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Schwarzwälder TageszeitungAus den Tannen"

Nr. t62

Für unsere Frauen

Mutter und Kind

O Mutter, halte dein Kindlein warm, die Welt ist kalt und Helle, und trag es fromm in deinem Arm an deines Herzens Schwelle.

Clemens Brentano.

Stör nicht den Traum der Kinder, wenn eine Lust sie herzt; ihr Weh schmerzt sie nicht minder, als dich das deine schmerzt.

Es trägt wohl mancher Alte, des Herz längst nicht mehr flammt, im Antlitz eine Falte, die aus der Kindheit stammt.

I. Hammer.

Was eine Kindesseele aus jedem Blick verspricht!

So reich ist doch an Hofnung ein ganzer Früling nicht.

Wie uns den Frühling kündet ein Veilchen schon im März, so ward dem Kind ein Frühling für dich, o Mutterherz!

Es wird zur Rose werden in Zucht und Sittsamkeit und dir srneu'n auf Erden die eigne Frühlingszeit.

A. H. Hoffmann.

Was ist Aeve?

Was ist Liebe? Sie ist die Harmonie in deinem Her­zen, wenn sie auf einen Ruf der Not antwortet; sie ist die edle Hand eines Kameraden, wenn der Lebensweg hart und steinig wird; sie ist der Glanz des Lichtes, das deinen Pfad im Augenblicke der Dunkelheit erhellt. Sie ist die Flamme der Schönheit am Himmel deiner Empfindungen, wenn alles häßlich und grauenhaft erscheint; sie ist die im- meraufrichtende Hoffnung, welche die finstere Verzweif­lung besänftigt; sie ist der Schimmer der Zärtlichkeit aus unbekannten Augen, wenn du durch die Nacht des Mate­riellen schreitest; sie ist das Wort der Würdigung, die mit natürlicher Aufrichtigkeit hervorströmt, wenn alles deine Welt verschmäht; sie ist das holde Wiedererkennen deines inneren Gottes in der Zeit der Trostlosigkeit; sie ist der verstehende Blick in einem Dienste reinster Zuneigung, welcher dem wunden Herzen offenbart, daß der Herr und Meister des Mitleides und Erbarmens in dem Herzen des Mannes, des Weibes, des Kindes, des Tieres herrscht, schätzung und Würdigung begegnen. Die vollkommene wen nihre Blicke den deinen in liebender innerer Wert- Liebö hat unzählige Offenbarungen. Verzeihung muß un­ser kostbares Geschenk bleiben.

Caterina von Siena.

Zu den bemerkenswertesten Frauen der Renaissancezeit gehört unstreitig Caterina von Siena, deren Tag die katho­lische Kirche am 30. April feiert. Aber auch nichtkatholische Kreise bringen dieser Heiligen, ähnlich wie Franz von Assissi, Interesse und Sympathie entgegen, ist sie doch ein ungewöhnlich starker Charakter, dessen Glut und Willens­kraft schwerste Hindernisse überwand und sich in öffentli­cher Wirksamkeit durchsetzte. Das ist umso erstaunlicher, als ihre einfache Herkunft ihr in keiner Weise die Wege eb­nete. Zum Beginn der furchtbaren Pestzeit 1347 geboren, wächst sie unter 23 Geschwistern im Haus des Färbers Be- nincasa in Siena auf, in der Nähe des Klosters der Do­minikaner, deren bedeutende apostolische Tätigkeit schon dem Kinde als höchstes Ideal vorschwebt. Aber sie ist ja nur ein Mädchen, und so beginnen denn mit ihrem 12. Lebensjahr die Versuche der Familie, sie zu einer Heirat zu überreden, gegen die sie eine unüberwindliche Abnei­gung hegt. Doch auch das eingeschlossene Klosterleben wählt sie nicht; ihr innerster Beruf soll sie in die Welt hi­nausführen gleich den von ihr so verehrten Predigermön- chen. Mit grenzenloser Geduld beharrt sie auf ihrem Wil­len und findet als erste unverheiratete Frau Auf­nahme im sogenannten 3. Orden des heiligen Dominikus, der für verheiratete Frauen und Männer bestimmt war, die nicht in Klausur lebten. Caterina richtet sich in ihrem Elternhaus eine Zelle ein, die sie drei Jahre lang nicht verläßt und in der sie sich unerhört strenger Askese unterwirft. Die in dieser in tiefstem Schweigen zugebrach­ten Zeit errungenen übersinnlichen Erlebnisse gipfeln in der von der bildenden Kunst so oft verherrlichtenVerlo­bung der heiligen Katherina", sie empfängt den unsichtba­ren Verlobungsring und tauscht ihr Herz mit Christus aus. Dann erst tritt sie in die Welt hinaus und wird in kurzer Zeit eine Berühmtheit ihrer Heimat. Schüler und Schü­lerinnen, zum Teil aus den vornehmsten Häusern Sienas, sammeln sich um sie, die sie mit schwesterlicher und mütter­licher Liebe umgibt; in ihrem Beichtvater Raimund von Capua, der später ihr Leben beschrieben hat, findet sie eine

