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UmtschiatS für-m GberamtsbeM Nagold «n-Mensteig-Äta-L. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, L alrv u. Freudenstadt

MchM wöchentlich S mal. Bezugspreis: monatlich ISO Marl. Me Einzelnummer kostet 10 Kfg. I Anzeigenpreis: Die einspaltige Zeile oder deren Kaum 15 Goldpfennige, die Rektamezeile 45 Goldpfg NnMcht«rschetnrn der Zeitung infolge höherer Gewalt od. Betriebsstörung befiehl kein Anspruch auf Lieferung. I Postscheckkonto Ttuttgart Nr. 5730. Mir telephonisch erteilte Aufträge übernehmen wir keine Gewähr

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AAenstrig. Montag dr« 23. Mai

1927

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Das Schicksal des vermißten Nungessers hat die Ameri­kaner nicht abgehalten, den Flug über den Ozean zu wagen. Leber den Start in Washington berichten die Blätter: Um

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Mitternacht begab sich Lindbergh zur Ruhe, nachdem er zuvor noch in aller Gemütsruhe einer Kinovorstellung bei­gewohnt hatte. Er schlief nur zwei Stunden und begab sich dann zum Flugzeug. Es war ein nebliger Morgen, aber es

zab für ihn kein Zurück mehr. Die letzte Prüfung der Ma­schine verlief befriedigend. Lindbergh war vollkommen ruhig. Langsam sammelte sich eine kleine Zuschauermenge Lindbergh ist Verkehrsflieger und der Sohn eines aus Schweden gebürtigen früheren Kongreßmitgliedes für Min­nesota. Er ist ein 25 Jahre alter, stiller und zurückhaltender Mensch, der typische große und blonde Skandinavier. Er hat sich durch seinen nur einmal unterbrochenen kühnen Alleinflug von Kalifornien nach Neuyork die Herzen der Amerikaner gewonnen. Tausende jubelten ihm zu, als sich sein Apparat, genanntDer Geist von St. Louis", in die Lüste erhob. Zu dem Flieger Acosta, der ebenfalls den ReuyorkParis-Flug zu machen gedenkt, äußerte er sich zuversichtlich:Ich werde über den Ozean fliegen, wie wenn ich meine übliche Verkehrsroute zurücklege." Einer der letz­ten, von denen Lindbergh Abschied nahm, war sein Konkur­rent Byrd, der ihm zurief:Glück aus! Wir sehen uns in Paris." Auch Lindberghs Mutter war aus Detroit gekom­men, um von ihrem Sohn vor seinem waghalsigen Unter­nehmen Abschied zu nehmen. Genau zehn vor 7 Uhr nach Reuyorker Sommerzeit ging das Flugzeug hoch. Der 700- pferdige Motor brauste mächtig, der Aufstieg vollzog sich trotz der schweren Last leicht und elegant. Lindbergh hofft, selbst bei stürmischem Wetter, in längstens 45 Stunden, für welche Zeit er auch nur Vorräte mitgenommen hat, Europa zu erreichen. Im übrigen ist das Flugzeug nur notdürftig ausgerüstet. Es hat weder eine Funkstation noch eine Schwimmvorrichtung. Jede Panne, die Lindbergh nötigt, niederzugehen, ist sein sicherer Tod. Als Wegweiser hat er nur einen Kompaß mit sich und als einzigen lebenden Be­gleiter eine kleine graue Katze. Mit welcher Zuversicht und Erfolgsgewißheit Lindbergh das große Wagnis unternom­men hat, geht daraus hervor, daß er nur Nahrung in Tablettenform, dann Schokolade und Kaffee in einer Ther­mosflasche mit sich führt, alles in Portionen, die nur drei Tage reichen können. Um 5 Uhr nach amerikanischer, unk 11 Uhr nach europäischer Zeitrechnung, wurde Lindbergh» in nächster Nähe der Küste von Neufundland gesehen. 2

Paris in Erwartung

Paris, 21. Mai. Aus dem Flugplatz Le Bourget werden mit fieberhaftem Eifer alle Vorbereitungen für die Lan­dung des amerikanischen Fliegers Lindbergh getroffen, den man für heute abend zwischen 9 und 10 Uhr erwartet. Mit­glieder des Kabinetts. die amerikanische Botschaft. Klubs

und Vereinigungen aller Art, wetteifern in dem Bestreben, dem amerikanischen Flieger einen festlichen Empfang zn bereiten. Der amerikanische Botschafter erklärte, daß er gegebenenfalls die ganze Nacht auf dem Flugplatz verbrin­gen wolle. Sämtliche Kllstenstationen an der Nord- und Westküste Frankreichs sind alarmiert Die Scheinwerfer des Flugplatzes Le Bourget werden seit gestern abend aus­probiert und die Luftverkehrslinie ParisLondon soll einer erleuchteten Hauptstraße gleichen. Man erwartet einen ungeheuren Andrang des Publikums. Das Hotel, in dem Lindbergh wohnen soll, wird geheim gehalten, um ihm wenigstens für die erste Nacht Ruhe zu gönnen.

