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Amtsblatt für den Gberamtsbszirk Nagold «. Altensteig-SLadt. Allgemeiner Anzeiger für dis Bezirke Nagold, Calw u- Freudenstadt
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Ar. 123
Altensteig. Mittwoch Leu 2. Juni
192tt
Streiflichter
Ileberall in Deutschland hat man dieser Tage der Seeschlacht am Skagerrak gedacht, in der vor zehn Jahren die deutsche Flotte gegen die große Flotte Englands siegreich bestand. Die ausgelaufene Flottenstärke betrug auf deutscher Seite 16 Linienschiffe, 5 Schlachtkreuzer, 6 ältere Linienschiffe, 11 Kleine Kreuzer, 65 Zerstörer. Von diesen wur. den durch feindliches Feuer bezw. nach Beschädigung von uns selbst versenkt: 1 Schlachtkreuzer „Lützow", von uns versenkt, Besatzung gerettet: 1 älteres Linienschiff „Pommern", im Rachtgefecht- „Rostock" schwer getroffen auf der Heimfahrt, „Elbing" infolge Zusammenstoßes mit einem andern Schiffe und 5 Torpedoboote gesunken. Auf englischer Seite ausgelaufen: 28 Linienschiffe, 9 Schlachtkreuzer, 8 ältere Große Kreuzer und 68 Zerstörer. Davon verloren: 3 Schlachtkreuzer, 3 Große Kreuzer, 3 Kleine Kreuzer und 8 Zerstörer. Auf deutscher Seite gingen an Schiffsraum verloren 61180 Tonnen und aus englischer Seite 115 025 Tonnen. Die schwere Artillerie erzielte auf deutscher Seite 3,333 und auf englische: 2.17 vom Hundert Treffer. Die Verluste an Menschenleben betrugen auf unserer Seite 3058, darunter 2551 Tote, gleich 6.76 Prozent der deutschen Flottenbesatzungen <45 000 Mann),- auf englischer Seite 6945, darunter 6094 Tote, gleich 11,59 Prozent der englischen Flottenbesatzungen <60 000 Mann). Dis englischen Verluste sind an Material und Personal doppelt so groß wie die deutschen. Das Gedenken an diese Riesenschlachr mögen die Worte des kommandierenden Admirals Scheer beschließen, welche er am 5. Jahrestage der Schlacht (1921) seinen tapferen Mitkämpfern widmete: „Seit dem Tage von Skagerrak braucht die Hoffnung auf deutsche Seegeltung nimmermehr auf- zegeben zu werden. Darin liegt der Wert dieser Waffentat für die Zukunft unseres Volkes. Alle Mitkämpfer dürfen stch mit Stolz jagen, daß nur das entschlossene, selbstbewußte Zusammenwirken der ganzen Kraft des Einzelnen den Erfolg ermöglichte."
Der preußische Kultusminister Dr. Becker hat einen schon in früheren Jahrzehnten erörterten Plan, der Akademie der Künste eine Sektion für Dichtkunst anzugliedern, durchzuführen versucht. Die ersten fünf vom Kultusminister ernannten Mitglieder der Sektion, die dann durch Zuwahl ihre Zahl ergänzen sollten, sind Gerhardt Hauptmann, Thomas Mann, Arno Holz, Hermann Stehr und Ludwig Fulda. Aber von Gerhardt Hauptmann holte sich der Minister eine recht bedenkliche Absage. Der Dichter antwortete ihm nämlich, daß er sich von der staatlichen Notwendigkeit einer akademischen Sektion für Dichtkunst nicht zu überzeugen vermöge. Es bedürfe keines Dichterkollegiums, um staatliche Unterstützungen zu erwirken und zu verteilen. Eine bewußte Führung auf dem Gebiete der Dichtkunst gäbe es nicht. Staatlich beamtete, führende Dichter würden ein Novum bilden, das mit Recht in den Kreisen der freien Poeten beanstandet würde. In den Kreisen der Gerhardt Hauptmann-Freunde wird natürlich diese Absage ihres Heros auf das lebhafteste bedauert r»d die Linkspresse benutzt die Gelegenheit, um Gerhardt Hauptmann ein über das andere Mal zu bescheinigen, daß er der größte lebende Dichter Deutschlands sei, selbstverständlich kchöpfer unserer Kultur, führende geistige Persönlichkeit »nd dergl. Daß man über die Qualitäten Gerhardt Haupt- nanns und auch der anderen vom Kultusminister für die Dichtkunst-Sektion ernannten Dichter anderer Ansicht sein kann, ist selbstverständlich. Die „Vossische Zeitung" nennt das Gebaren Hauptmanns „einen Ausbruch deutscher Eigenbrötelei" und bezeichnet als den eigentlichen Leidtragenden in diesem Falle den Staat. Dieser wende sich an einen der ersten Geister deutscher Nation, dessen innere Uebereinstim- Nung mit seinen Grundtendenzen er aus vielfältiger Bekundung kenne; der Staat habe Hauptmann z- seinem 60. Eeburtstag gefeiert, wie es so in Deutschland kaum einem Dichter widerfahren sei.
