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Aus den Tannen

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Amtsblatt M? den Oberamtsd-zirk Nagold «. Altensteig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw u- jreudenftadt

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Atteustrig Montag den April

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Der Deutsch-russische

Der Vertrag mit Rußland vom Reichskabinett genehmigt

Berlin, 24. April. Das Reichskabinett hat sich am Sams­tag vormittag mit dem deutsch-russischen Vertrag befaßt und dem inzwischen vorliegenden Text zugestimmt. Der Reichs­präsident hat dem Reichsaußenminister Vollmacht erteilt» de» Vertrag zu unterzeichnen. Der Reichsaußenminister wird noch heute die Parteiführer unterrichten. Am Montag »ormittag wird sich der Auswärtige Ausschuß des Reichs­rats mit der Angelegenheit befassen, ebenso wird am Mon­tag der Auswärtige Ausschuß des Reichstags zusammeu- treten, auf dessen Tagesordnung als erster Punkt der deutsch-russische Vertrag steht. Nach Abschluß der Beratungen des Neichsrats und des Auswärtigen Ausschusses wird der Text des Vertrags gleichzeitig in den verschiedenen Haupt­städte« veröffentlicht werden. Der Vertrag besteht aus dem Hauptteil uud Anhängen» die gewisse Deklarationen zu Fragen enthalte«, die mit dem Inhalt des Vertrags in Zu­sammenhang stehen. Schon daraus ergibt sich, daß der Text liemlich lang ist.

Der Vertrag unterzeichnet

Berlin, 24. April. (Amtlich.) Die Abmachungen mit der Sowjetregierung» über die bekanntlich seit längerer Zeit verhandelt worden ist» sind im Laufe des heutigen Nachmit­tags im Auswärtigen Amt unt er zeichnet worden» und zwar aus deutscher Seite von dem Reichsminister des Aus­wärtigen» Dr. Stresemann und auf russischer Seite von dem Botschafter Krestinski.

Berlin, 25. April. Zu dem deutsch-russischen Vertrag er­fahren das Berliner Tageblatt und der Lokalanzeiger, daß beide Staaten sich in dem Vertrag gegenseitig Neutralität zusichern für jeden Angriff, der nicht von den beiden Par­teien herbeigeführt ist. Die Neutralität bezieht sich auf jeds Form wirtschaftlicher Kriegsführung. Das im Rapollo- Vertrag vereinbarte deutsch-russische Freundschaftsverhält­nis soll durch Förderung der beiderseitigen Wirtschaftsbe­ziehungen bekräftigt werden. Zum Ausgleich von Schwie­rigkeiten ist die Bildung.einer Schiedsinstanz vereinbart worden. In einer Anlage werden die einzelnen Vertrags­bestimmungen erläutert und in dem beigefllgten Noten­wechsel wird auf die Bedeutung des Art. 16 des Völkerbund­statuts eingegangen. Dies geschehe, wie das Berliner Tag­blatt berichtet, in einer Form, die sich nicht von der von deutscher Seite bereits abgegebenen Erklärung unterschei­det. Dem Lokalanzeiger zufolge, soll der Vertrag durch Deutschland beim Völkerbundssekretariat in Eens hinter­legt werden.

Eine Rede Litwinoffs über den deutsch-russischen Vertrag

Moskau, 25. April. In der gestrigen Schlußsitzung des Zentralexekutiv-Komitees, der auch der der deutsche Bot­schafter Brockdorff-Rantzau beiwohnte, gab Litwinoff unter Beifall den Abschluß des deutsch-russischen Vertrages be­kannt und erklärte:

Der Vertrag enthält keine geheimen Klauseln. Es be­stehen keine ergänzenden, geheimen Protokolle. Der Ver­trag stellt lediglich die Präzisierung des Vertrages von Ra­pallo und die Beantwortung der Frage dar, ob der Ver­trag im Widerspruch zum Geiste von Locarno steht. Letzte­res hängt davon ab, welchen Zweck man mit Locarno ver­folgt. Wird mit Locarno die Befriedigung Europas er­strebt, so muß jedermann den Abschluß des deutsch-russischen Vertrages auf das wärmste begrüßen. Wenn aber Locar­no den Zweck verfolgte, einen Block gegen die Sowjet-Un­ion zu schaffen, so widerspricht der gestern in Berlin Unter­zeichnete Vertrag einem derartigen Geiste von Locarno. Tie Gewährung eines Kredites von 300 Millionen Reichs­mark von Deutschland an Rußland ist ein günstiges An­zeigen für die Festigung der Zusammenarbeit der beiden Länder. Die hohen Zinsforderungen der deutschen Ban­ken ermöglichten bisher eine Realisierung dieser Kredite nach nicht. Die interessierten deutschen Wirtschaftskreise mögen in Betracht ziehen, daß wir nicht beliebige Kredite suchen, sondern vorteilhafte Kredite. Litwinoff gab dann ein Bild von den sowjetrussischen Beziehungen zu anderen Ländern. Er betonte das Erstarken von Tendenzen zu Gunsten einer Verständigung mit der Sowjetunion in den Vereinigten Staaten. Die Beziehungen zu England seien leider unverändert, doch wiesen einige offizielle Er-

Vertrag unterzeichnet!

klärungen Symptome einer gewissen, für die Sowjetunion günstigen Wendung auf. Leider verhinderten innere wie fremde Einflüsse eine politische und wirtschaftliche Verstän­digung mit Polen. Die von russischer Seite unternommenen Verständigungsversuche scheiterten bisher. Ohne jemals die tiefste Sympathie für die nationalrevolutionäre Bewegung in China verheimlicht zu haben, enthalte sich die Sowjet- Union entgegen den tendenziösen Behauptungen aufs strengste jeglicher Einmischung in die inneren Angelegen­heiten Chinas. Die freundschaftlichen Beziehungen zu Ja­pan blieben eine Hauptaufgabe der Außenpolitik der Sow­jetregierung.

Scr SWWrschuß de; ReiWses

Berlin» 24. April. Im Rechtsausschuß des Reichstages erklärte am Samstag zunächst Reichsjustizminister Dr. Marx, daß das Volksbegehren wegen der Aufwertung noch dem Kabinett vorliege, aber unverzüglich an den Reichsrai weitergeleitet werde. Die Abgeordneten Neubauer (Komm.) Dr. Rosenfeld (Soz.) und Stöcker (Komm.) bestritten di« Notwendigkeit, daß die Vorlage dem Reichsrat zur Stell lungnahme überwiesen werde. Der Ausschuß wandte sich dann der Fürstenabfinduug zu. Da jedoch dieser Gegenstand nicht auf der Tagesordnung stand, die lediglich eine Bespre­chung über die Geschäftslage des Reichstages vorsah, wider­sprachen die Kommunisten der Fortführung der sachliche» Beratung. Nunmehr beantragte Abg. Schulte-Breslar Vertagung der Sitzung, was einstimmig angenommen wurde. Der Vorsitzende Abg. Dr. Kahl beraumte sofort eine neue Sitzung auf 10 Minuten später an» mit der Tagesord­nung: Beratung der Fürstenabfindung. Daraus wurde die Beratung des Paragraphen 2 des Kompromißentwurfes fortgesetzt. Der Absatz 1 des Paragraphen 2 sollte durch eine dritte Lesung im Ausschuß ersetzt werden. Die Absätze 27 des Paragraphen 2 wurden nun in der Kompromiß­fassung angenommen. Dafür stimmten die Deutschnatio­nalen mit Ausnahme des Abg. Everling, während sich die Sozialdemokraten der Abstimmung enthielten. Die ange­nommen Absätze regeln ebenso wie der abgelehnte Absatz 1 des Paragraphen 2 die verschiedene Zuständigkeit des Reichssondergerichts. Die Abstimmung über den letzten Ab­satz des Paragraphen 2, der bestimmt, daß in dem nach der Staatsumwälzung bereits erfolgten Auseinandersetzungen auf übereinstimmenden Antrag der Parteien vom Reichs­sondergericht eine neue Eesamtauseinandersetzung vorge- nommen wird, wurde auf Antrag der Deutschnationalen ausgesetzt. Darauf gab der preußische Finanzminister Höp- ker-Aschoff eine ausführliche Darlegung des Standpunktes der preußischen Regierung zu dem Kompromiß.

