Umts-latt für den G-eramts-ezirk Nagold und Mensteig. Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, ^alrv u Freudenftadt
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Nr. 1»8
Aliensteig. Donnerstag de« S Mai
1927
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Genf, 4. Mai. Der Andrang zu der Eröffnungssitzung war bei weitem nicht so stark wie bei den Hauptsitzungen der letzten Völkerbundsversammlungen. Trotzdem war die Kontrolle an den Zugängen zum Reformationssaal wieder sehr streng. Der Resor- mationssaal war gegen 11 Uhr fast vollständig besetzt, nur die Bänke für die russische Delegation sind leer. Der Saal bietet beute ein vollkommen neues Bild, da unter den Delegierten nur ganz wenige der von den Völkerbundstagungen her bekannten Köpfe zu sehen sind. Dem Erscheinen der einzelnen Delegationen, Hauptsächlich der Vertreter der großen Industrie- und Wirtschaftsländer wurde von den Pressetribünen aus mit größtem Interesse gefolgt. Die Bänke der deutschen Delegation befinden sich dicht am Eingang, rechts neben der Rednertribüne. Die noch leeren Bänke für die russische Delegation nehmen die letzte Reihe der den Delegationen zur Verfügung gestellten Plätze ein.
Die Konferenz wurde 11.25 Uhr mit einer längeren Ansprache des Präsidenten Theunis eröffnet, in der er das einzigartige internationale Gremium von Vertretern des gesamten Wirtschaftslebens begrüßte, ein Gremium, von dem man mit seinen Vertretern aus 47 Ländern einschließlich der Vereinigten Staaten, Rußlands und der Türkei wohl sagen könne, daß es bis beute noch keine derartige Versammlung zur Prüfung des gesamten Weltwirtschaftsprogramms gegeben habe.
Theunis gab zunächst einen geschichtlichen Ueberblick über die Beschlüsse der Völkerbundsversammlung und des Völkerbundsrates zur Einberufung der Konferenz. Als besonders wichtig und aktuell bezeichnet« er das Problem der Handels- und Zollpolitik and die Frage der internationalen industriellen Verständigung. Bezugnehmend auf die vorliegenden dokumentarischen Unterlagen wies Theunis dann im einzelnen auf das Mißverhältnis »wischen Produktion und Absatz in der Nachkriegszeit, auf die Unterbrechung und auf die Hemmnisse der internationalen Wirtschaftsbeziehungen und auf die Schwierigkeiten der neu zu schaffenden Handelswege bin, durch die neue unabhängige Produk- iionszentren entstanden seien. Hinweisend auf die Verarmung eines beträchtlichen Teiles von Europa und auf die unsicheren Finanzverhältnisse der Nachkriegszeit sprach Theunis auch von den territorialen Grenzveränderungen, die für das internatio- aale Wirtschaftsleben ernste Rückwirkungen zur Folge hatten. Immer mehr verbreitete sich unter den Völkern der Wunsch, sich wirtschaftlich auf sich allein zu stellen und sich gleichzeitig neue Absatzmärkte zu schaffen, zwei offenkundig entgegengesetzte Strömungen. Diese normalen und künstlichen Maßnahmen haben schließlich dazu geführt, daß die Anstrengungen zur Vermehrung der Produktion erfolgloser wurden.
