HMtsblattsürdenGberamtsbezirk Nags!d rm-Altmsteig'Sta-t. Allgemein« Anzeiger für die Bezirke Nagold, ^alw u. Freudenstadt

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vrschriXlt wichentlich S mal. Bezugspreis: monatlich 1.80Mark. Vie Sinzelnummer kostet lOPsg. l Anzeigenpreis: Me einspaltige Zeile oder deren Raum 15 Äoldpfennige, die Reklamezeile 45 Goldpfg IlÜSWterscheinen der Zeitung infolge höherer Gewalt od. Betriebsstörung »estrht kein Anspruch auf Lieferung. > Postscheckkonto Stuttgart Nr. 5780. Für telephonisch erteilte Aufträge übernehmen wir keine Gewähr

M. LOT j AUrnsteig» Freitag de« 0. Mai

Großes Hochwasser in Nagold.

1 Todesopfer

Das gestrige schwere Gewitter, das sich nachmittags ent- ! lud, sollte für Nagold und seine Bewohner zu einem s schweren Verhängnis werden. Zwischen Nagold, Ober- und ! llnterjettingen sowie Mötzingen ging ein gewaltiger Wöl­ten b r u ch mit Hagelschlag nieder, der ungeheure Wasser­massen und große Mengen Hagelkörner durch das Kreuzer- talbächle, das sich an der Straße von Unterjettingen beim Waldeck nach Nagold zieht, und durch den Rötenbach nach Nagold brachte. Zn ganz kurzer Zeit waren Teile von ? Nagold unter Wasser, besonders wo das Kreuzertal- bächle den Bahndamm (am Durchlaß) erreicht und unter­halb des Bahndamms, vom Schnepfschen Fabrikgelände ! ab. Das Wasser stieg in ungeheurer Schnelligkeit, so daß i die unteren Räume, Keller und Erdgeschosse der Häuser ! schnell unter Wasser waren und die Vorstadt, vor dem Hotel Post, bald einem großen See glich. Schnell mußte die Feuerwehr alarmiert werden, von allen Seiten her wurde sie um Hilfe angerufen. Die Wassermassen führten viel Schlamm, Steine, zum Teil von großem Ausmaß, und Holz mit. Zn der Vorstadt wurde z. B. ein großer Wagen von den Fluten angeschwemmt, ein großer Stein­trog, Möbelteile von der Schnepfschen Möbelfabrik usw. Das Wasser drang in die Laden- und Wirtschaftslokale ein und stand schließlich so hoch, daß der Brunnen in der Vor­stadt bei der Post nicht mehr zu sehen war und jeder Ver­kehr unterbunden wurde. Das sonst ganz unbedeutende Kreuzertalbächle und der Rötenbach wurden zu reißenden Strömen, die alles mit sich rissen. Das Kreuzertäle, hin­ter dem Waldeck, wurde von den Fluten ganz aufgerissen, Steine entlockert, Bäume und Sträucher entwurzelt und ge­gen das Waldeck und gegen Nagold geführt. Die Versor- gustgskuranstalt Waldeck hatte den ersten Anprall der Wasser- und Eeröllmassen auszuhalten. Die Patienten in der oberen neu angelegten Liegehalle sahen plötzlich das große Wasser kommen. Einer derselben sprang schnell hin­unter und alarmierte die Patienten der unteren Liegehalle und der unteren Räume des Waldecks, die sich schnell, teils unbekleidet, flüchteten und sich glücklich noch retten konnten. Mit großem Gepolter, das das Getöse der niedergehenden Wassermassen übertönte, stürzte ein hinter dem Waldeck stehender Schuppen zusammen und das Dach desselben tru­gen die Fluten vor die Hinterwand des Waldecks und legte sich vor dieselbe, damit zugleich Schutz gegen die anschwim­menden Steine und Hölzer bietend. Das Waldeck bot ! nach dem Abflauen des Wassers in seiner Umgebung und den unteren Räumen ein trostloses Bild. Zn seiner Um­gebung lagerten ungeheure Massen von Erde, Schloßen, Steine, Holz und Bäume, welche die Fluten mit sich geführt hatten. Die unteren Räume, Laboratorium, Arztzimmer, Küche und Zimmer usw. standen einen */- Meter im Was­ser, das einen ungeheuren Schmutz und Massen von Hagel­körner hinterließ. Die Kästen waren zum Teil umgestürzt. Besonders fürchterlich sah es im niederer gelegenen Speise­saal aus, der eine tiefe Schicht Schlamm und Schloßen auf­wies. Feuerwehrleute und zahlreiche sonstige Helfer und Helferinnen traten nach Abzug des Wassers in Tätigkeit, um den Unrat und Schmutz aus dem Hause zu entfernen. Die Patienten werden z. Teil auf einige Zeit entlassen werden müssen, bis das Waldeck wieder in Stand gesetzt ist, das in großen Schaden gekommen ist. 1