der ihren verwandte Seele. Verleumdung und Spott können zunächst bei ihrem häufigen Umgang mit den Do­minikanerbrüdern, mit Priestern und Laien nicht ausblei- ben; Mißtrauen und Aergernis erregen bei manchen ihre stundenlangen Ekstasen, die sie beim Empfang der Kom­munion bewegungslos machen und während der sie einst l in einer Kirche zu Pisa die Wundmale empfing. Solche neidischen und mißbilligenden Stimmen sind auch nie ganz verstummt; ihr Dasein war eben ein zu ungewöhnliches. Mit der mutvollen Pflege der Pestkranken, mit der Sorge für die Armen verband sie eine ausgedehnte seelsorgerische Tätigkeit, deren Erfolge die Regierungen auf sie aufmerk­sam machen, so daß sie bald auch von anderen Städten, z. B. von Bologna und Florenz um Vermittlungen und Frie­densstiftungen ersucht wird. Von den zahllosen Bekeh­rungen, über die berichtet wird, ist keine ergreifender und dramatischer, als die von ihr selbst geschilderte des Nicola Tuldo. Ein jugendlicher, ritterlicher Verschwörer gegen die gerade herrschende Volksregierung Sienas wird inner­halb weniger Stunden verhaftet, eingekerkert, zum Tode verurteilt. Ohne die geringste religiöse Einstellung er­greift ihn höchste Todesangst; er läßt Caterina holen in der Hoffnung, sie könne sein Leben retten. Das vermag sie nicht. Aber sie kann anderes. Ihr starker Wille zwingt seinen schwächeren, ihr triumphierender Glaube weckt den seinigen. Sie beruhigt seine Angst und begleitet ihn zu seiner ersten Messe. Am nächsten Morgen erwartet sie ihn auf dem Schaffot; von einer großen Zuschauermenge umge­ben sehen sie nur sich. Sie selbst legt ihm das Haupt unter das Beil und bleibt an seiner Seite. Sie hört, wie er mit ihrem Namen auf den Lippen stirbt. Welch ein Zauber mutz von einer Frau ausgehen, wenn ein Verurteilter, der so am Leben hängt, am Vorabend seines Todes zu sagen vermag:Tausend Jahre erscheinen es mir, bis ich dich wiedersehe auf dem Schaffot!"Ihre politische Groß­tat ist die Zurückholung des Papstes aus Avignon nach Rom. Nicht nur im französischen König, in den zahlrei­chen französischen Kardinälen, auch in Gregor 11. selbst, einem südfranzösischen Grafen, waren Widerstände zu be­siegen. Unendlich schwer wird ihm das Verlassen der schö­nen Provence des glänzenden Hofes von Avignon gegen­über einem von wilden Kämpfen zerrissenen Italien, einem in Barbarei zurücksinkenden Rom. Aber der Be­redsamkeit und Ueberzeugungskraft dieser Frau widerstand auch zu Avignon nichts. Gregor ging den Weg seiner Pflicht. Nach seinem bald erfolgten Tode wirkte Caterina unermüdlich im Interesse seines Nachfolgers Urban 6. Unter ihm bricht das verhängnisvolle Schisma aus, ein Ee- genpapst wird gewählt, die Geistlichkeit, die Fürsten spalten sich. Urban selbst beruft Caterina nach Rom. Im vollen Konsistorium spricht sie vor Papst und Kardinälen ein beispielloser Vorgang. Flammende Briefe, deren Kraft heute noch in Erstaunen setzt, schreibt sie damals an die abgefallenen Kardinäle. Rom, die Stätte ihrer letzten Wirksamkeit, sah auch ihren Tod am 29. April 1380. Nur 35 Jahre hat dies reiche Dasein gewährt, das in einer ungeheuren Flamme sich selbst verzehrte. Eine echte Toch­ter ihrer Zeit, die so leidenschaftlich, so hingegeben war an weltliche Kämpfe und religiöse Ekstasen, so reich an Helden und an Heiligen. Liane v. Eentzkow.