Die gegen den Handel aufgerichteten Schranken haben als erste Wirkung, eine ausgeglichene Produktionsverteilung zu behindern und selbst zu verhindern. Die Arbeiten der Konferenz werden auch zweifellos ergeben, daß die durch den Krieg bedingte Verlegung der alten wirtschaftlichen Handelswege und Beziehungen schlimmere dauerndere Wirkungen gehabt hat als die materielle Zerstörung und die Vernichtung der Maschinenanlagen. Vielleicht wird man in diesem Umstand die Erklärung dafür finden, daß bas Zentralproblem, der Kern der gegenwärtigen Schwierigkeiten der Weltwirtschaft, anscheinend darin besteht, daß der Handel, vor allem in Europa, mit der Entwicklung der Produktionsmittel nicht Schritt halten konnte, die bereits wieder den Vorkriegsstand erreicht, wenn nicht gar überschritten habe. Er wolle, so bemerkte Theunis, sich auf keine Voraussagen über das Ergebnis der Wirtschaftskonferenz einlassen, da man nicht mit einem Zauberstab den wirtschaftlichen Mißständen ein Ende machen könne. Man müsse sich klar sein, daß es sich um ein Werk auf weite Sicht handelt. Man dürfe aber auch nicht daran zweifeln, daß eines Tages feste Resultate erzielt werden müßten, um den immer brennender werdenden Warendurst der Völker zu stillen. Man müsse sich dessen bewußt sein, daß das politische Werk des Völkerbundes richts wäre, wenn es nicht auf einem zweckmäßigen wirtschaftlichen Unterbau errichtet wird. Zum Schluß machte Theunis eine sieihe von Vorschlägen über das Arbeitsverfahren der Konferenz, vobei er auch seine Absicht mitteilte, die Reden der nächsten Tag», die eine allgemeine Darlegung der Wirtschaftsprobleme in den einzelnen Ländern seien, nach Materien zu klassifizieren. Er hoffe, daß die Konferenz am 21. vielleicht abgeschlossen werden kann, bat aber gleichzeitig sämtliche Delegierte, sich auf jeden Fall bis zum 28. Mai freizuhalten. Auf Vorschlag des Präsidenten wurde schließlich Loucheur unter Betonung seiner Verdienste für das Zustandekommen der Weltwirtschaftskonferenr unter lebhaftem Beifall zum echten Vorsitzenden gewählt.
Die Nachmittagsfitzung der Weltwirtschaftskonferenr
, ^e«f, 4. Mat. Bei fast vollzähliger Teilnahme der Delegierten aber Lei stark gelichteten Tribünen begann Mittwoch nachmittag vle Weltwirtschaftskonferenz mit der allgemeine« Aussprache Uber die Ursachen der seit dem Kriege bestehenden Wirtschafts, "sie und die Mittel zu ihrer lleberwindung. Die Aussprach, wurde eröffnet durch einen langen wissenschaftlichen Vortrag de- bekannten schwedischen Volkswirtschaftlers Professor Lass eh , der u. a. wirtschaftliche Abrüstung zur Wiederherstellung des Freihandels und möglichst grobe Bewegungsfreiheit für das ^laprtal verlangte, Dabei behandelte er auch das Problem dei
Arbeitslosigkeit. Wenn man erkläre, daß die Kaufkraft im Vergleich zur Produktionskraft beute zu klein sei, so müsse untersucht werden, wie dem abgeholfen werden könne, ob man di« Produktion verringere, was entschieden eine weitere Verarmung Europas mit sich bringen würde, oder ob die Kaufkraft und gleichzeitig die Produktionskraft gesteigert werden sollen, wobei sich Professor Cassel sehr entschieden für die zweite These einsetzte. Es sei Aufgabe der Konferenz, die Mittel zu finden, um in erster Linie der Arbeitslosigkeit zu steuern. — Als zweite, Redner erläuterte der italienische Delegierte Graf Bon in- Longare die Erwartungen, die Italien von der Weltwirt, schastskonfcrenz hegt.
Auswertllngsfrllgen im Reichstag
Berlin, 4. Mai. Im Rechtsausschutz des Reichstages wurde der Gesetzentwurf über die Verzinsung aufgewerteter Hypotheken und ihre Umwandlung in Erundschulden beraten. Die von Abg. Best gestellten Abänderungsanträge, die die Erundzüge der Aufwertungsgesetzgebung teilweise ändern wollen, wurden nach eingehender Aussprache mit den Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt, weil ihre Annahme nach Ansicht der Mehrheit des Ausschusses technisch undurchführbar ist, nachdem der größte Teil der einschlägigen Aufwertungsfälle bereits erledigt sei. Mehr sei nicht möglich, als durch zusätzliche neue Bestimmungen unvorhergesehene Härten des geltenden Aufwertungsrechtes zu mildern, der mißbräuchlichen Ausnutzung der Gesetzesvorschriften entgegenzutreten, sowie allgemein zur Vereinfachung und Beschleunigung der Abwicklung der Aufwartung beizutragen.