Vor dem Waldeck war dasselbe Bild mit Stein- und ^ Schuttmassen wie hinter demselben. Die Kanalisation der Kläranlage wurde herausgerissen und die Röhren fahren überall herum. Sehr schwer hat das weiter unten im Kreuzertal, oberhalb des Bahndamms gelegene Anwesen des Schreinermeisters Klenk gelitten, der in großen Scha­den kam. Das Wasser kam hier so schnell, daß die Frau Klenk, die schnell in den Stall ging, um das Vieh los zu binden, fast ums Leben kam. Sie konnte noch eine Kuh los binden, die sich ins Freie rettete, mußte sich dann aber durch ein Fenster retten und mit einem Riemen in die oberen Räume ziehen lassen. Zwei Kühe und einen Stier mußte sie ihrem traurigen Schicksal überlassen und er­tranken. Der Stall ist voll Schlamm und Schloßen, sodaß das Vieh ganz darunter begraben lag. Der Maschinen­schuppen wurde total weggerissen, so daß nur noch die Ma- s schinen zu sehen sind und der Holzschuppen ist ebenfalls z.

Teil ein Opfer der Katastrophe geworden. Zn der Werk­statt stand das Wasser ein Meter hoch ober den Hobel- ! bänken. Unterhalb des Bahndamms, vor dem Durchlaß, - ein neues Bild der Zerstörung. Hier warfen sich die Was­sermassen gegen den Garten des Fabrikanten Wilhelm Harr, gegen das Maler Hesperle'sche Anwesen und beson­ders gegen das weiter unten liegende Fabrikgebäude des Möbelfabrikanten Schnepf. Der Weg, der zwischen Harr j und Schnepf hindurchführt, ist zum Teil abgeschwemmt, der ! prächtig angelegte Garten des Seifenfabrikanten Harr bietet ein Bild der Zerstörung. Betonumfassungsmauern ! und Zäune sind teilweise weggerissen, blühende Bäume entwurzelt und die Erde des Gartens weggeschwemmt. Der > Garten ist mit Trümmern, Steinen, Holz, entwurzelten ! Bäumen übersät. Der Hausgarten des Malermeisters 1 Hespeler wurde samt Eartenzaun weggeschwemmt, der ! Keller und das Lager aus dem fast nichts in Sicherheit ! gebracht werden konnte, waren mit Wasser gefüllt. Auch k bei Flaschnermeister Bertsch wurden die Eartenzäune ! mitgerissen und der Garten verwüstet. Dies alles wird s aber in den Schatten gestellt durch das Bild, das das große ! stattliche Anwesen des Möbelfabrikanten j Schnepf bietet. Hier entfesselte sich die Kraft des Hoch- ^ Wassers am meisten, denn das Bächle nimmt sei­nen Weg durch das Schnepf'fche Anwesen. Die Wassermassen hausten hier furchtbar und ka­men so schnell, daß sich die im Maschinensaal be­findlichen Arbeiter kaum durch ein Fenster retten konn­ten. Leider sollte hier ein Menschenleben ein Opfer des Hochwassers werden. Der Heizer Gottfried Gaus» der sich zu­nächst ebenfalls durch das Fenster rettete, wurde hinter dem Fabrikgebäude abgeschwemmt, blieb mit den Füßen an j einem Zaun, an welchem Draht gewesen sein soll, hängen ; und ein quer anschwemmender Holzstamm drückte den um sein Leben sich wehrenden Mann vollends ins Wasser, so daß er nicht mehr gerettet werden konnte und elend er­trunken ist. Der Ertrunkene wär verheiratet, 61 Zahre alt und schon im Hause tätig, als Benz noch das Sägewerk gehörte. Das mächtig anschwellende Hochwasser trug das oberhalb des Sägewerks lagernde Langholz in den Fabrik­hof und setzte hier sonstiges Holz, Steine, Schlamm usw. in einer Menge ab, daß der große Platz einem Trümmer­haufen glich. Zm Sägewerk selbst stand das Wasser ziem­lich tief und die Fluten schwemmten hier eine Menge Holz, Steine, Schloßen und Unrat an. Der Maschinensaal glich einer Wüste. Die Maschinen sind in Trümmern, Möbel- z teilen, Schmutz, Holzabfällen gehüllt und kaum mehr zu er- ! kennen. Hier stand das Wasser 1,75 in tief. Die Dampf- j Maschine stand zum größten Teil im Wasser und die Wand r des Kesselhauses der Stadt zu wurde vollständig heraus­gerissen, da das Wasser durch den Maschinensaal und dis s Dampfkesselanlage seinen Weg nahm und viele zugeschnit- ; tene Möbelteile mitriß. Die Schreinerei selbst und die i Lager- und Kontorräume blieben vom Wasser unberührt. ! Der Schaden, den Fabrikant Schnepf erleidet, ist Zweifel- ! los sehr groß. Schon im Laufe des Abends wurden durch s Pferde die angeschwemmten Langholzstämme abgeschleift, ^ mit Steinen und Unrat aufgeräumt. Doch gibt es hier, im l Sägewerk und besonders im Maschinensaal noch gewaltige s Arbeit, bis aller Unrat beseitigt und Ordnung geschaffen ^ ist. i

