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Amtsblatt für den Mderamtsb-zirf Nago! ) » Aleprftetq-dta-l Allgemeiner Anzeiger für -is Bezirke Nagold- Lalw u- jreudenstadt

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Ne. Ü7 > ^lirnttri« Mittwoch den .'8 April j ^ Z92tt

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Zur »e««n Weltwirtschaftsßo«sere»z '

Scho« bald nach dem Aufwerfen der Reparationsfrage hatte es sicb "ezeigt, daß die'" Trage nicht un- lüchängig erfolgen konnte von der allgemeinen Testaltung »er weltwirtschaftlichen Beziehungen und daß auch um- »ekehrt der Wiederaufbau der Weltwirtschaft in seinem krfolge von einer Lösung der Frage der interalliierten Schulden und der Reparationen wesentlich mit bedingt var. Alle politischen Möglichkeiten erwiesen sich als eng nit den wirtschaftlichen Begebenheiten verknüpft. Immer vieder wurden die Politiker, obwohl sie es vielfach nicht lern sahen, durch die unerbittliche Logik der Tatsachen an nese Gegebenheiten erinnert. Es braucht in diesem Zu- ! jammenhang nur an die verschiedenen Brüsseler Finanz- konferenzen, vor allem aber an die bekannte Genueser Kon- Drenz im April des Wahres 1922 hingewiesen zu werden.

Die Konferenz in ^ war als eine internationale

kussprache über die dringlichsten internationalen Finanz- and Wirtschastsftagen gedacht. Allerdings waren nur die europäischen Staaten ' r beteiligt, während die Ver­einigten Staaten sich au; oie Rolle des stark interessierten Beobachters beschränkten. Von innerpolitischen französischen Erwägungen ausgehend hatte es Poincare durchgesetzt, daß die Besprechung des Reparationsproblems nicht offiziell auf die Tagesordnung gesetzt werden dürfte. Damit war natürlich die Konferenz von vornherein in ihren Erfolgs­möglichkeiten behindert.Jedermann war sich darüber klar, daß es zwecklos sei, über die Wirtschaftslage Europas zu sprechen, wenn man nicht ihren Zusammenhang mit der Reparation und den internationalen Schulden berührte", sagt der Staatssekretär Bergmann ganz zutreffencd in sei­nem bekannten Buche über den Weg der Reparation. In der Tat schloß die Konferenz ohne greifbare Erfolge, nach- ^ dem auch noch der deutsch-russische Rapallo-Vertrag wie j eme Bombe hsreinaevlatzt war. i

In den Jahren 1923 und 1924 suchte sich Poincare dann mit seinem Ruhrabentsuer auch weiterhin über Wirtschaft- ' liche Voraussetzungen hinwegzusetzen, nicht ohne über den ' Rahmen der Beteiligten hinaus die ganze Weltwirtschaft ' in Anordnung zu bringen. Erst das Jahr 1924 hat mit der ! Aufstellung des Darvesplanes und mit seiner Inkraftsetzung auf der Londoner Konferenz die Bindung der politischen Bestrebungen an die wirtschaftliche Grundlage bewirkt. ! Einsichtige Politiker und Wirtschaftler vor allem die Sachverständigen des Dawesplanes selbst waren sich je­doch von Anfang an darüber klar, daß der Dawesplan wohl s eine geeignete Grundlage für das Weiterarbeiten, keines- ' wegs aber ein Evangelium bildete, an dem nicht gedeutet ! und gerüttelt werden dürfe. Die Welt ist durch ihn nicht j der Aufgabe überhoben worden, auch fernerhin die Ent- j Wicklung der Schulden- und Reparationsfrage in lieberem- z stimmung mit den Erfordernissen der Weltwirtschaft zu ! halten. E

