Amtsblatt für v-n Gberamtsbezirk NagslS ». AL mstelg Z-Laöt. Allgemeiner Anzeiger für dre Bezirke Nagol-, Lalw u- jreudenstadt

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Dr. 191 ^ Alteustrig Nonuerstag den 6 Mai ^ 1926

Dke aufgerollte Flaggenfrage

Im Reichstag wurde bekannt, daß der Reichspräsident beabsichtigt, auf einstimmigen Vorschlag der Reichsregie­rung im Verordnungswege eine Verfügung zu erlassen, wonach die deutschen Vertretungen im Ausland (Botschaf­ten, Gesandte, Konsulate) neben der schwarz-rot-goldenen

Reichsflagge auch eine Dienstflagge zu hissen haben, die aus schwarz-weih-rotem Grunde mit schwarz-rot-goldener kösch den Reichsadler in schwarz-rot-goldenen Farben zeigt Diese Anregung soll aus Hamburger Kausmannskreisen hervorgehen und gelegentlich des Besuches Hindenburg in Hamburg zum Ausdruck gebracht worden sein. Außerdem soll angeblich nach Berichten der deutschen Vertreter im Ausland der Wunsch nach einer derartigen Regelung aus­gesprochen worden sein. Nach Ansicht der Reichsregierung liegt eine Verfassungsänderung hierbei nicht vor, da die Handelsflagge gesetzlich festgelegt und die Seeflagge von der Verwaltung zu bestimmen ist. Es handle sich um einen Verwaltungsakt, der vom Reichskanzler gegengezeichnet wird. Das Reichskabinett hat die Verordnung beschlossen. Sie soll vom Reichspräsidenten gleich nach seiner Rückkehr aus Hamburg unterschrieben werden.

Der demokratische Fraktionsvorsitzende Koch-Weser sprach beim Reichskanzler Dr. Luther wegen der Flaggenverord­nung vor. Er legte im Namen der demokratischen Reichs­tagsfraktion entschiedenen Protest gegen die beabsichtigte Verordnung ein und betonte, daß die demokratische Frak­tion mit allen parlamentarischen Mitteln sich gegen die Verordnung wenden würde. Sie werde gegebenenfalls so­gar überlegen, ob sie den demokratischen Minister nicht aus dem Kabinett zurückziehen solle.

Vom sozialdemokratischen Vorstand war beim Außenmi­nister Stresemann der Abg. Müller-Franken erschienen, der sich ebenfalls gegen die Verordnung erklärte. Die so­zialdemokratische Reichstagsfraktion tritt zur Erörterung der Angelegenheit am Mittwoch abend nach der Plenar­sitzung des Reichstages zusammen.

Die Zentrumsfraktion des Reichstages beschäftigte sich bereits mit der Verordnung zur Flaggenfrage und kam zu dem Ergebnis, daß eine solche Aktion zurzeit nicht als an­gebracht angesehen werden könne. Nach Schluß der Sitzung wurde der Beschluß dem Reichsaußenminister zur Kennt­nis gebracht.

Kabinettssitzung zur Flaggenfrage

l Berlin, 8. Mai. Mittwoch vormittag ist das Reichskabinett Msammengetreten, um sich nach dem Einspruch der Demo­kraten, des Zentrums und der Sozialdemokraten erneut mit der geplanten Flaggenverordnung des Reichspräsidenten zu befassen. Später wird auch der interfraktionelle Ausschuß der Regierungsparteien zusammentreten, um zu dieser Ange­legenheit Stellung zu nehmen. Reichspräsident von Hinden­burg ist heute in den ersten Morgenstunden von seinem Hamburger Besuch in Berlin wieder eingetroffen. Staats­sekretär Meißner hat ihm am Vormittag über die Flaggen­frage einen Vortrag gehalten. Wie verlautet, beabsichtigt der Reichspräsident, zunächst das Ergebnis der Kabinetts­sitzung abzuwarten, ehe er weitere Schritt in dieser Ange­legenheit unternimmt.

