1

6A

k füe-m Gbersmtshszis? Nagsld « Aüsnstsig-KLsdL. Allgemeiner Anzeiger für dis Bezirks Nagsld, ilalw u.Freu-ensta-

«KHrxtlich S mal. Bezugspreis: moxatltch l.SO Mark. Me SinzelLummer kostet rO Hfg. MchtrrschMrx der Zeitung ixfolge HSHerer Gewalt od. BetrieSSstSruxg besteht ket» Anspruch auf Lieferung.

Anzeigenpreis: Me einspaltige Zeile oder deren Raum 15 Loldpfenntge, die Reklamezeile 45 Goldpfg stoEscheckkonto Ltuttgart Nr. 5780. Für telephonisch erteilte Aufträge übernehmen wir keine Gewähr

Sk. 164

Atteusteig. Montag den 18. Juli

1S27

Ar ReWMlgesetz !

Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung der Artikel 148 Abs. 2 § und 149 der Reichsverfassung !

Berlin, 16. Juli. (Amtlich.) Der Gesetzentwurf zur Ausführung ^ der Artikel 146 Abs. 2 und 149 der Reichsverfassung verwirklicht s unbeschadet der staatlichen Schulhoheit als leitende Gedanken die Berücksichtigung des Willens der Erziehungsberechtigten nach - Artikel 146 Abs. 2 der Reichsverfassung, sowie die Grundsätze > über die Erteilung des Religionsunterrichts nach Artikel 149 der l' Reichsverfassung. ;

In Ausführung dieser Leitgedanken enthält der Entwurf zu- ^ nächst eine Umschreibung der Abgrenzung der drei Schulformen: : Gemeinschaftsschule, Bekenntnisschule und bekenntnisfreie Schule, s Ausgehend von den Richtlinien zur Regierungsbildung ist dabei s alle« drei Schulformen die gleiche freie Entwicklungsmöglichkeit i gegeben worden. Entsprechend der Weisung der Reichsverfassung, r sowie in Anknüpfung an die langjährigen Verhandlungen über s das Reichsgesetz im Sinne des Artikels 146 Abs. 2 der Reichs- c Verfassung stellt sich der Entwurf die Aufgabe, das Antragsrecht der Erziehungsberechtigten auszubauen. Um hierbei die Ge- s meinschaftsschule in ihrer Zukunftsentwicklung den beiden an- i deren Schularten gegenüber nicht zu beeinträchtigen, ist auch - zugunsten der Gemeinschaftsschule das Antragsrecht gegeben. Von i einer authentischen Interpellation des Artikels 146 Abs. 1 der ! Reichsverfassung in Bezug auf die Frage der Vorzugsstellung ! der Gemeinschaftsschule siebt der Gesetzentwurf absichtlich ab ^ durch den Hinweis auf Artikel 146 Abs. 1. Es wird indessen aus­drücklich festgestellt, dag sein Inhalt durch den vorliegenden Gesetzentwurf völlig unberührt bleibt. Nach einigen allgemeinen Bestimmungen und der Aufzählung der verschiedenen Schulfor­men werden diese im ersten Abschnitt nach ihrer besonderen Eigenart gekennzeichnet und gegeneinander abgegrcnzt.

Der zweite Abschnitt handelt von dem Antragsrecht. 1. ist ? Erziehungsrechtigten von im allgemeinen mindestens 40 Kindern f grundsätzlich das Antragsrscht auf Einrichtung einer der drei x Schulformen cingeräumt. 2. ist ein Antrag auf Umwandlung » einer Schulform in eine andere bei dem Vorhandensein einer i Mehrheit von Erziehungsberechtigten von wenigstens zwei Drit- ! teln der die Schule besuchenden Kinder zu berücksichtigen. Die Genehmigung der Anträge wird bis zu einem gewissen Grade durch die Erfordernisse eines geordneten Schulbetriebes bedingt. Der schwierigen Definition einesgeordneten Schulbetriebes" liegt dem Gesetz im allgemeinen die Aufrechterhaltung der heute für einen solchen geltenden Normen zugrunde. Gegen Entschei­dungen, durch welche die Rechte von Erziehungsberechtigten be­rührt werden, ist ein Rechtsmittelverfahren vorgesehen. Ueber den Religionsunterricht in den Volksschulen handelt der vierte s Abschnitt. Es wird hier im Grundsatz der Artikel 146 der Reichs- ^ Verfassung, nämlich dag der Religionsunterricht in Uebereinstim- s mung mit den Grundsätzen der betreffenden Religionsgesellschaft , unbeschadet des Aufsichtsrechtes des Staates erteilt wird, im ein- j seinen näher umschrieben. Der Religionsunterricht soll von An- i gehörigen der Religionsgesellschaft erteilt werden. Hierbei kom- z men in evangelischen Schulen in erster Linie dem Bekenntnis an- s gehörende Lehrer in Betracht. Selbstverständlich soll dadurch nicht i ausaeichlossen werden, daß der Religionsunterricht auch von ^ Geistlichen erteilt wird, wie dies insbesondere in katholischen s Schulen häufig der Fall ist. Auch eine diesbezügliche allgemeine - Regelung in eimelnen Landesteilen wird hierdurch nicht berührt, z