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Glücklich gelandet!

Der Amerikaner Lindbergh in Le Bourget eingetroffen Paris» 22. Mai. Der amerikanische Flieger Lindbergh ist um 1v,22 Uhr auf dem Flugplatz Le Bourget gelandet.

Die Ankunft Lindberghs in Paris Paris, 22. Mai. Im Augenblick der Lan­dung durchbrach die auf 100 000 Personen geschätzte Menge die Polizeikette und suchte nach dem Teil des Flugplatzes zu gelangen, wo das Flugzeug niedergegangen war. Lind­bergh wurde aus dem Flugzeug gehoben und im Triumph in eines der Verwaltungsgebäude gebracht. Lindbergh war übermüdet und wurde von einem anwesenden Arzt unbeachtet in einem Auto nach Paris gebracht, wo er am Grabe des unbekannten Soldaten vorbeifuhr und dort einige Minute-, verweilte. In der amerikanischen Bot­schaft empfing er zwischen 2 und 3 Uhr nachts einige ame­rikanische Journalisten. Rach demNewyork Herald" brachte er seine Freude darüber zum Ausdruck, daß es ihm gelungen sei, in so kurzer Zeit den Ozean zu überfliegen. Er hätte noch 500 oder 1000 Meilen weiterfliegen können. Während des Fluges habe er über Neu-Schottland und Neufundland besseres Wetter gehabt, als die Wetterstatio­nen voraussagten. Ueber dem Ozean sei er jedoch in einen Nebel geraten und sei über 100 Meilen durch dich­ten Nebel geflogen. Im übrigen habe er oft die Höhe ge­wechselt. Bisweilen sei er in 10 Fuß Höhe über dem Meeresspiegel geflogen und dann habe er sich wieder in einer Höhe von 10 000 Fuß gehalten. Nach derChikago Tribüne" sollen seine ersten Worte gewesen sein:Bin ich hier? Ist das wirklich Paris?"

Telegrammwechsel zwischen Doumergue und Coolidge Paris» 22. Mai. Sofort nach Eintreffen der Nachricht von der Landung Lindberghs in Le Bourget hat der Prä­sident der Republik, Doumergue, an den Präsidenten der Ver. Staaten ein Glückwunschtelegramm ^ssandt, in dem er zum Ausdruck bringt, daß Lindbergh den Traum Nun­gessers und Colins verwirklicht habe.

Präsident Coolidge gibt in seinem Antworttelegramm an den Präsidenten Doumergue seiner Genugtuung Aus­druck über den Erfolg des jungen Mannes, der so mutig seinen einsamen Flug unternommen habe. Aber weder er, Coolidge, noch das amerikanische Volk vergäßen, an der Trauer um den Verlust der beiden tapferen Flieger teil­zunehmen.

Nach dem Empfang Lindberghs in Paris Paris, 22. Mai. Die Agentur Havas schildert die Fol­gen der gestrigen Kundgebung in Le Bourget wie folgt: Heute morgen glich der Flugplatz einem Schlachtfeld. Klei­dungsstücke und Stöcke lagen überall zerstreut. Die Fen­sterscheiben der verschiedenen Pavillons und die Türen wa­ren zertrümmert. Erst im Verlaufe des heutigen Vormit­tags wurde bekannt, daß 10 Personen Verletzungen erlit­ten haben und ins Hospital geschafft werden mußten. Der Zustand von zwei Verletzten soll ernst sein. Um den Flie­ger in der Nacht nach Paris zu befördern, war es notwen­dig, ihn kilometerweit nach der entgegengesetzten Richtung zu fahren, damit man auf Umwegen die Stadt erreichen konnte. Erst gegen 2 Uhr vormittags traf Lindbergh in Paris ein, wo man in der ümerikanischen Botschaft rasch ein Nachtlager improvisiert hatte.

Außerordentliche Ehrung Lindberghs in Paris Paris, 22. Mai. Minister des Aeußern Briand hat angeordnet, daß auf dem Ouai d'Orsay das Sternenban­ner anläßlich der Ankunft Lindberghs gehißt werde, wäh­rend sonst nur beim Eintreffen von Staatsoberhäuptern in Frankreich die betreffende fremde National-Flagge ge­hißt wird. Im Laufe der Nachmittags ist auf dem Flug­platz in Le Bourget der englische Flieger Cobham im Flug­

zeug angekommen, um dem amerikanischen Flieger Lind­bergh die Glückwünsche der englischen Flieger zu über­bringen.