Das Thema Siidtirok wird nicht gleich zur Ruhe kommen. Als in der italienischen Kammer bei der Besprechung des Budgets des Unterrichtsministeriums der Bozener Abgeordnete Tinzl energisch Protest gegen die Unterdrückung der deutschen Schulen und aller Unterrichtsfreiheit in Südtirol erhob, drangen faschistische Abgeordnete auf ihn ein und entrissen ihm das Manuskript. Unter allgemeinem Protest der Kammer wurde der Inhalt des Manuskriptes dann von einem faschistischen Abgeordneten in entstellter Form zu Ende gelesen. Der italienische Innenminister Federzoni erhärte in Bozen in einer Ansprache an die Faschisten, die wrenzen, die Italien im Kriege erobert habe, seien die für »Mitzn bestimmten geheiligten Grenzen und mau.werde
Die köstliche Perle.
Mit diesem inhaltsreichen Original-Roman von Karl Schilling beginnen wir in der morgigen Ausgabe unseres Blattes, worauf wir unsere verehrten Leserinnen und Leser aufmerksam machen.
ihre Unverletzbarkeit zu verteidigen wissen. Die Ruhe des 42 Millionen-Volkes müsse gesichert sein. Bozen und Südtirol sei der legitime Besitz Italiens auf ewige Zeiten. — Der Verwaltungsrat des deutschen Bauernbundes in Südtirol ist aufgelöst worden, weil er mit dem deutschen Verbände in Verbindung steht und angeblich antiitalienifche Politik getrieben habe. Der Bauernbund soll in eine faschistische Gewerkschaft umgewandelt werden. Im übrigen darf Mussolini nicht allzu empfindlich sein, denn Empfindlichkeit ist kein Zeichen von „Größe". Der italienische Gesandt«, in Prag hat einen diplomatischen Schritt beim tschechischen Außenminister unternommen, um sich gegen die Angriffe zu verwahren, die in einer antifaschistischen Versammlung der Führer der tschechischen Sozialdemokraten Soukup gegen den italienischen Ministerpräsidenten Mussolini gerichtet hatte. Soukup hatte Mussolini als den größten Banditen der Welt bezeichnet.
Der amerikanische General Lincoln.Andrews, der die Antialkoholgesetze zu überwachen hat, brachte den Präsidenten Coolidge dahin, eine Verfügung zu unterzeichnen, die ihm gestattet, die Zahl seiner Beamten zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen. Also wird jetzt eine neue Meute von Häschern auf die Bürger der Vereinigten Staaten losgelas- ien werden und dafür sorgen, daß die Amerikaner keinen Alkohol zu sich nehmen. Auch wird von jetzt an ein noch schärferer Krieg gegen die heimlichen Verkaufsstellen uns Brennereien in verstohlenen Kellern beginnen. Das erste Schlachtfeld, auf dem der General seine Treffen gegen den Alkoholismus liefern wird, soll Kalifornien sein — ein wenig beneidenswertes Land. Die „Biergeschichte" auf dem deutschen Kreuzer „Hamburg" ist ja ein heiteres Kapitel in der ganzen Prohibitionsbewegung. Leider gibt es auch ernste Zwischenfälle. Nach der Pariser Ausgabe der „Daily Mail" sind in Neuyork in den letzten drei Tagen bei Kämpfen zwischen zwei rivalisierenden Alkoholschmugglerbanden vier Personen getötet und fünf schwer verletzt worden.