Für die Bestimmungen über den Lehrplan und die Lehr- und ? Lerubücher, sowie für die Festsetzung der Zahl der Religions- ! stunden ist eine nähere Mitwirkung der Religionsgesellschaften - vorgesehen. Zur Einsichtnahme in den Religionsunterricht be» ! stellt der Staat auf Vorschlag einer Religionsgesellschaft im i Schulwesen erfahrene Beauftragte. Die Definition des Begriffes f Beauftragte" ist für die evangelische und die katholische Kirche ' naturgemäß verschieden. Für den katholischen Religionsunter- s richt muh der betreffende Beauftragte die Missio in canonica be- s sitzen. Für den evangelischen Religionsunterricht wird diese Ein- i sichtnahme gemäh der Stellungnahme des evangelischen Kirchen- s senates, sowie des evangelischen Kirchentages in der Regel durch ? Schulmänner ausgeübt, welche auf Vorschlag der kirchlichen Pro- l vinzialunterrichtsbeiräte dem Staate benannt werden. Die Wie- k dereinführung der geistlichen Lokalinspektion ist in keiner Weis« z beabsichtigt. !

Der sechste Abschnitt knüpft in seinen llebergangsbestimmun- - gen Hk die geschichtliche Entwicklung an. Die verschiedenen vor- z handenen Schularten gelten als im Sinne dieses Gesetzes be- S antragt, falls keine neuen zu berücksichtigenden Anträge erfolgen. ^ Die hiernach bestehen bleibenden Schulformen der einzelnen s Länder sind mit den für die verschiedenen Schularten dieses Ge- c setz es aufgestellten Grundsätzen in llebereinstimmung zu bringen. -

Im letzten Eesetzesparagraphen wird die sogenanntechristlich« s Simultanschule" des Südwestens behandelt, deren Geltungs- i gebiet nach Artikel 174 der Reichsverfassung besonders zu berück- 'j sichtigen ist. Während auf einer Seite der Wunsch besteht, dies« - Berücksichtigung soweit auszudehnen, dab die Einführung dieses i Gesetzes in den fraglichen Gebieten bis auf weiteres ausgesetzt , werden und der Landesgesetzgebung Vorbehalten bleiben soll, gebt der Entwurf nicht so weit. Er sucht vielmehr den Gesichtspunkt ; der besonderen Berücksichtigung durch die Gewährung einer

Sperrfrist von fünf Jahren zu werden, zu der eine allgemeine Einführungsfrist von weiteren zwei Jahren noch hinzutritt.

Sie AWligeillWieu

Preßburg, 15. Juli. In einem aus Wien von zuständiger Stelle verbreiteten Bericht wird über den Verlauf der Aus­schreitungen u. a. berichtet: Da keine Aussicht bestand, auf andere Weise die Ordnung wieder herzustellen, und die Ver­suche einiger Ordner, die Massen zu beruhigen, erfolglos blieben, mutzte sich die Polizeibehörde entschließen, mit Ge­wehren ausgerüstete Abteilungen zu entsenden, die, als sie in der Lichtengelsgasse, in der Nähe des Rathauses, von Demonstranten nicht nur mit Steinen und anderen Wurf­geschossen beworfen, sondern auch angeschossen wurden, von der Schußwaffe Gebrauch machten und den Platz mit Ge­walt räumten. Gleicherweise hat auch die mit Gewehren bewaffnete Sicherheitswachabteilung, als sie mit Schützen empfangen wurde, in der Umgebung des Justizpalastes einige Schütze abgegeben und die Ordnung wieder her­gestellt, sodatz die Feuerwehr nun eingreifen und de» Brand im Justizpalast lokalisieren konnte. Am Nachmittag war die Sicherheitswache damit beschäftigt, durch größere, mit Gewehren ausgerüstete Patrouillen zu Fuß und Pferd die Reste der Demonstranten zu zerstreuen und die Ruhe wieder herzustellen. Die Plätze in der Umgebung des Natio­nalrats und des Justizpalastes sind vom Militär besetzt. Eine Gefährdung des Eigentums ist nirgend erfolgt. Die Sicherheitsbehörde ist vollkommenHerrin der Lage.