- Gerade diese Erfordernisse sind es gewesen, die Völker- z bundskrsise veranlaßt haben, das Wagnis zu unternehmen, noch einmal die wirtschaftliche Misere der Welt auf einer ' internationalen Konferenz zur Erörterung zu stellen. Es j wird dieser Konferenz zugute kommen, daß nunmehr ein j gut Teil von der aus den Jahren 1914 bis 1919 übernom­menen Masse an Kriegspsychose und Siegerübermut liqui- ° diert worden ist. Auch die Beteiligung Amerikas, das als § Generalgläubiger Europas ein dringendes Interesse an der s Ueberwindung der weltwirtschaftlichen Schwierigkeiten be- « sitzt, verbleibt der Tagung erhöhte Bedeutung. Demgegen- ! über ist das wahrscheinliche Fernbleiben Rußlands, das mit s der Schweiz, dem Heimatlande der Konferenz, in politischen : Differenzen lebt, äußerst zu bedauern. Denn tatsächlich i kann der wirtschaftliche Wiederaufbau der Welt nur durch ? die Berücksichtigung aller wirtschaftlichen Faktoren, zu s denen natürlich auch Rußland gehört, gefördert werden. Es ? ist natürlich schwer, im Voraus zu sagen, ob und welche s Erfolge die Konferenz erzielen wird. Unter Berücksichti­gung der ganzen internationalen Stimmung für Wirt- s schaftsfragen, wie sie z. V. aus den Arbeiten und aus der k Einstellung der Internationalen Handelskammer in Paris z hervorgeht, darf man jedoch zum mindesten wertvolle Bei- i träge zur Lösung der internationalen Wirtschaftsfragen er- ! warten. j

Der Ausschuß, der in Genf zusammengetreten ist, wird ! sich in der Hauptsache mit der Aufstellung des endgültigen s Programms für die Konferenz zu befassen haben. Es wird ^ von den Staaten durch Vertreter der Regierungen sowie f durch Vertrauensleute der Unternehmer und Arbeitnehmer z beschickt werden. Für Deutschland nehmen Staatssekretär ? Trendelenburg vom Reichswirtschaftsministerium sowie die . Herren Abgeordneten Dr. Lammers vom Reichsverbande ' der deutschen Industrie und Eggert als Vertrauensmann ^ der Gewerkschaften an seinen Arbeiten teil. Aus der Zu- ? sammensetzung ergibt sich schon, daß Fragen der staatlichen j Handelspolitik, dm wcivaten internationalen Wirtjchafts-

Vereinbarungen sowie der internationalen Sozialpolitik (Arbe ^swit!) auf der Tagesordnung zu finden sein wer­den. Naturgemäß werden die Vertreter Deutschlands im Verein mit den übrigen Schuldnernationen dem endlichen Ab*. ' -r ^and-lsbeschränkungen, wie er

aua- von der Internationalen Handelskammer vertreten wird, das Wort zu reden haben, denn nur von einer Be­seitigung dieser Schranken darf eine solche Position der Schuldnerländer erwartet werden, wie sie für die Vor­nahme von Zinsleistungen und Amortisationen erofrderlich ist. Ferner werden sich die Eläubigerländer mit der Tat­sache auseinanderzufetzen haben, daß der erwartete Ein­gang von Leistungen an ihre eigene Bereitwilligkeit, Ex­porte der Schuldnerländer aufzunehmen, nicht geringe An- forderunaen stellt.

Deutschlands weltwirtschaftliches Programm Genf, 27. April. In der Generaldebatte der Wirtschaft­lichen Kommission, die am Dienstag vormittag fortgesetzt wurde, ergriff Staatssekretär Trendelenburg das Wort, j Er wies darauf hin, daß die Welt sich in einem Krankheits­zustand befinde, der seinen letzten Grund in der Ueber- ' industrialisierung habe. Es bestehe die Tatsache, daß dis i Industrie zu Preisen produziere, zu denen sie ihre Waren ^ nicht absetzen könne. Daher sei eine Verständigung zwi- ^ schen den einzelnen Staaten notwendig. Eine Erdrosselung ' gewisser Industriezweige sei nicht zu umgehen. Die Wirt­schaft müsse rationalisiert werden. Was kann nun die ! Wirtschaftskommission in dieser Richtung mn? Es sei vor allem l »kotwendig, daß sie sich für eine Einheitlichkeit des Weltmarktes r ausspreche und zwar in derselben Form, wie der Weltmarkt sich > vor dem Kriege berausgebildet habe. Hierzu sei es notwendig, : dab die Industrie soviel als möglich produziere. Line Eiweite- i rung des Weltmarktes müsse sich nicht nur aus die Kolonien, ' sondern auch auf China, Indien und Ruhland erstrecken. Wo- ^ durch sei die Einheitlichkeit des Weltmarktes am meisten be- : droht? 1. Durch die Erschütterung der Währungen in zahlrei- , chen Staaten, 2. durch die übermäbige nationale Jndustriealisie- » rung, durch Zollschranken, durch Einwanderungsverbote, durch s Lin- und Ausfuhrverbote, durch Ausfuhrprämien, Repressalien ? usw., 3. durch übermäßige« Konkurrenzkampf zwischen den gro- / ben Rationen. j

