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Nr. 32 /

Alteusteig. Freitag de« 4 Marz

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Das Neueste

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Unsere beiden westlichen und östlichen Nachbarn, Frank­reich und Polen, haben in mehr als einer Hinsicht den Fluch des deutschen Volkes auf ihr Haupt geladen. Sowohl mili­tärisch wie politisch und wirtschaftlich zeigt das Vorgehen beider Länder stets die auffallendsten Paralellen. Und daß sich gerade die Handelsvertragsverhandlungen mit diesen beiden Ländern stets die auffallendsten Paralellen. Und daß §u kommen, Hinschleppen, ist sicher mehr als ein bloßer Zufall. Mit Polen ist es ja nun endlich zum Krach gekom­men. Wie sich die Sache hier weiter entwickeln wird, ist augenblicklich noch schwer vorauszusagen.

Aber auch das Schicksal der weiteren deutsch-französischen Verhandlungen ist zurzeit vollkommen ungewiß. Man hat sich ja bekanntlich genötigt gesehen, das vorläufige Handels­abkommen zwischen Deutschland und Frankreich vom 5. Aug. 1925, wie auch die beiden Vereinbarungen über den deutsch- saarländischen Warenaustausch vom 6. November 1926, vor­läufig bis zum 31. Mai 1927 zu verlängern, damitunter ruhiger Fortdauer des augenblicklichen Zustandes die Ver­handlungen über den Handelsvertrag bis zur Erzielung eines günstigen Ergebnisses fortgesetzt werden können". Daß aber bis zum 31. Mai 1927 der endgültige Handelsvertrag unter Dach und Fach ist, erscheint nach den bisherigen Er­fahrungen alles andere als wahrscheinlich. Vorläufig tap­pen wir ja noch vollkommen im Dunkeln, da über den neuen französischen Zolltarif, der nunmehr fertiggestellt ist und nächstens der Kammer vorgelegt werden wird, zuverlässige Nachrichten noch nicht zu uns gelangt sind. Nur darin stim- > Men bisher alle Meldungen überein, daß der neue Tarif ! sehr stark protektionistisch ausgefallen ist, was ja namentlich -im Hinblick auf die durch die Frankenhebung verursachten l und noch weiter bevorstehenden französischen Produktions- ! und Exportschwierigkeiten nicht weiter verwunderlich ist. ^ Daß dadurch aber die Fortführung der deutsch-französischen Handelsvertragsoerhandlungen nicht gerade beschleunigt wird, liegt auf der Hand, wie überhaupt die Beziehungen Frankreichs zu allen am französischen Markt interessierten Staaten nicht gebessert werden.

Vor allem ist natürlich an irgend einen Verhandlungs- Fortschritt kaum zu denken, bevor der neue Entwurf end­gültig von der Kammer verabschiedet ist. Denn wie es ihm in der Kammer ergehen wird, ist noch nicht einwandfrei vorauszusagen. Die französische Dolksstimmnng wird einem überspannten Hochschutzzollsystom kaum in einmütiger Be­geisterung zujubeln. Denn eine starke Erhöhung der Zoll­sätze muß sich wohl oder übel im inländischen Preisniveau auswirken und den von weiten Kreisen aufgenommene« Kampf gegen die Teuerung, die als Folge der vorläufigen Fvankenurhobung unausbleiblich ist, entgegenwirken. Da­durch sind die französischen Unterhändler in einer ähnlich »«erfreulichen Lage, wie die Deutschen damals unmittelbar »ach dem 10. Januar 1925, wo über das Schicksal des bevor­stehenden deutschen Zolltarifs nichts Bestimmtes ooraus- zusagen war. All das trägt sicher nicht zur Beschleunigung der weiteren Verhandlungen bei, und die Stimmen, die