Keine grundlegende Aenderung der Aufwertung
Berlin, 4. Mai. Die Mittwochfitzung des Nechtsausschusses des Reichstages beschäftigte sich mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Aufwertungsfrage. Der Reichswirtschaftsminister behandelte in eingehenden Ausführungen die Bedeutung der Frage für das G-biet der gewerblichen Wirtschaft und der Banken. Er ging davon aus, daß die gegenwärtige Wirtschaftslage trotz unverkennbarer Besserungsanzeichen keineswegs so klar und gefestigt sei, daß man bestimmt mit einem günstigen Verlauf rechnen und ein Experiment, wie es eine Aenderung der Aufwertungsgesetzgebung sei, unternehmen könne. Er kam zu dem Ergebnis, daß in allen diesen Punkten eine Aenderung der gegenwärtigen Gesetzgebung höchst gefahrbringend sei. Eine Aenderung der Aufwertungsgesetzgebung werde nur zu neuen groben Ungerechtigkeiten, in vielen Fällen sogar mittelbar zu einer entschädigungslosen Enteignung führe». — Reichsbankpräfident Schacht unterstrich die Ausführungen des Reichswirtschaftsministers und ergänzte sie durch zahlreiche konkrete Beispiele. Er ging auch insbesondere auf die Bestrebungen zur Auswertung der Reichsbanknoten ein. Eine Aufwertung des Papiergeldes würde einen Bruch des Londoner Paktes bedeuten. 128 Milliarden Reichsbanknoten seien heute noch uneingelöst, während das Vermögen der Reichsbank noch nicht ganz eine Milliarde ausmache. Auch bezüglich der Bankguthaben trat er den Ausführungen des Reichsiwrtschaftsministers bei und betonte sehr dringlich die Unmöglichkeit einer solchen Aufwertung. Nach weiterer Aussprache wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien ein Antrag von Richthofen (Dem.) abgelehnt, der die Aufhebung des Paragraphen 8 des Aufwertungsgesetzes verlangte. Abgelehnt wurde» »uch mit dem gleichen Stimmenverhältnis Anträge des Abg. Best die die Paragraphen 8, 8 und 18 grundlegend ändern wollen. Di« sozialdemokratischen Abgeordneten Keil und Landsberg beantragte«, daß in einzelnen Fällen eine höhere Aufwertung bis Sk Prozent zugestande» werden solle. Reichsjustizminister Dr. Sergi sprach sich gegen den Antrag aus. Der Ausschuß lehnte auch der sozialdemokratischen Antrag mit den Stimmen der Regierungs. Parteien ab und vertagte die Weiterberatuug auf Donnerstag
Neues vom Tage.
Einberufung des Reichstages Berlin, 4. Mai. Der Reichstag tritt, wie nunmehr end. gültig feststeht, zu seiner ersten Sitzung nach den Osterferie, am nächsten Dienstag, den 10. Mai zusammen. Die Ein. berufung ist bereits durch den Reichstagspräfidenten Löbi erfolgt. Auf der Tagesordnung steht «. a. das Luftoen kehrsabkommen mit der Tschechoslowakei, ferner der Bericht des handelspolitischen Ausschusses über die Anträge betref fend das Verbot der Verwendung von Gefrierfleisch zai Wurstfabrikation.
Verbot der kommunistischen Gegendemonstrationen Berlin, 4. Mai. Der Polizeipräsident hat an die Kommunistische Partei, Bezirk Berlin, Brandenburg, Lausitz, und an den Roten Frontkämpferbund, Gau Berlin, Brandenburg, Lausitz, ein Schreiben gerichtet, in dem die für den 7. und 8. Mai in Berlin geplanten Eegenkundgebungen der
Kommunisten zum Stahlhelmtag verboten werden. Auch der geschloffene Abmarsch in Berlin eintreffender Kommunisten von den Bahnhöfen ist verboten.
Besuch des Botschaftsrats Dr. Rieth dei Briand Paris, 4. Mai. Der Besuch, den Botschaftsrat Dr. Rieth in Vertretung des erkrankten Botschafters von Hoesch heute dem französischen Außenminister abstattete, galt der Besprechung laufender Fragen, insbesondere der Besatzungsfrage.
