Schwarzwälöex Tageszeitung
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Amtsblatt sür den Dberamtsbezirk Nagold «. Rlrentteig.Stadt Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw u- jreudenstadt
UkH«!i>r »Lcheotlich s «al. Bezugspreis: «onatlich t.so Rilk vir Li.i,el ,u««ir ksi-l li» gi,. ! ^lizrtzeiprels; vis -iaipilrize Zeile oder dercnRium 15 Golspfenniqe, die Reklamezetle 45Goldfpg ViMchterscheinender Zeitung iafolqe höherer Gewalt oder BeiriebSftSrung ieteht kein il-i'vru- rä Äe!-run;> > «oAheckksnto Siuttqrri Nr 5780 — Kür telephonisch erteilte Aufträge Uebernehmen wir keine Gewähr
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Atkeu trrg F eitag den 7 Mai
1928
Die Alaggenverordnung.
Berlin» 5. Mai. Amtlich wird mitgeteilt: Durch die vom Reichspräsidenten vollzogene Verordnung ist in. Ergänzung der Verordnung über die deutschen Flaggen vom 11. April 1321 bestimmt worden, daß die gesandtschastlichen und konsularischen Behörden des Reichs an außereuropäischen Plätzen und an solchen europäischen Plätzen, die von Seehandels- schisfen angelaufen werden, neben der Dienstflagge der Reichsbehörden auch di« verfassungsmäßige Handelsflagge zu führen. Gleichzeitig ist die Dienstflagge der Reichsbehördeu zur See, um eine stärkere Betonung der Reichsfarben zu erzielen, durch einen schwarz-rot-goldenen Gösch nach Art der Handelsflagge ergänzt worden.
Die vorstehend gekennzeichnete Verordnung hat keinerlei politische, sondern nur eine praktische Bedeutung. Die Verordnung ist veranlaßt worden durch den Umstand, daß nach den übereinstimmenden Ansichten der in Frage kommenden deutschen Auslandsstellen die bestechende Verschiedenheit in den Flaggen der deutschen Handelsschiffe und der amtlichen Reichsvertretungen als unerträglich empfunden wird. Sowohl von amtlichen wie von privaten Kreisen wird es als geboten bezeichnet, diese Verschiedenheit, die zu vielen Mißverständnissen und Unstimmigkeiten Anlaß gegeben hat, auszugleichen. Diesen Ausgleich will die Verordnung in erster Linie erreichen. Ferner soll aber die Verordnung dazu beitragen, die verständnisvolle Zusammenarbeit der Ausländsdeutschen mit den amtlichen Vertretungen des Reiches im Auslande, namentlich in llebersee zu fördern. Hier sind wogen dieser Flaggendifferenzen vielfach Gegensätze ausgetreten, die den Interessen des Reiches und dem Ansehen des Deutschtums im Auslande abträglich sind. I» dieser Beziehung soll die Verordnung eine Brücke bilden zu einer bessere» Verständigung und einer engeren Zusammenarbeit »m wirtschaftlichen Wiederaufbau.
Reichsinnenminister Dr. Külz über die Flaggenfrage Berlin, 5. Mai. Reichsinnenminister Dr. Külz äußerte sich einem Mitarbeiter des „Acht Uhr Abendblattes" gegenüber über »ie Flaggenfrage in folgendem Sinne: Die Auffassung, als handelten Reichspräsident und Reichskabinett der Verfassung zuwider, indem sie über den Gebrauch der Reichs- und Dienstflagge eine »eue Verordnung, wie die jetzt geplante erlassen wollen, ist »eines Erachtens durchaus abwegig. Die rechtliche Grundlage Nr die Flaggenverordnung ist ohne jede Frage gegeben. Es handelt sich lediglich um die Verwendung einer der in der Verfassung vorgesehenen Flaggen, nämlich der Handelsflagge, als einer Dienstslagge für die ausländischen Missionen des Deutschen Reiches. Dies ist ein reiner Berwaltungsakt. Was wir mit der neuen Flaggenverordnung wollen, ist nichts anderes, als was der verstorbene Reichspräsident Ebert schon wiederholt geplant hatte. Die Verordnung bedeutet keineswegs eine verschleierte Diskreditierung der schwarzrotgoldenen Reichsfarben, sondern bedeutet im Gegenteil eine Stärkung, eine Ausdehnung der verfassungsmäßigen Reichssarben. Die Handelsflagge, dis auch die schwarzrotgoldenen Farben zeigt, soll nach der Absicht der Verordnung fortan als offizielle Dienstflagge der deutschen Auslandsvertretungen erscheinen.
