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Ur. l64

Altensteig, Samstag -en 17. Juli

1926

Zur Lage. !

Während der deutsche Reichskanzler auf seiner Rheinland ! reife den deutschen Brüdern ermutigende Worte zusprach s hat die oerbändlerische Militärkontrollkommission in Verlir «neu neuen Anschlag auf die Reichswehr ausgeführt. Eiw s der vielen Cntwaffnungsnoten ist bei der Reichsregierunj > ««gelaufen, in der gegen die Stellung des Generals Seeck ! Sturm gelaufen wird. Auch in andere Vnchvafsnungsfrager s wird hineingeredet, obwohl die Botschafterkonferenz voi s Locarno festgestellt hat, daß die Entwaffnung in Deutsch ! land durchgeführt ist und die Zusage erzielt wurde, daß di< f Kontrollkommission verschwindet. Aber es ist alles beim Men geblieben und di« fremdländischen Militärs kümmern jdh nicht um die politischen Abmachungen. Die Reichsregie- r»ng wird sich erst in einigen Wochen mit der Kontrolle »ote befassen, die wie so manche Vorgänge im besetzten Ee- Hiet im Gegensatz zu den Abmachungen stehen. Nun hat -war -er Vorsitzende der Kontrollkommission in Berlin, Ge­neral Walch, dieser Tage sich ausgesprochen, daß seine Kom­mission bald nach Paris zurückkehren werde, ja daß sie im September von dem unbequemen Dienst in Deutschland «löst würde. Das hört sich recht nett an und man darf hoffen, daß mit dem Eintritt Deutschlands in den Völker­bund endlich der Schnüfflerei ein Ende bereitet wird. Im l übrigen muß man es in Paris wißen, wer die neuen Ent­waffnungsnoten veranlaßt hat. Das Echo von Paris nennt alp Urheber den General Foch. Aber es ist noch zweifelhaft, - nur die Militärs und nicht auch die Politiker ihre Finger s im Spiele haben. !

Die Untaten der französischen Soldateska ln dem sried- ( tichen Pfälzer Städtchen Germersheim haben sich anläßlich - des fünfzigjährigen F "nenjubiläums des Krieger- und ; Leteranenvereins abgespielt. Die Nachprüfung dr zustän- i digen Reichsstellen hat sie bestätigt. Es ist ein lebhafter ! Protest bei der Pariser Regierung notwendig. Die Aus­schreitungen des französischen Militärs stellen so ungefähr das tollste dar, was sich fremde Truppen in deutschen Landen «rlauben können. Man hat nicht nur das bayerische Staats­wappen und die Germersheimer Stadtfarben herabgerissen, sondern auch die offizielle deutsche Reichsflagge. Dadurch ist eine sehr gewichtige Bestimmung des Rheinlandabkommens verletzt. Auf die Beschwerde des deutschen Rheinlandkom- «issars ist bisher keine Entschuldigung erfolgt. Die Zwischen­fälle im besetzten Gebiet haben sich sogar vermehrt. So wurde in Koblenz das Spielen und Singen des Deutschlcnd- kedes verboten, Kapellmeister und Kapitän deshalb von den Kränzchen sogar in Haft genommen. Diese höchst unlieb­samen Dinge nach dem Locarnovertrag zeigen, daß die Fran- psrn sich noch in gar keiner Weise umgestellt haben.

Di« Nachricht, daß Graf Lerchenfeld. der frühere bayerische Ministerpräsident, zum deutschen Gesandten in ! Wien ernannt wurde, hat endlich dem Rätselraten ein Ende ! zemacht, das gerade in den letzten Wochen sich im Hinblich ? «rf die Neubesetzung des Wiener Gesandtenpostens bemerk- i bar gemacht hatte. Die deutsche Gesandtschaft in Wien ist ^it jeher politisch hart umstritten worden. Solange man >vch von einer Donau-Monarchie spricht, wird das auch so bleiben. Der Widerstand, der sich gegen die Ernennung des Grafen Lerchenfeld schon von vornherein bemerkbar machte, bu»g von jenen Kreisen aus, die in dem bayerischen Grafen be« Förderalisten, den Partikularisten, kurzum, den Ver- z deter des Gedankens einer Donau-Monarchie erblicken. Nun s P Graf Lerchenfeld ein so ruhiger und so sachlich denkender z vüitiker, daß er niemals durch sein bisheriges Wirken hätte s A den Ruf kommen können, etwa die intransigente Rich- z «g seiner Parteifreunde zu vertreten. Wenn sich der - «^«minister Stresemann dazu entschlossen hat, an einer - «mdidatur Lerchenfelds für den Wiener Posten aktiv mit- s wirken, so genügt das, um zu beweisen, daß Graf Lerchen- i ^ld im gegenwärtigen Augenblick und beim derzeitigen ; »tanh twicklung des Anschlußproblems wohl der ge- l >rbene Mann für Wien ist. Wir kommen mit Reden und - Nochmaligen Reden in der Anschl- -ge überhaupt nicht j weiter. Rur stille aber intensive Arbeit im Sinne des ; klnschlußgedankens kann Deutsch-Oesterreich in den Schoß des ^ großen gemeinsamen Vaterlandes zurückführen. z