Prehburg, 16. Juli. Aus Wien wird gemeldet: Gestern nachmittag wurde ein mehrstündiger Minifterrat abgehal­ten, zu dem auch Polizeipräsident Schober, Eeneralpost- direktor Scheißel und die leitenden Beamten des Bundes­kanzleramtes hinzugezogen waren. In den Abendstunden fand eine Aussprache zwischen dem Bundeskanzler und den sozialdemokratischen Abgeordneten, Bürgermeister Seits nnd Dr. Bauer statt. Die Regierung hat alle Vorkehrungen getroffen, um ein Wiederaufflackern der Unruhen in den folgenden Tagen nach Möglichkeit zu verhindern. Darüber, ob und wann der Nationalrat einberufen werden soll, um zu der durch die Unruhen geschaffenen politischen Lage Stel­lung zu nehmen, ist noch keine Entscheidung getroffen, ob­wohl diese Frage schon Gegenstand von Besprechungen zwi­schen dem Bundeskanzler und der früheren Opposition war. Er wird heute früh ohne weitere Einberufung im Bundes­kanzleramt zusammentreten.

Preßburg, 16. Juli. Nach einer Information eines nach Wien entsandten Sonderberichterstatters herrscht zurzeit in Wien Ruhe. Mit allgemeiner Besorgnis siecht man den Heutigen Nachmittagsftunden und dem morgigen Tag ent­gegen, an welchem ein Zustrom vieler Arbeiter in Wien erwartet wird. Mitglieder des Schutzbundes aus vielen Städten Oesterreichs werden in Wien konzentriert. Es wer­den weitreichende Veränderungen im Kabinett erwartet. Bundeskanzler Seipel beruhigt das diplomatische Korps

Prag, 16. Juli. Aus Wien wird gemeldet, daß Bundes­kanzler Seipel dem diplomatischen Korps di« beruhigende Erklärung abgab, daß die allgemeine Lage wesentlich ruhi­ger sei, wenn auch noch mit weiteren Unruhen gerechnet werden müßte. Das Privateigentum sei kc' eswegs ge­fährdet.

Generalstreik in Oesterreich

Berlin, 16. Juli. Nach zuverlässigen Berichten hat das Präsidium der österreichischen sozialdemokratischen Partei, das seit gestern nachmittag mit den Gewerkschaftsführern dauernd tagt und in der vergangenen Nacht die Volks­bewegung in seine Hände bekommen hat, offiziell den Ge­neralstreik proklamiert. Damit ist am heutigen Samstag der gesamte Verkehr innerhalb der österreichischen Grenzen und mit dem Ausland stillgelegt. Die Innenstadt ist seit gestern abend fest in den Händen der Polizei.

Prag, 16. Juli. Die Direktion der Staatsbahn Prag, Süd teilt mit, daß am 16.Juli auf den österreichischen Eisen­bahnen der Streik ausgebrochen ist.

Preßburg, 16. Juli. Die Preßburg mit Wien verbindende elektrische Bahn verkehrt seit heute früh nicht mehr. Die Verbindung wird nunmehr durch Automobile aufrecht er­halten. Auch die Telephon- und Telegraphenverbindung mit Wien und den übrigen österreichischen Städten ist unterbrochen.

Die Lage in Wien.

Wien, 17. Juli. Am gestrigen Samstag kam es in der Stadt wiederholt zu erneuten Zusammen st ößen u nd Schießereien, wobei es wieder Tote und Verwundete g ab. Im ganzen beläuft sich die Zahl der Toten bisher an f 68, die Zahl der Verwundeten auf 800» sodaß man in sgesamt mit 1000 Opfern rechnen muß. Die Stimmung ist natürlich gedrückt. Für den Wiener sind die Ereignisse no ch jetzt unfaßbar, was durchaus verständlich ist, wenn m an hört, daß die Zahl der Toten dieser beiden Tage dr eimal so hoch ist wie die Zahl der Opfer der Re- vo lution vor acht Jahren in ganz Oesterreich. Bisher sind 272 Personen verhaftet worden. Die Regierung hat heute eine Kundmachung anschlagen lassen, in der sie ihre Haltung und das Vorgehen der Polizei verteidigt. Sie ermahnt die Bevölkerung weiter zur Aufrechterhaltung der Ruhe.