in der bloßen Tatsache, daß ein französischer Zolltarif sertiggestellt ist, die Vorbedingung für eine rasche, nutz­bringende Zuendeführung der endgültigen Handelsvertrags- Verhandlungen sehen, scheinen vorläufig der inneren Berech­tigung noch zu entbehren. Eine neuerliche unverbindliche MeVrung besagt, daß der neue Tarif mit Vom bisherigen - französischen System des Maximal- und Minimal tarifs bre­chen will. Der neue Tarif soll also autonom sein, und E^ mWigungen sollen ohne feste Abgrenzung von Fall zu Fall i« das Ermessen der Regierung gestellt sein. Ferner soll im Hinblick auf die bevorstehenden Jahre der Stabilisierung des Franken sin stabiler Maßftab «ingeführt werden. Es soll dazu «in neues kompliziertes Rechmmgssystem, das sich auf den Großhandelsindex und den Goldpreis stützt, angewendet werden. Ob freilich ein solcher Tarif, der der bevorstehende« Stabilisierung gewissermaßen schon vergreift, in all den «och kommenden Stabilifierungswesen sich wird erfolgreich be­haupten können, ist nicht vorauszusagen. Ein endgültiges Syteü über de« neue« französischen Tarif z« fällen, ist möglich, wen« er im Wortlaut« vorliegt. K. L.

Reichskanzler Dr. Marx über -le Bekämpfung der Schuldrüge.

Berlin, 3. März. Der Arbeitsausschuß deutscher Ver­bände veranstaltete heute abend gemeinsam mit dem deut­schen Frauenausschuß zur Bekämpfung der Schuldlüge im Plenarsitzungssaal des Reichstages eine Feier aus Anlaß des Abschlusses der Aktenpublikation des Auswärtigen Amts über die Vorgeschichte des Krieges. Gouverneur Dr. Schnee begrüßte die zahlreich Erschienenen. Er drückte noch einmal den Dank an die Mitarbeiter dieses Werkes aus, das mithelfen solle, die Wahrheit über die Vorge­schichte des Weltkrieges festzustellen und betonte, daß man auch im Auslande jetzt verschiedentlich dazu übergegangen sei, die Akten preiszugeben. Darauf hielt Reichskanz- lerDr. Marx eine Rede, in welcher er u. a. ausführte: Wir dürfen es ohne Anmaßung mit einem berechtigten Stolz aussprechen: Wir Deutsche waren die Ersten» die de» Weg zur Enthüllung der Wahrheit betraten.

Wir haben ohne Rücksicht auf uns selbst die Schleier von unseren Geheimnissen gelüftet und drei einwandfreien Gelehrten die bisher verschlossenen Archive geöffnet und alle Urkunden, die irgendwie ein Licht auf unsere Politik in der Epoche von 1871 bis 1914 werfen konnten, der Oeffentlichkeit unterbreiten lassen. Wir wollten so der Welt die Möglichkeit geben, die Wirklichkeit klar zu sehen. Wir dürfen wohl heute schon feststellen, daß auf Grund der von «ns veröffentlichten Akten niemand mehr an den Be­schuldigungen festhalte« kann, dt- eine haßerfüllte Kriegs­propaganda gegen uns über die ganze Welt verbreitete. Gerade hierin aber erblicken wir einen großen Fortschritt zugleich im Sinne der Versöhnung, denn wie kann eine wahre Eintracht erzielt werden, solange im Kreise der Völker eines oder einige moralisch gebrandmarkt sind. Das glücklich vollbrachte Werk ist von größter Bedeutung für alle und es hat schon im Entstehen gerade in der Richtung gewirkt, die ich soeben gekennzeichnet habe. Auch andere Regierungen haben nämlich beschlossen, unserem Beispiel zu folgen und ihre Archive zu öffnen. Soeben ist der erste Band der englischen Aktenpublikation erschienen, der die Krisenlage des Jahres 1914 behandelt und, wie verlautet, werden noch ähnliche Unternehmungen geplant. Dadurch hat unser Kampf um Wahrheit und Verständigung immer wachsendere Aussichten auf den endgültigen Sieg. In die­sem Sinne heiße ich den Abschluß unserer Publikation als ein bedeutungsvolles und freudiges Ereignis.

