l'

ss77

uA^Ln Tannen

UmLMatr für d-ir Gberamtshezirk Nagold «n-MensteigSta-L. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, ilalw uKeudenstadt

tzü-q-mt w-chEch S mal. Bezugspreis: monatlich l.SO Mari. Die Einzelnummer kostet lOPfg Mi W»t,rscheine» der Zeitung infolge höherer Gewalt od. Betriebsstörung besteht lei» Anspruch auf Lieferung

Mr. 4» ^ j

^"zeigenpreis: Die einspaltige Zeile oder deren Raum IS Goldpfennige, die Reklamezeile 45 Goldpfg

Postscheckkonto Stuttgart Nr. 5780. Für telephonisch erteilte Aufträge übernehmen wir keine Gewähr

! Alte«steig. Dienstag den I. Marz

1927

Wirtschaftskrieg mit Polen

^ einstweilen sind die Verhandlungen Wer einen deutsch- polnischen Wirtschaftsvertrag nur unterbrochen worden. Ob «s dazu kommt, daß beide Länder die schwersten Waffen eines verschärften Zoll- und Wirtschaftskrieges unterein­ander gebrauchen, läßt sich noch nicht übersehen. Die pol­nische Presse tut ohne Unterschied der Partei so, als ob Polen einen solchen Wirtschaftskrieg mit Deutschland nicht zu fürch- »en habe. Das ist offenbar darauf zurüchuführen, daß Polen pch die skandinavischen und südeuropäischen Märkte für seine Kohlen und für die Erzeugnisse seiner Eisenindustrie ge- Kchevt hat. Indessen sind es verhältnismäßig nur geringe Mengen, die hierbei in Frage kommen. Auch die Auffassung, daß ein Zoll- und Handelskrieg mit Deutschland vorteilhaft Mr die polnische Eisenindustrie sei, wird vielfach vertreten. Das bekundet indessen eine ziemlich kurzsichtige Auffassung der Dinge, denn im Sommer 1927 fallen die letzten gegen­seitigen Vergünstigungen des Genfer Abkommens für die dftoberschlesische Industrie fort, wie beispielsweise die Schrottversorgung, die Ostoberschlesien in der Hauptsache auf dem deutschen Markte tätigen muß, weil in ganz Polen erhebliche Mengen an Schrott nicht aufzutreiben sind. Die Warschauer Regierung hat für den Außenhandel Polens im Fahre 1926 an die internationale Presse Zahlen hinaus- gegoben, deren Zweck es ist, die Entwicklung des Außenhan­del als außerordentlich günstig darzustellen. Da der Zloty den festen Boden unter den Füßen verloren hat, werden die Zahlen in Eoldfranken mitgeteilt,' der Goldzloty ist eben ein Begriff, der nicht besteht. Nun soll 1926 die polnische Ausfuhr einen Wert von 1309 Millionen Goldfranken gleich UM Millionen Reichsmark erreicht haben. Die Einfuhr be­trug 896 Millionen Eoldfranken gleich 720 Millionen Reichsmark, was einen lleberschuß von 320 Millionen Reichsmark ergibt. Insgesamt beträgt der Außenhandel Polens für 1926 rund 1800 Millionen Reichsmark. Das ist erheblich weniger als in den Jahren 1924 und 1925, wo der Gesamthandel einen Wert von 2,2 Milliarden Reichsmark hatte. Hier läßt sich deutlich der Einfluß der bisher schon allerdings in milderer Form bestehenden deutsch-pol­nischen Wirtschaftskrieges erkennen, der sich 1926 noch schär­fer hätte ansprägen müssen, wenn nicht der Streik in Eng­land der polnischen Industrie unerwartet zu Hilfe gekommen «äre. 1924 nahm Deutschland für 460 Millionen Mark Aeich 43,2 Prozent der polnischen Ausfuhr auf. Im Jahre NW sank die Ausfuhr nach Deutschland auf 412 Millionen Mark gleich 40 Prozent der Gssamtausfuhr. Umgekehrt führte Deutschland 1924 nach Polen für 420 and 1925 für 378 Millionen Reichsmark aus. Im Sommer 1925 hatte der deutsch-polnische Wirtschaftskrieg eingesetzt, was im Außenhandel des gleichen Jahres noch nicht voll zum Aus­druck kommen konnte. Das ist aber 1926 geschehen. Die Aus­fuhr Polens nach Deutschland erreichte den Wert von etwr WO Millionen Reichsmark. Die Einfuhr aus Deutschland betrug nur noch 160 Millionen Mark, sodaß der Wirtschafts­krieg scheinbar auf Kosten Deutschlands geht. Das hängt damit zusammen, daß noch alle Zollbegünstigungs-Kontin- gente auf Grund des Genfer Abkommens abgelaufen sind; ferner damit, daß Deutschland gegenüber Polen nur den allgemeinen Zolltarif zur Anwendung bringt, während Polen außer mit Kampfzöllen auch noch mit Einfuhrver­boten arbeitet. Weiter kommt in Betracht, daß die Wäh- «nrgsverwüstungen in Polen sich als Valuta-Dumping aus- «irken, sodaß sich die ohnehin nicht hohen deutschen Zollsätze Aatt überspringen kaffen. Schließlich ist daraus zu verweisen, daß Polen seine Ausfuhr um>en Preis zu fördern sucht, daß es im Ausland schleudert, um sich auf dem eigenen Markt schadlos zu halten. Sobald Deutschland zu Kampf- Men übergeht, wird die polnische Einfuhr nach Deutschland Smn Stillstand kommen. Und der polnische Außenhandel wird im Vergleich zum Jahre 1924 nm wertere 20 Prozent zarückgehen. So sieht es in Wirklichkeit mit der geflissentlich Mrr Schau getragenen Zuversicht der Polen im Falle eines verschärften deutsch-polnischen Wirtschaftskrieges ans.

