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Amtsblatt für dsn Gberamtsbezirk Nagold u. Altensteig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, (La*w u- jreudenstadt
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Nr. 289 j Alteustrig, Mittwoch de» 9. Dezember ! 1923
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Englands Schutzzoll
Optimisten haben geglaubt, es gehöre mit zum Geiste von Locarno, daß sich die Neuverbündeten nicht bloß Sicherheit ihrer Grenzen garantierten, sondern daß sie sich gegenseitig wirtschaftlich zum wenigsten nicht schädigen. Das hat sich bereits als eine Illusion herausgestellt. Durch den Uebergang Englands zum Schutzzoll hat es eine Maßregel ergriffen und führt sie n mer rücksichtsloser durch, die sich in erster Linie gegen das mit besonderen Lasten bedrückte Deutschland richtet. Vor andern ist Deutschland «nter die furchtbare Last des Dawes-Planes gestellt. Als Deutschland sich bereit erklärt hatte, die Forderungen dieses Abkommens zu erfüllen, bestand in England noch im allgemeinen der Freihandel. Inzwischen ist England zum Schutzzoll, und zwar zum Hochschutzzoll, übergegangen, was natürlich eine schwere Schädigung nicht bloß der deutschen Wirtschaft bedeutet, sondern auch eine starke Gefährdung des Dawes-Planes. Dazu kommen die Mac-Kenna-Zölle, die seit dem 1. Juli 1925 wieder eingeführt sind und die Einfuhr deutscher Waren nach England außerordentlich verteuern. Wir haben mit England, und zwar nur mit der kleinen Insel, nicht etwa mit dem Weltreich, einen Handelsvertrag abgeschlossen, der damals in England mit größter Genugtuung empfangen wurde, well er England sehr viel größere Vorteile gab, als Deutschland zufielen. Dazu kommt die Subsidienwirtschaft der englischen Staatskasse, besonders beim Bergbau, die England zu einem ausgesprochenen Dumping-Wirtschaftskörper macht, der mit nnreeu len und unfairen Maßregeln den Konkurrenzkampf suhrL Das ist nicht der Geist von Locarno, das ist der echte Eerfl des Verbrechens von Versailles, der Europa in eine bunte Fetzenmasse kleiner und kleinster Staaten zerriß, damit dre Wirtschaft und die großen Märkte zerstörte und die Kaufkraft vernichtete. Die deutsche Wirtschaft, die, noch besonders belastet ist mit Leistungen an seine Feinde und einer phantastischen Zeit, deren man sich in Locarno geschämt hatte, wird systematisch durch die Handelspolitik Englands im Bunde mit den Dawes-Lasten zugrunde gerichtet. Die Anzahl unserer Bankerotte, die Zunahme unserer Arbeitslosigkeit, die Stillegung der Betriebe und das Hinaustrer- ben der Arbeitslosen auf die Straße und in das furchtbarste Elend: das ist jetzt die Situation von Deutschlands Wirtschaft. Locarno ist ein Wind, wenn wir durch Dawes zugrunde gehen und durch eine Absperrungspolitrk auf wirtschaftlichem Gebiete erdrosselt werden. Vor kurzem «och verhandelte in London eine deutsche Delegation über Auslegung und Ergänzung des deutsch-englischen Handelsvertrages. Es geht hierbei auch um den Kampf gegen dre deutsche Kleineisenindustrie, die in Solingen ihren Sitz hat, gegen die man in England wiederum einen Schutzzoll ernähren will unter dem Vorwand, die in Deutschland gezahlten Löhne seien viel zu niedrig, Angaben, die zum Teil nachweislich falsch sind. Die Verhandlungen sind vor kurzem als aussichtslos abgebrochen. Nun rst es.bezeichnend, daß fast alle neuen Schutzzölle, die England ernfuhrt, sich gegen Waren richten, deren Lieferant Deutschland rst. Es ist weiter sehr lehrreich, besonders für unsere deutschen Gewerkschaften, daß die englischen Gewerkschaften sich für die meisten dieser Schutzzölle ausgesprochen haben. Und von den Liberalen ist kein Widerstand gegen dresen Uebergang zum Schutzzoll zu bemerken, obwohl gerade der englische Liberalismus einst im Freihandel sein Palladium erblickte.
