhr erfolgen.

Aus Stadt und Land.

Altensteig, den 29. August 1927.

^ Amtliches. Versetzt wurde der Reichsbahnobersekretär j Dettling (Franz) in Alten steig nach Spaichingen. ! Sonnenschein! Auf die vielen Regentage hin, die be- ! sonders unsere Landwirte angesichts der draußen in der ! Nässe liegenden Frucht fast zum Verzweifeln brachten, die i Luftkurgäste entweder zur Abreise veranlaßten oder in das ! Zimmer zwangen, endlich am gestrigen Sonntag wieder s eitel Sonnenschein! Das war ein Aufatmen der Men- s schen, die nach Sonne und Wärme lechzten auf die unfreund-

- lichen kalten Regentage hin. Der Landwirt, den die < Hoffnung auf besseres Wetter in letzter Zeit so oft betrog

und deshalb dem Wetter nicht traute, eilte mit Angehöri­gen und Dienstboten hinaus aufs Feld, um das fast schwarz gewordene Oehmd oder die Frucht zu wenden und soweit es ging, einzusahren. So konnte man in einzelnen Orten , Wagen um Wagen einfllhren sehen, zum Teil Weizen und ; Oehmd, vielfach aber auch Haber. Zn den Waldorten be- s ginnt man aber am heutigen Montag erst mit dem Roggen- i schnitt. Möge das schöne Wetter anhalten und es unseren s Landwirten ermöglichen, noch zu retten, was zu retten ist und die Ernte vollends gut zu bergen!

? Schauturnen mit Werbeschwimme«. Der Turnverein s Altensteig hielt gestern, vom schönsten Wetter begünstigt, : sein Schau- und Abturnen,verbunden mit einem Werbe- ! schwimmen, ab. Gegen 2 Uhr marschierte, unter Voran- ? tritt der Stadtkapelle, ein stattlicher Zug Turnerinnen und ; Turner hinaus an den idyllisch gelegenen Stausee, der zur : Abhaltung eines derartigen Festes wie geschaffen ist. Nach : einer kurzen Ansprache des Vorsitzenden wurde dort in bun- s ter Reihenfolge das Programm und zwar zuerst ein i Schwimmen, abgewickelt. Nach verschiedenen Reigen- ! und Einzelschwimmen folgten humoristische Einlagen, wie ! derzerstreute Professor" und Sturz mit dem Fahrrad ins : Wasser. Später zeigte ein alter Schwimmer, der Zugend, ! daß man trotz seiner Eroßvaterschaft noch ein gewandter ^ Schwimmer sein kann, wenn man in der Uebung bleibt, f Das turnerische Programm war ebenfalls sehr reichhaltig, i Nach verschiedenen Frei- und Stabübungen der Turner ! und Reigen der Turnerinnen fanden noch turnerische E Hebungen am Barren, Reck und Pferd statt. Auch für

- Speise und Trank war bestens gesorgt, sodaß man sagen ! kann, der Turnverein hat den zahlreich erschienenen Mit- i gliedern und Gästen einen schönen Nachmittag bereitet, j der hoffentlich dazu beiträgt, der edlen Turnerei weitere f Anhänger zuzuführen. Gegen 7 Uhr marschierte der Verein ' unter Trompetenklang wieder dem Städtchen zu und als s Abschluß folgte von 8 Uhr ab imErünenbaumsaal" ein

> gemütlicher Unterhaltungsabend mit einem Tänzchen, bei ! dem Jung und Alt auf seine Rechnung kam.

! Nagold, 27. Aug. (Gemeinderatssitzung vom 24. August.) , Gegen die Erstellung eines Stockaufbaus auf das Bade- und i Waschküchegebäude der Versorgungskuranstalt ist vom nachbar- ! lichen Standpunkt aus nichts einzuwenden. Gegen das Ee-

