Nr. 266
Schwarzwälder Tageszeitung „Aus den Tannen"
Sette 3
inevsvermögen veiragr, verkennt völlig unsere überaus schlechte Wirtschaftslage.
Auszeichnung. Beim Ergebnis des Reichsbank, Notenwettbewerbs wurde auch ein Württemberger ausgezeichnet, der Graphiker Georg Trump, bis vor kurzem in Stuttgart, gebürtig von Brettheim OA. Eerabronn, jetzt Lehrer an der Kunstgewerbeschule Bielefeld. >
Echterdingen, 16. Nov. (Vom Zug überfahren.) Gestern früh wurde auf dem hiesigen Bahnhof ein Schaffner vom Zug überfahren. Dem Unglücklichen, Vater von fünf Kindern, wurden beide Deine abgefahren.
Ditzingen OA. Leonberg, 16. Nov. (Blutige Kirchweihe.) Beim gestrigen Kirchweihsonntag gab es noch ein Nachspiel mit blutigem Ausgang. Der mit seiner Frau in Scheidung lebende Eisenhobler Beck hat seine Braut Häutzer- mann nach kurzem Wortwechsel in die Brust gestochen, so- daß die Verletzte ins Leonberger Bezirkskrankenhaus llber- geführt werden mutzte.
Neckartenzlingen OA. Nürtingen, 16. Nov. (Ertrunken.)! Am Montag fiel das 7jährige Söhnchen des Fabrikarbeiters Gottlob Henzler in den Neckarkanal und ertrank. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos.
Eislingen OA. Göppingen, 16. Nov. (Zum Brand in der Seidenpapierfabrik.) Zu dem Brandfall bei der Fa. Fleischer hier ist noch zu berichten, dah der alte Bau ganz zerstört wurde, im oberen Stockwerk sind große Fertigwarenbestände verbrannt, ferner die sog. Holländer (Papierbreimaschinen). Die vier großen Papiermaschinen, sowie die Kraftzentrale sind vollständig erhalten, sodatz die Fabrikation im Gang erhalten werden kann, wozu schon Maßnahmen eingeleitet worden sind. Uebrigens ist der Schaden durch Versicherung gedeckt. Der größte Teil der wichtigsten und wertvollsten Maschinen blieb, wie nachträglich festgestellt werden konnte, unversehrt. :
Rottenburg, 16. Nov. (Wenn man keine Zeitung hält.) Zn der „Rottenburger Zeitung "wurde dieser Tage die Eröffnung eines Konkurses bekannt gegeben und vom Amts- zeucht darauf hingewiesen, daß nichts mehr an den Schuldner bezahlt werden dürfe. Ein Bezirksangehöriger bezahlte trotzdem an den Schuldner, der das Geld zur Deckung einer ihm wichtigen Verbindlichkeit verwendet haben soll. Die elftere Zahlung will nun der Konkursverwalter nicht anerkennen und er verlangt zur Masse nochmalige Zahlung. Der Schuldner hat auf diese Aufforderung als Einwendung entgegengebracht, er habe das Ausschreiben des Gerichts nicht gelesen, da er keine Zeitung halte. Für den von ihm nochmals zu zahlenden Betrag hätte er ca. sechs Zahre die Zeitung lesen können.
Hölzern OA. Weinsberg, 16. Nov. (Doppelernte.) Im Garten der Frau Schüler sind seit einiger Zeit Jakobiäpfel zweiter Ernte zu sehen. Beim Pflücken der ersten Aepsel stand der Baum neben einem reichlichen Behang noch im schönsten Blütenschmuck. Die günstige Herbstwitterung hat die Aepsel zum zweiten Mal zur Reife gebracht, eine seltene Gabe des Altweibersommers.
Tuttlingen, 16. Nov. (Brand.) Gestern abend brannte die Wirtschaft zum „Hirschkopf" (Besitzer Wolpert) auf dem Eehrihof bis auf den Grund nieder.
Ravensburg, 16. Nov. (Besichtigung.) Am Samstag trafen Mitglieder des Finanzausschusses, an der Spitze der Finanzminister und der Präsident der Forstdirektion mit weiteren vier Beamten hier ein, um die Waldungen der Bezirke Baindt und Mochenwangen zu besichtigen.
Wangen i. A., 16. Nov. (Ein Löffelschlucker.) Einen eigenartigen Sport betreibt der Gärtner August Riechel, gen. Steinbach. Während seiner Inhaftierungen verschluckte er zweimal einen Löffelstiel und brachte sich sonst wiederholt Verletzungen am Körper bei, um sich der Haft zu entziehen. Jetzt hat er sich neuerdings im Landesgefängnis Hall ebenfalls als Löffelschlucker betätigt.
