Amtsblatt für den Ob-ramtsb<>ztrf Nagold ». AUentteig.Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw u- Freudenstadt

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Nr. 63

AlienNrig Mittwoch de« 17. Marz

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Die Dinge in Genf nehmen eine sehr unerfreuliche Ent- ! Wicklung. Formulieren wir noch einmal, worauf es in ? Deutschland ankommt und ankommen mutzte: Wir hatten - uns unter lleberwindung sehr starker innerpolitischer Hem- , «ungen bereit erklärt, in Auswirkung der Locarno-Ver- , träge in den Völkerbundsrat hineinzugehen und haben an dieser Absicht festgehalten, obwohl aus der Gegenseite j d« Zusage wegen der Rückwirkungen im besetzten Gebiet ! nur in ganz bescheidenem Umfange gehalten worden sind. Wir mutzten aber darauf bestehen, daß wir nicht auf dem j Wege eines Mastenschubes in den Völkerbund hineinkämen, ! sondern datz unser Eintritt sich unter Bedingungen vollzog, ! me unserer Stellung als Großmacht entsprachen. Deswegen i galt es unter allen Umständen zu verhindern, datz gleich­zeitig mit uns etwa für Polen die Tür zum Völkerbunds­rat geöffnet würde. Dafür liegen zwei gleich gewichtige Gründe vor: Zunächst einmal ist Polen ein junger Staat, der in wenigen Jahren den Beweis seiner absoluten Le­bensunfähigkeit erbracht und das ganze Kapital nicht allein an Vertrauen, sondern auch an Geld verwirtschaftet hat, das ihm in Versailles entgegengebracht wurde. Polen ist nichts weiter als ein unsolider Geschäftsmann, ist fast schon ein Bankerotteur, in dessen Gesellschaft sich Leute, die auf eine weiße Weste halten, nicht gern öffentlich sehen lasten. Eben- so bedeutungsvoll aber ist der andere Grund: Polen ist der typische Schmarotzer Europas gewesen, wobei es sich haupt­sächlich auf Kosten Deutschlands groß gemästet hat. Die Art, wie es die Deutschen innerhalb seiner Landesgrenzen Diranierte, ist bei uns und allen anständig denkenden Menschen unvergessen. Trotzdem hat derselbe Völkerbund, in den wir jetzt hinsingehen wollen, durch einen Urteils- Ipruch, der mit dn Ergebnissen der Abstimmung in schroff­stem Widerspruch stand, den größten Teil Oberschlesiens oen Polen zugesprochen. Und ausgerechnet diesen Staat will man uns als Genossen aufoktroyieren.

Dagegen sich zu wehren, war für Deutschland selbstver­ständliche Pflicht. Als daher bekannt wurde, daß Briand dem Grafen Skrzynski gegenüber weitgehende Verpflich­tungen übernommen hatte, mutzte die deutsche Politik sich überlegen, welche Wege sie gehen wollte, um die Zusam­menkoppelung mit Polen zu verhüten. Die deutsche Dele­gation glaubte besonders klug zu handeln, wenn fie die persönliche Zuspitzung auf Polen vermied und sich grund­sätzlich auf den Standpunkt stellte, datz bis zu unserem Eintritt in den Völkerbund die Zahl der Ratsmitglieder nicht verändert werden dürfe. Das Hinüberspielen auf das prinzipielle Gebiet hatte zweifellos etwas Bestechendes, weil dadurch Antipathien ausgeschaltet wurden, die sonst vielleicht die Situation hätten verschärfen können. And »och bei ihrer Abreise von Berlin mochten die deutschen De­legierten glauben, datz der unerschütterliche Widerspruch Schwedens genügen würde, um alle Angriffe Briands auf die deutsche Stellung zunichte zu machen. Heute sieht es fast so aus, als ob die ganze Grundlage der deutschen Poli­tik widerlegt sei. Von dem Augenblick an, wo Briand nach Genf zurückkehrte, hat sich das Bild verschoben. Der ge­wiegte Taktiker hat die deutsche Delegation überspielt und in eine Lage hineinmanöveriert, aus der fie eigentlich nur noch durch die Wahl zwischen zwei liebeln bereit werden kann. Wir hätten uns nie dagegen wehren können, wenn bei der nächsten Neuwahl zum Völkerbundsrat Polen als nichtständiges Mitglied gewählt worden wäre. Damit mutzten wir uns abfinden und hätten uns auch abfinden können, nachdem wir selbst vorher im Rat warm geworden waren. Jetzt dagegen, wo die schwedischen Pfeiler unserer Position wankend geworden sind, wo Schweden dem uner­hörten Druck Englands und auch des internationalen So­zialismus nachgegeben hat, besteht die Möglichkeit, datz Polen doch gleichzeitig mit uns durch eine Hintertür den Saal des VRkeröusdsrate» betritt.