> such der Deutschen Gasolin A.G. Stuttgart um die Errichtung s einer Straßenzapfstelle vor dem Anwesen des Gottlob Rilling s auf dem städt. Ortsweg bestehen Verkehrs- und sicherheitspoti- ! zeiliche Bedenken, sodaß dem Gesuch nicht entsprochen werden : kann. An Friedrich Rauser, Postschaffner hier wird ein Bau- ! platz von 5 ar am Siedlungsweg zu den üblichen Bedingungen s abgetreten. Für die Nagoldkorrektion sind einige weitere s Grunderwerbungen vorgenommen worden, die genehmigt wer- , den. Bis zum Inkrafttreten des neuen Lohntarifs für die , Waldarbeiter am 1. Oktober wurde den städt. Arbeitern mit ? sofortiger Wirkung eine Zulage von 6 Pfg. gewährt. Soweit i der lOprozentige Mietzinszuschlag für die städt. Mieter bisher

Nr. 20tz

ausgesetzt war, tritt er vom 1. September ab vollends in Kraft Unter den üblichen Bedingungen erhalten einige Versicherte der Landesversicherungsanstalt städt. Baudarlehen. Landwirtschaftslehrer Haecker hat anläßlich der Felderbegehunq in Nagold festgestellt, daß ein größerer Teil von Landwirten nicht gebeizt hatte und der Weizen zum Teil starken Vrand- Lefall aufwies. Durch die Benützung der städt. Dreschanlage sei die Gefahr der gegenseitigen Ansteckung des Saatgutes durch Dreschen brandigen Getreides augenscheinlich, dem nur durch allgemeines Beizen begegnet werden könne. Es wird empfohlen, wie in anderen Gemeinden gemeinschaftlich zu beizen, in der Weise, daß die Stadt die Beizeinrichtungen und die Beizmittel stellt, dadurch soll vor allem auch für die kleineren Landwirte ein gewisser Zwang ausgeübt werden, die Saat zu beizen. Die Einrichtung einer einfachen Tauchbeize belauft sich auf etwa 80 RAk. De? Aufwand wird genehmigt. Weiter sei für die Pflege der Wiesen eine Wiesenwalze unbedingt notwen­dig. Um sie vielen Landwirten zugänglich zu machen, sei die Beschaffung durch die Gemeinden am besten. Die Wiesenwalze kommt etwa aus 240 RM. und wird genehmigt. Von den Landwirten ist eine Ausleihgebühr von 1 RM. für jeden halben Tag an die Stadtkasse zu bezahlen. Den verh. Beamten der Besoldungsgruppen 14 wird die einmalige Unter­stützung von 3S RM. bezw. 20 RM. wie beim Staat und wie in änderen Städten bewilligt. Der Viersteuersatz wird im Einvernehmen mit den Vrauereiorganisationen bis auf weiteres auf 2 RM. pro Hektoliter festgesetzt, besonders mit Rücksicht darauf, daß hier in der Hauptsache Einfachbier ge­trunken wird. In längerer nichtöffentlicher Sitzung wurde in erster Linie die Frage der Stadtkapelle besprochen, worüber später berichtet wird. Die abgeschlossenen städtischen Rechnungen der Rechnungsjahre 1924 und 1925 wurden ohne Anstand durchgesehen.

Calw, 26. Aug. Zn dem Gelände desBad. Hofes" hier wurde bei Versuchen mit der Wünschelrute durch Studienrat Knödler eine gewöhnliche Quelle gefunden; eine weitere neben der Kegelbahn wird noch vermutet, die nach dem Ausschlagen der Wünschelrute ganz anders und wesentlich stärker sein soll. Der Ruten­gänger vermutet, daselbst eine mineralhaltige Quelle und dereifrige Verfechter der Wünschelrute, Graf v Seysel d'Hix in Göggingen bei Augsburg, der die Materie auch wissenschaftlich behandelte, empfahl, durch einen Geo­physiker die Sache nachzuprüfen, die in ihren Auswirkun­gen für Calw ganz bedeutsam werden könnte.

Freudenstadt» 29. Aug. (Abschiedskonzert der Kur­kapelle.) Am gestrigen letzten Augustsonntag fand das ALschiedskonzert der Kurkapelle statt, das bei dem schönen Wetter gut besucht war. Die Darbietungen der Kur­kapelle befriedigten sehr. Sie trug wesentlich zum befrie­digenden Aufenthalt der Kurgäste bei.