Noch keine Entscheidung über die Flagxenverordnung

Berlin, 5. Mai. Wie in parlamentarischen Kreisen ver­lautet, hat die heutige Sitzung des Reichskabinetts das Er­gebnis gehabt, daß die Regierung an der beabsichtigten Flaggenverordnung festhalten will. Eine endgültige Ent­scheidung ist jedoch noch nicht getroffen worden. Man will erst die Besprechung mit den Vertretern der Regierungs­parteien abwarten, an der auch der Reichskanzler teilneh­men wird. Um 6 Uhr findet dann eine nochmalige Kabi­nettssitzung statt, in der die endgültige Entscheidung fallen soll.

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Stimmen der Parteipresse

DasBerliner Tageblatt" nimmt gemäß dem Standpunkt der demokratischen Reichstagsfraktion sehr scharf gegen die be­absichtigte Flaggenverordnung Stellung. Die .,Rassische Zeitung" sagt, die neugeplante Verordnung möge noch so gut gemeint sein, es sei höchst unzweckmäßig, in dieser Art eine so heikle Frage neu aufzurollen. DerVorwärts" hält die Verordnung

! mit dem Geist der Verfassung nicht für vereinbar. DieGer- , . mania" ist der Ansicht, es stehe außer Zweifel, daß diese Flaggen- ; > Verordnung ein schweres Moment der Beunruhigung in die s ^ deutsche Innenpolitik trage. Diesen Bedenken gegenüber stellt die j Tägliche Rundschau" fest, daß gerade diese Verordnung geeig- s , net wäre, die Gegnsätze zu Überdrücken. Sie sagt weiter, wenn die verfassungsmäßige deutsche Handelsflagge im Auslande zum , r. Symbol der deutschen Einheit wird, dann ist das doch nur ein i weiterer Schritt auf dem Wege der Konsolidierung des gegen- ! ^ wärtigen Staates. Es war sicher kein Zufall, daß die großen ^ Handelshäuser in Hamburg bei dem Besuche des Reichspräfi em j ten die Handelsflage gehißt batten. Man hat auch von Ham- ' i bürg aus für diesen Gedanken gewirkt und die Bereitwilligkeit s mit der man hier für diese praktische Lösung eintrat, ist sicher i von guter Vorbedeutung für die Wirkung, die die Verordnung s des Reichsräsidenten in den deutschen Auslandskolonien aus- ^ üben wird. DerLokalanzeiger" nennt die Verordnung ein > ' äußerst bescheidenes Zugeständnis an die einmütige Stellung -

- unserer Ausländsdeutschen, durch das die Republik keineswegs j in Gefahr komme, wie die Demokraten meinten. Es sei Pflicht . der Regierung, unbekümmert um die Einwendungen, wenigstens '

- soweit den berechtigten Wünschen der Ausländsdeutschen entge- ' ' genzukommen. DieDeutsche Zeitung" begrübt die Verordnung .

und erinnert gegenüber den Bedenken der Demokraten daran, ' i daß im Jahre 1921 bei der Abstimmung über die Landesflagge ' ' mit einer Stimmenmehrheit die Beibehaltung der schwarz-weiß»

: roten Handelsflagge ohne Gösch abgelehnt wurde und daß da-, i

- mals auch die Demokraten mit 2 Ausnahmen für die Bcibehak- ?

' tung von jchwarz-weiß-rot stimmten. ^

: Unterzeichnung der Flaggenverordnung durch den Reichs-

f Präsidenten

s Berlin, 8. Mai. Die Flaggenverordnung ist heute vom ^ Reichspräsidenten unterzeichnet worden.

! Sie Rede Hslidenbutgr in Hamburg

? Anläßlich des Festmahles im Hamburger Rathaus feierte -

> Bürgermeister Dr. Petersen den Reichspräsidenten als Ehren- ^

! bürger des ganzen deutschen Volkes und teilte mit, daß der Se- , s nat eine wichtige Straße im Stadtparkviertel den Namen Hin- ? s denburg verliehen habe. !