Die Vereinbarung über die Abfindung

Berlin» 24. April. Heber die Vereinbarung, die zwischen den Parteien des Kompromißantrags über die Fürsten­abfindung und der preußischen Regierung erzielt worden ist, teilen die Blätter mit, daß die preußische Regierung ihr Ver­langen nach einer Erweiterung der Rückwirkung aufgegeben hat. Vorgesehen ist ein Rückkaufsrecht, das die preußische Regierung sich auf verschiedene Schlaffer und Herrschaften zu sichern beabsichtigt. Es handelt sich um die Besitzungen Glinicke, Babelsberg, Letzlingen, Rominten, Hubertusstock und Springe. Diese Regelung hat jedoch, wie dieTägliche Rundschau" erklärt, in den Kreisen der Deutschen Volkspar­tei Bedenken erregt. Zu erwähnen ist in diesem Zusammen­hang eine Mitteilung derVossischen Zeitung", daß die bei der preußischen Regierung vereinbarten Aenderungen des Kompromißentwurfes in Form eines Antrages dem Rechts- ausschuß vorgelegt werden wird, der nur von den Demokra­ten und dem Zentrum unterzeichnet ist, während es die Deutsche Volkspartei abgelehnt hat, den Antrag zu unter­schreiben. Sie wird aber, dem Blatte zufolge, für ihn stimmen. Im Vergleich zu dem Abkommen, das die preu­ßische Regierung im September mit den Hohenzollern schloß, bringt das Kompromiß in seiner jetzigen Gestalt dem preu­ßischen Staat ganz erhebliche Vorteile. Statt eines Grund­besitzes von 514 000 Morgen, die damals dem Herrscherhaus zuerkannt waren, würden diesem jetzt nur 280 000 Morgen zufallen und ebenso beträchtlich ist der Unterschied zwischen der im Vergleich vorgesehenen Bargeldentschädigung für die bekanntlich 30 Millionen festgesetzt war gegenüber nunmehr nur noch 12 Millionen.

Rutschlmd md da; internatjimle Arbeit«!

Man schreibt uns:

Das ständige internationale Arbeitsamt, das auf Grund oes Friedensvertrages in Genf errichtet worden ist, hat un­ter seinem rührigen, temperamentvollen Direktor, dem französischen Sozialisten Albert Thomas eine geradezu fie­berhafte Tätigkeit entwickelt, die sich bisher allerdings in der Hauptsache nur auf dem Gebiete der Porpaganda für die Annahme der bekannten Washingtoner Beschlüsse auswirken konnten. Wir sind bekanntlich seinerzeit nicht zu der großen internationalen Arbeitskonferenz nach Washington einge­laden worden, obgleich gerade Deutschland das erste inter­nationale sozialpolitische Programm nach dem Kriege vor­gelegt hatte, das von uns als Bestandteil des künftigen Friedensvertrages gedacht war. Deutschland ist somit syste­matisch von der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in den grundlegenden sozialpolitischen Fragen ausgeschloffen wor­den. Nicht als Subjekt, wohl aber als Objekt ist unser Land bisher an der Arbeit des internationalen Arbeitsamtes hervorragend beteiligt gewesen. Wir erinnern uns der Zeit, als man mit aller Gewalt und auf jede mögliche Weise Deutschland als Vorkämpfer für die Ratifizierung der Was­hingtoner Beschlüsse in erster Linie des gesetzlichen Achtstun­dentages ins Feld schicken wollte. Die bittere Ironie, die hierin liegt, ist uns dabei nicht ganz zum Bewußtsein ge­kommen. Ausgerechnet dem Lande, das an der Konferenz überhaupt nicht beteiligt war, und das also mit den ge­faßten Beschlüssen nicht das geringste zu tun Hat, mutete man die gesetzliche, freiwillige Annahme von sozialpoliti­schen Lasten zu, die man selbst zu übernehmen sich scheute Auch darüber hinaus ist es eine Unmöglichkeit, gerade die deutsche Volkswirtschaft, die doch man braucht das nicht weiter auszuführen seit dem Weltkriege die am meiste» belastete der Welt ist, zum Schrittmacher im Unternehme» neuer sozialpolitischer Lasten m^ 7 -n zu wollen. All die er­mahnenden, bittenden, ^.r und beschwörende»

