in Kalkutta gebildet wurde, entdeckt haben. Man glaubt aber, daß der Anschlag auf den Vizekönig in Delhi das Werk des Komitees gewesen ist. Die Engländer bemühen sich, die deutschen Siege zu verheimlichen, aber es gelingt ihnen nicht ganz. In Indien herrscht starke Gärung gegen England. Der Vizekönig soll gedroht haben, dem Emir von Afghanistan die Geldzuwendungen zu entziehen, wenn er sich gegen England wende, aber die Afghanen messen der Drohung keine Bedeutung bei, sondern warten mit Ungeduld aus den Zeitpunkt, wo sie den Khaiberpatz und Peschawar angreifen werden.
Eine energische Aktion der Neutralen.
Amsterdam, 18. Nov. Wie aus dem Haag gemeldet wird, hat das »ordamerikanischs Staatsdepartement sich bereit erklärt, das Mandat der vier neutralen Nordsoestaaten zum Zwecke einer offiziellen Intervention gegen die Sperrung der Nordsee zu übernehmen. Der nordamerikanische Gesandte im Haag fordert die niederländischen Handelskreise auf, ihre Verluste durch die Nordseesperre durch Vermittlung des königlichen Ministeriums des Aeutzern an die Gesandtschaft einzureichen.
(W.T.B.) Wien. 18. Nov. In Besprechung der Protestaktion der neutralen Staaten gegen die durch das rücksichtslose Vorgehen Englands erfolgte Verletzung ihrer Rechte, sagt die „Neue Freie Presse", die neutralen Staaten hätten das Richtige getroffen, wenn sie in Washington Beschwerde wegen Lähmung ihres Handels mit Amerika erhoben haben, da nur Amerika den nötigen Druck auf England ausüben könne. — Die „Neichspost" sagt, die neutralen Staaten sollen die Ohnmacht der englischen Flotte entgelten. Ihnen dürfte die Rede des Premierministers Asquith erst recht die Tatsache zum Bewußtsein bringen, daß die verbündeten Kaiserreiche den Kampf um die Handelsfreiheit auf dem Meere gegen den britischen Welttyrann führen.
Serbien und Bulgarien.
Wien, 17 Nov. Einer Meldung der Südslawischen Korrespondenz aus Sofia zufolge, veröffentlicht das bulgarische Regierungsblatt „Narodm Prava" nachstehende Erklärung: Wir erklären, daß in Sofia serbische Abgesandte eingetroffen sind, um Verhandlungen über irgend welche Konzessionen an Bulgarien auf der Basis der Abtretung des linken Wardaufers und der Anerkennung der nationalen kirchlichen Rechte der Bulgaren in Mazedonien zu pflegen. Wir zweifeln daran, daß diese Abgesandten Glück haben werden, weil Bulgarien und die bulgarische Regierung mit derlei unbedeutenden Zugeständnissen nicht befriedigt werden können.
Ungarn und die Rumäne».
Budapest, 17. Nov. Ein Organ der ungar- ländischen Rumänen führt aus, es gebe keine Zentrifugalbestiebungen bei ihnen. Nur fatales Mißverstehen oder llebereifer hätten das Phantom des rumänischen Jrredentismus ausbilden können. Graf Tisza habe mit Scharfblick erkannt, daß ein gegen
seitiges Verstehen der Ungarn und Rumänien im Inten sie beider Nationen geschaffen werden müsse Damit wäre ein immerhin gefährliches Retb- ungsmoment zwischen Oesterreich-Ungarn und Rumänien beseitigt.
Vermischte Nachrichten.
Das deutsche Bold.
(W.T.B.) Wien. 18. Nov. In der „Reichspost" schildert ein Mitglied der bulgarischen Sobranje den unbeschreiblichen Patriotismus und die grenzenlose Opferwilligkeit des deutschen Volkes, das bei seiner ungeheuren Kraft, straffen Ordnung und glänzenden Organisation von der Ueberzeugung durchdrungen sei, daß Deutschland unbesiegbar sei. Das deutsche Wirtschaftsgetriebe stehe noch immer tätig aufrecht da und das deutsche Volke sei entschlossen, den Krieg, wenn er auch noch so lauge dauere, durchzuhalten bis ans Ende. Die Kraft des deutschen Volkes beweise auch die jetzt von der deutschen Militärverwaltung in Belgien vollbrachte Arbeit, wo in allen neubesetzten Städten das normale Leben wieder einkehren könne.