Was kann die Wirtschaftskommission nun tun, um hier Ab- s Hilfe zu schaffen? 1. Sie muß au die Feststellung der Währungs- ° jchwterigkeiten Herangehen, das gesamte Währungsproblem stu- j Vieren und sich dabei an die Richtlinien der Brüsseler Konferenz : halten, 2. Sie muß die Weltmeinung zum Ausdruck bringen und ' in den Zoll- und Handelsverträgen Ordnung schaffen. Bisher ! waren die Handelsbeziehungen erschwert durch die Tatsache, daß ' zwischen zahlreichen Ländern noch keine Handelsverträge vorhan- j den waren. Weiter mutz die Kommission darauf hinwirken, daß s nicht alle Länder alle Industrien haben müßten, sondern nur i iedes Land die Industrie, die es brauche. Die Kommission müsse, - um zu ihrem Ziel zu gelangen, zwei Vorfragen lösen: 1. Die Ab- ! änderung der Vielgestaltigkeit der allgemeinen internationalen ! Statistik und 2. die Abschaffung der Mannigfaltigkeit der Zoll- - iarife. Auch würde eine weltwirtschaftliche Verständigung zwi- ! schen den einzelnen wichtigen Industrien der Welt von grobem ^ Ruhen sein. An diese Fragen müsse grundsätzlich hcrangetreten i werden. Trendelenburg schloß seine Ausführungen mit dem Hin- - weis darauf, daß Einigkeit Kraft gebe. Weiter nahmen in der s Debatte noch der italienische Finanzminister De Slefani und j Pauwell das Wort. Der englische Nationalökonom Layton lehnte j die Einsetzung von 3 Unterausschüssen zur Behandlung der Zoll- > frage, der Produktions- mrd der Arbeitsfrage ab. I

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Da die Ratifikationsurkunden des deutsch-russischen Ver- i träges ausgetauscht werden sollen, wird wohl der Vertrag s in der Geschichte unter dem Namen Berliner Vertrag fort­leben. Wenn das Vertragsdokument, das die einstimmige i Zustimmung des Auswärtigen Ausschusses des Reichstages ! gefunden hat, im Plenum des Reichstages zur Annahme i vorgelegt werden wird, ist noch eine offene Frage. Bejahen- ! venfalls würde das Reichsparlameut eine Einheitsfront der s Parteien zeigen, wie bisher noch bei keiner Regierungs- ^ Vorlage. Auch in keinem der Berliner Blätter von der Deutschen Zeitung" bis zurRoten Fahne" findet sich eine Ablehnung des Vertrages, wenn auch die deutschnationalen ^ Zeitungen ihre Billigung mit der Einschränkung versehen, - daß der Vertrag ein Festhalten an der von ihnen bekämpf- . ten Locarno- und Völkerbundspolitir bedeutet. ^

Die Parker Presse zum Berliner Vertrag >

DasScho d« Paris" teilt mit: Der Vertrag hat in alliierte» ; diplomatischen Kreisen grobes Aufsehen erregt, weil seine Be- i stimmungen weit über das Mab binausgehen, was man hätte > erwarten können. Außerdem wird von den Morgenblättern mit- ^ geteilt, daß sofort zwischen Paris, London, Brüssel, Rom, War- : schau, Prag und dem Sekretariat des Völkerbundes ein Mei- j »ungsaustauiL einseleitet werde.

«Petit Parisien" schreibt: Es müsse vor allem 7^?

! den, ob der Wortlaut des Vertrages und die in dem beigefügte« ! Schreiben ausgedrückten Ideen nicht mit den Locarnoverträge» und mit den Artikeln 16 und 17 des Völkerbundspaktes i« Widerspruch ständen.

DerMaiin" ist der Ansicht, daß, abgesehen von dem bedeut­samen Symptom der Unterzeichnung eines derartigen Vertragest der Text, so wie er offiziell ausgelegt werde, bestreitbar sei. Di« Alliierten und die Kleine Entente würden sicherlich in Berlin eine Demarche unternehmen, um eine deutliche und offiziell« Erklärung Deutschlands zu erhalten. Es sei schwierig, ein« Macht in den Völkerbund auirunehmen, die von vornherein der« Völkerbund das Recht abspreche, über die Verantwortlichkeit m >inem bewaffneten Konflikt zu entscheiden.

DerQuotidien" meint, man brauche nur den Wortlaut des Vertrages zu lesen, um zu begreifen, daß Rußland allein seinen Vorteil dabei finde. Er erwecke den Eindruck einer Schranke, di« man gegen die Maßnahmen errichten wolle, die der Völkerbund eines Tages gegen Rußland eingreifen könnte.