Möglich wäre aber auch noch eine Verlegung der Aufnahme Deutschlands, nämlich dann, wenn der brasilianische Vertreter seine Kandi­datur nicht noch in letzter Stunde zurückzieht. Die Ent­scheidung wird am heutigen Mittwoch in Genf fallen.

Deutschland lehnt einen Ratsfitz Rumäniens ab

Genf, 16. März. Staatssekretär von Schubert sprach am Diens­tag bei dem französischen Delegierten Loucheur vor und setzte ihn davon in Kenntnis, dah die deutsche Delegation eine Bin­dung für die Schaffung eines Ratsfitzes für die Kleine Entente der Rumänien zufallen soll, entschieden ablehnen i. "'sie. Dieser deutschen Erklärung liegt folgender Tatbestand zu Grunde: Ru­mänien fordert im Namen der Kleinen Entente einen Ratssitz, den bisher Dr. Venesch imne hatte. In Völkerbundskreisen gehen die Anschauungen über die Forderungen Rumäniens nach festen Zusicherungen für einen nichtständigen Ratssitz im Herbst aus­einander. Es wird betont, dah Rumänien nicht auf eigene Ver­antwortung handle, sondern dah hinter den rumänische« For» ismuüen Frankreich üsbe. da» «ob«» Pole» «och eine» zweite«

Freund, Rumänien, in de« Rat wählen wolle, um io das E gengewicht gegen Deutschland noch weiter zu verstärken. Die Erregung über die rumänische Forderung ist sehr beträchtlich.

A« Mittwoch zwei Vollsitzungen Seuf, 16. März. Das vom Völkerbundssekretariat berausse- gebene Journal gibt bekannt, dah für Mittwoch Vormittag 10 Uhr die Vollsitzung der Bölkerbundsversammluug zur Entgegen« «ahme des Berichts der Aufuahmekommisfion über den Auf­nahmeantrag Deutschlands angesetzt ist. Die Möglichkeit einer zweiten Vollsitzung, die für die Wahl Polens und eines neu­tralen Staates nach dem Austritt der Tschechoslowakei und Schwedens bestimmt sein dürfte, wird durch folgende Notiz er­wähnt: Eine zweite Vollsitzung wird wahrscheinlich im Laufe des gleichen Tages abgebalten. Die Tagesordnung und die Stunde dieser zweiten Sitzung werden für diesen Fall durch den Präsidenten der Versammlung am Ende der ersten Sitzung an­gegeben werden.

Bor der ondgSltigen Eutscheid»«« 7 Senf, 16. März. Die Situation ist Dienstag um 1L Uhr mit­tags soweit geklärt, dah der Verzicht Schwedens und der Tsche­choslowakei auf ihre Ratsfitze feststeht und ein Anspruch Rumä­niens nicht mehr zu befürchten ist. Rur die Stellungnahme Bra­siliens steht noch aus. Nachmittags um ein halb drei Ilbr hatte Cbamberlain und Briand eine Besprechung mit der deutschen Delegation.

Nichtoffizielle Ratsbesprechungen.

Genf, 16. März. Um 5.30 Uhr nachmittags traten die Ratsmitglieder zu einer nichtoffiziellen Ratsbesprechung zusammen, die um 7.15 Uhr noch nicht abgeschlossen ist. Von unterrichteter Seite wird mit Bestimmtheit erklärt, daß im Augenblick noch nichts entschieden ist. Die Gerüchte über eine Vertagung werden dementiert. Im Laufe des späteren Abends ist auf jeden Fall eine amtliche Mitteilung zu erwarten.