Eine Spende aus Argentinien.
(W.T.B.) Berlin, 17. Nov. Die deutsche Überseeische Bank von Buenos-Aires hat dem Stellvertreter des Reichskanzlers 375 000 Mark übersandt als Ergebnis der Kriegsspende, die die in Argentinien lebenden Deutschen und Deutschenfreunde zur Unterstützung von notleidenden Familien in Deutschland gesammelt haben. Diese hochherzige Gabe werde in ganz Deutschland mit lebhafter Freude begrüßt werden als ein Zeichen unserer Anhänglichkeit an die alte Heimat und innige Teilnahme an dem großen Kampfe, in dem sie steht.
Ein schweres Bahnunglück.
(W.T.B.) München. 18. Nov. Die „Münchener Neuesten Nachr." melden: Der bayerische Lazarettzug der freiwilligen Krankenpflege, gestiftet vom Oberstleutnant Graf Moy, wurde bei einem Eisenbahnzusammenstoß in Lille schwer beschädigt. Ein Materialzug mit 60 Wagen war von rückwärts auf den Lazarettzug ausgefahren. An den aus 31 Wagen bestehenden Lazarettzug waren drei Güterwagen an- gehängt. Zwei davon waren mit Liebesgaben beladen, im dritten befanden sich Pferde unter der Aufsicht von zwei Offiziersdienern. Die Lokomotive des Materialzugs bohrte sich derart in den letzten Güterwagen, daß dieser auf die Lokomotive gehoben wurde. Unter diesen Güterwagen lag der vorletzte mit aufwärts liegenden Rädern. Der Wagen stellte sich senkrecht auf. Die Insassen, neun Pfleger, mußten ihn durch die zertrümmerten Fenster verlassen. Einer der. Pfleger hatte eine Gehirnerschütterung erlitten. Auch der Materialzug wurde schwer beschädigt. Die beiden Offiziersdiener sind tot, desgleichen ein Mann vom Matermlzug. Vierzehn Leute vom Materialzug wurden schwer verletzt. Die Verwundeten wurden ins Lazarett geschafft.
Protest gegen englische Rohheiten.
Berlin, 18. Nov. Gegen die von England betätigten Einsperrungen von deutschen Personen weiblichen Geschlechts sind, wie die „Tägliche Rundschau" erfährt, durch Vermittlung einer neutralen Macht nochmals ernste Schritte in London unternommen worden, von deren Ausfall es abhängt, ob nicht Deutschland zu den gleichen Vergeltungsmaßregeln auch gegenüber den zahlreichen in Deutschland sich aufhaltenden Engländerinnen schreiten wird.
Der Wirtschaftskrieg Frankreichs.
Von der schweizerischen Grenze 17, Nov. In der Pariser Presse wird die Hetze gegen das private Eigentum der Deutschen und Oesterreicher fortgesetzt. Dem „Journal" zufolge sind bereits 3000 Geschäfte sequestriert worden,' man müsse aber voraussehen, daß diese Ziffer bis auf 12 000 und vielleicht sogar auf 15 000 steigen werde. Das Blatt gibt selbst zu, daß es an dem nötigen Gerichtspersonal zur gewissenhaften Durchführung einer solchen Massensequestration fehle. Man kann sich danach vorstellen, zu welcher Verschleuderung sie führen muß. In der letzten, von den Zeitungen veröffentlichten Liste der sequestrierten Deutschen und Oesterreicher befindet sich auch der Korrespondent des „Wölfischen Bureaus", Friedrich Schiff, der bereits zu Beginn des Krieges unter der Anklage der Spionage verhaftet, aber infolge Eingreifens des österreichischen Botschafters freigelaffen worden war. Die Sequestration beginnt also auch auf private Personen ausgedehnt zu werden. — Es ist auzunehmen, daß Deutschland energische Gegenmaßregeln trifft.