Die Demokraten zur Flaggeusrage Berlin, 5 .Mai. Die demokratische Reichstagssraktion hielt eine Sitzung ab, in der sie gegen die Flaggenverordnung entschieden Stellung nimmt. Die Parteien seien durch diese Verordnung überrumpelt worden. Auch die Abschwächung, daß die Verordnung beschränkt wird auf die Hafenstädte und die nur zu Schiff w erreichenden Ueberseeplätze, wird mißbilligt. Die demokratische Fraktion faßte daher einstimmig folgenden Beschluß: „Die Fraktion ist mit der Verordnung zur Flaggenfrage nicht einverstanden". Der Beschluß wurde sofort den anderen Regierungsparteien mitgeteilt. Welche Konsequenzen sich für die demokratische Fraktion weiter aus diesem Beschluß ergeben werden, steht noch nicht fest. Der Parteivorstand der demokratischen Partei ist in Montag, den 10. Mai einberufen worden.
Das Zentrum rur Flaggeusrage Berlin, 5. Mai. Die Auffassung der Zentrumsfraktion des Reichstages kommt in folgendem Parteibericht zum Ausdruck: „Die Zentrumsfraktion des Reichstages bedauert den Erlaß der Beiordnung in der Flaggenfrage und lehnt jede Verantwortung 'ür die politischen Folgen ab."
Die Berliner Presse zur Flaggenverordnung Berlin, 6. Mai. Die „Deutsche Alls. Zeitung" begrüßt es, daß die Reichsregierung ihre Majorität gegen Versuche von Parteien, Verwaltungsmaßnahmen hineinzureden, gewahrt hat. Der „Lokalanzeiger" bezeichnet die neue Verordnung als einen Kompromiß gegenüber der Flaggenverordnung, wie sie ursprünglich geplant war und sagte weiter: Me besten Gründe der Welt werden Dr. Luther und seine Ministerkollegen, nachdem nun di« Entscheidung in der Flagsenfrase gegen die Linksparteien se-
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fallen ist, nicht mehr von dem Bruch bewahren können, der auch aus anderen gewichtigen Gründen früher oder später doch unvermeidlich geworden wäre. Die „Vossische Zeitung" meint, es sei nicht ausgeschlossen, daß die latente Mißstimmung über den unsicheren Kurs der Regierung Luthers sich jetzt entlade. Die „Tägl. Rundschau" sagt, den Anhängern von Schwarz-weiß-rot wird insofern ein Zugeständnis zugemutet, als auch die schwarz- weitz-tote Dienstflage der Reichsbehörde zur See, die bisher nur den Reichsadler führte, in Zukunft mit der schwarz-rot-goldenen Eösche versehen werden soll. Der „Vorwärts" fordert zum Kamps für schwarz-rot-gold auf und schließt seine Kritik: Die endgültige Antwort laute: Fort mit der Regierung der Flaggenverordnung! Die „Germania" sagt, das ganze sei nichts als eine Kraftprobe auf die Lammesgeduld des Zentrums. Wenn di« Parteien nur einen Funken politischen Gefühls hätten, würden sie merken, um was der Streit tobe und die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis ziehen. Das „Berliner Tageblatt" siebt in dem Vorgehen des Reichskanzlers und des Reichsaußenministers ein« sehr bedauerliche Rücksichtslosigkeit gegenüber den Parteien, di« dem Reichskabinett geholfen hätten, seine auswärtige Politik durchzusetzen und um diese Politik nicht zu stören, vieles schweigend bingenommen hätten, was ihnen gründlich mißfallen habe Die „Kreuzzeitung" meint, die Verordnung bedeute gegen du ursprünglich vorgesehene unbedingt eine Konzession, wenn nich ein Nachgcben gegenüber den Parteien der Linken. Die „Frant- iurter Zeitung" schreibt: Wenn in manchen Kreisen die Meinung anfkam, die neue Verordnung sei ein Zugeständnis an Hin- oenburg, so seben wir einstweilen keinen Grund, dem Reichspräsidenten eine führende Rolle in dieser Sache zuzuschreiben. Daß ihm die Verordnung willkommen sein wird, ist natürlich nicht zu bezweifeln. Aber die Verantwortung, nicht bloß die förmliche, sondern die sachliche und politische, tragen der Reichskanzler und seine Kollegen.
