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KLärMerg, Donnerstag oea 14. Juli

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Sie me Hetze gegen JeutWM

Es ist gewiß kein Zufall, daß in dem gleichen Augenblick, vo di« fremden Militärsachverständigen sich im Osten von der Zerstörung der Unterstände überzeugt haben, die fran­zösische Hetzpresse aus der ganzen Linie einen neuen Ber- lmmdungsfeldzug gegen Deutschland eröffnet. Das schlimmste aber ist, daß Blätter von der zweifelhaften Art desEcho de Paris" nud desTemps", denen man jegliche Objektivi­tät im Urteil über die europäische Politik absprechen muß, ausgerechnet vom bcchzischen Kriegsminister in der Verdäch­tigung des Deutschen Reiches vor der öffentlichen Meinung der Welt unterstützt werde. Es wäre nur zu wünschen, daß der belgische Außenminister Vandervelde bald einsieht, wie unermeßlich groß der Schaden ist, den sein Ministerkollege Broucqueville damit angerichtet hat, daß er der Pariser Boulevard-Presse das Stichwort zu ihrer neuen Hetze gab. Wir sind sicher, daß Herr Vandervelde selbst nicht an das Märchen vomKrümper-System" in der Reichswehr glaubt, aber als eben so sicher müssen wir es leider hinnehmen, daß die Sache der Verständigungspolitik in Belgien wie in Frankreich sehr schlecht steht. Wenn Vriand und Vander­oelde auf dom Posten wären, dann könnte unmöglich erne derartige Deutschlandhetze von neuem inszerniert werden, wie wir sie in diesen Tagen erleben.

Die nationalistischen Pariser Kreise wissen sehr wohl, daß mit der Erledigung der Restpunkte der Zeitpunkt gekommen ist, wo die deutsche Negierung in Ausübung eines ihr ver­traglich zugestandenen Rechtes die Frage der Rheinland- mu-mung in offizieller Form aufwerfen kann. Das Reichs­tabmett hat sich zwar den Termin dafür ausdrücklich Vor­behalten, die Leute vom Schlage des Marschalls Fach wollen aber von vornherein verhindern, daß Deutschland überhaupt nicht in die Lage kommt, sein Recht auszuüben. Deshalb betreiben sie heute wiederum die alten Methoden ^er Ver­unglimpfung und der Verdächtigung Deutschlands vor der l^elt, deshalb machen sie den Versuch, das Lügengewebe der Kriegs- nd Vorkriegszeit weiter zu spinnen, das man längst zerrissen glaubte. Man soll die Bedeutung der Wühl­arbeit, die gegenwärtig in Frankreich geleistet wird, nicht unterschätzen. Unermeßlich groß find die Gefahren, die mei­stens im Hinterhalt der Reichspolitik drohen. Liest man in diesen Tagen aufmerksam die Pariser National'istenpresse, die noch immer ausschlagebond ist, dann muß man einfach darüber erstaunt sein, wie sorgfältig der Widerstand gegen die Rheinlandräumung in ganz Frankreich organisiert wird, ohne daß die Vertreter der Locarnopolitik es für nötig hal­ten, dem verbrecherischen Treiben Einhalt zu gebieten. Was sagt eigentlich Herr Briand dazu, daß der General Hirschauer einen Verband begründet hat, der sich regional gliedert und dessen Aufgabe es ist, mit allen Mitteln gegen die Rhein- kandräumung zu kämpfen? Was sagt er weiter dazu, daß in dem Manifest dieses sauberen Verbandes die Rheinland­räumung als einemörderische Erscheinung" bezeichnet wird? Wenn man aber der Betätigung des bekannten lothringischen Chauvinisten keine Beachtung schenken will, dann wird man unter keinen Umständen an dem Treiben des Mar, yalls Foch vorübergehen können. Herr Fach, der d große Deutschensresser geblieben ist, sieht zurzeit seine Mission darin, der Verständigungspolitik durch eine groß­zügige militärisch angelegte Campagne das Lebenslicht aus- Mblasen. Während die französischen Regierungsstellen und die verantwortlichen Minister noch immer offiziell zur Lo- carnopolitik stehen, also den Grundsatz vertreten, daß in «euer Weltkrieg unbedingt verhindert werden müsse, wirft der Marschall Fach das Wort vom neuen Weltkrieg in die ohnehin schon genügend erregten Debatten der Jetztzeit. Fach ist der Exponent des militaristischen Gedankens in Frankreich. Er ist noch immer der Vertreter der franzö­sischen Armee, auf dessen Wort man etwas gibt. Man wird sich also ungefähr ansmalen können, welche Wirkung das Interview des Marschalls Foch imWeekly Dispatsch" hat, Wo er geradezu enthusiastisch von dem kommendenVolks­krieg" redet, an dem sich auch die Frauen und Kinder betei­ligen würden. Es erscheint uns fast unverständlich, wie hier mit dem Gedanken des neuen Weltkrieges gespielt wird. Tenkt man aber daran, daß auch diese Aeußerungen nur daraus berechnet sind, um die deutsch-französische Verstän­digungspolitik zu hemmen, und die Rheinlandräumung zu huttertreiben, dann wird man nicht mehr ab streiten können, Wie furchtbar vergiftend die neue Deutschlandhetze in Frank­reich wirken muß, wenn sie so aufgezogen wird, wie wir es oben Largelegt haben.