England hat seine Gründe, sich ausgerechnet und ausschließlich gegen die deutsche Industrie zu richten. Es fürchtet sie und die Furcht vor dem deutschen Fleiß und seiner Io schnell in die Höhe geschossenen Industrie hat das trage Volk seit Jahren mit gelber Eifersucht erfüllt. Vor der Entwicklung Italiens oder Frankreichs fürchtet es sich weniger, weil es hier überlegen ist. Aber gegen Deutschland wendet es alle Mittel an. Es war einer der Kriegsgründe für England, diese Entwicklung der deutschen Industrie, und wohl bekannt sind uns noch die Aeußerungen der zähen Feindschaft und des Neides, als Deutschland vor dem Kriege reich wurde und als England sah, wie sein altes Mutterland, von d m es Blut und Sprache hat, m dre Höhe kam.
Durch den A? < erweist sich England, wie die i >- entwicklungshistorisch als er,re —Hi. Und wenn
wirklich die durch Beispiele gern erw,e,ene Behauptung der Engländer und ihrer politischen Führer, daß Freihandel Frieden, Schutzzoll aber Krieg bedeutet, so wandelt England, das soeben von Locarno kommt, einen gefährlichen Weg.
Selbst die „Times" hebt in einem Berliner Bericht hervor, daß die neue britische Zollabgabe dort mit Bitterkeit ausgenommen und als eine ungerechte unterschiedliche Behandlung deutscher Fabrikate angesehen werde.
! Neues vom Tage.
! Noch lei« Beschluß der Sozialdemokraten
! Berlin, 8 Dez. Der sozialdemokratische Parteiausschutz, ! der am Dienstag gemeinsam mit dem Parteivorstand eine s Sitzung in Berlin abhielt, um zu der politschen Lage Stel- ! lung zu nehmen ,hat in der Frage der Regierungsbildung ! keine entscheidenden Beschlüsse gefaßt. Die Entscheidung
- über die Anregung des Reichspräsidenten auf Bildung einer
> Großen Koalition und über die in diesem Falle von der
- Sozialdemokratie zu stellenden Bedingungen soll vielmehr ^ wie parteioffiziös versichert wird, erst in der Sitzung der ; sozialdemokratischen Reichstagsfraktion am Mittwoch nach- ^ mittag fallen.
i Wiederznsammentritt der Parlamente
! Berlin, 9. Dez. Am Mittwoch, den 9. Dezember, nehmen : der Reichstag und der preußische Landtag nach kurzer i Pause ihre Arbeiten wieder auf. Auf der Tagesordnung ^ der Reichstagssitzung, die um 2 Uhr beginnt, steht die Fort«
- setzuug der dritten Lesung des Reichshaushaltsplanes und
4 Mar beim Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags ist auf Mitt- j woch vormittag zu einer Sitzung einberufen, um den ^ deutsch-russischen Handelsvertrag zu behandeln.
! Keine Neuanforderung von Räumlichkeiten im französischen l Besetzungsabschnitt
! Berlin, 8. Dez. Wie wir hören, hat der Oberbefehlshaber ! der französischen Besatzungstruppen den Eeneraldelegierten
- der Reichsvermögensverwaltung beim alliierten Oberkom- z mando in Mainz mitgeteilt, daß er für den französischen j Besetzungsabschnitt den Befehl erlassen hat» bis zum 1. April
- kommenden Jahres von jeder Reuanforderung von Räum- r lichkeiten abzusehen. Die Reichsvermögensverwaltung im
Koblenz ist angewiesen worden, bei der britischen und belgischen Armee auf Erlassung eines gleichen Befehles hinzuwirken.
