Nr. 293.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 89. Jahrgang.
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Dienstag, den IS. Dezember 1814.
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Von den Kriegsschauplätzen.
Der deutsche Tagesbericht.
(W.T.B.) Grohes Hauptquartier, 14. Dez., vormittags. (Amtlich.) Schwache französische Angriffe gegen Teile unserer Stellungen zwischen der Maas und den Vogesen wurden leicht abgewiesen.
Im übrigen ist vom westlichen Kriegsschauplatz sowie aus Ostpreußen und Südpolen nichts Wesentliches zu melden. Zn Nordpolen nehmen unsere Operationen ihren Fortgang.
Die amtlichen Lügen unserer Feinde.
Zu den russischen und französischen amtlichen Nachrichten ist folgendes zu bemerken:
Aus Petersburg wurde am 11. Dez. gemeldet: „Oestlich Krakau setzten wir unsere Offensive fort eroberten mehrere deutsche Geschütze und Maschtnen- gewehre und etwa 2000 'Gefangene. Tatsächlich ist nicht ein Mann, nicht ein Geschütz oder Maschinengewehr unserer südöstlich Krakau kämpfenden Truppen in russische Hände gefallen.
Die amtliche Pariser Mitteilung vom 12. Dez behauptet: „Nordöstlich Vailly wurde eine deutsch' Batterie völlig vernichtet. Zn Deuxmouds westlich Bigneulles-les Hattonchatel wurden zwei deutsch' Batterien zerstört- eine großkalibrige und eine für Flugzeuge bestimmte. In derselben Gegend wurden von Franzosen ein Blockhaus gesprengt und mehren Gräben zerstört."
Alle diese Meldungen sind erfunden.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(W.T.B.) Wien, 14. Dez. Amtliche Mitteilung vom 14. Dez., mittags: Die Verfolgung der Russen in Westgalizien wurde fortgesetzt und wir gewannen abermals unter kleineren und größeren Gefechten allenthalben nordwärts Raum. Nun ist auch Dukla wieder in unserem Besitz.
Unsere über die Karpathen vorgerückten Kolonnen machten gestern und vorgestern 9V0V Gefangene und erbeuteten 18 Maschinengewehre.
Die Lage an unserer Front von Rajbrot bis östlich Krakau und in Südpolen ist unverändert.
Nördlich Lowicz drangen unsere Verbündeten im Angriffe weiter gegen die untere Bsura vor.
Die Kümpfe in Serbien.
(W.T.B.) Wien. 14. Dez. Vom südl. Kriegsschauplatz wird amtlich verlautbart: Die von der Drina in südöstlicher Richtung vorgetriebene Offensive ist südöstlich von Valsevo aus stark überlegenen Gegner gestoßen und mußte nicht allein aufgegeben «erden, sondern veranlaßte auch eine weiterreichende rückgängige Bewegung unserer seit vielen Wochen hartnäckig, glänzend aber verlustreich kämpfenden Kräfte. Diesem steht die Gewinnung von Belgrad gegenüber. Die hieraus resultierende Gesamtlage wird neue operative Entschlüße und Maßregeln zur Folge haben, welche der Verdrängung des Feindes dienen müssen. *
Die Kämpfe am Kanal.
Amsterdam, 14. Dez. Die „Voss. Ztg." schreibt: Nach Meldungen des „Daily Lhronicle" kommt die
Offensive der deutschen Truppen im Ueberschwem-
md der Schweiz.
mungsgebiet in Flandern an keinem Tage zur Ruhe und die englischen Truppen, die an den meist bedrohten Punkten stehen, haben sich andauernd vor einer neuen Kriegslist zu schützen. So versuchten die Deutschen auf folgende Weise einen Ueberfall aus schottische Regimenter. Sie fabrizierten eine Anzahl kleiner schmaler Flöße, die sie dicht mit Laubwerk umgaben. Auf jedem der Flöße waren 3 Mann verborgen. Diese Flöße glichen vollkommen entwurzelten Bäumen und Gesträuchen, die zahllos im Ueberschwemmungsgebiet umhertreiben. Sie wurden mithin von den englischen Posten nicht weiter beachtet. Nach stundenlangem Ausharren gelang es auf diese Weise, langsam mit der Strömung treibend, ganz nahe an die englischen Stellungen heranzukommen. Im geeigneten Moment eröffneten die im Laubwerk verborgenen Soldaten aus die überraschten Engländer Schnellfeuer, das sie mit dröhnendem Hurra begleiteten. Die Verwirrung, die im englischen Lager entstand, wurde von den Deutschen benutzt und drei riesige Motorboote, gepanzert und mit Schnellfeuergeschützen versehen, fuhren in rasender Fahrt heran und eröffneten aus nächster Nähe ein furchtbares Feuer auf den Feind. Dieser mußte sich zurückziehen, da seine Artillerie aus Furcht, die Freunde mit zu treffen, auf die Feinde nicht zu schießen wagte.
Nordalbanien gegen Serbien. Frankfurt a. M., 14. Dez. Die „Frankfurter Zeitung meldet aus Kon^antinopel: Aus Skutari kommt die beglaubigte Nachricht, daß die nordalba- uischen Stämme an Serbien den Krieg erklärten. Ein Albanese, der die Zügel der Regierung in Nordalbanien in der Hand zu halten scheint, übermittelte diese Erklärung an Serbien. Die Tatsache, daß die kriegerischen Stämme Nordalbaniens sich im jetzigen Augenblick in Bewegung setzen, kann für die Gestaltung der Verhältnisse in Serbien leicht entscheidungsvoll werden. Ein Widerstand Montenegros gegen Nordalbanien ist bei dem «roßen, in den Schwarzen Bergen herrschenden Elend nicht zu besorgen, sodaß die Nordalbanesen ihre ganze Kraft gegen Serbien verwenden können.
