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AttrvNetA. Samstag Le« 23 Juni
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Unseren Festgiisten zum Grütze!
Altensteig grüßt seine Festgüste! Wir grüßen alle die, die sich eingefunden haben, dem 150jährigen Jubiläum der Stadtkapelle Altenstelg und dem damit verbundenen Gau-Musiksest einen würdigen Rahmen zu geben.
Es ist eines Festes würdig, wenn im Gedenken aus 150 Fahre zurückgegriffen werden kann. Was wir feiern wollen, soll ein wirkliches Fest sein.
Und das liegt im Wesen der edlen Musik.
Sin Fest soll es sein, wenn morgen die Gastkapellen mit den Perlen edler Musik in den Wettkampf treten, ein Fest soll es sein, wenn hier Mühe und Arbeit belohnt wird. Ein Fest soll es sein, wenn tausende Lichter die Nacht erleuchten und uns künden, daß sie leuchten für das Ideale und Schöne. Es soll unsere Gemüter erheben, wenn es klingt und tönt durch alle Straßen und Gassen hinauf zur Bergeshöhe und hinunter zum grünen Tannenwald.
Eine Feierstunde soll es sein, wenn es in vollen Akkorden aus metallenem Munde klingt, mächtig aus Hunderten zugleich: Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre — und ein Gedenken soll es sein an den Größten im Reiche edler Musik: Ludwig v. Beethoven.
Ein Fest soll es sein, wenn im Banne edler Musik einige Bande sich schlingen, wenn frohe Menschen sich grüßen, und leuchtende Augen sagen: Es hat mich mitgeriffen und emporgehoben durch die Macht und die zwingende Gewalt der Töne.
Altensteig grüßt seine Festgäste! Gastlich sollen sie ausgenommen sein in unserer Mitte und freudig soll es uns rühren, wenn wir in späteren Tagen noch hören dürfen im Kranze des Erinnerns: Das war ein Fest in Aliensteig bei der 150-Fahrfeier der Stadtkapelle in den Funitagen 1927.
Es grüßt Euch das Städtchen so kühn erbaut Um den Berg und über den Halden Da die Häuser sich schmiegen so eng, vertraut^ Aber bergfeft nur treulich gehalten.
Da stürzen die Wasser im tiefen Tal Und schäumen, es tönet ihr Rauschen Jetzt voller und tiefer und manchesmal Wie stilles verhaltenes Lauschen.
Ein traulich Willkomm' dem Gesellen froh Der dem Tale schenkt seine Lieder Und mächtiger rauscht es von irgendwo Zur Höhe: O kehre wieder! H. Sch.
Zur Lage.
!
Während am Ende der Vorwoche der überraschende Abbruch der Völkerbundstagung, verursacht durchBrtands leichte Erkrankung, und die Ergebnislosigkeit dieser Sommertagung festgestellt werden mußte, steht am Ende dieser Woche der Rechenschaftsbericht Dr. Stresemanns über Genf vor dem Deutschen Reichstag im Mittelpunkt des politischen Gesche« hens. Und es ist erhebend festzustellen, daß Parlament and Regierung bis auf die äußerste Linke im Grunde ge» iwmmen einig sind im Urteil über Genf, einig aber auch über die Führung der deutschen Außenpolitik. Man wußte zum Voraus, daß diesmal in Genf nicht viel herauskommen konnte. Immerhin konnte Dr. Stresemann in der Memel- frage durch die Verhandlungen mit dem litauischen Minister Woldemaras einen kleinen Erfolg buchen. Auch in dem Verhältnis zwischen Rußland und den Staaten Europas hat Stresemann in der Sechsmächtekonferenz in Genf zweifellos aufklärende und dem Frieden dienende Arbeit geleistet. Der deutsche Reichsaußenminister zeigte gerade das letztere jawohl bei dem russisch-polnischen wie bei dem albanisch-jugo- stawischen Zwischenfall. Deshalb stecht in dem ersten Teil seiner außenpolitischen Rede mit Recht der Satz: „Wir dielten dem Frieden und nichts als dem Frieden". Die Mahnung an die andern, es gleichzumachen, klang auch aus dem Rachwort zur Abrüstungs- und Wirtschaftskonferenz. Dis Abrüstung solle als eine moralische Lebensfrage aufgefaßt werden.