Briand und Chamberlain bei Dr. Luther.

Genf, 16. März. Die nichtoffiziellen Ratsbesprechungen gingen heute abend 7.30 Uhr zu Ende. Chamberlain be­gab sich darauf sofort ins Hotel Metropole zu den deut­schen Delegierten. Um 8.15 Uhr erschien auch Briand, um an der Besprechung teilzunehmen. Der englische und der französische Delegierte verließen gemeinsam um 8.30 Uhr das Hotel.

Me Mläusige EinWWfomel

S««f, 16. März. Die deutsche Delegation «ahm Gelegenheit, ihre Aufastung, dah di« im wesentliche« »wische« Briand «nd Stresemann gefundene Einiguugsformel die beste ist, die in Genf «och zu erziele« war, vor der deutschen Press« zu vertrete«. Es w«rde zunächst eine Darstellung aller Phasen des bis beute zehn­tägige« Kampfes gegeben. Als di« Deutsche« i« Genf ankame«, mar die Situation so, dah Ansprüche auf drei «eue Ratsfitze be­standen und es wurde Deutschland auch tatsächlich rugemutet» sich damit abzufinden. Das habe« die Deutsche» rundweg abgelehut, obwohl man ihnen vorhielt, dah die Srohmächte Verpflichtun­gen eingegangen sind. Es wurde daun Deutschland augeson- »c«, wenigstens in die Schaffung eines nichtständige« neuen Sitzes einzuwilligen. Auch das wurde rundweg abgelehut. Ls wurde also dann Deutschland vor die Möglichkeit gestellt, dah Schwede« unter übermächtigem Druck seine« Sitz allei« aufoebe u«d durch Pole» ersetzt wird. Die Schweden haben dann loyaler» weise de« Deutschen ruerst Mitteilung gemacht, dah fie unter diesem Druck den Ausweg wähle« würde«, zwar nicht ihre Aeberzengnng, doch ihren Ratssitz aufzugeben. Das war der kri­tischste Moment der ganzen Verhandlungen, weil in diesem Au­genblick keine anderen Kräfte mehr in der Richtnn« der deut­schen ZiÄe wirkte«. Trotzdem gaben die Deutsche» ihren Wider­stand nicht auf und Stresemann erklärte Briand, dah das ein« für Deutschland vollkommen unannehmbare Lösung wäre, weil man eine tatsächliche wesentliche Verschiebung im Rate schaffen würde. Briand, der durch sein voreiliges Verspreche« an Polen die Situation von Senf allein verschuldet hatte, hat dann sich auch am weitaus vernünftigsten uud zugänglichste« gezeigt für die deutschen Mindestforderungen, und hat sich seiner Schuld da­durch zum groben Teil entledigt, dah er am energischsten und ge­schicktesten für die deutschen Notwendigkeiten eingetreten ist. So ist man zu dem Schluß gekommen, dah zwei Mächte aus dem Rat ausscheide« und durch zwei andere Möchte in der Weise ersetzt werden, dah i« der Zusammensetzung des Rats vom deutschen

Standpunkt ans keine nennenswerten Veränderungen ««treten. An Stelle der Tschechoslowakei» die genau wie Pole» ei» Ver­bündeter Frankreichs ist, tritt also Polen «nd au die Stelle Schwedens tritt Holland, das ein« ebenso neutrale Stellung eiu- «immt wie Schweden. Diese Verschiebung, gegen die wir formell u«d vom Rechtsstandpunkt aus nichts einwendeu könne», ist so geringfügig, dah deshalb der Abbruch der Verhandlungen in Senf, die Antipathie der ganze» Welt gegen den Störenfried Deutschland, der Verlust der Locarnoverträge und die unver­meidlichen Folgen im Rheinland «nd k» de« Wirtschaftsverhaud- lunge» nicht gerechtfertigt werde« könne«.