Ans Japan,
Berlin, 17. Nov. Die „Voss. Ztg." schreibt: Die Petersburger Telegraphenagentur schreibt: Der Mikado hat bestimmt, daß der Kommandant und die Offiziere von Tsingtau ihre Waffen behalten. — Wie die Petersburger „Rjetsch" meldet, verfolgt die japanische Presse mit großer Besorgnis das Anwachsen der japanfeindlichen Stimmung in Amerika, die bereits einen sehr bedenklichen Umfang angenommen hat. Nach Ansicht der Tokioer Blätter wäre es das Beste, Tsingtau an China zurückzugeben. Als Entschädigung dafür solle die Pekinger Regierung den Japanern die deutschen Rechte an der Schantungbahn einräumen.
Der „schwerste" Verlust.
Berlin, 18. Nov. Aus Petersburg wird der „Times" gemeldet, daß das Verbot des Verkaufs von Spirituosen überall, wo der Kriegszustand erklärt worden ist, große Erregung hervorgerufen hervorgerufen hat. Die Wein- und Spirituosengeschäfte wurden von der Menge gestürmt.
Die französischen Kriegskosten.
Paris, 17. Nov. Das „Echo de Paris" berechnet die bisherigen Kriegsausgaben Frankreichs auf 5'/, Milliarven Franken.
Feldpostbrief.
(E. G.-K.) Treffin, 16. 10.14.
Liebe Frau! Hier sitze ich in einer Villa, eigentlich einem Schloß, 10 Kilom. von Lille und von Roubaix entfernt. Im Kamin brennt ein prächtiges Feuer. Der Gärtner des Hauses mit seiner Frau verwaltet das von den Bewohnern verlassene Haus. Ich kann am besten schreiben, wenn ich der Reihe nach erzähle, wie ichs erlebt habe. In Roisin war das Quartier sehr schön, der Verkehr mit der Familie war direkt erhebend, denn ein Marsch von 50 Kilom. und ein kurzes Quartier in Cy- soing, wo ich mit Freund Paul D. zusammen war. Hierauf ein kurzer Marsch von 15 Kilom. hierher, wo ich Ortskommandant bin. Wir ließen uns kochen von der Gärtnersfrau. Die Tochter u^> der Sohn decken mit dem gräflichen Geschirr und der Vater bringt aus dem Keller, was man im Traum sich wünschen mag. Also: Suppe Tomaten, Braten am Stuck, Pommesfrites, Gemüse, Salat, welchen ich auf dem Tisch anmache, Früchte, Gebäck, Kaffee und Kognac, Nüsse. Zum ersten Gang roter Bordeau, dann Pommard cuvöe 1901, dann Champagner Heidsick. Ich habe das Schlafzimmer der Gräfin für mich, Teppiche, Seidendecke, Toilettenzimmer mit 20 Essenzen und Parfüms. Die Früchte des Gartens find ganz erstklassig, der Gärtner zeigt und bietet bei Tisch von allen Sorten an. Der liebe Gott würde mit diesem Quartier auch zufrieden sein! Aber die Pflasterwege! Alle Straßen sind auf einmal ganz und gar gepflastert.. Das haben sich unsere Frachtwagen nicht gedacht. Ein Rad nach dem andern ergibt sich und bricht. Das beste ist, man nimmt den Einwohnern ihre schweren plumpen Wagen weg, welche dieses Pflaster aushalten. Wir haben schon drei solcher Wagen jetzt, und nehmen weitere wie mans kriegt. Man nimmt überhaupt, was man findet und brauchen kann und schreibt einen Wisch dafür. Erst in den letzten 8 Tagen habe ich 8 Pferde so gekauft. Der Maire des Ortes ist der „Esel streck dich!" Was man braucht: Haber, Heu, Stroh, Fleisch, Brot,
Wein, Petroleum, Laternen, Wagen, Pferde alles muß er herfchaffen, wies der Soldat verlangt. Jetzt denkt der Mann: Gott Lob, diesen Offizier und seine Soldaten habe ich befriedigt, da marschieren zum andern Tor wieder ein paar Hundert neue Soldaten herein, und er sollte wieder haben, was er eben gab, um auch diese befriedigen zu können. Der Krieg im eigenen Lande — der Gedanke ist nicht auszudenken! Gestern bekam ich wieder einmal die Post. Üeber Lille draußen holte sie unser Chaischen ab. Wenn Hans und Werner fleißig an mich schreiben, dann bekommen sie die Uniform eines Franzosen als Reisepräsent, in einem Sack auf dem Wagen habe ich sie schon lange, aber ich habe keine Gelegenheit, ein Paket heim zu senden. Herzl. Gruß.
