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Nr. Z4
Attrnsteig. Montag de« 7. Marz
,N27
Frankreichs Heeresrefom und der ? AdrüwWedMe j
In die Beratungen der Abrüstungskonferenz des Völker- ' bundes, die im vorigen Sommer stattfinden, warf der fran- i Eiche Delegierte Paul Voncour ein neues Schlagwort hin- ' «n, das dann für die weiteren Beratungen sehr bedeutungs- s »oll geworden ist. Er sprach nämlich von der „petentiel de ! gu-erre", womit die Kriegsstärke eines Landes unter Hinzu- . «chnug seiner industriellen und sonstigen wirtschaftlichen - Rüstung gemeint war. Und er begründete mit dieser „poten- ^ kiel de guerre", die Deutschland seiner Auffassung nach in , so hohem Maße besitze, Frankreichs Zurückhaltung gegenüber i der praktischen Abrüstung, wie sie der Versailler Vertrag von allen Vertragskontrahenten fordert. Derselbe Paul Voncour s hat nun dieser Tage als Berichterstatter des zuständigen ! Ausschusses die Heeresreformvorlage des französischen Kriegsnrinffters Painleve mit dom ganzen Fe »er seiner Be- ! redtsamkeit in der Kammer begründet und empfohlen. Zn ° der Tat stellt wohl auch die französische Heeresreform die ; praktische Verwirklichung der Vorstellungen Paul Boncours ! von der Kriegsstärke eines Landes dar. s
Was wird nun erstrebt? Die Zahl der Truppen in Front- - «ich selbst soll von 32 Divisionen ans 20 herabgesetzt werden ! Mter gleichzeitiger Verminderung der Dienstzeit von 18 auf ? W Monat«. Das sieht zunächst also fast danach ans, als ob s hie französische Regierung mit der praktischen Abrüstung - «nst machen wolle. Tatsächlich aber bedeutet diese Herabsetzung nichts anderes als eine Aufrüstung größten Stiles. ! Denn die Zahl der Berufssoldaten, d. h. also vornehmlich » der Offiziere und Unteroffiziere wird von zurzeit 76 000 auf j 106 000 erhöht, sodaß sie allein schon die Stärke unseres j Meinen Reichsheeres erreicht. Weiter ist aber zu bedenken, s daß die Effektivzahl der Truppen außerordentlich stark durch j di« Reserven vermehrt wird, die alljährlich nach ihrer Aus- ; Mldung in ihren Aivibberuf zurückkehren, aber noch lange ; Zeit hindurch zu Hebungen usw. eingezogen werden. Weitere ! Merkmale der Aufrüstung sind darin zu erblicken, daß die Zahlen der militärischen Beamten und des Zivilpersonals ! «m insgesamt 29 000 Mann vermehrt werden. Hinzu kom- ° men noch die großen Lagerbestände an Waffen, Munition, s Lebensmitteln und sonstigen militärischen Rüstungsgegen- l ständen aller Art, für die Frankreich nach dem Verlauf der : Abrüstungsvorkon-ferenz in Genf keinerlei Beschränkungen s Annahmen will. Zur Beurteilung des tatsächlichen Rü- s stmngsftandes der französischen Republik sind endlich die , Truppen in den französischen Kolonien zu berücksichtigen, die k «ach der Heeresreformvorlage alles in allem 277 000 Mann s zählen sollen, unter denen sich 97 000 Weiße befinden werden, k Soweit die eigentlichen militärischen Rüstungen, die zif- k fernmäßig einigermaßen genau zu erfassen sind. Einen kaum ! olbschätzbaren Kräftszuwachs aber wird Frankreich aus den s besonderen Mobilmachungsbestimmungen erfahren, die für k die Wirtschaft in allen ihren Zweigen in der Heeresreform- ^ Vorlage enthalten sind. Für den Kriegsfall sind alle fran» s Höfische« Bürger einerlei welchen Geschlechts und Alters zu s Leistungen dem Staate gegenüber verpflichtet, deren Aus- r maß im einzelnen genau festgelegt ist. Das