Die Reichsregierung wird bei dieser Lage doppelt auf dem Rosten sein müssen. Sie wird aufmerksam bis weitere Ent­

wicklung verfolgen müssen, die sich in den Bahnen der anti­deutschen Propaganda der Vorkriegszeit unter den Augen der französischen Regierung vollzieht. Denn soviel steht fest: wenn man dem Treiben der französischen Militärs freien Lauf läßt, dann ist der Schaden, der durch die Lüge ange- i richtet wird, unübersehbar groß. Nicht nur für Deutschland, j sondern auch für die französische Nation selbst! , !

Es ist unter der augenblicklichen Konstellation unmöglich, j die Isolierung Deutschlands zu erreichen, wie sie während ! des Krieges tatsächlich bestanden hat. Man kann kaum an- x nehmen, daß die Engländer dieses Kesseltreiben gegen l Deutschland mitmachen werden. Selbstverständlich müssen s wir auch ihnen gegenüber auf der Hut sein. Aber die neue- ' sten Erklärungen des Unterstaatssekretärs Lampson im eng- f tischen Unterhaus lassen den Schluß zu, daß die Engländer sich nicht in den Schlingen der französischen Propagando sangen lasten werden. Die englische Presse hat erst jrtzi wieder erklärt, daß Deutschland ein Recht aus die Näumunc des Rheinlandes hat und Herr Lampson hat im Unterhau- ausgeführt, daß die Besatzungsoerminderung unverziigliä weitergeführt werden müsse. Das muß der französischen Re­gierung ein Warnungszeichen sein. Läßt sie aber trotzderi der Wühlarbeit der Nationalisten freien Lauf, dann wir! sie damit rechnen mästen, daß der Pfeil, den man au Deutschland absHießt, auf den Schützen zurückspringt.

Neues vom Tage.

Die deutsch-französischen Handelsoertragsverhandlungen Paris» 13. Juli. Die vomPetit Parifien" verbreitete- Nachricht, abends sei es bei den deutsch-französischen Han»- .^elsvertragsverhandlungen zu einem Ergebnis gekommen, muß als verfrüht bezeichnet werden, jedoch ist es unmöglich oorauszusagen, an welchem Tage das Abkommen unterzeich­net werdest kann. , -