Neues vom Tage

^ Ein neues Reichsschulgesetz

Berlin, 3. März. Der Reichsminister des Innern v. Keu- dell erklärte bei Beratung seines Etats im Haushaltsaus­schuß des Reichstages, daß eine besonders wichtige Aufgabe die beschleunigte Einbringung des Reichsschulgefetzes sei. Er beabsichtige aber nicht, hierbei irgendeinen der vorhandenen Gesetzentwürfe zugrunde zu legen. Es werde vielmehr ein neuer Gesetzentwurf aufgestellt werden. Der Berichterstatter Dr. Schreiber (Ztr.) stellte fest, daß dieser Haushalt für 1927 einen Zuschuß von 53 356 445 Mark erfordert gegenüber 81 817 805 Mark im Jahre 1926, sodaß sich eine Ersparnis von 28 461 440 Mark ergibt.

Kommunistischer Parteitag

Essen, 3. März. Der sechste Parteitag der kommunistischen Partei Deutschlands wurde in Essen durch eine öffentliche Kundgebung oingeleitet, aus der u. a. ein Delegierter der kommunistischen Partei Chinas sprach. Die Versammlung stimmte einem Telegramm an das Zentralkomitee der rus­sischen kommunistischen Partei zu, das besonders auf die Dhambevlain-Note Bezug nimmt und die Solidarität der deutschen mit den russischen Arbeitern betont. Von den an­wesenden 186 Delegierten rechnen sich 10 zur Opposition. In das Ehrenpräsidium der Tagung wurden u. a. Stalin, Bu- charin und Tomski gewählt. Ms wesentlichster Programm- punkt wird der Kampf gegen die Kriegsgefahren bezeichnet. Die Versammlung nahm eine Resolution an, die die Am­nestie aller proletarischen politischen Gefangenen verlangt. Freilassung der Seide« verhaftete» deutsche« Gendarmen?

Speyer» 3. März. Rach einem hier heute vormittag ein- getroffenen Telegramm sollen die beiden verhafteten Gen­darmen von Winden uM» SteinfeL heute nachmittag mm der Haft entlasse« «erden.

Der Reichsinnenminister zu den Reformen

Berlin, 3. März. Der Haushaltsausschub des Reichstags setzte die Beratung des Haushaltes des Reichsministeriums des In­nern fort. Reichsminister des Innern v. Keudell gab zunächst Auskunft über den Stand der Verwaltungsreform. Der neue Entwurf über die Schaffung des Reichsverwaltungsgerichtes liegt dem Reichsrat vor, die Ausschüsse find aber namentlich wegen der von der Reichsregierung vorgeschlagenen Verbindung mit dem Reichsgericht noch zu keinem Ergebnis gekommen. Gleich­zeitig liegt dem Reichsrat der Entwurf zur Wahrung der Reichs­einbeit vor. Zur Austragung von Meinungsverschiedenbeiten über die Verfassungsmäbigkeit von Reichsgesetzen ist inzwischen ein Gesetzentwurf dem Reichstage vorgelegt worden. Grundsätze über den Beamtenaustausch mit den Ländern sind vereinbart worden. Der Austausch der festgestellten Beamten zwischen Reich und Ländern stöbt auf grobe technische Schwierigkeiten.