französische Heer s wird also künftig nicht mehr allein Krieg fübren, sondern es ? wird im wahrsten Sinn des Wortes ein „Volk in Waffen" s hinter sich haben, das mit der Präzision einer Maschine sich c vom Frieden auf den Krieg umstellt. Bis in das letzte fran- > zöstsche Dorf soll durch die Heeresreform das Bewußtsein ge- , tragen werden, daß jeder französische Staatsbürger, ob Frau s oder Mann, ob Jüngling oder Greis, gewissermaßen mit s verantwortlich für den militärischen Ausgang eines neuen s Krieges ist. j
Nicht Abrüstung, sondern Aufrüstung allergrößten Stiles, Mobilisierung der „potentiell de guerre" ist das Ziel Pain- i leves, das Ziel Paul Boncours. Und wenn es noH eines ? Beweises dafür bedarf, dann fei nur an die gewaltige Stei- r gerung des französischen Heeresetats erinnert, der Bände ! spricht. Alles in allem gesehen ist also die Reformvorlag« des französischen Kriegsministeriums, der eine Kammermehrheit ! ebenso sicher ist wie ihre glatte Annahme im Senat, durchaus j dazu angetan, alle Bemühungen des Völkerbundes um Ab- j rüstung ad absurdum zu führen. Und es ist dabei besonders - zu beachten, daß nicht etwa die Regierung Poincaves die ? Vorlage eingebracht hat, sondern daß es schon das Kabinett , Briaüd gewesen ist, unter dessen politischer Verantwortlich- - keit der französische Generalstab das Projekt bis in alle Ein- ? zelheiten ausgearbeitet hat. Ws im vorigen Jahre die ^ Abrüstungsidee die Oeffentlichkeit der ganzen Welt beschäs- ? tigte, erklärte der Reichswehrminister Dr. Eeßler bei der '
damaligen Beratung seines Etats, daß Deutschland wieder um eine Illusion ärmer sein werde, wenn die Abrüstungskonferenz ohne Ergebnis bliebe. Die Genfer Vorbesprechungen über das Abrüstungsproblem haben ja bereits mit einem negativen Ergebnis geendet, Und die französische Heeresvorlage stellt gewissermaßen den Nagel zu dem Sarge dar, in dem Deutschland einstweilen seinen Abrüstungsidealismns begraben muß. Gerade angesichts der bevorstehenden Beratungen unseres eigenen Heereshaushalts wird man gut tun, dem Verlauf der Debatte' in Frankreich sorgfältigste Beachtung zu schenken.
Paris, 6. März. Die französische Kammer hat den Artikel 1 des Gesetzes über die „Organisierung der Verteidigung in Kriegszeiten" angenommen, der die gesamte Bevölkerung einschließlich Frauen in den Dienst der Abwehr stellt. Auch die Artikel 2 bis 9 wurden angenommen. Besonders ist auf Artikel 9 hinzuweisen, der vorsieht, daß die Liquidierung der beschlagnahmten Vermögen von feindlichen Staatsangehörigen, die in Frankreich leben, nur durch ein Gesetz verfügt werden kann. Artikel 10 sieht vor, daß di« für die nationale Verteidigung notwendigen Mittel beschafft werden sollen entweder durch freundschaftliche Verständigung oder durch Requirierung, und daß in beiden Fällen sich für den Lieferanten kein Gewinn ergeben dürfe. — Der erste Artikel des von der französischen Kammer angenommenen Wehrgesetzes lautet: „Alle Franzosen ohne Ausnahme des Alters und Geschlechts sind verpflichtet, entweder als Kämpfer bei der Verteidigung des Landes oder als Nichtkämpfer an der Aufrechterhaltung seines materiellen und moralischen Lebens teilzunehmen." — Dieser Beschluß bedeutet die Ueberspan- nung des Militarismus. Er stellt unterschiedslos die gesamte französische Bevölkerung in den Dienst der Landesverteidigung und macht sie somit auch zum Ziel etwaiger feindlicher Angriffe.