Die französische Kammer uud das deutsch-französische Handelsabkommen

Paris, 13. Juli. In der heutigen Kammersitzung wurd« zunächst die Frage der Kredite für di« Aufbesserung der Gehälter und Pensionen beraten. Poincare nahm hierbei das Wort. Er richtete an die Kammer den Appell, die seit einem Jahre erfolgreich betriebene Sanierungspolitik nicht durch unbesonnene Ausgaben zu gefährden. Die Regierung werde hinsichtlich der von ihr gemachten Vorschläge die Ver­trauensfrage stellen. Sodann wurde eine Interpellation o?s sozialistischen Abgeordneten Barthe beraten, die sich mit der Lage beschäftigt, die entstehen würde, wenn Deutschland uud Frankreich während der Parlamentsferien nicht zu einem Handelsabkommen gelangen würden. Handelsminister B o« kanowski erklärte: Unsere Unterhändler sparen weder Zeit noch Mühe, um ein für beide Teile günstiges Abkommen zu erreichen. Der Minister schlug vor, entsprechend dem Vor­gehen des Deutschen Reichstages der Regierung die Möglich­keit zum Abschluß eines Abkommens zu geben unter dem Vorbehalt, daß die Ratifizierung sobald wie möglich erfolge« soll. Vokanowski gab weitere Einzelheiten über die Schwie­rigkeiten bei den Handelsvertragsverhandlungen Deutschland bekannt. Mit 295 gegen 266 Stimmen wurde sodann die Weiterberatung der Interpellation aus Antr<V Bskauowskis auf unbestimmte Zeit vertagt.

Der sächsische Landtag uud die Unwetterkatastrophe Dresden, 13. Juli. In der heutigen Sitzung des Zwischen, ausschustes des sächsischen Landtages gab Ministerpräsidewi Heldt eine kurze Schilderung der Lage im llnroettergebiet. Etwa 36 Häuser seien gänzlich verschwunden und über IM in einem solchen Zustande, daß sie abgebrochen werden muß. ten. Die Wiederaufbauarbeiten dürften in etwa 14 Tage« soweit gefördert sein, daß ei« Notverkehr aus den zerstörten Straßen wieder ausgenommen werden könne und die Elek. triz-itäts-, Gas-, Wasser- und Telefonanlagen wiederherg«. stellt sein würden. Die sächsische Regierung habe heute b«^ schlossen, weitere 16 Millionen Mark zur Verfügung Ak stellen. Reichswehrminister Dr. Gehler und drei Reich» kommist are aus Berlin seien im Unwettergebiet eingetroffey, um Unterlagen für ein Eingreifen des Reiches zu erhalte«, Elektrifizierung der Linie München-Augsburg- Stuttgart München, 13. Juli. Die Arbeiten zur Elektrifizierung de, Linie von Münechn über Augsburg nach Ulm werden «u, flott gefördert, nachdem jetzt bei der Reichsbahndirektion i* Augsburg das NeMauamt für Elfenbahnelektrifizlerungtt'l. richtet ist.

Das Liquidationsschädengesetz Berlin, 13. Juli. Die Reichsregierung hat sich am Montag mit dem LiquidationsschäLengejetz beschäftigt, ohne daß bi« Beratungen abgeschlossen werden konnten. Die Besprechu«- zen sollen vielmehr fortgesetzt werden. Nach dem Entwurf, l>en der Reichsfinanzminister dem Kabinett zu geleitet habe, sollen die Ansprüche bis zu 2666 Mark voll, bis zu 26 660 Mark mit 56 Prozent, bis zu 106 066 Mark mit 26 Prozent» bis zu 260 000 Mark mit 12,5 Prozent, bis zu einer Million mit 5 Prozent abgegolten werden. Die Prozentsätze werden in durchgehender Staffelung angervendet. In keinem Fall soll die Entschädigungssumme höher als eine Million sein. Für gewisse Fälle ist ein Wiederausbauzuschuß vorgesehen, außerdem soll ein Härtesonds für besonders individuell ge­lagerte Fälle geschaffen werden. Es steht im Augenblick noch nicht fest, wie hoch die Varabfindung sein soll. Es darf jedoch angenommen werden, daß die Reichsregierung daran fest- hält, daß Schäden bis zu 20 600 Mark bar abgefunden wer­den. Höhere Entschädigungsansprüche sollen als Schuldbuchs forderungen eingetragen werden. '

Konferenz des Reichsarbeitsministers mit der eisen­schaffenden Industrie

Berlin. 13. Juli. Wie das Wolff-Büro erfährt, begann heute vormittag im Reichsarbeitsministerium unter de» Vorsitz des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns die angekün- digte Besprechung mit den Vertretern der deutschen eisen­schaffenden Industrie über die Frage der achtstündigen Ar­beitszeit, deren Wiedereinführung in der Großindustrie ein Gutachten des Reichswirtschaftsrates angeregt hat. Die Kon­ferenz dürfte längere Zeit in Anspruch nehmen.