Die amtliche Sammlung des Reichsrechtes ist eingeleitet. Der Entwurf wird im Rechtsausschub des Reichstages beraten. Die Reichsdienststrafordnung wird mit Beschleunigung erledigt wer­den können. Inzwischen wird das Beamtenvertretungsgesetz, über das nur noch die Schlubabstimmung im Reichsrat Levor- stebt, dem Reichstage sugeben. Es soll angestrebt werden, das allgemeine Beamtengesetz folgen zu lassen. Die Besprechungen über den Entwurf mit den Beamtenorganisationen sieben bevor. Ich werde mich für die Wahrung der Zuständigkeit des Reichs­ministeriums des Innern in den grundsätzlichen Fragen der Ver­waltungsreform und des Verhältnisses von Reich, Ländern und Kommunen einsetzen. Zur Verlängerung des Republikschutzge­setzes ist vom Kabinett noch nicht Stellung genommen worden. Der Deutschkonservativen Partei habe ich seit der Begründung der Deutschnationalen Volksvartei nicht angehört. Die Frage der Rückkehr des Kaisers wird bei Prüfung des Republikschutzgesetzes beraten werden. Wegen der Stellung zur Konkordatssrage be­zieht sich der Minister auf die WTB.-Meldung vom 7. Februar, lieber die Titelfrage werde mit den anderen Ländern verhan­delt. Die Meinungsfreiheit sei den Beamten, wie er im voller Nebereinftimmung mit der bayerischen Regierung erklären könne, gewährleistet. Das Ministerpenstonsgesetz werde voraus- sichtlich bald dem Reichsrat zugeben. Das Grundschulgesetz werde demnächst dem Reichstage zugeben.

Die mecklenburgische Regierung gestürzt Schwerin, 3. März. Die heutige Vollsitzung des Landtags hat den Sturz der Regierung herbeigeführt. Die Abstim­mung führte zu dem Ergebnis, daß der Haushaltplan mit 25 gegen 23 Stimmen abgelehnt wurde. Trotzdem behielt sich der Ministerpräsident Schröder im Namen der Regie­rung seine Entscheidung vor. Es kam darauf zu einem Mißtrauensantrag, der von der Wirtschaftspartei, den Kommunisten und der Rechten mit 25 gegen 23 Stimmen angenommen wurde. Daraufhin reichte die Regierung ihre Entlassung beim Landtagspräsidium ein. '

Anschlag auf einen Regierungspräsidenten Gumbinnen, 3. März. Die hiesigen Blätter veröffentlichen eine Bekanntmachung, laut der am 1. März abends auf den geschloffenen Wagen des Regierungspräsidenten in de> Kömgstraße angeblich aus einer Gruppe junger Leute ein Schuß abgegeben worden ist, der die Fensterscheiben de- Kraftwagens traf. Für die Namhaftmachung des Täters is: eine Belohnung ausgesetzt.

Antrag ans Selbstauflösungsrecht des polnischen Landtages Warschau, 3. März. Im Verfass« ngsausschuß des pol­nischen Sejm wurde gegen die Stimmen der Rechtsparteien ein sozialistischer Antrag angenommen, demzufolge der Sejm das Recht erhalten soll, sich auf Antrag eines Drittels seine: Mitglieder selbst aufzulösen.

Zur Lage in China

London, 3. März.Chicago Tribüne" meldet aus Shan­ghai, der größte Teil der Armee des Marschalls Sunrschw ansang befinde sich in Auflösung. Die Mehrzahl der Trup­pen gehe zu den Kantonesen in der Provinz Tschekiang über London, 3. März. Reuter meldet aus Shanghai: Die letz­ten Nachrichten aus dem Norden besagen, daß die Stellung der Kantontruppen bei Hankau nicht ernstlich bedroht ist In Hunan sind die mandschurischen Streitkräfte nicht über Kaifang vorgerückt. Tschengtfchau wird noch immer durch mehrere Divisionen Wupeifus gehalten.

Priesterliche Handlungen durch Laien in Mexiko Mexiko-Stadt, 3. März. Erzbischof Nutz gibt in seinem heutigen Hirtenbrief bekannt, daß katholische Laien in Me­xiko während der gegenwärtigen Notlage Zeremonien ver­richten dürfen, die von der Kirche als Ersatz für Verabfol­gung der Sterbesakramente durch Priester und sonstige heil ige Handlungen Sinyefichrt wurden.