Zum Besuch des deutschen Geschäftsträgers bei Briand Berlin, 4. Mai. Zu den Meldungen über den Besuch des deutschen Geschäftsträgers in Paris beim französischen Außenminister kann folgendes mitgeteilt werden: Es ist richtig, daß heute vormittag eine längere Unterhaltung zwischen den beiden Herren stattgefunden hat. Dieser Unterhaltung den Charakter einer besonderen und formellen deutschen Demarche beizulegen, liegt nicht der geringste Grund vor. Es handelt sich um eine der diplomatischen Aussprachen über verschiedene schwebende Fragen, die dadurch an Umfang und Bedeutung gewonnen hat, daß infolge der Abwesenheit des französischen Außenministers von Paris und der Erkrankung des deutschen Botschafters seit langer Zeit derartige Unterhaltungen nicht mehr stattfinden konnten. Es ist anzunehmen, daß neben einer Reihe anderer Fragen in Fortführung des seit einigen Monaten sowohl hier in Berlin als auch in Paris gepflogenen Gedankenaustausches auch die Nheinlandfrage, insbesondere die Fragen einer Verminderung der Besatzungsstärke besprochen worden sind. — Aus diesem Sachverhalt ergibt sich ohne weiteres, daß die Mitteilungen über eine planmäßige deutsche Aktion oder einer Parallelaktion in den verschiedenen europäischen Hauptstädten der Grundlage entbehren. Ebenso liegt es auf der Hand, daß es bei diesem Sachverhalt nicht möglich ist, jetzt nähere und bestimmte Mitteilungen über abschließende Ergebnisse der Unterhaltung zu machen.
Der italienisch-ungarische Vertrag Budapest, 4. Mai. Im auswärtigen Ausschuß wurde der ungarisch-italienische Freundschaftsvertrag einstimmig angenommen.
Waffenstillstand in Nicaragua ^ Managua, 4. Mai. Eine 48stündige Waffenruhe ist Dienstag mittag 12 Uhr in Kraft getreten. Sie ist vereinbart worden, um General Moncada, dem liberalen Militärführer, zu ermöglichen, nach Tipitapi zu gehen, wo er eine Konferenz mit Präsident Coolidges persönlichem Vertreter Stimson haben wird.
Württembergischer Landtag.
Der Nachtragsplan im Finanzausschuß
Stuttgart, 4. Mai. Für die Erstellung eines Dienstgebäudes kür das Eichamt-Stuttgart mit einer Beamtenwohnung werden 210 080 Reichsmark bewilligt; die sofortige Inanspruchnahme der Mittel wird vorbehaltlich der Zustimmung des Landtages genehmigt. — Bei Kapitel 2 wird für das Staatsministerium sie Stelle eines Ministerialrates neu geschaffen und die Dienstrufwandsentschädigung des Gesandten in Berlin von 10 000 auf t2 000 Reichsmark erhöht. In der Aussprache wird von Rednern des Zentrums, des Bauernbundes und der Deutschen Volkspartei die aufdringliche und anmaßende Belästigung der Behörden durch die sogenannte „Republikanische Beschwerdestelle" in Stuttgart scharf zurückgewiesen,' die Stellungnahme des Staatsmini- fteriums wird gebilligt. Der Dispositionsfonds des Ministeriums wird nach einem Antrag des Bauernbundes von 8000 auf 16 000 Mark erhöht. — Zu Kapitel 3 (Verwaltungsgerichtshof) wird ein Antrag Schees auf Streichung einer Direktorstelle mit 9 Nein und 6 Ja abgelehnt. Der Finanzausschuß geht dann über zur Kultverwaltung (Kap. 40). Der Kultminister erklärt, daß es vie Absicht des Staatsministeriums gewesen wäre, jetzt schon Vorrückungsstellen zu schaffen; es sei für den Etat 1928 vorgesehen, eine weitere ständige Stelle und zwei Vorrückungsstellen sachlicher und persönlicher Art zu schaffen. Kap. 40 wird genehmigt. Kap. 46a (Staatszuschuß zur Notzuwendung zu den kirchlichen Leistungen) wird mit 11 Ja gegen 4 Nein genehmigt. Bei Kap. 48 (Universität) wurde die Frage der Jubiläumsgabe besprochen. Bei Kap. 51 (Technische Hochschule) wird auf die Zurückhaltung der Stadt Stuttgart in der Beteiligung an den finanziellen Leistungen für die Hochschule bingewiesen. Der Grund liege in dem Mangel an Konkurrenz. Eine Untersuchung dieser Frage ist im Gange. Der Ausbau der allgemein bildenden Fächer wird von verschiedenen Seiten angeregt. Es wurde auch die Frage der Zusammenfassung des Eewerbeschulwesens bis zur Kunstgewerbeschule und die damit zusammenhängenden Dinge besprochen.