Auch weiter unten, der Stadt zu, wütete das Hochwasser bis es freien Ablauf bekam. Bei dem Hausanbau des verstarb. Hutmachers Luz wurde eine Wand eingedrückt. Bei Bäckermeister und Wirt Tränkner wurde der Schweinestall weggerissen, wobei zwei Schweine verendeten. Auch sonstiges Kleinvieh ging hier zu Grunde und außer­dem wurde zubereitetes Holz abgeschwemmt. Hinter Luz, Tränkner und Bildhauer Zung sammelte sich eine Masse angeschwemmtes Holz usw. Auch dieSchwan e" wurde sehr mitgenommen. Der hinten gestandene Bier­kühlschuppen stürzte zusammen, Wirtschaft, Küche und Wohnräume waren voll Wasser, sodaß Kästen umstürzten und Kleider und Hüte usw. verdorben wurden. Die Räume mutzten zum Teil geräumt werden. Das Wasser stand über ^ den Bänken und Stuhlsitzen. Eine Menge Unrat sammelte ! sich im Hofe an, sodaß es in Hof und Haus tüchtig Arbeit j gibt, bis wieder alles in Ordnung ist. Das Anwesen von

>1827

Schnepf und der Schwane mußte wohl den Hauptdruck des mächtigen Wassers üushalten. Der Saal, die Wirtschaft und die Keller desLöwe n" waren ebenfalls mit Was­ser voll und der Schaden, auch in ausgelaufenen Getränken, ist hier voraussichtlich ein ganz namhafter. Die Feuer­wehr hatte hier tüchtig zu tun. Die Saugmaschine (Hy­drophor) derselben wurde im Wirtschaftslokal aufgestellt, um das Wasser aus dem Keller auszupumpen und der Saugapparat der vor dem Löwen stehenden Autospritze saugte das Wasser gleichzeitig aus dem Saal, konnte aber die Arbeit bis um halb 10 Uhr abends nicht vollenden. Die Autospritze wurde auch im Laufe des Abends von zahlrei­chen anderen Gebäuden, die Hochwasser erhielten, in An­spruch genommen. Außer der Nagolder Feuerwehr war diejenige von Oberjetitngen und Unterjettingen zur Hilfe erschienen und bis in die Nacht hinein hörte man Komman­dos und Signale der Feuerwehr. In der Vorstadt wur­den fast alle Häuser in Mitleidenschaft gezogen, auch die Rapp'sche Mühle usw.