Die Auseinandersetzung zwischen Preußen und dem Ho- s benzollernhaus soll vertagt werden. Die preußische Regie- s rung soll die Absicht haben, in ihrer Antwort auf das An- § gebot, das kürzlich der Generalbevollmächtigte der Hohen- s iollern, Herr von Berg, auf Einleitung neuer Vergleichs- j Verhandlungen gemacht hat, nicht nur den Oktobervergleich j Us Derhandlungsgrundiage adzulehnen, sondern auch noch ' «der den Abfindungsentwuri der Reichsregierung hinaus "

Zugeständnisse zu verlangen. Die preußische Staatsregierung würde damit einen verhängnisvollen Schritt tun, der nicht im Interesse Preußens und im Interesse des Reiches ist. Die richtige Derhandlungsgrundiage wäre nach unserem Dafürhalten der Entwurf der Regierungsparteien bezw. der der Reichsregierung in der Fassung, wie er aus de:r Aus­schuß wieder vor das Plenum gelangt ist. Er würde den preußischen Staatsinteressen vollauf Rechnung tragen und andererseits auch der Hohenzollernfamilie eine immerhin noch so stattliche Existenzmöglichkeit belassen, daß alle Agi­tationsversuche der Rechten daran scheitern müßten. Ver­langt abe« der preußische Staat darüber hinaus noch Zu­geständnisse, so untergräbt er selbst seine taktisch günstige Position. Wir möchten darum hoffen, daß die beiden bür­gerlichen Parteien im Preußenkabinett, die seinerzeit ja auch im Reiche das Abfindungskompromiß gutgeheißen haben, in diesem Sinne ihren Einfluß auf das preußische Staatsministerium geltend machen.

Die Arbeitslosenkrawalle in Berlin, die offenbar durch die Ungeschicklichkeit und die Nervosität einiger Beamter ver­ursacht worden sind, lenken die Aufmerksamkeit der weitesten Oeffentlichkeit auf das Grundproblem unserer heutigen Wirtschaft. Der Tiefpunkt der Sanierungskrise darf, soweit die reinen Produktionsbetriebe in Frage kommen, im allge­meinen als überwunden gelten. Es fehlt aber überall noch an den nötigen Mitteln, um das ungeheure Arbeitslosen­heer, das in Berlin im Gegensatz zu der allgemein etwa­fallenden Tendenz fortdauernd gestiegen ist, wieder aufzu­saugen. Darum ist die schleunige Schaffung von Rotstands- arbeiten größten Ausmaßes das Gebot der Stunde. Der Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius hat vor kurzem be­reits vor den Gewerkschaften seine Pläne entwickelt, die die Zustimmung des gesamten Reichskabinetts gefunden haben. Es wird nun aber die allerhöchste Zeit, daß man mit der Verwirklichung dieses Programmes beginnt. Es wäre sonst nicht auszudenken, zu welcher tiefgreifenden Beunruhigung unseres gesamten sozialen Lebens es im Herbst oder Winter kommen müßte, wenn aus allgemeinen Gründen die Er­werbslosigkeit zunimmt.