Worte des Direktors Thomas, die uns aus den vergange­nen Jahren in den Ohren klinge-, r ren daher zum min­desten an die denkbar ungümtia' e Adresse gerichtet. Dar hinderte allerdings nicht, daß sie unserem Vaterland« vielfach ein aufnahmefreudiges O fanden. Die Washing­toner Beschlüße, die unter völli .e Ignorierung Deutsch lands zusammengekommen sind, können für uns nicht exi: stieren. Sie gehen uns nichts an, solange nicht unsere wirt­schaftlichen Voraussetzungen durch eine vernünftige Politik, durch eine entsprechende Revision des Versailler Diktats, der unsinnigen Reparationsregelung durch den Dawesplan usw. denen der übrigen Länder gleichgesetzt sind, und so­lange auf der anderen Seite Deutschland nicht eine völ­lige gleichberechtigte und zu Geltung kommende Mitarbeit im internationalen Arbeitsamt gesichert ist.

In dieser letzten Hinsicht scheint man nun allerdings einen Schritt vorwärtszukommen. In diesem Jahre ist Deutschland zum ersten Male im Haushaltsausschuß des Arbeitsamts vertreten. Es bleibt nur abzuwarten, wie weit es dem deutschen Vertreter möglich sein wird, die deutschen Interessen zur Geltung zu bringen und für die wirtschaft­liche Sonderstellung Deutschlands eine genügende Berück­sichtigung zu erzwingen. Selbstverständlich ist es unum­gänglich notwendig, daß nun auch im ganzen Verwaltungs­körper die Anzahl der öeutschen Beamten der Bedeutung unseres Landes entsprechend erhöht wird. Diese Forde­rung ist auch schon seit geraumer Zeit wenigstens mit Wor­ten anerkannt worden. Entschuldigend wurden dagegen verschiedene verwaltungstechnische Schwierigkeiten ange­führt. Die früher hauptsächlich ins Feld geführte finan­zielle Argument ist natürlich heute ganz hinfällig. Seit der Stabilisierung entsprechen die deutschen Beitragszahlun­gen selbstverständlich denen der übrigen Länder. Man kommt damit, daß man Deutschlands Einfluß hebt, einer einfachen Notwendigkeit im Interesse der ganzen Welt nahe. Wenn es schon die menschliche Vernunft nicht tut» die Lebensintereffen aller Länder zwingen dazu, daß dem deutschen Reich der Einfluß auf allen Gebieten der Welt­politik eingeräumt wird, der ihm feiner Bedeutung nach zukommt. ^ Dr. St.

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes in Genf verhandelte über das Ergebnis der Londoner Konferenz über den Achtstundentag, an der die Arbeitsmi­nister Deutschlands Belgiens, Frankreichs, Englands und Italiens teilgenommen haben. Im Namen der englischen Regierung gab der Vertreter Wolfs die Erklärung ab, daß die englische Regierung sich mit den Einzelheiten der Lon­doner Aussprache noch nicht hätte befaßen können, weil die englische Kohlenkrise verhindert hätte, dazu Stellung zu nehmen. Der deutsche Regierungsvertreter, Ministerialrat Feig erklärte, daß er keinen Anlaß habe, den Erklärungen der englischen und französischen Regierungsvertreter etwas