Ae Erhöhung der Miete»

Der Beschluß des Reichskabinotts vom 23. Februar, die ! Mieten ab 1. April um 10 Prozent und ab 1. Oktober aber­mals um 10 Prozent der Friedensmiete zu erhöhen, wird «ach der bestimmt zu erwartenden Billigung durch den Reichsrat durch eine Regierungsverordnung mit gesetzlicher > Kraft ausgestattet werden. Man wird also mit einer Ver­teuerung der Mieten im angegebenen Umfange rechnen ' MffeN, ^An sich ist es verständlich, wenn die -Lrreuiaer" aut

Dem Gebiete Des Wohnungswesens einer Preiserhöhung sympathisch gegenüberstehen, während dieVerbraucher", ! d. h. die Mieter, sie bekämpfen. Aber es stellt sich heraus, ! daß in diesem eigenartig gelagerten Fall auch ein Teil der > Verbrancherschaft, also der Mieter, für die Erhöhung der Wohnungsmieten eintritt. Es hat sich nämlich unter den - Verbrauchern" auf dem Gebiete des Wohnungswesens eine j scharfe Trennung in drei Gruppen vollzogen. Die erste s Gruppe bilden die Inhaber einer Friedenswohnung. - genießen eine reichliche, zuweilen sogar überreichliche i Wohnge-legenheit zu einem Preise, der hinter der Teuerung ; auf allen übrigen Gebieten weit zurückbleibt. Sie genießen - weiter den Mieterschutz und werden dadurch in die Lage ° versetzt, den Mietsraum, soweit sie ihn nicht selbst benötigen, ; nutzbringend zu verwerten. Mag man auch einem alten ! Mütterchen, das nach dem Verlust ihres Vermögens in der s Inflation Wenigstens noch über eine geräumige Wohnung ' verfügt, gern den Verdienst ans dem Zimmervermieten gön- ; wen, so ist doch jedes nicht vorher ausdrücklich zwischen Ver- ° Mieter und Mieter ausgemachte Weitervermieten von - Wohnräumen eine Produktion mit Kapital, das einem au- - deren gehört, und damit ein Schmarotzen. Das ist kein Vor- ' wnvf gegen die, welche die nun einmal bestehende formell« > Rechtslage ausnutzen, sondern nur eine Kritik an einer r Rechtsordnung, die solche Dinge widerspruchslos geschehen j läßt. Die zweite Gruppe von Mietern ist die, welche im : teueren Neubauwohnungen leben muffen, weil sie keine bil- § lige Friedenswohnung erhalten können. Die dritte Gruppe j ist endlich die, welche überhaupt keine Wohnung haben, weil s sie eine Friedenswohnung nicht erhalten und die Lasten für L eine Neubauwohnung (hohe Miete und vor allem Bau- » kostenzuschutz) nicht aufbringon können. i