Der neue -Mische StNtrprWent
Die Präsidentenwahl im polnischen Sejm
Warschau, 1. Juni. Nachdem der Sejmmarschall Rataj kurz nach 10 Uhr die Sitzung des Sejms eröffnet hatte, begann die Abstimmung für die Wahl zum Staatspräsidenten. Es erhielten im ersten Wahlgang der Kandidat des Marschalls Pilsudski, Professor Mo sc icki 215 Stimmen, der Kandidat der Rechtsparteien Bninski 2l1 Stimmen, der sozialistische Kandidat Marek 56 Stimmen. Außerdem wurden 63 weiße Zettel abgegeben. Infolgedessen wurde ein zweiter Wahlgang notwendig. Im zweiten Wahlgang erhielten Moscicki 281 Stimmen, Bninski 200, Ma - rek 1 Stimme. Außerdem wurden 63 weiße Zettel abgegeben. Moscicki ist somit zum Staatspräsidenten gewählt.
Warschau, 1. Juni. Ignaz Moszicki hat die Wahl zum lung, in der seine Vereidigung erfolgen soll, wird Freitag, Staatspräsidenten angenommen. Die Nationalversamm- 10 Uhr vormittag zusammentreten.
Der neue polnische Staatspräsident Professor Dr. Moszicki ist im Jahre 1867 im Kreise Plozk geboren. Er besuchte das Poli- technikum in Riga und wurde 1892 wegen politischer Betätigung in Warschau außer Landes verwiesen und verbrachte die nächsten 5 Jahre in London. 1897 begab er sich nach Freiburg im Breisgau, wo er Assistent am physikalischen Institut der Universität wurde. 1901 wurde er Leiter eines eigens errichteten Laboratoriums. Er beschäftigte sich hauptsächlich mit dem elektrochemischen Element und bat verschiedene wichtige Erfindungen gemacht. 1902 wurde auf Grund seiner Erfindungen die erste Strckstoffabrik der Welt im Kanton Wallis erbaut, die für die Schweiz während des Krieges große volkswirtschaftliche Bedeutung erlangte. 1912 wurde er auf einen speziell für ihn geschaffenen Lehrstuhl für Elektrochemie der Universität Lemberg berufen und als die Cborzower Werke an Polen sielen, wurde er Leiter dieser Werke. Er ist Ehrendoktor der Techn. Hochschulen in Lemberg und Warschau und hat viele Lehr- und technische Bücher in polnischer, deutscher und französischer Sprache geschrieben. Im neuen Polen ist er politisch noch nicht hervorgetre- >en. Er ist aber überzeugter Demokrat.
! Neves vom Tage
! Die Fürstenabfindung im Reichstage
s Berlin. 1. Juni. Im Reichstage ist die Vorlage zur Frage s der Fürstenabfindung eingegangen. Sie umfaßt im ganzen i 29 Paragraphen und lehnt sich eng an den letzten Kompro- z mißentwurf der Regierungsparteien an. Die Vorlage ist j bekanntlich vom Reichsrat schon angenommen.