Frankfurt a. M., 15. Dez. Die „Frankfurter Zeitung" meldet aus Athen: „Neon Asty" berichtet aus Koritza, daß 25 888 Albanesen in Serbien ein- grdrungen sind.
Der Heilige Krieg.
Konstantinopel, 14. Dez. Der Sohn des großen Scheiks der Senusfi ist in Medina eingetroffen, um am Heiligen Krieg teilzunehmen. Wie die Blätter ec fahren, werden in Damaskus große Vorbereitungen zum Empfang der heiligen Fahne getroffen, die unter dem Geleit von Taufenden von Kriegern, die unter großen Begeisterungskundgebungen von Medina aufgebrochen find, hier eintreffen wird.
Mohammedaneraufstand im Kaukasus.
Berlin, 14. Dez. Der „Berliner Lokalanzeiger" meldet aus Konstantinopel: Im Kaukasus hat ein großer Mobammedaneraufstand begonnen. Etwa 38886 bewaffnete russische Mohammedaner find zu den Türken übergetreten, um gegen die Ruffen zu kämpfen.
Ein Angriff auf Deutsch-Südwestafrika.
Berlin, 14. Dez. Aus Mailand wird der „Tägl. Rundschau" gemeldet: Aus London wird
gemeldet, Botha rüste sich zu einem Angriff auf die deutsche Kolonie Südwest-Afrika» da er sie für verantwortlich hält für den Aufstand der Buren im Kapland. — Man muß es Botrra laßen, er ist ein ganzer Engländer geworden' nicht dlos in seiner Rücksichtslosigkeit sondern auch in seiner Scheinheiligkeit nimmt er es mit den englischen Diplomaten auf.
Die Neutralität Belgiens.
Weitere Enthüllungen.
(W.T.B.) Berlin, 14. Dez. Die „Nordd. Alk Zeitung" schreibt: Für die englisch-belgische Kompli zitiit haben sich neue schwerwiegende Schuldbeweis gefunden. Vor einiger Zeit wurde in Brüssel der englische Legationssekretär Grant-Watson sesto nommen, der im englischen Gesandtschaftsgebäudc verblieben war, nachdem die Gesandtschaft ihr' Sitz nach Antwerpen und später nach Havre verlec hatte. Der Genannte wurde nun kürzlich bei dem Versuche ertappt, Schriftstücke, die er bei seiner F nähme unbemerkt aus der Gesandtschaft mitgefüb" hatte, verschwinden zu lassen. Die Prüfung der Schriftstücke ergab, daß es sich um Aktenstücke nn Daten vertraulichster Art über die belgische Mob: machung und die Verteidigung Antwerpens aus d Jahren 1913 und 1914 handelte. Es fanden sich " runter Zirkularerlasse an die höheren belgischen Kommandostellen mit der faksimilierten Unterschrift des belgischen Generalstabschefs vor, ferner eine Aufzeichnung über eine Sitzung der Komission für di' Verpflegungsbasis Antwerpens vom 27. Mai 1913 Die Tatsache, daß sich die Schriftstücke in der englischen Gesandtschaft befanden, zeigt hinreichend, daß die belgische Regierung in militärischer Hinsicht keine Geheimnisse vor der englischen Regierung hatte, daß vielmehr beide Regierungen dauernd im engsten militärischen Einvernehmen standen. Von besonderem Interesse ist auch eine handschriftliche Notiz, die bei den Papieren gefunden wurde, um deren Vernichtung der englische Sekretär besorgt war, sie lautete folgendermaßen:
Benachrichtigung. 1. Die französischen Offiziere haben Befehl erhalten, am 27. ds. Mts. nachmittags bei ihren Truppenteilen einzutreffen. 2. Am selben Tage hat der Bahnhofvorstand von Feignies Befehl erhalten, alle verfügbaren gedeckten Wagen zum Zwecke von Truppentransporten in der Richtung auf Maubeuge abgehen zu laßen. Mitqeteilt durch die Gendarmeriebvigade in Frameries.
Hierzu ist zu bemerken, daß Feignies eine an der Eisenbahn Maübeuge-Mons ca. 3 Kilometer von der belgischen Grenze in Frankreich gelegene Eisenbahnstation ist. Frameries ist an derselben Bahn in Belgien 10 Kilometer von der französischen Grenze gelogen. Aus dieser Notiz ist zu entnehmen, daß Frankreich bereits am 27. Juli seine ersten Mobil- machungsmaßnahmen getroffen hat. und daß die englische Gesandtschaft von dieser Tatsache belgischer- seits sofort Kenntnis erhielt. Wenn es noch weiterer Beweise für die Beziehungen bedurfte, die zwischen England und Belgien bestanden, so bietet das auf- geftmdene Material in dieser Hinsicht eine wertvolle Ergänzung. Es zeigt erneut, daß Belgien sich seiner Neutralität zugunsten der Entente begeben hatte, und daß es ein tätiges Mitglied der Koalition geworden war, die sich zur Bekämpfung des deutschen Reiches gebildet hatte. Es ist offensichtlich, daß die eng-