Der griechisch-bulgarische Streit vor dem Völkerbund Genf, 8. Dez. Unter dem Vorsitz des italienischen Ratsmitgliedes Scialoja wurde die 37. Ratstagung des Völker- bundsrates eröffnet. In der Vormittagssitzung äußerten sich der bulgarische Außenminister Kalfoff und der frühere griechische Außenminister Rentis über Entstehung und Verlauf des griechisch-bulgarischen Zwistes. Rentis vertrat den Standpunkt, daß Griechenland sehr wohl der Meinung sein c könnte, daß es das Recht zu Zwangsmaßnahmen gegen Bul- ! garten habe. Cr nehme die Darstellung der Untersuchungs- s kommission des Völkerbundes über den griechisch-bulgari-
5 schen Zwischenfall ohne Einwendung an, müsse aber, wenn » Griechenland zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt
- werde, den Haager Gerichtshof anvufen. Lhanrberlain schlug ; als Berichterstatter vor, die weitere Behandlung der Frage s bis zur Vorlegung seines Berichts zu vertagen. Wegen der » außerordentlichen Bedeutung dieses Berichts für die Recht- ! sprechung des Völkerbundes wurden ihm für die Ausatbei- j tung Hymans (Belgien) und Jshii (Japan) beigegeben.
^ Das italienische Schreckensregiment in Siidtirol ^ Innsbruck, 8. Dez. Nach hier ei «getroffenen Meldungen i aus Bozen verfolgen die italienischen Behörden mit allen j erdenklichen Mitteln die Erteilung deutschen Unterrichts, j Den Bolksschullehrern ist durch Rundschreiben unter An-
> drohung der Entlassung ausgegeben worden, die Schulkinder s nach am Orte etwa erteiltem Hausunterricht zu befragen, r Ergibt sich der Verdacht eines solchen Unterrichts, so erfol- ! gen Haussuchungen und Beschlagnahmungen aller vovge- ! fundenen deutschen Bücher. Wer deutschen Privatunterricht z erteilt, wird, wenn er nicht Ortsangehöriger ist, abgefetzt i oder ins Gefängnis geworfen, Ortsangehörtge erhalien Geld- s strafen. In den letzten Tagen wurde der pensionslos errt- s laffene Lehrer Kaps, der in Tranin deutschen Unterricht s erteilt hatte, nach St. Johann in Ahrn abgeschoben, dann
> verhaftet und in das Gefängnis in Vruneck gebracht, wo ei ! seit acht Tagen in elendem Zustande gefangen geholte«
wird.
! Englische Eingabe für Abänderung von zwei Bestimmung««
! des Bersailler Vertrages
! London, 8. Dez. Eine von zahlreichen hervorragende«
! Geistlichen, Gelehrten und Schriftstellern Unterzeichnete Pe- ! tition, die für eine Abänderung von zwei Bestimmungen ' des Fri^ensvertragKS vom Versailles eintritt, sagt: Dir
Unterzeichneten englischen Untertanen erklären sich mit dem i von über 100 hervorragenden französischen Männern und ? Frauen Unterzeichneten und in der „Ere Nouvelle" vom 9. ? Juli 1925 veröffentlichten Manifest in herzlicher Ueberein- ' stimmung, nämlich, daß der Vertrag von Versailles in zwei >' Punkten abgeändert werden müßte. Diese Punkte beziehen j sich auf Artikel 231, der den Ursprung des Krieges einfach ! auf den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten zu- z rückführt und Artikel 227 bis 230, die sich gegen Vergehen gegen internationale Moralität und Heil 'eit von Ver- . trägen oder die Verletzung der Gesetze u? - Bräuche des ; Krieges richtet. Die Petition fährt fort: W - sind der An- ^ ficht, daß die Artikel offenkundig ungerecht sind und ein : ernstes Hindernis für internationales Einvernehmen bil- ' den. Daher fordern wir die Regierung dringend auf, ent- j weder diese Artikel unverzüglich abzuändern, oder, wenn ^ dies zu langwierig und umständlich wäre, ausdrücklich ihre s Absicht zu bekunden, diese Bestimmungen unberücksichtigt zn . lasten.
? Die Lage in Syrien
! London, 8. Dez. „Morningpost" meldet aus Beirut: Aus ! der Gegend von Damaskus werden ernste Kämpfe gemeldet.