Die deutsch-polnischen Verhandlungen, oie am 19. Juli wieder beginnen, sind bereits jetzt in der Warschauer Presse Gegenstand lebhafter Erörterungen. Bemerkenswert ist vor allem der Optimismus, mit dem man in Polen an die be­vorstehenden Wirtschaftsverhandlungen herangeht. Aller­dings wird dabei nach üblicher Manier auch ein bißchen ge­schwindelt. So wird u. a. behauptet, daß die polnische Dele­gation den Wunsch geäußert habe,schon jetzt" mit den Be­sprechungen über das Niederlassungsrecht zu beginnen. Tat­sächlich liegen die Dinge etwas anders. Die Reichsregierung hat, was selbstverständlich ist, alle weiteren Erörterungen über den Zolltarif solange abgelehnt, bis die Frage des Niederlassungsrechts endgültig geklärt war. Die polnische Delegation hat sich lange Zeit hindurch hartnäckig geweigert, diese Frage überhaupt anzuschneiden und erst als sie sah, daß sie auf diesem Wege keinen Schritt vorwärts kommen würde, hat der polnische Gesandte in Berlin, Olszewski, der zugleich Führer der polnischen Wirtschaftsdelegation ist, di« Bereitwilligkeit seiner Regierung ausgesprochen, auch die Frage des Niederlassungsrechtes Deutscher in Polenschon jetzt" zum Gegenstand von Besprechungen zu machen. Diese sind nun soweit gediehen, daß von der nächsten Woche ab die zweite Lesung der beiderseitigen Tarifwünsche beginnen kann. Zu irgendwelchem Optimismus liegt allerdings auch jetzt noch kein Grund vor, da Polen die von Deutschland geforderte Bindung des Zolltarifs bisher noch nicht zuge­standen hat. Ohne sie wird aber an einen positiven Ausgang der kommenden Verhandlungen nicht zu denken sein. Eleich- zeiig hat die Reichsregierung in einer Note Verhandlungen über das von Polen ohne Entschädigung beschlagnahmte deutsche Eigentum verlangt. Denn Polen ist bei der Be­schlagnahme von deutschem Reichs- uiü> Staatseigentum be­sonders rigoros verfahren und hat nach Willkür geraubt. Der internationale Gerichtshof in Haag hat bekanntlich beim Streit um das Stickstoffwerk in Lhorzow (Ostoberschle­sien j teilweise anders geurteilt. Auf Grund dieser Ent­scheidung hat die Reichsregierung nun neue Verhandlungen gefordert, um für die 219 vertriebenen deutschen Domänen­pächter, denei. auch das Inventar beschlagnahmt wurde, etwas zu retten.

Briand hat seine besonderen Sorgen. Zwar konnte sein Kabinett in der Kammer noch ein Vertrauensvotum von 22 Stimmen Mehrheit erzielen und Caillaux hat in London mit der Unterzeichnung des französisch-englischen Schuldcn- abkommcns einen vollen Erfolg gehabt. Frankreich wurden dabei viele Millionen geschenkt, etwa 60 Prozent der ganzen Schuldsumme, aber de: Franken ist weiter gefallen und hat

, logar seinen tiefsten ManD erreicht. Unterdessen hat das ! französische Kabinett eine Reihe von Sparmaßnahmen be- j schlossen und Vollmachten für alle Finanzmaßnahmen ge- s fordert. Das Ermächtigungsgesetz soll in kommender Woche ! in der Kammer verabschiedet werden. Zn Belgien hat die ! Regierung es bereits erhalten. Wir in Deutschland wissen, i daß alle diese Maßnahmen nicht genügen, wenn dabei nicht ; auch eine Politik gemacht wird, die alle militärischen Aus- j gal>en einschränkt und eine wirtschaftliche Verständigung der ^ Völker ermöglicht.

3mn Tode des Bischofs Dr. v. Keppler.

! Rottenburg, 16. Juli. Ueber den Vorgang beim Tode ! des Bischofs wird noch gemeldet: Exzellenz Dr. von Keppler r las heute früh 7 Uhr wie üblich in seiner im bischöflichen ! Palais befindlichen Privatkapelle die hl. Messe. Kurz vor ! der Wandlung befiel den Bischof eine Herzschwäche. Er ; mußte infolgedessen die Zelebrierung der Messe unterbre- ! chen und wurde in seine Gemächer verbracht. Sofort wurde auch Dr. Schlegel aus Tübingen berufen. Aber um 9 Uhr i erlag der Bischof einer Herzlähmung und entschlief sanft. ! Die Nachricht von seinem Tode hat hier große Bestürzung s und tiefe Trauer hervorgerufen. Wie wir hören, findet I die Beisetzung am nächsten Dienstag statt. Vormittags 8 ! Uhr ist Totenoffizium im Dom, um 9 Uhr Requiem. Her- i nach findet die lleberführung der Leiche nach Suilchen statt,