Amtzell OA. Wangen, 16. Nov. (Der Alkohol.) Zu einer wüsten Schlägerei zwischen zwei Gruppen von insgesamt etwa 40 Mann kam es am Sonntag im Gasthof zur Reichste, wobei Flaschen, Gläser, Schlagringe und Stühle eine große Rolle spielten. Die Teilnehmer, zum größten Teil stark betrunken, haben in und vor der Wirtschaft wie Vandalen gehaust. Neben dem geschäftlichen Schaden durch entgangene Z' ^"träge, ist der Besitzerin durch Demolierung von Wi "8t und Fenster ein großer Schaden entstanden ..oungen ernstlicher Natur sind nicht
iu verzeichnen
Diebeslager bei Fischingen ^
Der am 16. .r in Hechingen aus dem Gefängnis ent-^ wlHene Josef r von Betra wurde festgenommen. In seinem kurzen Fr lStraum beging er wieder allerlei Straftaten. A"? langwierigen Fahndungen war sein Aufenthalt in den Gattungen auf der linken Neckarseite zwischen Fischingen und ^e-karhausen zu vermuten. Nun suchten drei Landjäger, gemein- Mttiich mit der Polizei in Fischingen, die Waldungen ab. Nach uundenlangem Suchen fand man sodann an einem Baumne bimsend einen Sack mit etwa 7 Pfund frischer Schinkenwurst. Beim «»"ersuchen entdeckten die Beamten einen mit Moos bedeckten «Hachtdeckel. Auf Aufforderung und Androhung der Schußwaffe entstieg dem Schob der Erde der Langgesuchte. Nach seinen Angaben bat er über acht Tage an dem wunderbar hergestellten unterstand gearbeitet. Nachdem er ein tüchtiges Loch hergerich- et hatte, entwendete er auf dem Solzlagerplatz beim Bahnhof n Neckarhausen 18 Stück Dielen von 4,5 Meter Länge, 4,5 Zen- Meter Stärke. Mit diesem und anderem Solz machte er sich eine Merirdische Wohnung mit Bettstatt, Regalen usw. Vorgefunden wurden außer Lebensmittel aller Art von Werkzeug. Seine erste »rage an die Beamten war: „Wie habt ihr mich gefunden?"
sodann den am Baume hängenden Wurstsack zeigte, Mug er sich mit der Faust gegen den Kopf und verwünschte seine Dummheit. Da die Deckbretter hoch mit Erde beworfen und zu- em dicht mit mannshohen Tannen bepflanzt waren, war die ^"'"dung sehr schwierig und nur dem verräterischen Rucksack zu
Man muß es dem Erbauer der Höhle schon lassen, seine Wohnung hat er sehr geschickt gebaut. Luftloch und zugleich Ausblick stellte eine Zementröhre her, etwa 12 Zentimeter im Durchmesser. Der Ausguck ist so geschickt angebracht, daß der Höhlenbewohner nicht nur die Straße Neckarhausen—Glatt im Visier hatte, sondern auch den Bahnhof Neckarhausen und weiter einen Teil der Straße Neckarhausen—Dettingen beobachten konnte. Was aus der „Wohnung" Schäfers an gestohlenem Hab und Gut ans Tageslicht befördert wurde, gab eine kleine Fuhre. Auch Wertsachen und Geld wurden gefunden. Ein interessanter Fund indessen ist ein kleines Büchlein, in dem 2284 Adressen handschriftlich ausgezeichnet sind; es sind natürlich Adressen seines Wirkungskreises. Die am Freitag erfolgte Festnahme Schäfers, der, nebenbei bemerkt, 26 Jahre alt und in llnterhausen verheiratet ist, liegt in aller Leute Mund, bis nach Horb hinunter. Und noch mehr: weit über 1060 Personen sind jetzt schon in diesen Tagen teils zu Fuß, teils per Rad oder Auto gekommen, um den Versteck Schäfers in Augenschein zu nehmen!
Kleine Nachrichten an» aller Well
Deutsch-amerikanische Kriegsteilnehmerverbrüderung. In der Stadt Lolumbus im Staat Ohio hat am Waffenstillstandstage die dortige Sektion der American Legion des amerikanischen Kriegsteilnehmerbundes 100 nach 1918 dorthin eingewanderte Kriegsteilnehmer zu einem Bankett eingeladen. Der amerikanische General Eough hielt die Festrede. Der frühere bayerische Fliegerleutnant Sedlmeier dankte für die anwesenden Deutschen.