Glückwunsch der deutschen Flieger Berlin» 23. Mai. Lindberghs glückliche Landung in Pa­ris hat auch in ganz Deutschland und nicht zum wenigsten in Fliegerkreisen freudigen Wiederhall gefunden. Die Ver­einigung der ehemaligen deutschen Kriegsflieger sandte, lautMontag", dem erfolgreichen Piloten folgenden Gruß: In aufrichtiger Freude über das Gelingen Ihrer kühnen Fahrt beglückwünscht Sie der Ring deutscher Flieger."

Freudenkundgebung in Amerika Newyork, 22. Mai. Ungeheure Menschenmengen auf dem Broadway tanzten, sangen und jauchzten vor Freude, als die Meldung über die Ankunft Lindberghs eintraf. Tausende sammelten sich vor den Nachrichtenbüros und la­sen die Telegramme aus den anderen Städten, wo eine gleiche unbändige Freude zum Ausdruck kam. Die Kirchen­glocken läuteten und die Fabriken, Lokomotiven und Schiffssirenen pfiffen und heulten. Außer am Waffen­stillstandstage waren ähnliche Kundgebungen noch nicht erfolgt.

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Die große wirtschaftliche Not im Saargebiet nimmt m- den letzten Tagen Ausmaße an, die die Gefahr einer Kata­strophe heraufbeschwören. Die Regierungskommission des Saargebietes, die bekanntlich stark unter französischem Ein­fluß steht, und in der Vergangenheit alles getan hat, um die berechtigten Klagen aller Kreise der Saarbevölkerung, insbesondere aber der Arbeiterschaft zu verschleiern, mußte selbst in ihrem letzten Bericht an den Völkerbund zugeben, daß die gegenwärtigen Zustände im Saargebiet dringender Abhilfe bedürfen. Wie groß das Elend unter der Saar­bevölkerung ist, geht mit aller Deutlichkeit aus den Demon­strationen hervor, die am vergangenen Donnerstag spontan von der Arbeiterschaft veranstaltet worden find. Daß es überhaupt dazu kam, wo doch gerade die saarländischen Arbeitnehmerorganisationen durch ihre strenge Selbstdiszi­plin und hervorragende Leitung bekannt sind, sagt alles. Die Leute sind eben von dem großen Elend auf die Straße getrieben worden und veranstalteten die Demonstrationen ohne Anweisungen von oben her. Besonders schlecht geht es den Bergarbeitern im Saargebiet. Die französische Eru- benverwaltung hat erst letzthin einen lOprozentigen Lohn­abbau vorgenommen und außerdem sind zahlreiche Feier­schichten eingelegt worden. Da Hunderte von Arbeitern ohne Vorschüße in der letzten Zeit nicht mehr ausgekommen sind, tritt jetzt häufig der Fall ein, daß am Lohntag für sie über­haupt nichts mehr übrig bleibt angesichts der hohen Ab­züge. Man wird abwarten müssen, ob die Warnung vom Donnerstag hilft und die Vergwerksdirektoren veranlaßt, wenigstens der größten Not zu steuern.

Neues vom Tage

Abbruch der Tangerverhandlungen?

Berlin, 21. Mai. Wie aus Madrid von durchaus zuver­lässiger Seite verlautet, haben sich zwischen der französischen und der spanischen Regierung derartige Meinungsverschie­denheiten in der Tangerfrage ergeben, daß die Fortsetzung der in Paris stattfindenden Verhandlungen als aussichtslos erscheinen muß. Die Besprechungen werden daher abge­brochen.

Neichsinterventio» wegen der Rede Hörsiugs Berlin, 21. Juni. Den Blättern wird bestätigt, daß die Reichskanzlei wegen einer Rede des Oberpräsidenten HLr - sing einen Brief au den preußischen Ministerpräsidenten! gerichtet hat. Heber den Inhalt des Briefes könne noch nichts gesagt werden, solange noch nicht feststehe, daß er ini die Hände des Empfängers gekommen ist. Wie die B. A erfährt, enthält der Brief das Ersuchen, entsprechende Schritte gegen den Oberpräsidenten Hörsing zu unter­nehmen.

Einigung mit den Russen in Genf Genf, 21. Mai. Im Verbindungsausschuß der Weltwir^ fchaftskonferenz ist es zu einer vollkommenen Einigung i» Sachen des sowjetrussische« Antrages gekommen. An der! Fassung der soeben zustandegekommenen Einigungsformek ist auch von deutscher Seite mitgearbeitet worden. Die Einigungsformel lautet:In Anerkennung der Wichtigkeit der Belebung des Welthandels und unter absolutem Der-