Herrenberg, 26. Aug. (Vom Rathaus.) Vor Eintritt in die Tagesordnung der ersten Sitzung des neuen Etadt- vorstands dankte der Vorsitzende, Stadtschultheiß Schick» dem Gemeinderat nochmals für die ihm anläßlich seiner Amtseinsetzung seitens des Gemeinderats zugesagte llnter- stützung. Er wolle seinerseits auf ein harmonisches Ver­hältnis hinarbeiten und etwaige Gegensätze zu llberbrücken suchen. Auf die Geschäftsordnung eingehend, erklärte de: Vorsitzende, daß er die Gemeinderatssitzungen gemäß dieser Ordnung leiten werde. Er gedenke jedoch nur beim Vor­liegen wichtiger und dringender Verhandlungsgegenftände eine Sitzung anzuberaumen. Wenn 24 Stunden vor dem ordentlichen Sitzungstag, also bis Donnerstag abend, eine Tagesordnung nicht ausgegeben sei, falle die Sitzung aus. Der Gemeinderat stimmte zu. Hierauf wurde in dis Tages­ordnung eingetreten.

Schramberg, 27. Aug. Ganz unerwartet verstarb in der Nacht auf Freitag Volksschul'ettor a. D. Za! ob Sauter, nachdem er noch am gleichen Abend gesund und munter sich befunden hat. Mit ihm ist ein Lehrer dahin­gegangen, mit dessen Name die Geschichte der evangelischen Volksschule dahier aufs engste verbunden ist. Der Ver-

Lotte Lobenstreit

Roman von Erich Eben st ein

Urheberschutz durch die Stuttgarter Romanzentralc C. Ackermann, Stuttgart

^ 33) (Nachdruck verboten.)

Wieckfeld dachte nicht an Schlafengehen. Den Kopf in beide Hände gestützt, saß er die ganze Nacht im Dunkeln und grübelte über sein zerbrochenes Leben nach. Und in die Reue und Verzweiflung darüber mengte sich wie ein Heller Lichtstrahl die heiße Liebe zu der Toten, die er wohl zum Schweigen bringen, nie aber aus dem Herzen hatte ausreißen können_

Als der Morgen graute, schlich er hinüber nach den Zim­mern Zellas, die nach dem Tode, so wie sie waren, von ihm eigenhändig verschlossen und seitdem nie wieder geöffnet worden waren. Dort blieb er lange.

Als es draußen im Hause lebendig wurde, ließ er sich bei der Hofrätin Wartenberg melden. Er wußte, daß sie immer im Herzen auf Zellas Seite gestanden hatte. Aber nie hatte er es über sich gewinnen können, offen mit ihr über die Er­eignisse jener schrecklichen Zeit zu sprechen, um sein Tun vor ihr zu rechtfertigen. Jetzt wollte er ihr alles sagen. Sie sollte die Wahrheit erfahren. Ehe er zur Hofrätin ging, suchte er noch den Kranken auf. Aber Kummer erkannte ihn nicht mehr. Er hatte hohes Fieber und war ohne Bewußt­sein. Der Arzt war bei ihm.Vis zum Abend vielleicht noch" sagte er leise auf einen fragenden Blick Wieckfelds. Länger hält es das Herz keinesfalls aus."

IS. Kapitel

Lotte und ihr Mann saßen am Strand und malten eifrig wie an jedem Morgen. Sie lebten nun über zwei Jahre ..uf der Insel und wohnten oben in Anacapri in derselben Mietwohnung, die Koblitz vor 30 Jahren als junger Maler ! wchnt hatte und die durch einen merkwürdigen Zufall r ade frei geworben war. als sie nach Capri kamen. Zn

der deutschen Malerkolonie waren sie allgemein beliebt und geachtet, obwohl sie ungewöhnlich zurückgezogen lebten.