Im letzten und wichtigsten Teil seiner Rede setzte sich Stressnuinn mit dem Besatzungsvroblem, mit der Luneviller Rede des französischen Ministerpräsidenten Poincare and mit der ganzen Locarnopolitik auseinander und zwar in einer sehr eindeutigen Weise, die den Reichstag in den Bann zog. Stresemann ging aus sich heraus, seine Stimme schwoll an, als er die endliche Erfüllung der feierlich gegebenen Zusage der Truppenverminderung im Rheinland forderte. An uns liege es nicht, wenn die deutsche Oefssnt- lichkeit in dieser Frage die Geduld verloren habe. Und dann gibt Stresemann dem französischen Ministerpräsidenten auf seine letzte Hetzrede die gebührende Antwort. Er schlägt die Angriffe des Hetzers in allen Teilen ab und weist darauf hin, daß derartige Sonntagsreden dem Geiste von Locarno und der Versöhnung der beiden Völker nicht dienlich sind. Er deckt die Quertreibereien Poincares auf und fordert klare Entscheidung: Ruhrpolitik oder Locarnopolitik, also eine Antwort von Paris, die in der ganzen Welt mit Spannung erwartet wird. Die Entscheidung steht nicht bei uns, wie Dr. Stresemann ausdrücklich feststellt. Die Beweise des deutschen Friedenswillens von uns sind da. Frankreich mutz bekennen, Poincare muß seine Haltung ändern, wenn dem Frieden in Europa gedient werden soll.
Als Ergebnis der außenpolitischen Aussprache wird, obwohl der Abschluß noch nicht vorliegt, festzustellen sein, daß die deutsche Außenpolitik weiter den Weg aufrichtiger Neutralität geht, an den bestehenden Verträgen festhält und in dem Widerstreit internationaler Interessen als wirkliches Friedenswerkzeug ausgleichend wirkt, nach Westen und Osten. Und so kann man mit einer seltenen Befriedigung den Abschluß unter Genf und die deutsche Außenpolitik machen und nur hoffen, daß endlich die Versprechungen hinsichtlich der Truppenvermiüderung im Rheinland eingehalten werden.
Deutschland bedroht die Sicherheit von niemandem: es ist bereit, jede Hand zu ergreifen, die sich ihm mit ehrlichem Berständigungswillen entgegenftreckt, aber es hat auch das Recht, acht Jahre nach dem Friedensschluß die Souveränität über deutschen Boden und den wirklichen Frieden für das Rheinland zu verlangen. So wie die Dinge von Frankreich aus heute geihandhabt werden, bedeuten sie für uns eine schwere Enttäuschung. Was wir erstreben und was heute wir von der Gegenseite zu fordern haben, ist ein neuer Geist und ein ehrliches Zusammenwirken für Frieden und Freiheit. Diese Forderung kam auch in der gemeinsamen Erklärung der Regierungsparteien recht deutlich zum Durchbruch. Der Zentrumsabgeordnete Kaas beschränkte sich im wesentlichen darauf, die Ausführungen des Ministers im einzelnen wirkungsvoll zu unterstreichen, was dis Schlußfolgerung zuläßt, daß Dr. Stresemanns Position :n jeder Weise gesichert ist. Don den Deutschnakionalen bis zu den Sozialdemokraten besteht eine einzige Front, wenn auch der sozialdemokratische Sprecher Dr. Breitscheid sich vergeblich bemühte, innerpvlitische Gesichtspunkte in die außenpolitische Debatte zu bringen. Die Gegenseite wird nach Abschluß dieser großen Aussprache im Deutschen Reichstage
wissen, woran sie ist. Die klaren Fragen, die ihr vorgelegk worden sind, erheischen eine ebenso klare Antwort, die durchs Taten belogt werden muß. !