Ehrung deutscher Kriegsopfer in England. Am Sonntag erfolgte aus dem Friedhof in Birmingham die Niederlegung eines Kranzes durch ein englisches Waisenmädchen auf dem Grabe eines der 24 deutschen im Hospital von Birmingham gestorbenen Soldaten. Der Leiter der Konsularabteilung der deutschen Botschaft, Dr. Meynen, legte ebenfalls einen Kranz auf dem Grabe nieder. Eine Gruppe britischer Offiziere erwies militärische Ebrenbezeuounaen.
S Personen und sich selbst erschossen. Aus Neuyork wird gemeldet: In Southtorrington (Wyoming) tötete ein Baptistenprediger seine Frau und seine vier Kinder durch Revolverschüsse und beging dann Selbstmord. Der Geistliche genoß Ansehen, war Polizeirichter und gleichzeitig Direktor großer Getreidespeicher.
Unwetterkatastrophe in Tokio. Wie aus Tokio gemeldet wird, entstand durch Blitzschlag in einem nördlichen Vorort der Stadt ein großer Brand, dem 14 Fabriken und etwa 60 Häuser zum Opfer fielen. In einem anderen Vorort wurden weitere 15 Fabriken und 250 Häuser durch Feuer vernichtet. Tausende von Menschen sind obdachlos. Der Schaden wird auf 500 000 Pen geschätzt.
Kandel und Verkehr.
Getreide
Berliner Produktenbörse vom 16. Nov. Weizen märk. 275—278, Rosien mark. 225—236, Gerste 226—252, dto. 165—268, Hafer märk. 187 bis 165, Mais loco Berlin 261—268, Weizenmehl 36—39, Noggenmehl 32.56 bis 34.25, Weizenkleie 12.25, Roggenkleie 12, Viktoriaerbsen 62—65, kl. Sveiseerbsen 46—43, Futtererbsen 22—27. Tendenz: ruhig.
- Fruchtpreise. Etlwangen: Roggen 11.96—12.56, Gerste 11.96-12.56, Hafer 8.86-9 — Nagold: Weizen 15.56-16, Dinkel 12, Gerste 12
bis 12.56, Hafer 8—9, Ackerbohnen 8.56 ^7. — Ravensburg: Besen 10.66 bis 11, Weizen 15—15.35, Roggen 13, Gerste 11.60—12.96. Haber 9.50 bis 9.76 — Ulm: Weizen 14—15.80, Rogqen 11.80—12.40, Gerste 10.30
bis 12.30, Haber 8-9.50, Kartoffeln 4.80-5.50 .<7. - Urach: Dinkel 9 bis 10.56, Gerste 11—13, Haber 9—10, Weizen 14 der Zentner.
Märkte
Stuttgarter Großmärkte vom 16. Nov. Kartoffelgrotzmarkt auf Kem Leonhardsplatz: Zufuhr 406 Zentner, Preis 6.50—6.70 ^7 für 1 Zir. — Filderkrautmarkt auf dem Leonbardsvlab: Zufuhr 106 Zentner, Preis S.50—4 .// für 1 Ztr.
Stuttgarter Wochenmarkt vom 16. Nov. Obwohl die Zufuhren an Obst und Gemüse heute wieder infolge des günstigen Wetters erheblich reichlicher waren, hielten sich die Preise im wesentlichen auf der seitherigen Höbe. Für feinere Obstsorten wurden sogar höhere Preise bezahlt. Tafelobst kostete durchschnittlich 15—18 Edelobst 20—25 4.
vereinzlt sogar bis 36 -f das Pfund: Quitten 26—85, Walnüsse 50—66 je Pfund. Tomaten wurden mit 30—50 bezahlt, Kraut kostete meist 4 »s, gelbe Rüben 5—7 das Pfund. Butter hielt sich in der bisherigen Preislage von 1,7—2 ^7. Schmalz, Ersatzfetie, Käse und Fische im wesentlichen unverändert.
Stuttgarter Schlachtvlchmarkt vom 16. Nov. Zugetrieben waren 53 Ochsen, 27 Bullen, 180 Jungbullen, 195 Jungrinder, 155 Kühe, 902 Kälber, 1164 Schweine, 11 Schafe: unverkauft blieben 5 Ochsen, 10 Jungbullen, 15 Jungrinder, 10 Kühe. Es kosteten per 56 Klar. Lebendgewicht: Ochsen 1. 52—54, 2. 44-48, 3. 46-43: Bullen 1. 56-53, 2. 46 bis 56, 3. 42—15: Jungrinder 1. 55—57, 2. 48—52, 3. 42—46: Kühe 1. 44—49, 2. 81-42, 3. 19-36, 4. 13-18: Kälber 1. 76-74, 2. 62-68, 3. 52 bis 59: Schweine über 300 Pfund 80—81, von 240—806 Pfund 79—86, von 206—240 Pfund 78—79, von 160-200 Pfund 77—78, unter 120 Pfund 74—76: Sauen 56—66. Verlauf: bei Grobvieh und Schweinen müßig, Kälber langsam.