Wilhelm.
*
Treffin. 18. 10. 14.
Sonntag Nachmittag in meiner Villa, Chateau heißens die Leute. Nach dem Mittagessen ritt ich zwei Stunden spazieren und meine Soldaten bewegten die Pferde auf den Feldern. Es ist alles, alles eben bis zum Meer. Jetzt bin ich zurückgekommen und sitze beim Kaffee, Kognak und einer Zigarre am Tisch und schreibe Dir was. Vor mir steht in einem Täßchen ein Sträußchen große Erdbeeren, die wir im Garten der Villa gefunden haben. Auch eine prachtvolle Rose liegt vor mir; es hat noch ziemlich viele Rosen im Garten. Wenn Du aber die Virnenpyramiden sehen könntest: Butterbirnen, gute Luise, Eoldbiruen, Bergamotte. Es trägt alles so reich und die Blumen halten so lange, es muß daran liegen, daß wegen der Nähe des Meeres keine Nachtfröste kommen. Gestern Abend kam wieder die Post. Ich erhielt Zucker und Cacao, herzlichen Dank! Auch von Schwester M. und Schwägerin M. bekam ich gute Sachen. Heute Abend wird die Vriefpost kommen. Daß wir die letzten Tage nichts zu schaffen hatten, kommt daher, daß man hier alles im Lande findet und deshalb die Ladung nicht benötigt wird. Vielleicht oder hoffentlich gehts morgen wieder weiter, man ist doch zum Arbeiten da, nicht zum Privatisieren. — Gestern
bekam Lt. K. eine Zeitung, den Volksfreund aus V. vom 5. Ott. und zu meiner schmerzlichen Ueberraschung finde ich darin die Todesnachricht von E. D. Wirklich schmerzlich ist mir das! Ich hätte so sehr gewünscht, daß er glücklich heimgekehrt wäre und eine glänzende Laufbahn gehabt hätte. Aber dieser Krieg!! Heute Abend kommt der Bürgermeister von Treffin wieder zu mir, um die Bescheinigung für seine Quartierleistung zu holen. Er ist sehr höflich und bringt stets frische Eier mit, um sich bei mir angenehm zu machen: „mon commanciant j'ai I'konneur cie vou8 prö8enter quelque8 oeüt8 trai8." — Ich bedaure den guten Mann, denn er lebt in steter Todesangst. Er ist für alles verantwortlich und in den Ankündigungen der deutschen Kommandobehörde, welche in fettem Druck am Rathaus ausgehängt sind, heißt es immer: „Wenn der Maire solche Befehle nicht befolgt oder das Zuwiderhandeln begünstigt, oder in Kenntnis von einer solchen Absicht, nicht sofort anzeigt, so wird er standrechtlich erschaffen und das Dorf wird niedergebrannt!" Da möge Einer sagen, es sei ein schönes Amt Ortsgewaltiger zu sein. Nun die Leute sind hier sehr zahm und der Befehl, alle Räume des Hauses zu zeigen, wird stets schleunigst erfüllt. Ich will gerne Nachtmärsche machen, im Freien biwakieren, dürftig mich ernähren, aber die Leute plagen, um des Krieges willen — nein das ist mir herzlich zuwider. Im Großen und Ganzen fordert ja jeder nur, was seine Truppe eben braucht, aber wenn schon wochenlang von den Leuten gefordert wurde und man fordert immer weiter,, immer neue Truppen kommen — jede fordert wieder — so fühlt man mit den Leuten und denkt, wie es doch wäre, wenn man in ihrer Haut steckte. Das Schlimmste ist, daß alle die Gewerbe stocken. Der Bauer kann nicht dreschen — seine Tenne steht täglich voll von Soldatenpferden, was er drischt, wird sofort weggenommen. Die Fabriken stehen still, kein Einwohner darf ohne Paß im nächsten Ort ein Stück Brot oder Fleisch kaufen gehen. — Bitter, bitter! — Jetzt Schluß für heute. Mir selbst gehts vortrefflich, der Pommard bekommt mir sehr gut, nur nicht denken, sondern leben wies der Tag bringt.
Herzl. Grüße. W.