Die Lage im Pirnaer llnwettergebiet Berlin, 13. Juli. Berichte aus dem Unwetteigebiete in Muglitz und Gottleuba-Tale schildern die Lage der von der Katastrophe heimgesuchten Ortschaften und ihrer Bewohner als geradezu trostlos. Angesichts der Zerstörung der Stra- , ßen und Brücken ist ein fahrplanmäßiger Personenverkehr mit Kraftwagen vorläufig unmöglich. Zunächst soll deshalb eine einigermaßen einen Verkehr ermöglichende Wiederher­stellung der Verkehrswege in Angriff genommen werden. Ts wird jetzt angenommen, daß insgesamt etwa 100 Millionen Mark nötig sein werden, um die Zerstörungen zu beseitige« Beisetzung der Opfer der Unwetterkatastrophe Berggieshübel, 13. Juli. Der Beisetzung der ersten sieben Opfer der Unwetterkatustrophe folgte nunmehr die Bei­setzung von weiteren 64 Todesopfern. Am Grabe sprachen Landesbischof Dr. Jhmels und der Ortsgeiflliche sowie Ver­treter des Superintendenten. Es wohnten den Veisetzungs- feierlichkeiten außer den Vertretern der Reichsregierung bei: der sächsische Ministerpräsident, Vertreter der städtischen Be­hörden sowie Abordnungen des Reichsbanners, des Rote» Fr-ontkäMpserbundes, des Werwolf, des Stahlhelm und des Jungdeutschen Ordens.

Litauische Gewaltherrschaft im Memelland Memel, 13. Juli. In Schieszgirren (Kreis Heydekrug) hatte eine Familie für Deutschland optiert und noch vor Ablauf der Frist um Aufenthaltsgenehmigung nachgesucht. Diese Genehmigung wurde jedoch verweigert. Am letzte« Samstag erschienen Polizeibeamte und brachten die Familie nach Heydekrug. Hier wurde sie bis Dienstag im Gerichts- g-angnis festgehalten, um dann am nächsten Tage gewau» sam nach Deutschland abtransportiert zu werden. Der Fa­milie wurde vor dem Abtransport nicht einmal Zeit ge­lasten, ihren Hausrat mitzunehmen. Auch ein zweijähriges Kind mußte die Optantenfamilie zurücklasten.

Vandervelde über Locarno

Brüssel, 13. Juli. In der Kammersitzung hielt der Mini­ster für auswärtige Angelegenheiten, Vandervelde, ei« Rede, in der er auch die Politik von Locarno behandelt«, deren Ergebniste, wie er sagte, unbestreitbar seien. Es gibt noch sehr viele Meinungsverschiedenheiten über die Auf­fassung des Friedens. Man wird sich dieser Meinungsver­schiedenheiten z. B. bewußt, wenn man die Sprache Pot» cares mit derjenigen Stresemanns vergleicht. Im weitere« Verlause seiner Rede kam Vandervelde auf dis Frage der Zurücknahme der Markbeträge zu sprechen, zu der er er- klärte, daß Belgien nicht aufhören werde, diese Frage gegen­über Deutschland aufzuwerfen. Belgien hat den Wunsch, gegenüber Deutschland eine Politik der Gerechtigkeit und Versöhnlichkeit durchgeführt zu sehen. Es fit überdies über­zeugt, daß es keinen wirklichen Friede« in Europa gebe« wird bis zu dem Tage, wo nach den notwendigen Wieder­gutmachungen die Unterscheidung zwischen siegreichen and besiegten Völkern endgültig aufg^eben sein wird.