! Braun zu dem Fall Hörsing
f Berlin, 1. Juni. Der preußische Ministerpräsident Braun ^ hat jetzt auf die Anfrage Dr. von Campe (D. V.) über Hör- ^ sings Nürnberger Rede, in der dieser die Flaggenverord- § nung des Reichspräsidenten stark angegriffen hatte, Antwort l erteilt. Nach der Wiedergabe der fraglichen Stellen der i Rede heißt es in der Antwort: Das Staatsministerium hat die Außerachtlassung der gebotenen Zurückhaltung durch den ! Oberpräsidenten Hörsing auf das Ernsteste gerügt und Vor- ^ sorge getroffen, daß Oberpräsident Hörpng in der Zukunft t in der Erörterung politischer Angelegenheiten in der Oef- s fentlichkeit sich diejenige Zurückhaltung auferlegen wird, die s sein Amt erfordert.
s Die überstarke Besetzung
Berlin, 1. Juni. Reichskanzler Dr. Marx hat den Reichs- kommissar für die besetzten Gebiete, Freiherrn Langwerth v. Simmern empfangen. Der Reichskommissar gab dem Reichskanzler einen eingehenden Bericht über die Lage im besetzten Gebiet. Hierauf hat der Reichskanzler mit dem Reichskommissar die Truppenstärke der Rheinlandbesetzung eingehend erörtert. Man gehr wohl nicht fehl in der Annahme, daß das Kabinett alsbald Veranlassung nehmen wird, auf Grund dieses Berichtes des Reichskommissars diplomatische Schritte bei den Vesetzungsmächten zu unternehmen, um eine Herabsetzung der Truppenstärke im besetzten Gebiet zu erzielen, so wie dies seinerzeit in Locarno zugesagt worden ist.
Das Kabinett geschlossen hinter Briand Paris, 1. Juni. Der heute vormittag stattgefundene Ministerrat hat einmütig beschlossen, Briand für seine Politik das Vertrauen auszusprechen und nach wie vor an dem Beschluß festzuhalten, jede Generaldebatte über die Finanzvorlage abzulehnen, bis die Vorlegung eines klaren und einwandfreien Berichtes möglich sein wird.
Paris, 1. Juni. Im Verlaufe der Kammersitzung traten die Interpellanten für sofortige Erörterung ihrer Interpellationen über die Finanzlage und die allgemeine Politik der Regierung ein, worauf die Diskussion geschlossen wurde. Nach halbstündiger Unterbrechung der Sitzung lehnte Ministerpräsident Briand eine sofortige Erörterung ab. In der Abstimmung wurde die sofortige Erörterung, nachdem die Regierung die Vertrauensfrage gestellt hatte, mit 313 gegen 147 Stimmen bei etwa 80 Enthaltungen abgelehnt.
Italien und die Tangerzone Rom, 1. Juni. Zu einer Aeußerung der Agentur Havas, daß die französische Regierung nicht die Absicht habe, eine Aenderung in der internationalen Eigenschaft der Zone von Tanger eintreten zu lasten, erklärt die „Tribuna", daß, soweit Tanger in Frage komme, Italien nicht von der Verwaltung der internationalen Zone ausgeschlossen werden könne. Italien könne von diesem Teil des Mittclmeeres nicht länger ausgeschlossen bleiben.
Neuer Widerstand der Rifkabyle«
Paris, 1. Juni. Die Blätter melden aus Fez, daß di« Spanier auf einer 16 Kilometer langen Front an der Berg, spitze Bou Sikour, die bis Targuist verläuft, die Offensive ergriffen haben. Nach letzten Meldungen leisten die Rif» truppen heftigen Widerstand und die Spanier dringen nur mühsam vor. Die Rifsoldaten werden, wie weiter gemeldet wird, von dem Bruder Abd el Krims befehligt.
Die Vorgänge in Portugal
Lissabon, 1. Juni. Der Präsident der Republik, Machade, ist zurückgetreten. — Die militärischen Divisionen haben den bestimmten Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß die Regierung nur aus Mitgliedern gebildet werde, die außerhalb der politischen Parteien ständen. Der Arbeiterverband bereitet sich darauf vor, in die Opposition zu treten, falls eine Militärdiktatur errichtet werden sollte. Die Gruppen der Divisionen aus dem Norden und Süden unter dem Befehl des Generals Eomes Costa marschieren auf Lissabon. Die Revolutionäre haben einen Senator und zwei Abgeordnete, darunter den Führer der republikanische», Aktion in der Kammer, festgenommen.
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