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Sönntagsausgabe der Schwarzwälder Tageszeitung „Aus den Tannen"
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Anzeigenpreis: Die einspaltige
20 Pfg., die Reklamezeile 50
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Aliensteig, Sonnlag den 1l. April
Bezugspreis im Monat 50 Pfennig Die Einzelnummer . . 15 Pfennig
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Sonnlagsgedanken.
Rein Uekben und reif werden!
Unter der jetzigen deutschen Jugend ist eine kleine Schar, ttder die von Watter Flex ausgegebene Losung gilt: „Rein Leiben und reif werden!'' Die zu dieser Schar gehören, haben sich gegen den Strom gestellt und müssen sich gegen den Strom durchkämpfen. Denn der Strom des öffentliche« Lebens und der herrschenden Sitte« führt viel Schlamm mit sich und fließt tapfer dem Sumpf zu. And was „reif werden" bedeutet, verstehen nur wenige. Ja, wenn es „reich werden hieße! Wer also jener Losung folgen will, muß Nein sagen können und wird oft Rein sagen muffen, wenn er sich nicht beschmutzen lassen will vom Unrat des stadt- und landesüblichen Treibens. Er muß sich gegen das, was „man" tut, was „man" liest, mitansieht und mitmacht, mit einem kräftigen Mißtrauen wappnen. Er ist aber damit natürlich noch längst nicht reff. Am reif zu werden, muß man warten Nnnen, stillehalten wie der Baum im Sturm und Frost und Hitze. Und mit einem Sommer und Herbst ist es nicht getan. Es wird überhaupt nicht eigentlich „getan". Die innere Neffe des Menschen wird auch nicht von selber, sondern gesagt nur durch das Wunder eines unverdienten Gottesgeschenks nach scheinbar endlosem, tätigem und leidendem Aus-Harren.
? Frühling
Gott segne mir den Mann I» seinem Garten dort! — Wie zeitig fängt sr an,
Ein lockres Beet dem Samen zu bereiten!
Kaum riß der März das Schneegewand Dem Winter von den hagren Seiten,
Der stürmend floh und hinter sich aufs Land Den Nebelschleier warf, der Flur und Au Und Berg in kaltes Grau Versteckt, da geht er ohne Säumen—
Die Seele voll von Ernteträumen —
Und sät und hofft. G oe th «.
Es find nicht die bunten Farben, die lustigen Töne und die warme Luft, die uns im Frühling so begeistern, es ist her stille, weissagende Geist unendlicher Hoffnungen, ein Vorgefühl vieler, froher Tage, die Ahnung höherer ewiger EWten und Früchte. Novalis.
Bemeßt den Schritt! Bemeßt den Schwung!
Die Erde bleibt noch lange jung!
Dort fällt ein Korn, das stirbt und ruht;
die Nah ist fuß. Es hat es gut.
Hier eins, das durch die Scholle bricht.
Es hat es gut. Süß ist das Licht.
Ltd keines fällt aus dieser Welt,
und jedes fällt, wies Gott gefällt.
T.F. Meyer.
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Das Vermächtnis.
Eine Erzählung von Gustav Freytag.
(Fortsetzung.)
Marcus besuchte schon am anderen Morgen seinen Patienten wieder, fand aber seinen Zustand bedeutend schlimmer. Das Uebel hatte schon solche Fortschritte gemacht, daß die Bemühungen der Wissenschaft um so nutzloser bleiben mußten, als die karge Lebensweise des Greises seine Kräfte zuvor schon bedeutend heruntergestimmt hatte. Heftige Fieberanfälle wechselten mit anhaltenden Ohnmächten und gänzlichem Darniederliegen aller Kräfte, welche von Tag zu Tag immer mehr schwanden, und der Doktor bemerkte bald, daß er alle Hoffnung aufgeben müsse. Er verzichtete daher auf den ferneren Gebrauch von Heilmitteln, die ohnedem wirkungslos geworden waren, und ließ den Phantasien und Hirngespinsten seines Patienten freies Spiel. Dieser baute, sich tausenderlei Luftschlösser, hatte alle möglichen Wünsche und Projekte, deren Erfüllung und Ausfüh
rung aber stets im Augenblick der Erfüllung an dem Geiz des Alten scheiterten. Das aber entging dem Kranken doch nicht, daß die Quellen des Lebens allmählich zu versiegen begannen, und er übertrieb daher den Drang der Vorsicht in der Selbsterhaltung und erhielt sich in der Illusion, er werde bei gehöriger Schonung seiner Kräfte noch manche - Jahre zu leben haben. Er ließ es deshalb geschehen, daß ! ihm Emilie zuweilen einige Löffel alten Wein und eine Schnitte von einem Huhn reichte, um so mehr, als er bemerkte, daß sie die Ausgaben dafür von dem Ertrag ihrer eigenen Arbeit deckte.