, wo sich die Bischofsgruft befindet. Bei den Veisetzungs- feierlichkeiten wird die württ. Regierung durch Justizmini­ster Veyerle vertreten sein, der zurzeit den auf Urlaub be­findlichen Staatspräsidenten vertritt Aus Freiburg wird Erzbischof Dr. Fritz teilnehmen.

r Obwohl 74jäbrig, war er geistig und körperlich noch so rüstig, i sab niemand mit einem so jähen Tod rechnete. Der von Todes- I ahnungen erfüllte Ernst, der im vorigen Jahre aus allen seinen j Ansprachen bei Gelegenheit seines 50jährigen Priester- und 25- ! jährigen Vischofsjubiläum klang, hat bälder, als erwartet wer- ! den konnte, seine Rechtfertigung gefunden. Aber es ist bezeich- , nend für das Gott geweihte Leben des Bischofs, daß diesem Le- s ben beim Gottesdienst, bei Darbringung des Meßopfers ein ! Ziel gesetzt wurde. Bischof Dr. von Kevvler entstammt einer s Gelehrtenfamilie. Er ist ein Nachkomme des Astronomen Kep- i ler von Weilderstadt. Am 28. November 1852 wurde Keppler ! als zweiter Sohn des protestantischen Gerichtsnotars Keppler in z Schwab. Gmünd geboren. Er absolvierte dort die Lateinschule, i dann das Obergymnasium in Ehingen und besuchte hierauf die i Universität in Tübingen. Am 2. August 1875 wurde er zum Prie- ! fter geweiht. Im November 1876 kam er als Repetent ans Wil- s helmsstift in Tübingen. 18801883 war er Stadtpfarrer in ! Cannstatt. Im Februar 1883 wurde er Professor in Tübingen,

I 18S4 Professor an der Universität in Freiburg und im November t 1SS8 erfolgte seine Wahl zum Bischof von Rottenburg, j Als theologischer, kunsthistorischer und Reiseschriftsteller hat ? der Bischof eine umfangreiche Tätigkeit entfaltet. Weltbekannt wurde er durch seine BücherMehr Freude" undLeidensschule". Sie werde« in allen Sprachen gelesen und haben nicht nur bei Katholiken, sondern auch bei Andersgläubigen volle Anerken- «nn gefunden. In den Herzen verankert ist der Bischof vor al­lem in seiner Diözese. Welches Ansehen, welche Verehrung und Liebe er genob, das zeigte so recht die Feier seines Dovveljubi- läums im vergangenen Jahre, das bewies aber auch der Stutt- k garter Katholikentag, bei dem ihm die Katholiken von ganz i Deutschland zujubelten. Anspruchslosigkeit und Selbstbescheidung ! waren die Kennzeichen seiner persönlichen Lebensweise. Auch im k deutschen Episkopat war Bischof Keppler hochgeschätzt. Viele 8er z »«rühmten Hirtenschreiben, die von der Fuldaer Bischofskonferenz s lusgingen, batten, namentlich während des Weltkrieges, ihn i mm Verfasser. Er war ein Meister des Worts, ob er auf der I Kanzel stand oder ob seine Hand die Feder führte. Deshalb kann ! «an auch ohne jede Uebertreibung sagen, dab mit Bischof Dr.

^ »on Keppler einer der hervorragendsten Kirchenfürsten Deutsch- r !ands dahingegangen ist.

- Die Beerdigungsfeierlichkeiten finden voraussichtlich am ! Montag statt. Ueber die Nachfolge im Bischofsamt läßt sich

- nichts Bestimmtes sagen. Nachdem durch die Revolution di« z staatsrechtlichen Bindungen gefallen sind, gilt für die Noch- ? folge ausschließlich das Kirchenrecht. Nach diesem steht dem ! Papst das Ernennungsrecht zu. Es ist aber möglich, daß der , Papst die Bischofswahl dem Domkapitol überläßt und nur s die Bestätigung sich vorbehält.

? Der mutmaßliche Nachfolger Kepplers auf dem Rotten- s burger Bischofsstuhl ist der jetzt im 66. Lebensjahre stehende > Weihbischof Dr. Sproll, der im Jahre 1912 dem Bischof auf seinen ausdrücklichen Wunsch als Koadjutor zur Seite ge-