Die Annäherung der Mieten Mr Friedenswohnungen an - den allgemeinen Lebenshaltungsindex also an die Zahl ! von mindestens 160 Prozent der Vorkriegsmieten mildert j die aufgezählten Schäden. Es ist nicht einzufehen, warum einem Teil des deutschen Volkes auf Kosten des anderen Tei­les dauernd eine bevorzugte Stellung bei der Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses eingeräumt bleiben soll. Sobald die Mieten dem Lebenshaltungsindex nahekommen, werden Z z. V. Haushalte aufgelöst werden; daun wird sich das An- ^ gebot an Wohnungen erhöhen. Die Befriedigung des Wohn- ? bedürfniffes neugegründeter Familien wird sich bei einer k Annäherung der Mieten an den Löbenshaltungsindex rela- r tiv leichter bewirken kaffen, La dann die Mehrbelastung der l Reumieter gegenüber den Altmietern verringert und ein allgemeines Streben nach Deckung dieser Mehrbelastung ans erhöhten Löhnen und Gehältern eintritt. Allerdings ist im gewissen Lohnerhöhungen der letzten Monate die Erhöhung der Mieten zum 1. April 1927 schon vorwoggenvmmen wor­den. Da die durchschnittliche Mietsbelastung der Arbeiter­schaft vor dem Kriege 2026 Prozent betrug, jetzt aber nur 14,7 Prozent, bleibt die Belastung nach dem 1. April (rund 16,2 Prozent) und nach dem 1. Oktober (rund 17,7 Prozent) noch erheblich hinter der Friedensbelastung zurück. W. W.

Me Ment»«» so« Schanghai

Die jetzt so viel genannte Stadt Schanghai ist der weitaus wichtigste Hafen Chinas und spielt im Handel des gesamten Ostasten eine führende Rolle. Das chinesische Wort Schanghai bedeutetam Meer"; doch trifft dieser Name nicht wörtlich zu, denn die am Westufer des Hwangvu gelegene Stadt ist etwa 25 Kilometer vom rechten Mündungsarm des gewaltigen Dangtse-Stromes entfernt. Schanghai ist das eigentliche Zen­trum des chinesischen Auslandshandels und übertrifft an wirt­schaftlicher Bedeutung die Hauptstadt Peking, die nur die neuer­dings ebenfalls umstrittene Rolle des Regierungssitzes spielt. Der noch im Bereiche der Eezeitenwirkung liegende Flußhafen von Schanghai ist durch Ausbaggerung und Durchstiche auch für die größten Seeschiffe zugänglich gemacht und besitzt weit aus­dehnte Kais und Ladeeinrichtungen.

Während in Südchina in dem portugiesischen Macao seit 1557 und später in dem britischen Hongkong schon lange europäische I Niederlassungen bestanden, wurde in Nordchina die Oeffnuna ! von Schanghai für den fremden Handel erst 1842 nach dem be- ! rüchtigten Oviumkrieg durch den Vertrag von Nanking erzwun- sen, da die Engländer die günstige Lage des fast genau in der r Mitte der chinesischen Küste befindlichen Platzes erkannte«. 1848 ' wurde die französische Niederlassung gegründet, und 1853 nach s dem Taipingaufstande wurden die internationalen Konzessionen ° weiter ausgedenht. Der älteste Stadtteil, die Chinesenstadt, be- ; fitzt enge, unregelmäßige Straßen und ist von einem 1554 gegen ; japanische Seeräuber errichteten Erdwall mit Ziegelverkleiduno : umgeben. Unmittelbar nördlich daran schließt sich die etwa 1F ! Quadratkilometer umfassende französische Niederlassung an. D«> ? Hauptteil der Stadt bildet die sogen. Internationale Niederlas» > sung, die aus der alten britischen und der 1863 mit ihr verschmol- ! zenen amerikanischen Ansiedlung besteht. Dazu kam später noch ' das weiträumig gebaute. vieleZHöne Villen besitzende.Weftoier-

tel, das durch künstlich gegrabenenDerteidigüngsflüß'^'vön^de« übrigen Stadt abgegrenrt ist. Schließlich hat der Ausbau wei­terer flußabwärts gelegener Ankerplätze noch ein Ostviertel ent­liehen lasten, während der auf dem rechten Flußufer gelegen« Stadtteil Putung hauptsächlich Werften und Stapelvlätze ent­hält. In sanitärer Beziehung ist das neue Schanghai musterhaft versorgt. Als erste Stadt Ostasiens erhielt Schanghai eine mo­derne Wasserleitung, die 1883 gebaut wurde. Mit Hcmgtschou, Nanking und Wusung ist die Stadt durch Eisenbahnen verbun­den.

Die Internationale Ansiedlung umfaßt über 22 Quadratkilo­meter. Sie stebt bisher noch unter eigener europäischer Selbst­verwaltung, der auch die in der Fremdenniederlassung ansässigen Chinesen unterstehen. Die Verwaltung der französischen Ansied­lung ist von der übrigen Fremdenniederlaffung völlig getrennt. Die Einwohnerzahl der fremden Ansiedlungen ist sehr rasch ge­wachsen. Noch 1880 betrug sie nur 2200 Europäer und 108 000 Chinesen, nach der letzten Zählung von 1920 jedoch 27 000 Fremde und 936 000 Chinesen. Den Hauptanteil der Fremden stellen die Japaner mit 10 500 Köpfen, dann folgen die Briten mit 5800, die Amerikaner mit 2800, die Portugiesen mit 2000. Franzosen sind nur 700, Deutsche nur 500 ansässig. Die gesamte Einwohnerzahl der Stadt mit Einschluß der Cüinesenstadt wird auf nahezu 2 Millionen geschätzt.