Viehvreise. Göppingen: Kalbeln 666—966, Schmalvieh 200—406 V7. — Hayingen: Ochsen 320—546, Kühe 236—625, Kalbein 476—565, Jungvieh 120—356 ^7. — Melchingen: 1b—1jährige Rinder 166—186, trächtige Kalbein 466-586, Zugochsen 400-650 ^7 das Stück.
Göppingen, 15. Nov. (Schafmarkt.j Zufuhr 5410 Schafe. Preise: Schafe 66—96, Hämmel 76—IM, Lämmer 66 ^7 das Paar. Der Handel war lebhaft.
Schweincvreise. Herrenberg: Mtlchschweine 26—32 Läufer 47 bis
75 ,/7. — Kirchheim u. T.: Milchschwetne 26—35, Läufer 46—106 ^7. — Marbach: Milchschweine 26—W, Läufer 56 — Ravensburg: Ferkel
14—25, Läufer 30—66 ^7. — Saulgau: Ferkel :22—26, Läufer 66 »as.Stück.
Duriawer SAweinemarkt vom 13. Növ. Zufuhr 76 Läufer und 295 Ferkel, wovon 58 bezw. 268 verkauft wurden. Das Paar Läufer, kostete 84-62 ^7, bas Paar Ferkel 22-36 ^7.
Karlsruher Schlachtvichmarkt vom 15. Nov. Auftrieb und Preise: 82 Ochsen 44—53, 33 Bullen 44—50, 41 Kühe 26—38, 124 Färsen 44—53, 40 Kälber 60—72, 15 Schafe 36—40, 928 Schweine 76—81, beste Qualitäten über Notiz. Marktverlauf: bei Großvieh langsam, Ueberstand', Sei Kälbern, Schafen und Schweinen lebhaft, geräumt.
Württ. Zentralhäuteauktio« in Stuttgart vom 16. Nov. Leicht« Kalbfell« leicht anziehend, schwere teilweise lebte Preis« oder etwas höher. Großviehhäute: Ochsenhäut« lebte Preise mit kleinen Schwankungen, teilweise leicht anziehend, ganz schwere etwas nachgebenö. Rinder: letzte Preise mit teilweise leichten Ausschlägen, schwere leicht nachgebend. Kuhhäute: bis 69 Pfund etwa 8—8 Prozent Aufschlag, schwere leicht nachgebend (2—3 Prozent). Bullen: in den leichten Klassen lebte Preise, in den Mittelklassen 8—6 Prozent Aufschlag, schwere Klaffen lebte Preis«.
Pforzheimer Schlachtviehmarkt vom IS. Nov. Aufgetrieben waren 377 Tiere und zwar 33 Ochsen, 2S Kühe, 31 Rinder, 10 Farren, 6 Kälber, 14 Schafe, 258 Schweine. Marktverlauf langsam. Ueberstand 21 Stück Großvieh und 9 Schweine. Preise für ein Pfund Lebendgewicht: Ochsen 1. Klaffe S4—56, 2. 48 bis 52, Farren 1. 51 — 54, 2. und 3. 48 — 45, Kühe 2. und 3. 32—25, Rinder 1. 56—59, 2. 50—54, Kälber —, Schweine 1. 81 — 83, 2. 80—83.
Konkurse
Tiberius Rothenbacher, Mühlebesitzer in Aichstetten
Vermischtes.
Heiteres
Vorbehalt. „Heute habe ich dich zur Schule angemeldet, Fritz, chen." — „Hast du denn auch eine Kündigung ausgemacht?"
Erinnert. — ,,'n Kostüm mußt du haben, 'n Hut mußt du haben, 'n Paar Stiefel mußt du haben. Wie ich das alles bezahlen soll, ist mir schleierhaft." — „Richtig, 'n Schleier muh ich auch noch haben!" („Meggendorfer Blätter")
Autohumor. Ullrich hat sich ein Kleinauto angeschafft. Als vorsichtiger Mann fährt er überaus langsam. Ein Droschkenchans- feur, der ihn überholt, ruft ihm im Vorbeifahren zu: ,Men- schenskind, du hast woll bei deine Karre de Zeitlupe einjestellt?"