Die tschechische Presse über d«« Berliner Vertrag

Prag, 27. April. Von den tschechischen Morgenblättern neh­men nur zwei zum deutsch-russischen Vertrag Stellung. DieTri­buns" erklärt, die Veröffentlichung des Vertrags habe die Be­sorgnisse, die vorher geherrscht hätten, zerstreut. Der Vertrag sei weder mit Locarno, noch mit den» Völkerbund in Wider­spruch. Man habe keinen Grund, an der Richtigkeit der offiziellen Kommentare aus Berlin zu zweifeln, do es keinerlei Geheimzu­satzverträge gebe. Darm sei es aber auch sicher, daß der Vertrag nicht nur im Interesse der europäischen Konsolidierung gelegen sei, sondern daß er Rußland vielleicht den Westen und eventl. so­gar Genf näher bringen könne. Die tschechisch-nationaleNarod- ni-Listy" stellt den Aeuberungen aus Berlin einen Artikel der Jsvestija" entgegen, die den Vertrag als einen Agriff auf Lo­carno bezeichnet. Diese russische Stimme bestätige, daß der Ver­trag mit Deutschland die neue europäische Ordnung bedrohe.

Das amerikanische Echo

Neuyork, 27. April. Hier wird vielfach die Auffassung vertre­ten, daß der Berliner Vertrag von einschneidender wirtschaftlicher Bedeutung sei und auch Amerika erheblich berühre. DieWorld" tritt entschieden der Ansicht entgegen, daß der deutsch-russische Vertrag die Locarnoverträge gefährden könne. Er könne im Ge­genteil stark zur Befriedung Europas beitragen. Der Berliner Korrespondent derNeuyork Times" weist darauf hin, dab der deutsch-russische Vertrag nichts weiter garantiere als die stetig« enge Fühlungnahme zwischen beiden Staaten in allen Fragen, die sie gemeinsam berührtem

Die Aufnahme des Berliner Vertrages in Moskau

Moskau, 27. April. Die hiesige Presse bringt heute in großer Aufmachung den Wortlaut des deutsch-russischen Vertrags. Die gesamte Presse würdigt den Vertrag als ein bedeutsames Ereignis im Leben der Oststaaten und spricht die Zuversicht aus, daß er eine bessere Basis für den Frie­den bilden werden, als die Verträge von Locarno und Genf. Es wird allgemein erklärt, Aufgabe der Sowjetdi» plomatie müsse es jetzt sein, einen ständigen Vertrag auszu­arbeiten. Die Sowjetregierung gibt in der Presse der Zu­versicht Ausdruck, daß dies der erste Schritt zur Stabilisie­rung der politischen Lage in Europa sei. Sie würde es be­grüßen, wenn die übrigen Regierungen dem Beispiel Deutschlands folgen würden.

Italienische Pressestimmen

In einem Leitartikel sucht dieTribuna" die Unfähig­keit des Völkerbundes, die politischen Fragen zu klären, darzutun. Der Vertrag gebe Deutschland eine größere Selbständigkeit und Rußland eine Verteidigung gegen die Völkerbundspolitik.Mondo" schreibt, daß diejenigen, welche die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund Hin­tertrieben und dadurch den Abschluß dieses Abkommens er­möglicht hätten, eine schwere Schuld auf sich geladen hätten. Treuere" findet, daß das bisher unsinnige und unmo­ralische europäische Gleichgewicht durch den Vertrag stark bedroht sei, ebenso das demokratische Verbrüderungsgesetz. Heute sei zum ersten Male eine Sprengmine unter das un­geheure Gebäude gelegt worden, das nach dem Kriege auf­gerichtet worden sei. Der Zusammenbruch stehe bevor. Italien könne mit Ruhe zusehen und könne sich frei nach allen Richtungen hin bewegen.Avanti" erinnert Frank­reich daran, daß es durch die Aufstellung der polnischen Kandidatur für den Völkerbnndsrat die heutige Lage ver­schuldet habe. Ein großes Volk wie das deutsche, das zu den zivilisiertesten und zu den gebildetsten Völkern der Welt gehöre, habe einen solchen Angriff auf seine Ehre, wie er in Genf geschehen sei, nicht ruhig hinnehmen können. Sonderbar sei nur, daß alle diejenigen, die immer noch nicht genug Deutschland demütigen könnten, am lautesten schrieen, wenn jetzt Deutschland Schutz und Hilfe im Osten gesucht habe.