Sas LOWiMmmen unterzeichnet
Berlin, 6. Mai. Die seit sechs Monaten in Paris geführten Verhandlungen zwischen Vertretern der deutschen Regierung und der Entente über die Beseitigung der die deutsche Luftfahrt so stark behindernden sogenannten „Begriffsbestimmungen" der Botschafterkonferenz vom 14. Mai 1922 sind zum Abschluß gelangt. Die vorläufige Unterzeichnung ist am Donnerstag in Paris erfolgt, lleber den Inhalt dieses Abkommens wird von deutscher Seite folgendes mitgeteilt:
Alle bisher den deutschen Flugzeug- und Motorbau hindernden Bestimmungen fallen fort. Auch der Vau von Jagdflugzeugen, die sich durch eine besonders hohe Steigungsfähigkeit auszeichnen, ist künftighin gestattet, damit Deutschsand auch an internationalen Konkurrenzen teilnehmen kann. Der Vau eines. Jagdflugzeuges ist aber jedesmal von der Genehmigung der deutschen Reichsregierung abhängig gemacht, die dafür Sorge zu tragen hat, daß die Fahrzeuge keinen militärischen Charakter haben. Auch die kostenlose Zurückgabe aller sich im Besitze der früheren Verbündeten befindlichen Flugzeug- und Luftschiffhäfen in Deutschland ist zugesichert. Auf die Zerstörung der Zeppelinhalle in Fried- rrchshafen ist ebenfalls verzichtet worden. Grundsätzlich bleibt also das Verbot der Ausbildung von Angehörigen der Reichswehr zu Fliegern bestehen. Die bereits jetzt im Besitze eines Fliegerpatentes' befindlichen Mitglieder der Reichswehr (es handelte sich um 36) behalten die Berechtigung zur Ausübung und weiteren Fortbildung ihrer Fliegertätigkeit. Ferner dürfen sechs Angehörige der Reichswehr in jedem Jahre neu ausgebildet werden. Ferner ist der Reichswehr zugestanden, in beschränktem Maße die Verteidigung der Luftangriffe von der Erde aus zu organisieren.
In der „entmilitarisierten" Zone hatte keine Stadt, mit Ausnahme von Köln, bisher einen Flughafen. Nach langem anfänglichem Weigern haben die Verbündeten zugestanden, daß für Zwecke des zivilen Luftverkehrs in dieser Zone vier Flughäfen und zwölf Verkehrslandeplätze eingerichtet werden können Das verbündlerische „Garantiekomitee" wird sofört nach Ratifizierung des Abkommens aus Deutschland zurückgezogen. Damit übernehmen die Reichsbehörden die Kontrolle und die Verantwortung für Luftverkehr, Flugzeugbau und Führerausbildung. Auf Beschwerde einer fremden Macht kann durch Mehrheitsbeschluß des VölkevbunÄs- rates nach Artikel 213 des Versailler Vertrages eine Untersuchung eingeleitet werden.
Der Bau militärischer Flugzeuge bleibt verboten, ebenso wie der Vau von Flugzeugen ohne Führer, doch sind in dieser Beziehung der wissenschaftlichen und theoretischen konstruktiven Betätigung keine Beschränkungen auferlegt. Verboten ist ferner die Unterstützung der Ausbildung für den reinen Sportflug durch öffentliche Mittel des Reiches, der Länder oder der Gemeinden. Dagegen sind Unterstützungsmittel, soweit sie dem praktischen Verkehr dienen, gestattet.
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Es ist beabsichtigt, Luftverkshrsverträge mit Frankreich und Belgien nach dem Muster anderer internationaler Verträge abzuschließen, die sowohl die gesetzliche Regelung des lleberfliegens der Hoheitsgebiete der einzelnen Länder, als auch den gmeinsamen Ausbau von Luftverkehrslinien umfassen. Es ist zu erwarten, daß schon in nächster Zeit nach dem Muster der Luftverkehrslinie Lands--—Berlin Line Linie Berlin—Paris auf der Grundlage einer Vetriebs- gemeinschaft eingerichtet werden wird. Dagegen hat Deutschland den Franzosen zugestanden, daß sie die französisch-rumänische Linie allein betreiben. Als Gegenleistung dafür ist ihr der Betrieb einer deutschen Linie über Lyon—Marseille nach Spanien zugestanden worden.