Der Reichspräsident erwiderte:Von ganzem Herzen danke . ich für die so freundliche Begrüßung, die Sie mir zuteil werden ? lieben, und für die erneute Ehrung, die der Senat der Freien ! und Hansestadt Hamburg mir erweist. Ich darf diesen Dank aus- ^ ; dehnen auf alle, die mir heute in den Straßen und im Hafen s

- Hamburgs ein jo freundliches Willkommen dargebracht haben; i ! ich sehe in diesen Grüßen aus den verschiedensten Schichten der

: Bevölkerung die Bestätigung dessen, was eben über Hamburgs

- Treue zum deutschen Vaterland gesagt wurde, und nehme diese

s Kundgebung gern entgegen als das freudige Bekenntnis zum . ^ Reich, als den beredten Ausdruck gemeinsamen deutschen Füh-

> lens und Wollens. Mit Recht wurde daran erinnert, daß dieser

^ deutsche Geist bei Ihnen keine Erscheinung der letzten Jahr- - ? zehnte ist, daß Hamburg und seine hanseatischen Schwesterstädte s vielmehr in ihrer ehrenvollen Geschichte stets von dem deutschen

> Gedanken beseelt waren. Die hanseatische Politik war immer : : eine deutsche Politik, getragen von dem Gedanken an das ganze '

- Deutschland und seine Sendung in der Welt. Hamburg war von : k jeher eine Brücke, die unser Vaterland mit der Welt verbindet; , i es war der Sammelpunkt, von dem aus sich die vielen verschlun-

» genen Fäden deutscher Wirtschaft dem Ausland zuwandten. Ich . s habe deshalb mit Ihnen während des Krieges und in den schwe- i ren Jahren der Nachkriegszeit empfunden, was es für Sie Le- , i Leuten mußte, den sonst von Schiffen der ganzen Welt belebten - i größten Handelshafen Deutschlands leer und verödet zu er- ,

- blicken, die große stolze Handelsflotte bis auf geringe Reste aus- - s, geliefert zu wissen und all die vielen Auslandsbeziehungen, die ' j Hamburg mit der Weltwirtschaft verknüpften, abgerissen zu sehen. , x Aber der alte hanseatische Geist hat sich auch hier gezeigt. Mit i H Anerkennung und Bewunderung kann ich es heute aussprechen, - ; daß der zähe Wille und der Mut, mit dem Hamburg an den : H Wiederaufbau ging, für ganz Deutschland ein glänzendes Bei- ° v spiel dafür war, was deutsche Kraft und deutsche Tüchtigkeit zu

? leisten vermögen. Mit lebhafter Genugtuung konnte ich bei mei- s ner Rundfahrt durch den Hafen feststellen, daß das alte Hamburg ; s wieder lebt und auf dem Wege ist, seine frühere Geltung in ' z Schiffahrt und Handel wieder zu erringen. Was hier in weni- f gen Jahren, in Jahren der Not und Armut geleist-t worden ist,

- ist in bestem Sinne deutsche Arbeit und deutsche Leistung, ge- , ^ Loren aus dem festen Glauben an die deutsche Zukunft und ge- '

tragen von der hoben Verantwortung für das deutsche Volk und . i Vaterland. Dieser Geist, der den Wagemut des Seefahrers mit : ! dem tatkräftigen Willen des welterfahrenen Kaufmannes ver- s bindet, ist hanseatische Eigenart, ist der Charakter Hamburgs; , z auf ihm beruht die Geschichte Ihrer Stadt, er verkörpert sich auch ^ ^ in Ihrem Willen zum Festhalten an der staatlichen Selbständig- ? s keit, den Sie, Herr Bürgermeister, eben besonders betonten. Ich , k kann es nachempfinden, daß Sie auf diese eigene Staatlichkeit

- stolz sind und in ihr die Hauptwurzeln Ihrer Kraft erkennen.

; Hamburg bat auch in Zukunft die große Ausgabe zu erfüllen, für t Deutschland ein Mittler znm Weltverkehr zu sein, und ich glaube

mit Ihnen, daß es in der staatlichen Form, die es seit Jahrhun­derten hat, dieser Aufgabe auch künftig am besten gerecht wird. Unser aller Ziel soll und muß sein, unter Ausnutzung der be­sonderen Anlagen und Fähigkeiten der einzelnen deutschen Stämme und Länder die besten Kräfte zusammenzufassen zur Einheit des in sich geschlossenen und starken Reiches; nur so kön­nen wir uns in der Welt behaupten und für unser Volk eine lichtere Zukunft erringen. Mit diesem Wunsche erbebe ich mein Glas auf das Wohl und das Gedeihen Hamburgs und auf die glückliche Zukunft unseres gemeinsamen groben Vaterlandes.