§ So vergingen vierzehn Tage. Emilie legte eine wahre s Engelsgeduld und Selbstverleugnung an den Tag und versäumte nicht das Mindeste in der Pflege des Greises, den sie ihren Wohltäter nannte. Seit zehn Jahren war sie schon an diese selbstgewählte Dürftigkeit gewöhnt, so daß sie diese ohne Murren ertrug und beinahe selber glaubte, der Vetter sei ein armer Mann, der kaum zu leben habe. Sie beklagte den Kranken, anstatt ihn anzuklagen und hatte nie aus anderm Grunde reich zu sein gewünscht, als um ihn besser verpflegt zu sehen und den Genuß behaglicher Existenz mit ihm zu teilen. Der Doktor hatte zuvor schon ein großes Interesse an dem stillen, freundlichen Mäd- ! chen genommen; nun aber entdeckte er bei jedem Besuche * immer neue trefflichere Eigenschaften, neue Schätze in diesem Eemüte, das alles aus sich selber war und nichts von anderen begehrte, als die ihr so erfreuliche Erlaubnis, sich für sie aufzuopfern, ihnen helfen und dienen zu dürfen.
Die steigende Teilnahme und Hochachtung für Emilie übertrug sich bei dem Doktor unbewußt auch auf den alten , Geizhals, als den einzigen Verwandten und Freund, den ° die arme Waise auf der ganzen Welt hatte. So kärglich auch Schutz und Obdach gewesen waren, welche der alte Hartmann ihr gegönnt hatte, so waren sie ihr doch Ersatz für die eigene Familie gewesen. Aber was sollte nach seinem Tode aus ihr werden? Ein Erbteil hatte sie von dem Alten nicht zu erwarten, denn er hatte nähere Verwandte, einen leiblichen Neffen, Sohn seiner einzigen Schwester, den reichen Brauer Strumpf, aus einem benachbarten Marktflecken, mit welchem der alte Hartmann stets im besten Einvernehmen gelebt hatte. Der Bierbrauer pflegte alle paar Tage dem Greise einen Besuch abzustatten, um zu sehen, welche Zeitfrist ihn noch von dem Antritt seines Erbes trennte, und so kam er denn mit seiner Gattin auch an dem Tage, an welchem Hartmanns Uebel einer entscheidenden Krise entgegenging.
Der Brauer war ein dünkelhafter, brutaler Emporkömmling voll Unwissenheit und Roheit, der ein gewisses derbes Wesen angenommen hatte, um sich den Schein von Freimut und Offenheit zu geben, und recht laut zu sprechen pflegte, damit die Leute auch an das glaubten, was er sagte.
Bei dem Anblick des Sterbenden wollte das Strumpf- sche Ehepaar in lautes Wehklagen ausbrechen, aber der Vetter Hartmann stopfte ihnen sogleich den Mund mit der ! Versicherung, seine Unpäßlichkeit habe nichts zu bedeuten und werde in wenigen Tagen vollends vorüber sein. Anton Stumpf betrachtete den Vetter zögernd und mit einiger Unruhe aufmerksam von der Seite, verzog sein fettes Gesicht zu einem breiten Grinsen und schrie mit seinem Bierbaß: „Meiner Treu, Vetter, wenn das wahr ist, so freut es mich um so mehr. Ihr fühlt Euch also wirklich besser?"
„O, um Vieles — um sehr viel besser!" stöhnte Hartmann.
„Ei, da wünsch in Euch Glück dazu!" fuhr der Brauer fort und schielte den Kranken noch immer halb ungläubig an. „Die braven Leute sollten niemals krank werden. Ihr habt doch wohl dest Arzt rufen kaffen? Und was sagt denn der?"
„Er kommt alle Tage," versetzte Hartmann. „Mich dünkt, er ist ganz zufrieden mit meinem Befinden; denn er verschreibt mir keine Arznei mehr und versichert mir, es gehe alles gut."
„Ei, seht mir, das ist ja prächtig!" schrie der Bierbrauer, i der sich seinen Aerger nicht merken lassen wollte — „na.
Vetter, Ihr habt 'ne gute Gesundheit, das muß wahr sein? Ihr könnt einen Puff ertragen, seid ein Felsenkerl! Wies scheint, habt Ihr Euch ein bißchen erkältet, aber die alten Knochen halten noch immer gut zusammen."