Dir Taffe im Mandel der Zeiten.

Die Tasse war stets das Zeichen der Gastlichkeit. Die Frau des Hauses füllte schon in alten Zeiten dem Ehren­gast eigenhändig dieselbe zum Willkommensgruß, unsere Einladungen lauten noch heute zu einer Tasse Tee ccher zu einer Tasse Kaffee. Selbst die Bewohner der unab­hängigen Berge kennen diesen uralten Brauch. Dadurch, daß der Fremde eine Tasse Kaffee aus der Hand des Al­banesen trinkt, wird er für die Zeit seines Aufenthaltes im Hause seinMick", d. h. sein Gastfreund und vor jeder Gewalttat sicher.

Dieses schalenförmige Trink- und Schöpfgefäß mit Hen­kel stammt nach letzten Forschungen aus China und Ja­pan, wo die Steingutwaren schon früh hergestellt wurden. Die Erzeugung des ersten chinesischen Porzellans fällt da­gegen erst in das 7. Jahrhundert vor Christi Geburt. Nach Japan dagegen kam dieser Kunstzweig erst im 16. Jahrhun­dert und gelangte dort zu höchster Blüte. Die feinen, durchsichtigen Schälchen, die wir mit ihren zierlichen Ma­lereien in den Museen bewundern, sind in ihrem Heimat­lande nicht eigentlich Tassen in unserem Sinne. Sie werden zum Kredenzen des Reisweines gebraucht, und nur die runden metallgefütterten Gefäße, in denen noch heute wie vor Jahrhunderten der Tee mit kleinen Reisig- beschen ungerührt wird, nehmen im fernen Osten die Stelle unserer Tasse ein.

In Europa wird das Wort Tasse seit dem Mittelalter angewandt, und französische Gelehrte leiten es aus dem Arabischen ab, woTassou" großes Gefäß bedeutete. Ge­fäße mit und ohne Deckel erhielten hiese Bezeichnung, und bald stellte man sie in den verschiedensten Formen her. Reiche Leute in Frankreich ließen sich zuerst zu Erinns- rungstagen Tassen in Herzform anfertigen. Das vornehm­ste Tassenmaterial der damaligen Zeit war Silber. Hoch­zeitsgeschenke bestanden aus silbernen Tassen, und Städte überreichten gekrönten Frauen zu ihrem Empfang solche,

i die silberne Margueriten- und Artischockenblätter dar­stellten.

Das Ende des 17. Jahrhunderts, wo Porzellan und > Fayencen aus dem fernen Osten zu uns kamen, und die i Beliebtheit des Kaffees, Tees und der Schokolade allqe- i meiner wurde, brachte uns die verschiedenen Tassen in ab­weichenden Formen. Die kleinen zerbrechlichen Porzellan­tassen erhielten erst Metalleinlagen, um sie den heißen Ge­tränken nicht preiszugeben. In St. Cloud wurde das erste weiße Porzellan hergestellt. Die Fabrikanlage zeigte sick bald als ungenügend und wurde nach Sevres verlegt wo die Porzellanfabrikation zur höchsten Blüte gelangte und zum Vorbild wurde für Meißen, Wien und England. Die prachtvollen Arbeiten offenbaren eine originelle Kraft und Dekorationsfreude mit einer großen Vorliebe für an­tike Mythologie, und nun setzt die Blütezeit der Tasse eim Meißen und Sevres wetteifern in den entzückendsten Ent­würfen, und berühmte Maler versahen die Tassen mit den schönsten Dekorationen. Fürstenberg an der Weser später auch Nymphenburg, legten Wert auf künstlerische Formen- gebung, und zur Zeit Friedrichs des Großen genoß die Berliner Porzellanmanufaktur einen großen Ruf durch Bemalung in vollendeter Blumenmalerei sowie in Land­schaften. Die Form der Tasse änderte sich ständig. Unsere Großeltern hegten eine Vorliebe für große Formen, unsere Urgroßmütter für Rokokoornamente, die reich vergoldet wa­ren, unsere Mütter sammelten Mokkatassen und zierliche Mokkalöffel. Waren früher stets ein Dutzend Tassen der gleichen Art vorhanden, so bevorzugt heute die moderne Frau Einzeltassen nach persönlichem Geschmack. Köstlich schmeckt nach des Tages Mühen und Hasten eine Tasse Tee in stiller Abendstunde aus dem hauchdünnen chinesischen Porzellan. Mir ist es vergönnt, den Tag bisweilen in einer Familie zu beschließen, die lange in Peking lebte und Lei ihrem Abschied von lieben Freunden mit wahrhaften Kunstwerken von gemalten Porzellangegenständen des himmlischen Reiches beschenkt wurde. Der gedeckte Tee­tisch schon ist ein entzückender Anblick. Von feinstem Ma­terial hergestellt, mit den zierlichsten Motiven geschmückt, wirken die Schälchen wie schöne Blüten auf höchst eigenar­tigen Untertassen, die, vereint mit dem Untersatz, gleichzei­tig den Kuchenteller bilden. Wir sitzen einander im behag­lichen Zimmer gegenüber; man fühlt sich dabei von wohli­ger Ruhe durchdrungen. Meine liebenswürdigen Freunde lösen eine wunderbare Harmonie aus. Der Anblick der herrlichen Tassen ruft Erinnerungen wach. Sie erzählen von ihren Eindrücken aus China, von der chinesischen Kunst, von der ungeheuren Phantasie dieses Volkes, ich spreche von meiner kostbaren Tassensammlung mit Abbil­dungen interessanter Denkmäler, Städte und Kurorte.