Der Vorwärts zu de» Vorgängen in Wien Berlin, 16. Juli. Zu den blutigen Zusammenstößen in Wien jchreibt derVorwärts" u. a., eine Parole zu irgendwelchen Demonstrationen oder Aktionen wegen des Freispruchs im Schat- kndo-rfer Preetz sei von der sozialdemokratischen Partei nicht rusgegeben worden. Eine Reihe von Betriebsversammlungen beschloß, sofort die Arbeit niederzulegen und auf die Ringstraße mr das Parlament und und das Rathaus zu ziehen. Gegen halb N llhr morgens trafen die ersten Züge vor dem Parlament ein. ks wurde eine Abordnung in das Parlament entsendet, um «gen das Urteil zu protestieren. Die demonstrierenden Arbeiter »arreteu in Ruhe. Inzwischen war aber von der Polizeidirektion i« Trupp berittener Polizisten zum Parlament entsandt wor- Jbr Führer gab seiner Mannschaft ohne ausreichenden »rmw den Befehl, die Straßen vor dem Parlament zu räumen, dem Vorgehen der Polizei wurde Widerstand en^esengrsetzt. Dies Latte zur Folge, daß Polizertrupps aus allen Stadtteilen berbeigeschafft wurden. Es entspann sich vor dem Parlament ei« Hin und Her, wobei wahrschechinlich dem gewaltsamen Vorgehen gewaltsame Abwehr entgegengesetzt wurde. Es sollen gegen die Wache Steine geworfen worden sein. Nun hieb die Polizei mit Säbeln ein. Bald fielen auch Schütze der Polizei. Die Rettungs­gesellschaft war andauernd mit der Bergung der Toten und Ver­wundeten beschäftigt. Der Waffengebrauch der Polizei stachelte die Erregung der Demonstranten zur Hellen Wut an. ^ Die Pariser Blätter über die Wiener Unruhen " ^ Berlin, 16. Juli. Wie die B. Z. aus Paris meldet, haben die Nachrichten über die Wiener Unruhen in Paris schwere Beun­ruhigung bervorgerufen. Die Pariser Presse nimmt jedoch vor­läufig noch eine durchaus ruhige und abwartende Haltung ein. Die Matin bewundert die Energie der Wiener Arbeiterschaft in der Verurteilung des Schattendorfer Gerichtsurteils. Das Jour­nal siebt in den Wiener Ereignissen ein Faktum, das für den Anschluß Österreichs an Deutschland arbeitet.

Neues vom Lage

Reue schwere Unwetter in Schlesien Liegnitz, 16. Juli. In unaufhörlicher Folge werden beide schlesische Provinzen von Unwettern heimgesucht, deren Auswirkungen sich bis zur Stunde noch gar nicht übersehen lassen. Besonders schwer häuften sich die Unwetter in der Liegnitzer Gegend. In Neuburg wurde eine Frau vom Blitz erschlagen, mehrere Personen verletzt. Ueber Breslau zing Samstag früh zwischen 7 und 8 Uhr ein schweres Ge­witter mit anderthalbstündigem wolkenbruchartigem Regen rieder, der abermals Ueberschwemmungen verursachte. Der Verkehr von den Vorstädten nach der Stadt ist teilweise mterbrochem.

Schwere Uuwetter in Schlesien.

Breslau, 17. Juli. Die schweren Unwetter im ge­samten Gebiet des Eulengebirges trägen katastrophalen Cha­rakter. Namentlich der Ort Peilau ist schwer heimgesucht. In Reichenbach ist die Peile über 34 Meter hohe Ufer­mauern hinweg gestiegen. Die Straßen sind überschwemmt. Aus der Gegend von Peterswaldau strömen ungeheure Wafsermasfen herein. Der Schaden der Landwirtschaft ist unübersehbar. Auch im benachbarten Klatzer Bergland wurde riesiger Schaden angerichtet. Am schwersten ist das sogenannte Braunauer Ländchen in der Tschechoslo-. vakei heimgesucht. Hier sind mehrere Wolkenbrüche niedergegangen, die Brücken und Häuser wegrisfen.