(„Fliegende Blätter")
Der Wahnsinn des Tages. Sie: „Was geschehen muß, um mir zu gefallen? Lernen Sie Lharleston!" — Er: „Muß ich vielleicht auch «och Neger werden?"
Letzte Nachrichten»
Der Achtstundentag vor dem Reichsgericht Berlin» 17. Nov. Das Reichsgericht hat eine für das gesamte Wirtschaftsleben bedeutungsvolle Entscheidung über den Achtstundentag gefällt. Zwei Direktoren der Leipziger Filiale einer Berliner Großbank waren wegen Vergehens gegen die Arbeitszeitverordnung angeklagt, weil aus ihre Anregung 35 Angestellte lleberstunden geleistet hatten. Die beiden Direktoren waren vom Landgericht freigesprochen worden, da angenommen wurde, daß die Angestellten die Mehrarbeit freiwillig geleistet hatten. Gegen dieses Urteil hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt mit der Begründung, daß den Angeklagten bekannt gewesen sei, daß die begründete Furcht vor dem allgemeinen Abbau bestimmend aus die Angestellten wirkte» die verlangte Mehrarbeit zu leisten. Deshalb sei die Mehrarbeit als unter einem Zwange geleistet anzusehen. Der erste Strafsenat des Reichsgerichts hat nunmehr, dem „Berliner Tageblatt" zufolge, das Urteil des Landgerichtes aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, die prüfen soll, ob die Angestellten gezwungen waren, die Mehrarbeit zu leisten.
Die Hausbesitzer zur Lockerung der Zwangswirtschaft Berlin, 17. Nov. Der preußische Landesverband des Haus- und Erundbesitzerverbandes e. V. als Spitzenorganisation des gesamten preußischen Hausbesitzes hat bezugnehmend auf die kürzlich ergangene Verordnung des Wohl- sahrtsministers betreffend Lockerung der Wohnungszwangswirtschaft seine Mitglieder aufgesordert, keine Kündigung ohne zwingenden Grund auszusprechen und auch dann nur nach vorhergehender Besprechung mit dem Mieter und keine Miets st eige- rung vorzunehmen, bevor nicht die Organisation ihre demnächst erscheinenden Richtlinien herausgegeben hat.
Deutsche Berufung in die Rechtsabteilung des Völker- bundsselretariats
London, 16. Nov. Der deutsche Staatsvertreter beim „Deutsch-Englischen Schiedsgericht", Rechtsanwalt Dr. Barandon aus Kiel, der diesen Posten seit 6 Jahren in London bekleidet, hat das Angebot Sir Eric Drummonds, als deutsches Mitglied in die Rechtsabteilung des Völkerbundssekretariats einzutreten, angenommen. Er wird seinen neuen Posten zu Beginn des kommenden Jahres an- treten.
Schwerer Betriebsunfall
Berlin, 17. Nov. Ein schweres Unglück ereignete sich in Barmen in einer Kunstseidenspinnerei beim Transport einer 70 Zentner schweren Filterpresse. Diese stürzte um und begrub zwei Arbeiter unter sich. Der eine war sofort tot. Der andere liegt in hoffnungslosem Zustand in dem Krankenhaus.
Entsendung einer französischen Militärmission in das Rheinland
Paris» 17. Nov. Der Heeresausschuß der Kammer hat heute beschlossen, eine Mission ins Rheinland zu entsenden, um an Ort und Stelle die verschiedenen militärischen und politischen, auf die Besetzung bezüglichen Fragen zu prüfen.
Gründung einer nationalen Rechtspartei in Polen Warschau» 17. Nov. Blättermeldungen zufolge fand gestern eine politische Zusammenkunft statt, die von der „Partei der Nationalen Rechte" einberufen worden war. Es handelte sich hierbei um die Gründung einer neuen nationalen Rechtspartei, die alle Kreise umfaßt und ein Gegengewicht des städtischen Elements aufweist. Sie hat keine monarchistische Tendenz. Sie wird die Politik Pil- sudskis unterstützen.
Zugzusammenstoß in Rumänien Bukarest, 16. Nov. Auf dem Bahnhof Fraracani in der Nähe von Marasesei ist ein Personenzug mit einem Eüterzug zusammengestoßen. Dabei wurden drei Lokomotiven und mehrere Wagen zerstört. 20 Personen wurden verletzt.
Zu den Kämpfen in Marokko Paris, 17. Nov. Nach einer Havasmeldung aus Tanger hat bei den Operationen im Gebiet der Beniider eine spanische Abteilung eine Stellung räumen müssen.
Für die Schriftleitung verantwortlich: Ludwig Sank. Druck und Verlag der W. Rieker'schen B«chdr»ckerei, Alte«ftek>