Aus all diesen Gründe« hielt di« deutsche Delegation die fetzt vorbereitete Regelung für die best«, die hier zu erziele« war und für eine, die de« deutschen Interesse« durchaus gerecht wird. Deuu eiue Lösung, in der Fraukreich seines voreiligen Berspre» chens entbunden worden wäre, war eben nicht zu fiude«. Hätte man sich daraus versteift, so wäre hier alles »usammrugebroche», auch für die andere«, aber ebenso sehr auch für «us.

Um Spanien «nd Brasilien etwas r» bernbisen, wird der deutsche Kommisfionsvorschlag gleichfalls verwirklicht werde«. Es wird eine llnterkommisfio» eingesetzt werden, die bis zur Herbsttagung berichte« wird, wie sich das Problem einer Rats­erweiterung theoretisch überhaupt darstellt. Die damit völligen« Einigung, die also nur uoch dnrch Brasiliens Halt«»« bedroht ist, wird durch einen Brsnch von Briand und Chamberlain bei der deutschen Delegation endgültig sestgestellt werde«. Ebenso werden dann auch die zwischen Dr. von Schubert und Lonchenr oorvereinbarte« Formnlarir« für de« Eintritt Deutschlands in de« Völkerbund und i» de« Rat wie überhaupt sür di« Schind­le?« von Genf bestätigt werde».

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Oder BertWilgrdeschluß?

Genf» 16. März. In der Dienstag-Rachmittagsbespre- chung der deutsche« Hauptdelegierte« mit Briaud und Chamberlain ist beschlossen worden, die Frage der Auf­nahme Deutschlands auf eine« spätere« Zeitpunkt zu ver­tagen, falls Brasilien seinen Einspruch aufrecht erhält, gleichzeitig aber in der Vollversammlung des Völkerbun­des am Mittwoch von offener Tribüne mitzuteilen, datz unter den Locarnomächten vollkommene Einigkeit erzielt worden sei «nd datz an der Vertagung des Eintritts Deutschlands Brasilien allein die Schuld zuzuschreiben ist. Sollte es dagegen gelinge«, Brasilien umzustimmen, so würde es bei der Dienstag-Vormittag festgelegten Eini­gung bleibe«, datz die Tschechoslowakei und Schweden aus dem Rate ausscheideu» Polen und Holland an ihre Stelle treten und Deutschland seinen ständigen Ratssitz erhält.

Die Endverhandluugen mit Brasilien Gens, 16. März. Dienstag 6 Uhr abends verlautete von maßgebender Seite, daß die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund infolge des brasilianischen Vetos auf den Juni vertagt worden sei. Kurz nach dem Bekanntwerden dieser Nachricht, die natürlich das größte Aufsehen erregte, ergab sich jedoch die Möglichkeit eines nochmaligen Ver­suches, Brasilien umzustimmen. Augenblicklich finden Be­sprechungen zwischen den Alliierten und Brasilien statt, auf die man die letzten Hoffnungen setzt. Eine maßgebende Persönlichkeit erklärte: die Ereignisse sind im Fluß. Die Verhandlungen dauern an. Von Viertelstunde zu Vier­telstunde ändert sich das Bild, sodatz sich in: Augenblick noch nicht mit Bestimmtheit sagen läßt, ob die Aufnahme Deutschlands noch in dieser Tagung erfolgen oder ob da» gesamte Problem auf den Herbst vertagt werden wird.

Eine amtliche Erklärung von Genf.

^ Genf» 16. März. Die Vertreter Deutschlands, Belg- i iens, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens haben i sich heute vereinigt, um die Lage zu prüfen, wie sie sich aus

> den aufgetauchte» Schwierigkeiten des Verfahrens ergibt» j die sich der Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele ent- : gegenstellen. Sic stellen fest, datz sie im Begriffe waren,

? zu einer Uebereinstimmung zu gelangen und die Hinder- i nisse zu überwinden, die zu einem gegebenen Zeitpunkt i unter ihnen entstanden waren. Falls, wie zu befürchten j ist» die eingangs erwähnten Schwierigkeiten fortbestehen ! sollten, würden die Vertreter der 7 Signatarmächte des ! Protokolls von Locarno bedauern, datz sie im gegenwärti- - gen Augenblick das von ihnen angestrebte Ziel nicht er-

> reichen können. Sie stellen jedoch mit Befriedigung fest,