' Die Lage in Damaskus ist außerordentlich gespannt, gelingt ! es doch den Aufständischen, immer weiter in das Stadt- ! innere einzndringen. Zahlreiche Einwohner verlassen di« i Stadt. De Jonvenel wird, so heißt es in dem Blatt weiter, nicht eher nach Damaskus gehen, bis der Frieden gesichert < ist. Sobald dies geschehen ist, wird Syrien sowie Dschebel ' Drus eine Verfassung erhalten.
k Paris, 8. Dez. Nach einer Meldung des „Neuyork Herald" ! aus Damaskus hätten die Franzosen die Friedensbedingun- E gen der Drusen zurllckgewiefen. Nach inoffiziellen Nachrichten s näherten sich zirka 2000 Drusen Damaskus und beabsichtig- k ten einen Angriff. Angesichts dieser Drohung sei nach sechs j Uhr abends jeder Verkehr auf den Straßen von Damaskus untersagt. An wichtigen Punkten der Stadt seien Barrikaden errichtet worden. Außerdem zeigten sich besonders im Maidenviertel plündernde Banden.
Die Frage der Freigabe des deutschen Eigentums in Amerika.
Berlin, 8. Dez. Der Gegensatz, der zur Zeit besteht zwischen dem lebhaften Wunsche der deutschen Eigentümer des in den Vereinigten Staaten beschlagnahmten Vermö- s gens auf Freigabe dieses Eigentums und das durch den » Vertrag von Berlin „einschließlich der in ihm aufgenom- j menen Bestimmungen des Vertrages von Versailles" den ! Vereinigten Staaten gewährleisteten Rechtes, die Kriegsforderungen ihrer Angehörigen, die zur Zeit durch die in d Washington tagende deutsch-amerikanische Schadenkommis- j sion geprüft und festgesetzt werden, aus dem beschlagnahm- j ten deutschen Eigentum abzudecken, hat seit längerer Zeit § zu Versuchen geführt, den Gegensatz durch Herbeiführung einer unmittelbaren und freundschaftlichen Verständigung i zwischen den beiden Jnterestentengruppen zu Überdrücken bzw. zu beseitigen. Die Verhandlungen, die durchaus pri- j vater Natur waren, haben unter teilweiser Mitwirkung ^ des amerikanischen Schatzamtes zu einem Ergebnis geführt, i das von dem Vertreter der deutschen Interessen, dem Ham- s burger Anwalt Dr. Kiesselbach, nunmehr nach Deutschland i überbracht ist und eine im Interesse aller Beteiligten zu ! begrüßende Lösung des Problems möglich erscheinen läßt ! und das auch im amerikanischen Kabinett als mögliche ? Grundlage erachtet worden ist. Auch die deutsche Regie- z rung erachtet, unbeschadet des von ihr eingenommenen ! Rechtsstandpunktes, den Plan als eine annehmbare Löft.ng z des Freigabeproblems.
^ ""Die Grundidee des zu schließenden Abkommen ist"die" be- i reits betonte Einigung der beteiligten beiden Gruppen un- j ter sich, die als eine günstige Voraussetzung für eine gesetz- - geberische Aktion des Kongrestes erachtet wird, j Die beiden weiteren, die Verständigung beherrschenden i Grundgedanken sind: 1. Daß, soweit von einem Opfer die ! Rede sein kann, dieses Opfer, und zwar nur als rein tem- s poreres, von beiden Seiten gebracht wird, und 2. daß ferner j den in der Presse vielfach bereits erörterten Schwierigkeiten des Transfer-Problems (d. h. der Umwandlung der unter dem Dawesplan an Deutschland zu zahlenden Goldmark in fremder Währung) dadurch Rechnung getragen wird, daß bestimmte, in dem Plane vorgesehene Zahlungen wahlweise sowohl in Dollar wie in Eoldmark geleistet werden können. Dem Grundgedanken der Verständigung zwischen den beiden Gruppen entspricht es dabei, daß die-
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