Einen Tag später als im Deutschen Reichstag soll es> r« der französischen Kammer zu einer außenpolitische« Debatte kommen. Jedo^ ist es in letzter Stunde wieder jehh fraglich geworden, ob sämtliche Parteien des ehemalige« Linkskartells den Mut aufbringen werden, die Regierung Poincare wegen der Außenpolitik zu interpellieren. Die Radikalsozialisten und Herriot und Painleve scheinen jetzt Angst vor der ursprünglich vorhandenen eigenen Courage bekommen zu haben. Es heißt, daß taktische Bedenken dis Radikalsozialtsten daran hindern würden, eine Interpellation einzubringen. Sicher aber werden die Sozialisten dis Regierung interpellieren. Nicht mit Unrecht sind die Radikalen der Meinung, daß sine Debatte im Augenblick sehr gefährlich werden könnte. Einmal kann Briand, der immer noch nicht wieder hergestellt ist, in der Kammer nicht erscheinen. Es muß deshalb befürchtet werden, daß Poinoare nicht etwa die Vertagung der Beratung der Interpellationen beantragen würde, wofür er in der Kammer jederzeit eins Mehrheit erhalten würde, sondern in höchst eigener Person das Wort ergreift, um die Interpellation zu beantworten. In diesem Falle würde Poincare kaum von dem Ton srinei Ausführungen in Luneville lasten und die Kammer würd« auf sein Verlangen hin ihm sicher das Vertrauen votiere« denn jede bürgerliche Partei scheut sich vor der Uebernahm« der Verantwortung für einen Kabinettssturz So hat Poin- rare eigentlich von vornherein ei« gewonnenes Spiel. Kein Mensch wagt gegen ihn Front zu machen. Herriot und Pain- leoe geben lieber den letzte« Aktivposten der ehemaligen Kar« tellpolitik, die Derständigungs- und Versöhnungspolitik, auf, als daß sie einen Sturz des Kabinetts der nationalen Konzentration im Interest« des äußeren Friedens auf sich nehmen würden. Auch in Frankreich dominiert ausschließlich die Parteipolitik, sie allein ist schuld daran, daß sich die Position Poincares in so überraschender Weise im Verlause eines Jahres gefestigt hat. Poincare ist heute mächtig genug, seinen innerpolitischen Gegnern die Zähne zu zeigen, weil außer den Sozialisten die Führer der bürgerlichen Linken politisch längst willensschwach geworden sind. Das Tragische ist dabei, daß man in den Linkskreisen bereits heute deutlich die Gefahr sieht, die am Horizont für Frankreich und Er-ropa auftaucht, wenn Poincare stwicht. Ein französisches Blatt hat sogar dieser Tage geschrieben, Poincares Heraustreten aus der Reserve habe genügt, um den politischen Horizonr in Europa von neuem zu verdunkeln. Aber man besitzt nicht die Energie, um gegen diesen gefährlichen Fackelträger des Weltkrieges rechtzeitig vorzugehen.
Neben dieser weltpolitischen Auseinandersetzung treten die übrigen politischen Ereignisse zurück. In Südflawien und Albanien haben die vier Großmächte unter Teilnahme Deutschlands eine Vermittlungsaktion eingeleitet, die den Balkanzwist beseitigen soll. Sie hat Aussicht auf Erfolg. — In Genf ist die <Äeabrüstungskonferenz der drei Mächte Amerika, England und Japan an der Arbeit. Frankreich und Italien haben Beobachter entsandt. Allzuviel wird dabei nicht herauskommen. — In Rumänien gabs wieder einmal einen Kabinettswechsel, und wieder kommt Bratianu ans Ruder.
In der deutschen Innenpolitik stehen eine Reihe von gesetzgeberischen Arbeiten bevor, die in den nächsten Wochen im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen der Parteien istehen, so vor allem die Zollfrage, das Reichsschulgesetz und die Frage eines Nationalfeiertages am 11. August. Darauf wird im einzelnen noch zurückzukommen sein.
Jas Echo der Slresemannrede
Die Berliner Presse zur Stresemann-Rede Berlin, 24. Juni. Zu der Rede des Reichsauhenministers Dr. Stresemann im Reichstag nehmen alle Blätter ausführlich Stellung. Die „Deutsche Zeitung" nennt Stresemanns Ausführungen zu der Poincare-Rede eine Fanfare. Stresemann habe Worte stärkster Mannhaftigkeit für die Proklamier»»« des deutschen Anrechtes auf endliche Erfüllung der Räumungszusage gefunden. Die „Kreuzzeitung" unterstreicht den Standtpunkt Dr. Stresemanns, datz die Verminderung der Besatzungstruppen eine Zusicherung der Westmächte war, von der die Unterzeichnung der Locarnoverträge abhängig gewesen sei. Was Dr. Stresemann dem französischen Ministerpräsidenten auf seine unerhörten Verdächtigungen und Anschuldigungen erwidert habe, sei von erfreulicher Deutlichkeit. Die „Deutsche Tageszeitung" schreibt: Dr. Stresemann habe vor der Welt festgestellt, datz der Wille zur Fortsetzung der in Locarno begonnenen Politik in Deutichland