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Ein Wort zur Lage.

Bor 14 Tagen halte uns die Heeresleitung im Osten die freudige Mitteilung gegeben, daß unsere Heere in Polen in stetigem Vorwärtsschreiten stän­den und daß die Truppen in Nordpolen um den Sieg kämpften. Die definitiven Erfolge dieses siegreichen Vorgehens ließen aber für unsere sehr verwöhnten Ansprüche etwas länger auf sich warten. Es war den Russen möglich gewesen, noch in letzter Stunde große Verstärkungen, vermutlich von Ostpreußen und auch von Warschau her heranzuziehen und so den endgültigen Erfolg unseres Heeres bei Lodz zu verzögern.

Erst" 8 Tage später brachte uns der Draht die schöne Nachricht von der Besetzung von Lodz durch unsere Truppen und damit war die erste Etappe des seit einem Monat neu eingeleiteten Feldzuges nach angesagtem strategischem Rückzug und einer Neu­gruppierung der verbündeten Heere erreicht. Der planvolle Rückzug im Anfang des November hatte seine Wirkung getan. Die Hauptmasse des russischen Heer war langsam nachqerückt, die Russen wurden tm Zentrum Polens durch die nun wieder vorrücken­den verbündeten Heere zum Kampf gezwungen und so gelang der glänzenden Strategie Hindenburgs der Flankenangriff in Nordpolen durch Mackensen, der die russische Hauptmacht vor Warschau mit Um­fassung bedrohte.

Der russische Koloß war aber doch zu massiv, als daß er beim ersten Anprall überrannt werden konnte, und so gerieten Teile unseres ungestüm vorwärts­drängenden Heeres sogar soweit, daß sie sich plötzlich eingeschlossen sahen. Ein geradezu glänzend durch­geführter Durchbruch rettete die wohl ein Armeekorps betragenden Heeresteile vor Gefangennahme oder Vernichtung. Die Russen aber hatten schon einen großen Sieg in alle Welt hinaus gedrahtet.

Der zahlenmäßige Erfolg dieses neuen Feld­zuges ist über alle Erwartungen großartig. Unsere Heeresleitung hatte mitgeteilt, daß in den Kämpfen in Nordpolen seit der Neugnippierung also etwa feit Ende Oktober bis 1. Dezember 80 000 unver- wundete Russen gefangen genommen worden seien. Zu dieser für die offene Schlacht ganz enormen Summe kommen nun als Ergebnis der letzten zwölf Tage noch einmal 80 000 Gefangene, so daß man nicht viel fehl gehen wird, wenn man die Gesamt­verluste der Russen allein in Nordpolen in den letzten 6 Wochen auf 280 bis 300 000 Mann be­rechnet. Dieser gewaltige Erfolg ist angesichts der .zahlenmäßigen Ueberlegenheit der Russen nur der überragenden Feldherrnkunst Hindenburgs, dem vor­züglichen Zusammenarbeiten der verbündeten Heere und nicht zuletzt der moralischen Ueberlegenheit un­serer Truppen zuzuschreiben.

Wenn wir angesichts solcher Erfolge doch immer­noch nicht von einer Entscheidung in Polen sprechen können, so liegt das in dem Umstand, daß das russi­sche Heer immer noch starke Reservetruppen zur Ver­fügung hat, und daß die Russen bei den weiteren Operationen sich nun in der neu eingenommenen Defensivstellung auf einen starken Festungsgürtel stützen können. Es ist anzunehmen, daß, wenn nicht eine Ueberrumpelung im ersten Anlauf gelingt, Warschau solange als möglich gehalten wird, um eure Neuformierung des russischen Heeres im Schutze seiner Festungen vornehmen zu können.