Die wirtschaftliche Bedeutung von Schanghai beruht neben seinem Charakter als Handelszentrum vor allem auch auf seiner Industrie. Es besitzt drei große japanische, fünf britische und eine Reihe chinesischer Seidenspinnereien, wovon die japanischen ein Kapital von 45 Mill., die britischen von 18 Mill. und die chinesischen von 4050 Mill. Mark darstellen. Außerdem sind ja­vanische, britische und chinesische Baumwollspinnereien, Maschi- neniabriken, Eisenwerke, eine Papier- und eine Seifenfabrik vorhanden.

Die Umgebung der Stadt, die in einer fruchtbaren, gut bewäs­serten Schwemmlandebene liegt, ist sehr gut und musterhaft an- gebaut. Etwa 70 Prozent der Anbaufläche trägt Reisfelder; ferner werden noch Bohnen sehr viel angebaut. Die Viehzucht bildet dagegen nur eine Nebenbeschäftigung, und auch der Fisch­fang spielt hier keine wesentliche Rolle.

Die Einfuhr besteht hauptsächlich in Metallwaren, Webwarea, Kohle, Zucker, Papier und beträgt etwa 1,5 Mill. Mk. Die Ausfuhr umfaßt besonders Seide, Baumwolle, Reis, Tee uiü» Bohnen. Der jährliche Gesamtumsatz beläuft sich auf 2,5 bis L Mill. Mk. (Diese Zahlen gelten für 1923.) In den letzten zrvek Jahren ist infolge der politischen Wirren und des zeitweiligen Boykotts fremder Waren durch die Chinesen der Eesamtbandl sehr zurückgegangen. Seine weltwirtschaftliche Bedeutung wird Schanghai auch nach etwaiger Rückgabe der Fremdenkonzessionen behalten, wenn auch die Zeit seiner wirtschaftlichen Höchstülüte vielleickt dahin ist. (Nach denLeipz. N. Nachr.")

l

Neues vom Tage

xW-fWM zgg Millionen-Anleihe der Reichspost Berk«, 28. Febr. Der Berwaltungsrat der Deutsche» Reichspost beriet den Voranschlag Mr das Rechnungsjahr 1927. Reichspostminister Dr. Schätze! führte in seiner Er­öffnungsrede u. a. aus: Im ersten Halbjahr 1926 hätte in­folge der allgemeinen Wirtschaftsdepression der Verkehr der Reichspost darnieder gelegen. Erst etwa von Oktober ab habe sich als Auswirkung der allgemeinen Wirtschaftsbesserung eine langsame aber anhaltende Aufwärtsbewgung bemerk­bar gemacht. Beinahe auf allen Gebieten der Reichspost seien Fortschritte zu verzeichnen. Dr. Schätze! wies auf die Verabschiedung der neuen Fernsprechordnung und auf die Erhöhung der Zahl der Berwaltungsratsmitglieder von 31 auf 40 hin. Die gegenwärtige Finanzlage der Reichspost könne als gespannt, aber gesund bezeichnet werden. Beim Voranschlag Mr 1927 seien die Betriebsausgaben bis zur untersten Grenze der Vertretbarkeit gesenkt worden. Die Betriebseinnahmen deckten die Ausgaben einschließlich der vorgesehenen Ablieferung an das Reich von 70 Millionen. Dem Reich müsse so viel wie möglich an lleberschuß gegeben werden. Da 1927 die Betriebseinnahmen nur zu einem ganz Leinen Teil als Anlageausgabsn Verwendung finden, müsse zur Schaffung der erforderlichen Anlagen eine Anleihe von 300 Millionen Mark für 1927 ausgenommen werden, di« aber nur allmählich zur Aufnahme gelangen werde.

Die deutsch-französische« Handelsvertragsverhandlungen Berlin, 28. Febr. Der Leiter der deutschen Delegation für die deutsch-französischen Handelsvertragsverhandlungen; Ministerialdirektor Posse, ist am Sonntag» den 27. Februar, abends mit den Mitgliedern der Delegation nach Paris ab» gereist. Die Verhandlungen zwischen den beiderseitige« De­legationen werden am 1. März ausgenommen.

Kranzniederlegungen am Grade Eberts Heidelberg, 28. Febr. Anläßlich der zweiten Wiederkehr des Todestages Friedrich Eberts ist das Grab des Reichs­präsidenten auF^dsm HeidMWger Bernftte-Hof.mit Büww v