Viel trug natürlich dazu auch der geheimnisvolle Reiz bei, der ihre Ehe in den Augen anderer umschwebte. Eine so bildschöne, liebreizende Frau, an der alles den Stempel unberührter Mädchenhaftigkeit trug und der weißhaarige Greis mußte es nicht die Neugier aller wecken? Liebe konnte diesen Bund doch nicht geschloffen haben? Und doch schienen beide Teile zufrieden, lebten in ungewöhnlich herz­lichem Einvernehmen miteinander und Frau Lotte schien taub und blind für die Huldigungen, die andere, jüngere Männer ihr darbrachten.-

Lotte mischte eben auf ihrer Platte Ultramarinblau und Olivengrün. Dann aber ließ sie den Pinsel sinken und starrte verträumt in das Meer hinaus, das sich im Son­nenglanz des Morgens vor ihr ausdehnte. Ja, es war schön hier! Diese Bläue mit den bunten Scgelbarken, den wei­ßen Jachten, stolzen Dampfern, den rotbraunen Fischer­booten aus Malta und den vereinzelten Kriegsschiffen da­zwischen, die alle über die klaren, blitzenden Fluten zogen, aus dem zarten Blau der Ferne kommend, oder dahin ver­schwindend. In der Ferne der Hafen von Neapel mit seinen freundlichen Häusern, den Gärten und Villen, der aussah, wie ein schimmerndes Perlenkollier, das Königin Meer umgetan, um ihre Schönheit noch strahlender erschei­nen zu lassen. Daneben die majestätische Rauchsäule des Vesuvs. In den Gärten blühte der Frühling. Traum­haft schön war neben dem blauen Meer da draußen das andere, bunte zarte am Land, das Meer der Blüten.

Ja, es war schön hier! Und doch... Lottes Eesichtchen nahm plötzlich einen melancholischen Ausdruck an. Daheim war es doch noch tausendmal schöner? Auch dort regte sich nun wohl der Frühling in den ernsten Tannenwäldern und auf den Wiesen, wo der Tauwind den Schnee fort­wischte und der Lenz Schneeglöckchen, Himmelschlüssel und Narzissen pflanzte. Und in. den Bächen rauschten aufge­regt milchweiße Schmelzwässsr und in die Obstbäume stieg der Lebenssaft und rundete die Knospen iu alämend brau­

nen Knötchen! Und da und dort taumelte wohl schon ein Falter durch die herbstfrische Luft. Und die Vögel sangen so wunderschön und die Berge in ihren grünen Wäldermän­teln standen so ernst-feierlich durch das Erlsbacher Tal wie Märchenwunder. Ach, und Mutter daheim säuberte mit Hanne wohl schon das Haus und suchte die Eier zusam­men zum Buntfärben und beriet über den Festbraten und die Osterbrote! Denn sicher kamen zu Ostern Wisgrills und Bertie_

Ob Bertis nun froh war, daß das Kuckucksei aus dem Hause war? Ob er wohl manchmal noch an die arme Lotte dachte, an der er immer soviel zu tadeln gefunden? Nicht ein Wort hatte sie von ihm gehört in all der langen, lan­gen Zeit, die ihr manchmal wie eine Ewigkeit erschien. Nicht ein einziges Mal hatte er ihr einen Gruß geschickt nie hatten Friede! oder Mutter seiner erwähnt in ihren Briefen. Die bunten Segel draußen auf dem leuchtende« Meere verschwamme» mit einem Male zu einem farb­losen Chaos vor Lottes Augen, die sich mit Tränen ge­füllt hatten. Wie sehnte sie sich heimlich oft krank nach der Heimat! Nur eine einzige Stunde wieder dort sein können, all das Wiedersehen, was Tag und Nacht ihre Gedanken beschäftigte.

Oft und oft in diesem Jahre hatte sie es mit überaus schmerzlichem Schreck empfunden, wie leer ihr Leben ge­worden. Trotz Koblitz Güte, trotz der Kunst, trotz der Er­folge, die sie errungen.

Derbe Schritte hinter ihr auf dem felsigen Grund rissen Lotte aus ihren träumerischen Gedanken. Sie schüttelte hastig die Tränen aus den Augen und griff nach dem Pin­sel.Es ist nur die Strunz, das Malweib", sagte Koblitz, der sie schon längere Zeit heimlich beobachtet und ihr Er­schrecken bemerkt hatte. Da stand dasMalweib" auch schon hinter ihnen. Sie war ein kleines, gnomenhaftes Geschöpf» mit großen Händen und Füßen und einem höchst unpro­portioniert wirkenden großen Kopf, dessen graues, lockiges Kya»-^ -»«-i-boren war.

(Fortsetzung folgt.)