Neben dem Hauptschlachtfeld in Südpolen tra­gen die Kämpfe in strategischer Beziehung auf der sonstigen großen Ostfront für uns nur sekundären Charakter, mögen sie vom militärischen Gesichtspunkt äüs auch bedeutend sein. Die Absichten der Russen, durch Vorstöße auf ihrem Nordflügel gegen Ost­preußen und auf ihrem südlichen Flügel in Ga­lizien und in den Karpathen, unsere zentrale Stoß­kraft abzuleiten, wurden von unseren Heeresleitun­gen richtig eingeschätzt und so setzten unsere Verbün­deten. höheren Zwecken folgend, noch einmal Gali­zien dem Einfall der Feinde aus, um so soviel wie möglich feindliche Truppenmassen von der von uns gewählten Hauptopevationsbasis in Polen abzu­halten.

Der aus diesem Grunde auch mit moralischen Opfern besonders von Seiten unserer Verbün­deten erlangte strategische Schachzug ist in den letzten Wochen nun mit vollem Erfolg gekrönt wor­den. Das Ergebnis in Nordpolen wird wohl bald auch im Süden und Südosten nachwirken.

Wir stehen nun vor der 2. Etappe des russischen Feldzuges, deren Ziel Warschau ist. Wenn uns die große Schwächung des russischen Heeres und die da­raus resultierende moralische Einbuße auch die Hoff­nung auf eine günstige Entwicklung der Operationen geben, so dürfen wir doch nicht vergessen, daß die im­mer noch mächtigen russischen Heeresmassen nun auch noch feste Sützpünkte hinter sich haben und daß die besondere Stärke der Russen von jeher in der Defen­sive gelegen ist. Wir haben also noch schwere Auf­gaben vor uns. Aber an einer schließlichen Entschei­dung in unserem Sinne ist nach dem bisherigen Er­gebnis wohl nicht mehr zu zweifeln. Es müßte denn

eine ungünstige politische Situation für uns eintre- ten, und daran ist wohl bei dem heutigen Stand der militärischen Situation nicht ohne Weiteres zu denken. O. 8.

Zur Besetzung von Lodz.

Kopenhagen, 11. Dez. Ueber den deutschen An­griff auf Lodz werden derDeutschen Tageszeitung" folgende Mitteilungen desDaily Chronicle" über­mittelt: Zu Beginn des Monats Dezember richteten die Deutschen heftige Angriffe auf Lodz. Von dieser Zeit ab war die Stadt vollkommen von den Deut­schen umzingelt. Ihre Hauptstärke stand bei Rokicic, ihre schwere Artillerie bei Zgierz. Durch das Bom­bardement wurden in Lodz große Verheerungen angerichtet, ein Teil der Häuser wurde in Asche ge­legt und viele Bewohner getötet. Die russische Ar­tillerie war nicht imstande, die Stellung der deut­schen Geschütze aufzufinden und diese zum Schweigen zu bringen; erst einem Flieger gelang es. einen Teil der Stellungen aufzuklären. Ihren Höhepunkt er­reichten die Angriffe der Deutschen in der Nacht zum 5. Dezember; zu dieser Zeit waren insgesamt 700 Kanonen in Tätigkeit. Dann erfolgte ein ge­waltiger Angriff der Deutschen, die, von Schein­werfern beleuchtet, trotz des mörderischen russischen Artilleriefeuers vorgingen. Nachdem in einem russischen Kriegsrate zuerst beschlossen worden war, das angeblichbedeutungslos gewordene" Lodz den Deutschen preiszugeben, stieß der Generalstab diesen Beschluß wieder um: Lodz dürfe nicht geräumt wer- werden. Etliche Tage später hatte sich die Lage infolge der deutschen Angriffe abermals verschoben, so daß die Stadt dem Gegner überlassen werden mußte.

Ein österreichischer Sieg bei Krakau.