Vom englischen Generalstreik

Allerlei Streiknachrichten

London, 4. Mai. Das Unterhaus vertagte sich, ohne über den Generalstreik zu debattieren. Zm Laufe des Tages hat die Desorganisation der Eisenbahnen leicht nachgelassen. Ein beschränkter Verkehr ist zwischen London und den Vor­orten aufrechterhalten worden, besonders auf den elekrti- schen Linien. Einige Züge verkehren noch zwischen London und einigen Großstädten, sowie in Schottland. Alle Pferde­rennen sind abbestellt worden. In London halten alle Autobusse, die nicht der Allgemeinen AutobusgesellschafL gehören, ihre normalen Fahrten aufrecht. Tausende von Taxametern und Gesellschaftsautos aus den volkstümlichen Seebädern versehen den Dienst.

Zn Liverpool haben zwei Kriegsschiffe Lebensmittel ge­landet. Zn Bristol war der Straßenbahn- und Autobus­dienst in vollem Gange. Auf dem Dock ruhte die Arbeit, doch werden Vorkehrungen getroffen, um das Löschen leicht­verderblicher Waren zu sichern. Zn Crewe streiken 10 009 Mann, das ist so gut wie die ganze männliche Bevölkerung von Crewe.

Der Dampferverkehr zwischen Frankreich und England ist fast vollständig unterbrochen. Der Flugzeugdienst mußte erheblich verstärkt werden. Nur zwischen Dover und Calais verkehrt täglich ein Dampfer nach beiden Richtungen. Der Hafen von Boulogne ist vollkommen verödet. Etwa 360 Wagen mit neuen Kartoffeln, die für England bestimmt sind, liegen im Hafen von Boulogne fest. Die unterwegs befindlichen amerikanischen Dampfer werden voraussicht­lich England nicht berühren, sondern gleich aus französische Häfen zusteuern.

Ausschreitungen in London

London, 5. Mai. Nachdem der erste Tag ohne Ruhestö­rungen verlaufen war, kam es abends in den östlichen Be­zirken Londons zu Ausschreitungen. Autos und Lastkraft­wagen wurden verschiedentlich von jungen Burschen ange­halten und die Insassen gezwungen, auszusteigen. Als im Laufe des Abends die Polizei verstärkt wurde, nahm die Feindseligkeit der Menge zu. Die Polizei machte infolge­dessen mehrere Angriffe mit Eummiknütteln. Zahlreiche Personen wurden ins Hospital gebracht. Den Ausschreitun­gen des Pöbels fiel ein kostbares Auto zum Opfer, das voll­ständig zertrümmert wurde. Zn einem anderen Fall wurde ein Lastauto in Brand gesteckt, und eine Feuer­wehrspritze am Weiterfahren verhindert.

Abflauen der Streikbewegung

London, 8. Mai. Das neue Regierungsblatt hebt hervor, alle Anzeichen deuten darauf hin, daß der Streik nicht so vollständig sei, wie seine Veranstalter gehofft hätten. Bevor der Generalstreik von Seiten der Führer nicht aufgehoben werde, könne nichts geschehen. Dieses sei die Bedingung, di« jeglicher Wiedereröffnung von Verhandlungen vorausgehen müsse. Die Regierung teilt mit, daß Freiwillige in riesigen Mengen ihrem Rufe Folge leisteten.

Im sozialistischen Nord-England fuhren auf den wichtig sten Strecken 15 Personenzüge. Die Direktion der Nord-Ost- Bahn in York macht bekannt, daß von ihrem Personal sich nur 64 Mann (aus einigen 80 000) im Ausstand befinden und im wichtigsten nordenglischen Kohlenhafen Hüll lehnten die Eisenbahnbeamten und -Arbeiter überhaupt den Ein­tritt in den Streik ab. Eine Entlassungsdrohung des Ober­bürgermeisters von Portsmouth mit 3 Stunden Befristung genügte, um das gesamte Personal der städtischen Straßen­bahnen und Omnibusse zur sofortigen Aufgabe des Sym­pathiestreiks zu veranlassen. Heute vormittag fahren wieder Schnellzüge von London nach Derby, Manchester, Liverpool. Leeds und Schottland.

Sympathiestreik in Frankreich

Paris, 8. Mai. DasJournal" meldet: 2000 Arbeiter einer Automobilfabrik in St. Ouen bei Paris seien gestern aus Sympathie für die Streikenden in England ihrerseits in den Ausstand getreten. Die Delegierten der Metall- und