Ser englische GenerMreik
London, 6. Mai. Nachdem nach den ersten 48 Stunden de» Aufmarsch der beiden Parteien fast vollständig vollzogen ist. lasten sich die Umriste der weiteren Entwicklung klarer er» kennen. Im Gewerkschaftsrat wurde Wert auf die Feststellung gelegt, daß das letzte Wort des Gewerkschaftsrates bei der Streikentscheidung gelautet habe, die Tür zu den Verhandlungen bleibe offen. Bei der Streikleitung betont« man, daß die Arbeiterschaft überraschend bereitwillig der Streikparole gefolgt sei. Man vermag aber die Zahl der Streikenden nicht annähernd anzugeben. Man geht aber kaum fehl, wenn man die Ziffer der aktiv am Streik Be- teiilgten auf höchstens 2 Millionen Arbeiter angibt. Neuerdings beginnt naturgemäß eine Ausbreitung der Wirkung des bisherigen teilweisen Generalstreiks. Eine große Anzahl von Industrien schlossen wegen der Verkehrsstörungen ihr« Betriebe und sperrten teilweise ihre Arbeiter aus. Zurzeit wird vom Eewerkschaftsrat die Frage der Elektrizitätsversorgung geprüft. Man will grundsätzlich Straßenbeleuchtung und Hausbeleuchtung gestatten, dagegen den industriellen Strombedarf abdrosteln. In Regierungskreisen unterscheidet man grundsätzlich zwischen zwei Problemen, wie Las auch in der letzten „British Gazette" hervorgehoben wird, nämlich 1. das Problem des Kohlenbergbaues und 2. den Kampf der Gewerkschaftsleitungen gegen das Parlamenr und die Regierung. Solange nicht der Kampf gegen dir Staatsautorität eingestellt werde, könne kein Friede geschlossen werden. Das bleibe das letzte Wort der Regierung.
Ausruf der deutschen Bergarbeiterverbände Esten, 5. Mai. In einer gemeinsamen Sitzung der vier Berg- »rbeiterverbände des Ruhrbeizrks wurde ein Ausruf an die Vergarbeiterschaft des Ruhrbezirks gerichtet, in dem es heißt: Oie englischen Bergwerksbefitzer wollen die Schichtzeit von siedendreiviertel Stunden auf achtdreiviertel Stunden verlängern and die Tariflöhne um 13 Prozent herabsetzen. Ein Sieg der englischen Unternehmer würde katastrophale Folgen für die Entwicklung des Weltkohlenmarktes sowohl als auch für die Bergarbeiter aller Länder haben. Darum haben unsere eng- ijchen Kameraden unsere volle Sympathie und Unterstützung, oweit es in unseren Kräften liegt. Zunächst kommt es darauf rn, die Einfuhr von Brennstoffen nach Großbritannien zu verhindern.
Wirkungen des englischen Streiks in Frankreich Paris, 6. Mai. Die Nachwirkungen des englischen Streikes nachen sich auf den französischen Bahnen bereits bemerkbar, öo war die Nordbahn bereits gezwungen, von den 12 zwischen >en Kanalhäfen von Paris verkehrenden Schnellzügen 8 einzu- tellen. Was den Luftverkehr anbetrifft, so hat am Mittwoch »er Verkehr zwischen Cherbourg und England eine Steigerung owobl des Personen- als auch des Warenverkehrs um 40 Prozent erfahren. Im übrigen wird aus Cherbourg gemeldet, daß ,ie englische Kohle, die zu Beginn der Woche mit 165 Frcs. ge- kauft wurde, jetzt mit 220 Frcs. verkauft wird.
Neues vom Tage
Einberufung des Auswärtigen Ausschusses Berlin, 6. Mai. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages ist für Freitag vormittag einberufen worden. Auf der Tagesordnung steht u. a. das Abkommen über Zollerleichterungen mit Dänemark.
Vor dem Abschluß des deutsch-spanischen Handelsvertrages Madrid, 6. Mai. Die Madrider Presse gibt die Erklärung des spanischen Staatsministeriums bekannt, nachdem der deutsch-spanische Handelsvertrag in Kürze abgeschlossen werden wird. Der Vertrag soll für die spanischen Landwirtschaftsprodukte sehr günstig sein.