„Freilich, freilich!" versetzte der Alte, der gern andere von der geringen Bedeutung seines Unwohlseins überzeugen wollte, um selber daran glauben zu können. „Es fehlt mir nur noch an etwas Kraft, aber die wird schon wiederkehren."
„Wir bringen Euch etwas, das Euch wieder Kraft geben soll, Vetter!" siel ihm Therese, die Brauersfrau, ins Wort und nahm aus einem Korbe eine gerupfte, fette Gans und drei Flaschen Wein; „von unserem jüngsten Gewächs zum Verkosten, weil wir ihn diese Woche abgelassen haben! Da müßt Ihr tüchtig davon essen, das bringt Euch wieder zu Kräften."
Hartmann schielte gierig nach der Gans und den Weinflaschen, denn die Aussicht auf eine gute Mahlzeit, die ihm nichts kostete, machte ihm bei all seiner Schwäche den Mund wässern. Er rief Emilien, zeigte ihr diese Mundvor- räte und hieß sie davon ein leckeres Mittagsbrot bereiten, woran Vetter Strumpf und Therese teilnehmen sollten.
Es war auch billig, daß die Brauerin die Gans verzehren half, die sie für den kranken Vetter gemästet hatte.
Emilie schaute überrascht drein und zauderte.
„Aber lieber Vetter," sagte sie, „Gänsebraten soll ja sehr schwer verdaulich sein!"
„Bah, das sind Schnacken!" sagte der Brauer, „Gänsebraten tut nur dem weh, der nicht dreinbeißen darf. Eßt nur nach Herzenslust, Vetter Hartmann!"
„Ja, eßt nur, und Gott gesegn' es Euch!" rief Therese. „Ich glaube gar, das Stadtjungferchen gönnts uns nicht, daß wir mitessen? — O Marie und Joseph! Jungfer Emil- chen! Sie wird sich auch noch satt essen können. Bei uns auf dem Lande sind die gebratenen Gänse keine so seltenen Vögel wie in Ihrer Mutter Hause. Versteht Sie mich?"
IV.
Emilie ging beschämt und tat wie ihr befohlen; an unbedingten Gehorsam gewöhnt, hatte sie nur in ihrer liebevollen Sorge für den Kranken den Mut gefunden, ihm zu widersprechen. Sie erinnerte sich aber nun, daß der Doktor ihr ja erlaubt habe, dem Vetter alles zu geben, was er nur zu essen begehre und sie rüstete das Mittagbrot ohne weitere Einwendungen.
Der appetitliche Duft des Gänsebratens drang bald bis in die Stube des Kranken, dessen ausgehungerter Magen durch diese Gerüche ungemein angeregt wurde. Die Aussicht auf den unentgeltlichen Schmaus stachelte seine Eßlust gewaltig und als die Mahlzeit fertig war, ließ er den gedeckten Tisch neben sein Bett stellen und tat dem Braten und dem Kartoffelsalat alle mögliche Ehre, an, so lange nur noch ein Bissen in seinem verschrumpften Magen Platz hatte. Vetter Strumpf sprach ihm weidlich zu und schenkte ihm mehrmals sein Glas voll, das Hartmann dann mit zitternder Hand zum Munde führte. Auch bekam Wein und Braten dem Alten im ersten Augenblick gar nicht schlecht, sondern schienen wirklich seiner geschwundenen Kraft wieder aufzuhelfen und ihn in bessere Stimmung zu versetzen. Er richtete sich kräftiger auf, ein kleines Räuschchen machte seine Augen glänzen; er erging sich von neuem in seinen vielerlei Plänen und Luftschlössern und drückte einmal übers andere dem Vetter Bierbrauer und Theresen die Hand mit der Versicherung, daß sie sich als rechte Verwandte an ihm bezeugt hätten, denen er das bißchen Hab und Gut, das sie einst von ihm erben würden, von Herzen gönne. Er gab ihnen schon manch guten Rat, was sie dann mit dem Gelds beginnen sollten, das sie von ihm erben würden, und Strumpf und seine Frau weinten vor lauter Rührung. Endlich brachen sie auf, um noch verschiedene Geschäfte in der Stadt zu besorgen und mußten dem Alten versprechen, daß sie ihm am Abend, bevor sie wieder nach Hause fuhren, noch Lebewohl sagen würden.
Kaum waren sie eine Viertelstunde fort, so besuchte der Doktor den Kranken, der ihm erzählte, wie trefflich ihm