Krakau, 13. Dez.Nova Reforma" meldet der Deutschen Tageszeitung" zufolge: Oestlich von Kra­kau bei Vieloczca haben die Russen eine große Nie­derlage erlitten. Sie versuchten hier vorzudringen, wurden aber mit bedeutenden Verlusten geworfen. Von einer Belagerung oder Einkreisung Krakaus kann keine Rede sein. Bei Skala in Russisch-Polen haben die Russen in zwei nächtlichen Kämpfen etwa 20 000 Tote und Verwundete verloren. Unsere Trup­pen haben über 6000 Gefangene gemacht. Alles läßt darauf schließen, daß sich die Russen aus Nordgalizien in vollem Rückzüge befinden.Nova Reforma" hebt den Kampf bei Vieloczca hervor und meldet, daß dieser besonders blutig verlaufen sei. In die Ort­schaft war russische Kavallerie eingedrungen. Die österreichischen Maschinengewehre mähten aber diese buchstäblich nieder.

Die Raffen vor Przemysl meutern.

(W.T.V.) Wien, 13. Dez. Die Kriegsbericht­erstatter der Blätter melden, daß von den russischen Belagerungstruppen Przemysls einige Bataillone gefesselt wegbefördert wurden, die zum Angriff auf die Festung nicht zu bringen waren.

Die russischen Verluste.

(W.T.B.) Genf. 13. Dez. Nach einem Tele­gramm derVoss. Zeitung" aus Genf schätzt der PariserTemps" die bisherigen russischen Verluste auf 1 600 000 Mann. Hierunter sollen 540 000 Tote, mehr als 400 000 Gefangene und die übrigen Ver­wundete und Erkrankte sein. DerTemps" meint, Rußland werde kaum über genügend Reserven ver­fügen, um die Lücken, welche diese gewaltigen Ver­luste in den Reihen der Truppen verursacht hatten, ausfüllen zu können.

Man merkt nun also wohl bald in Frankreich, daß es mit der russischen Hilfe nicht gut bestellt ist.

Die Schriftl.

Vom westlichen Kriegsschauplatz.

Lebhafte Einzelkämpfe im Westen.

(W.T.V.) Großes Hauptquartier, 12. Dez., vor­mittags. (Amtlich.) In Flandern griffen die Fran­zosen in der Richtung östlich Langhemarq an. Sie wurden zurückgeworfen und verloren etwa 2VV Tote und 34V Gefangene. Unsere Artillerie beschoß den Bahnhof Ppern zur Störung feindlicher Truppen­bewegungen. Bei Arras wurden Fortschritte gemacht. In der Gegend SouainPerthes griffen die Fran­zosen erneut ohne jeden Erfolg an.

Im Argonnenwald versuchten die Franzosen, nach wochenlangem rein passivem Verhalten, einige Vorstöße, sie wurden überall leicht abgewiesen. Da­gegen nahmen die deutschen Truppen wiederum einen wichtigen französischen Stützpunkt durch Minen­sprengung. Der Gegner erlitt starke Verluste an Ge­fallenen und Verschütteten. Außerdem machten wir 2VV Gefangene.

Bei Apremont südöstlich von St. Mihiel wurden mehrfach heftige Angriffe der Franzosen abgewiesen,

ebenso auf dem Vogesenkamm in der Gegend west­lich Markirch.

(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 13. Dez., vor­mittags. Amtlich wird gemeldet: NaMrem am 11. Dezember die französische Offensive auf Apremont, südöstlich von St. Mihiel. gescheitert war. griff der Feind gestern nachmittag in breiterer Front über Flirey (halbwegs bei MihielPont-L-Mousson) an. Der Angriff endete für die Franzosen mit dem Ver­lust von Kvv Gefangenen und einer großen Anzahl von Toten und Verwundeten. Unsere Verluste be­trugen dabei etwa 7V Verwundete.

Im übrigen verlief der Tag auf dem westlichen Kriegsschauplätze im wesentlichen ruhig.

*

Die Engländer in Calais.