Charlotte Ullmann, Hannover-Kirchrode.

Vermischtes.

Wenn Dreizehnjährige heiraten

Es ist betrüblich, wenn man schon mit 14 Jahren schlimme Eheerfahrungen machen muß. Bei uns ist so et­was nicht möglich, aber in Amerika, dem Lande der Kin­derheiraten. Ein solcher Fall wird jetzt wieder aus Chikago gemeldet. Dort war die 14jährige Emily Frehr aus dem Elternhause verschwunden. Tagelang suchte man sie vergebens. Am fünften Tage wurde sie von Polizisten nach Hause gebracht. Man hatte sie weinend auf der Straße vor einem Hotel aufgefunden. Und nun erzählte Emily unter Schluchzen, daß Freddy sie mißhan­delt habe, daß sie von ihm geschlagen wurde und daß er sie jetzt verlassen habe.

Freddy?" riefen die Eltern,Freddy, was für ein Freddy?"

Nun, mein Gatte," antwortete Emily mit dem gan­zen Selbstbewußtsein ihrer 14 Jahre, gleich, als ob es sich um die selbstverständliche Sache der Welt handle.

Dein Gatte? ... Du bist wohl? . . ." klang es ent­setzt zurück.

Nein, es ist so, ich bin doch mit ihm seit einem Jahr verheiratet!"

Und dann kam endlich die ganze Geschichte heraus. Sie kannte Freddy Baur schon seit vier Jahren. Vom Tennisspielen her. Freddy sei immer so nett gewesen. Auch sei er viel älter als sie. Ganze zwei Jahre. Und er habe immer gesagt, daß sie einmal seine Frau werden müsse. Und im vorigen Sommer, als sie wieder einmal so wun­dervoll Tennis gespielt hatten, habe er sich mit ihr trauen lassen. Dann sei Freddy nach Mexiko City gegangen, zu seinen Eltern. Vor einer Woche sei er zurückgekehrt nach Chikago. Er habe sie nach dem Hotel kommen lassen. Sie sei doch seine Frau, und da habe sie natürlich kommen müssen. Er sei auch ein paar Tage sehr lieb zu ihr gewesen. Aber heute mittag habe er mit ihr gezankt. Sie habe sich das nicht gefallen lassen, und da habe er sie geschlagen. Und dann habe er seinen Koffer gepackt und sie aus der Straße stehen lassen. Er wolle, habe er gesagt, sich von ihr scheiden lassen, sie sei doch keine rechte Frau für ihn . .

Emilys Schluchzen wurde krampfhaft. Es ist auch gar zu traurig, wenn man mit 14 Jahren schon geschieden werden soll, ohne eigentlich so recht verheiratet gewesen zu sein. Und wenn man in diesem Alter nicht mehr, wie es sich eigentlich gehört, ein kleines Mädchen ist, sondern bereits eine Frau mit einer Vergangenheit.