Auch auf der Znsel mußte man Leute aus ihren Behau­sungen herausholen. Bei Eottlieb Hörmann auf der Znsel ertranken zwei Ziegen. Ganz besonders gewaltig war aber auch das Hochwasser des Rötenbachs.

Der Nachmittagszug von Emmingen her mußte wieder zurückfahren, da der Bahndamm in Gefahr stand. Das Wasser stürzte meterhoch ins Tal und führte Erde, mäch­tige Felsen, Steine und Holz mit. Bei Landwirt Kai­ser im Talhof mußte die Feuerwehr räumen. Auch im Rötenbad und Rötenhof richtete das Hochwasser Schaden an. Neben den namhaften Schäden Einzelner haben viele Einwohner kleinere Schäden erlitten. Auch die Stadt selbst ist durch beschädigte Straßen usw. nicht unbedeutend in Mitleidenschaft gezogen. Aber auch bei dieser Hochwasser­katastrophe ist manches Glück mit in Erscheinung getreten. Manche gefährdete Menschen und Tiere konnten gerettet werden. Leider ist das eine Menschenleben zu beklagen.

Zm Laufe des Abends wurde die Hochwasserkatastrophe, die über Nagold hereinbrach, in weitem Umkreis bekannt und so kam es, daß Neugierige zu Fuß, Rad und Autos eintrafen und den betroffenen Stadtteil und die Häuser besichtigten.

Sie ÄllssMe in der WewirWstr- konserenz

Genf, 5. Mai. Der italienische Delegierte unterstrich am Mitt­woch den engen Zusammenhang zwischen der politischen und der wirtschaftlichen Aktion des Völkerbundes und' erklärte, es werdet immer klarer, dab es für alle Staaten gleich vorteilhaft sei, fichs in ihrer industriellen und Handelsfreiheit nicht gegenseitig z«! kören, sondern im Gegenteil ihre Anstrengungen und ihre Ge-' ietzgebungen in planmäßigen Zusammenhang zu bringen. Keim Land sei mehr als Italien an dem Erfolg der Konferenz inter- Wert. Italien, arm an Rohstoffen und umso reicher an Arbeits-' iräfteu, verlange den Wiederaufbau seiner Wirtschaft. ^

Der Vertreter der englische« Gruppe der internationalen Han-! -elskammer, Walter Runciman, legte kurz die Grundsätze' rer internationalen Handelskammer dar und richtete an die! Konferenz einen dringenden Appell, auf die Regierungen im Sinne der Herabsetzung der Zolltarife einzuwirken. Er verlangte' rußerdem eine möglichst weitgehende Verlängerung der Dauer rer Handelsverträge und wandte sich gegen jede Suüventions-- »olitik. Runciman schloß mit der Bemerkung, daß es natürlich ichwierig sein werde, bereits während der Konferenz zu positiven Vereinbarungen zu kommen, daß aber die Lage eine Verbesse- cung des internationalen Warenaustausches, namentlich auch im Hinblick auf die Hebung der Lage der groben Arbeitermassen er- iordeie.

Der frühere polnische Handelsminister und jetzige Vizepräsi- »ent des polnischen Hüttenverbandes forderte den Schutz der- nationalen Arbeit und der wirtschaftlichen Kräfte jedes einzel­nen Landes im wesentlichen durch schutzzöllnerifche Maßnahmen.! Er stellte schließlich die Forderung aus, dab die Auswanderungs­länder mit den Einwanderungsländern zu einer Verständigung« gelangen möchten.

Die Sitzung am Donnerstag

Nach Eröffnung der Sitzung durch den Präsidenten Theunis erhielt der holländische Delegierte Zimmermann, der lang­jährige Völkerbundskommissar zur Kontrolle der Oesterreich zu- seiner Sanierung seinerzeit gewährten Völkerbundsanleihe, das Wort. Er wies auf das amerikanische Beispiel des wirtschaft­lichen und staatlichen Zusammenschlusses und der Freizügigkeit unter den einzelnen amerikanischen Staaten hin und empfahl.