Rosendael, 11. Dez. Dem Bürgermeister von Calais ist nach Berichten , die demTag" von hier zugingen, ein englischer Gehilfe beigegeben worden. Infolge dieses Eingriffes in die Unabhängigkeit der Munizipalität kam es während einer Stadtrats­sitzung zu erregten Auseinandersetzungen. Eine vom Präfekten verlesene Regierungserklärung beschwich­tigte die Stadtväter; mehr als die Hälfte der Anwe­senden enthielt sich jedoch der Stimmabgabe. Von der Zensur wurden in der Presse kritische Bemerkun­gen über die Sache unterdrückt, doch gibt der Sitzungs­bericht die aufgeregte Stimmung deutlich wieder- die in der Stadt herrscht.

Die Seeschlacht

in den südamerikanischen Gewässern.

Amsterdam. 13. Dez. Reuter meldet aus Lon­don : Die Newyorker Blätter veröffentlichen ein Te­legramm aus Buenos Aires, worin gesagt wird, daß

die deutschen Kreuzer zwischen dem englischen und ja­panischen Geschwader eingeklemmt worden seien. Die Scharnhorst" feuerte, bis die Wellen über ihren Ka­nonen hinwegschlugen.

DieDaily Mail" meldet aus Newyork: Das britische Geschwader holte dieNürnberg" nach einer aufregenden Jagd ein. Das Schiff wurde aufgefor­dert, sich zu ergeben, aber es weigerte sich und kämpfte, bis es sank.

Die Verluste der Engländer.

London, 12. Dez. Amtlich wird bekanntgegeben: Die britischen Verluste in der Seeschlacht bet den Falklandsinseln betrugen 7 Mann gefallen und vier verwundet. Kein Offizier ist getötet oder ver­wundet worden.

Die Hilfe der japanischen Flotte.

London, 12. Dez. (Reuter.) Der japanische Marineminister hat an Churchill eine Glückwunsch­depesche zu dem Siege bei den Falklandsinseln gesandt. Churchill hat hierauf geantwortet, daß das britische Geschwader den Deutschen einen entscheidenden Schlag beibringen konnte, ist größtenteils der kräf­tigen und unermüdlichen Hilfe der japanischen Flotte zu danken; die Deutschen seien gänzlich aus dem Osten vertrieben. Ihr Rückzug dorthin dürste äußerst schwierig und gefährlich fein. Churchill sprach namens der englischen und australischen Flotten den Dank für die unschätzbare Hilfe Japans aus.

Eine neutrale Stimme zur Seeschlacht.

Basel, 12. Dez. Zur SeesHlacht bei den Falk­landsinseln schreiben die Baseler Nachrichten u. a.: Es ist kein englischer Erfolg, daß die deutschen Schiffe endlich im 5. Kriegsmonat der Uebermacht erlegen sind, sondern ein deutscher Erfolg, daß sie sich so über alles Erwarten lang halten konnten. Hätte der Krieg, wie anfangs alle Welt glaubte nur ein Vierteljahr gedauert, so wären alle deutschen Auslandsschiffe siegreich und heil geblieben.

" Der Erfolg der Vernichtung unserer südameri­kanischen Flotte ist, abgesehen von der Tatsache, daß nunmehr die englischen Krämer etwas ruhiger ihrem überseeischen Gewerbe nachgehen können, reiht gering im Hinblick auf den gewaltigen Apparat, den unsere Feinde aufgebracht hatten, um die paar deutschen Kreuzer, nchdem sie unseren Gegnern schon einen ganz bedeutenden Schaden zugefügt hatten, endlich zu stellen. Dieweltbeherrschende" englische Flotte war zu dieserHeldentat" nicht einmal allein fähig, sie mußte von allen ihren Verbündeten Hilfe herbei­rufen, nachdem man die Kraft unserer kleinen Flotte anläßlich der beinahe völligen Vernichtung eines eng­lischen Geschwaders kennen gelernt hatte.

Die Siegesdepeschen des großmäuligen Herrn Churchill sind also mehr als kläglich und wieder ein Beweis von der Prahlsucht unserer Gegner, der ge­genüber auch diesmal wieder die deutsche Tat aufs vorteilhafteste hervorstach.

Trotz der erdrückenden Uebermacht kämpften un­sere Seehelden bis zum letzten Atemzuge, todesmutig

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