Vor Neuwahlen in Oesterreich
Die Auflösung des österreichischen Nationalrates ist beschlossen. Die Legislaturperiode läuft zwar erst am 20. November d. Js. ab, die politische Lage macht es aber notwendig, die Neuwahlen für April auszuschreiben. Die sozialdemokratische Opposition, di« im bisherigen Nationalrat über 68 Mandate verfügte, während die Christlich-Sozialen 82 Mitglieder, die Eroßdeutschen 10 und der Landbund 5 Abgeordnete zählten, hatten ihre ganze Tätigkeit darauf eingestellt, die Wahlen im Somme-r stattffnden zu lassen, weil zu dieser Jahreszeit mit einer geringeren Wahlbetei-, ligung der bäuerlichen wie der bürgerlichen Bevölkerung M rechnen ist, wobei die Sozialisten natürlich nur gewinnen können, die es mit ihrer straffen Organisation in der Hand haben, auch den letzten Arbeiter an die Urne zu bekommen, Bundeskanzler Dr. Seipel, der erfolgreichste österreichische Staatsmann der Nachkriegszeit, hat es aber ver-^ standen, rechtzeitig den Schlag der Sozialdemokraten z» parieren, was allerdings uur ihm allein möglich war.
In den Streit um die Festsetzung des Wahltermins spielt vor allem die Frage der Sozialversicherung der Arbiter hinein. Es gelang zwar in den letzten Monaten im sozialpolitischen Ausschuß des Nationalrates, einen ansehnlichen^ Teil der Regierungsarbeit über die Sozialversicherung zu erledigen, die wichtigsten Bestimmungen mußten aber immer wieder zurückgestellt werden, weil sich keine Einigung ergab. Die Tatsache, daß man zn keinem Einvernehmen gelangen konnte, hat die Diskussion über di« notwendige Auflösung des Parlaments erheblich beeinflußt. Die österreichische Regierung und die Mehrheit im Nationalrat, die sich ans Christl-ichsozialen und GroHdeutschen zusammensetzt, sind mit Rücksicht aus die wirtschaftliche Lage des Landes der Auffassung, daß die Versicherungsleistungen erst nach mehreren Jahren einsetzen dürfen, wenn gewisse Mittel angehäuft sind. Die Sozialisten wollen dagegen das sofortige Inkrafttreten der Versicherung wenigstens für Arbeiter, die die Altersgrenze von 65 Jahren 'bereits erreicht haben. Es ist nach Lage der Dinge kaum anzunehmen, daß der eine der beiden Verhandlungspartner nachgeben wird. Somit wird auch die Zusage gegenstandslos, die Bundeskanzler Dr. Seipel im vergangenen Jahre den Sozialdemokraten gegeben hat, das Problem der Sozialversicherung in der laufenden Legislaturperiode vom Nationalrat erledigen zn lassen. So groß ihre Wcchlhoffnungen sind, so hat es nach der neuesten Entwicklung der Verhältnisse aber wenig Anschein, daß der neue österreichische Nationalrat im wesentlichen Aenderun- gen aufweifen wird.
l Südrvestdeutscher Kanalverein und
^ Reichswafferstraßenpolitik.
§ ...
) Stuttgart, 4. März. Im Stuttgarter Rathaus fand eine Sitzung des Vorstandes und des groben Ausschusses des Südwestdeutschen Kanalvereins für Rhein, Donau und Neckar statt. Zunächst wurde die Vorbereitung der diesjährigen Mitgliederversammlung in Manheim-Seidelberg soweit geklärt, dah dieselbe etwa in der Zeit vom 17. und 18. Juni stattfinden soll. Der, Vorsitzende erteilte, nachdem er als Urheber der Angriffe auf die ! Reichswasserstraßenvolitik die Reichsbahn bezeichnet hatte. Geh.
! Baurat Prof. Dr. de Thierry das Wort zu einem Referat ? über den Stand der Reichswasserstrabenvolitik. Der Redner wies ? auf den Ernst des Kampfes zwischen Reichsbahn und Wasserstra- , ben, der sich sehr zugesvitzt habe. Der Grund hierfür liege in der ' Tatsache, daß der Verkebr auf den Wasserstraben und der Reichsbahn gegenüber dem Verkehr des Jahres 1S13 um 28 Prozent zurückgegangen sei. Tatsache sei, datz alle Schifiahrttttibenden dah die gesamte Binnenschiffahrt Not leide, Diese ungünstige Lage der Binnenschiffahrt werde darauf zurückgeführt, dah di«, i Reichsbahn durch zielbewubte Tarisvolitik, die Binnenschiffahrt
> auszuschliehen suche. Es seien besonders die Abfertigüngsgebüb- , ren der Reichsbahn, die für jede Ladung und Entfernung gleich I seien, die die Schiffahrt belasteten. Die Rheinschiffährt leide ! hierunter in besonderem Mab. Die Reichsbahn fahre gewiss« : Massengüter unter Selbstkosten, während andere Güter diesen ! Ausfall tragen mühten. Die Kanalfreunde hätten stets in erster i Linie die Wirtschaftlichkeit der Kanalvroiekte im Auge gehabt.
! Der Redner ging dann auf eine Denkschrift des.Reichsoerkehrs- ! Ministeriums ein und widerlegte des weiteren eine Aeuberung,
dah die Schiffahrt unzuverlässig sei, da sie in Zeiten, in denen ! die Kanäle zugefroren seien, versage. Dies sei eine Verkennung , der Tatsachen, denn in dieser Eiszeit hätten die Eisenbahnen ! kaum Verwendung für ihren Wagenpark, der durch das Abschwen- ' ken der Frachten vom Kanal zur Eisenbahn wenigstens zur Aus- ! Nutzung komme. Es sei Las ein überaus günstiger Zustand und s kein Grund, die Kanäle als unzuverlässig hinzustellen. Die ! Steinwüsten, wie der Redner die Grobstädte bezeichnete, seien das Produkt der Eisenbahnen, die zentralisierend auf Industrie und Handel wirkten, während durch Wasserstraßen eher eine Dezentralisation in dieser Hinsicht zum Heile der Erohstadtmen- schen möglich sei.
In der Aussprache ergriff Herr Dr. Weber als Vertreter der i Schiffahrt das Wort, der den Plan, den Neckarkanal zu baue«,
, als durchaus gesund bezeichnete. Die Entscheidung müsse fallen»
- ob das verbaute Geld für die Kanäle verloren sein solle oder ob eine Einigung zwischen Reichsbahn, «nd Kqi'.aljchiiiabrt herbeigeführt werden könne. '' !
» Hierauf wurde eine Entschliehung angenommen, in der es « heibt: Vorstand und grober Ausschub des Südwestdeutschen s Kanalvereins fordern in dem Streit über die Wasserstrahenvoli- ! tik des Reiches, dab, wie bisher, alle neuen Kanalpläne vor ihrer ! Inangriffnahme einer scharfen Prüfung auf Wirtschaftlichkit
> unterzogen werden, dah aber Wasserstraßen, die — wie der ! Neckarkanal — schon in der Ausführung begriffen find und deren ! Wirtschaftlichkeit auch unter den heutigen Verhältnissen wiederholt nachgewiesen ist. beschleunigt durchgeführt werden, damit! sie sobald als möglich dem deutschen Binnenschisfahrtsverkehr und der deutschen Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden können. Im übrigen müsse mit Entschiedenheit gefordert werdeu,
! dah an Stelle des viel beklagten Eegeneinanderwirkens von
> Reichsbahn und Binnenschiffahrt eine einheitliche Reichsverkehrs- ! Politik unter wechselseitiger Ergänzung von Eisenbahn und Bin- ^ ncnschiffahrt durchgeführt wird.
! Neues vom Tage.
! , , Legi«« de, Leipziger Mtzlse
j WilD» "eseiWH «Holten stvirt^
i schastÄaäe . dürfte^ FrühjähMnesse 1927, die
l am Soma'g,"betzänn, die M^ssey der lHtsn Jahre erheblich l an Einkäujcrbesuch,ulld Hpschäftspqff<yrg Übertreffen. Schon ^ ary Samstag trafen neben-den. durchweg vollbesetzten fahr- l planmäßigen Zügen zahlreiche SonderAge ein, die bis z« 100 Prozent belegt waren. Der Ausländerbesuch der Messe s wird für unseren Export eine außerordentlich erfreulich«
! Wirkung auslösen. Bereits am 3. März lagen etwa 12000 i Einkäuferanmeldungen aus dem Auslande vor. Besonders ' , zahlreiche Einkäufer werden Amerika, England, Holland, ^ ^ Frankreich, sämtliche mittel -und osteuropäischen Nachbar»
! länder, die skandinaivischen Länder, Südeuropa und der e Balkan entsenden. An Ausstellern sind aus dem Auslands > öis. Atzt 6Zi Firmen angemeldet. In Kollektivgruppen ' i werden.Oesterreich, die Tschechoslowakei, Rußland, Groß- ! briztanmen,.Italien, Jugoslawen und Griechenland erschein 1 ^ nen. Die Zahl der inländischen Aussteller beläuft sich aus''
' über 9060.