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Amtsblatt für den Dberamtsbezirk Nagold u. Altensteig Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, (La'rv u- jreudenstadt
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Nr. 288 j Aitenüriy, Dienstag den 8 . Dezember
1923
Zur Regierungsbildung.
In der Haltung der einzelnen Parteien ist in der letzten Zeit keine Aenderung eingetreten, die die Hoffnung berechtigt, daß die Regierungsbildung schneller und einfacher als stiiher vonstatten gehen könne. Zwar hat Reichskanzler Luther nicht die Absicht, sich, wie rein parlamentarisch eingestellte Politiker es tun, mit geduldiger Langmut das vechselnde Spiel der Parteien mit ihren einstimmigen und «»widerruflichen Beschlüssen anzusehen. Er hat die feste Absicht, für seine neue Regierung eine dauerhafte parlamentarische Mehrheit zu schaffen, die, wenn sie auch nicht »urch parteipolitisch gebundene Persönlichkeiten im Kabi- rett vertreten ist, doch durch das Gefühl einer gemeinsamen Verantwortung mit dem Ziele einer langfristigen Poetik zusammengehalten wird. lieber die große alles bebuschende Frage der auswärtigen Politik wird man am schnellsten zu einer Einigung kommen. Ob das in den Fragen der inneren Politik so leicht gelingen wird, müssen wir »«zweifeln, denn der Beschluß der Demokratischen Partei, »ner Koalition der Mitte nicht beizutreten, erleichtert die Lage keineswegs und die Stimmen, die jetzt das sozialdemokratische Zentralorgan wiedergibt, scheinen der Bildung »er großen Koalition mindestens ebenso ungünstig zu sein. Venn was kann es anders heißen als eine Zurückweisung »es Gedankens der großen Koalition, wenn die Sozialdemokratie als erste Bedingung eine völlige Aenderung des bisherigen Regierungskurses verlangt? Einen Regierungs- drrs, der vom Zentrum und der Deutschen Volkspartei geführt und au h heute noch von diesen Parteien als richtig maesehen wird.
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Auf dem Landesparteitag der Bayerische« VolksparLei erklärte der Vertreter der Reichstagsfraktion, Abg Leicht, ^aß die Regierungsbildung im Reiche noch schwieriger sein werde, als früher. Die Bayerische Volkspartei würde es begrüßen, wenn Dr. Luther wieder die Führung übernehme. Es wäre vielleicht noch die einzige Lösung, wenn es gelinge, trotzdem es sich um eine Minderheitsregierung bo adelte. Die wirtschaftlichen und sozialen Gegensätze der Al igelparteien einer Großen Koalition würden den inneren Zusammenhalt sehr leicht gefährden.
Die Parteiführer beim Reichspräsidenten
Berlin, 7. Dez. Der Reichspräsident begann Montq vormittag die Besprechungen mit den Fraktionsführer? über die Neubildung der Regierung um 1V Uhr mit der Empfang den sozialdemokratischen Abgeordneten Müller Franken und Dittmann. Der Reichspräsident erklärt -eu sozialdemokratischen Führern» daß er aus allgemein« Wirtschaftlichen und politischen Gründen die Bildung de> Großen Koalition als die gegebene Lösung der Regierungs Lrise betrachte und ersuchte sie, ihm möglichst bald Mittei Äng über ihre Stellung zur Bildung der Großen Koalitir^ zu machen. Der Abgeordnete Müller-Franken erwiderte den Reichspräsidenten, indem er auf die Erfahrungen mit dei ersten Großen Koalition hinwies, und darlegte» daß du Deutsche Volkspartei de« Anschein erwecke» als sei sie ausge, Hprochene Gegnerin der Beteiligung der Sozialdemokrat« rn der Regierung. Es dürften auch in der sozialdemokra, tischen Fraktion auf Grund der Erfahrungen ein Widerstand gegen die Beteiligung der Sozialdemokraten an de» Regierung zu erwarten sein. Der Reichspräsident nah« diese Erklärung zur Kenntnis und bat die Fraktionsführe» zum Schlüsse nochmals, ihm am Mittwoch «ach der Entscheidung des sozialdemokratische« Parteiansschusses und der so- Hialdemokrakischen Neichstagsfraktion ihm von der Stellung der Partei Kenntnis zu geben. Die Unterredung dauert« nur eine Viertelstunde. Darauf empfing der Reichspräsident als Vertreter der Deutschnationalen die Abgeordneten Graf Westarp und Thomfen, ferner die Abgeordneten Marx vom Zentrum, K o ch-Weser vom den Demokraten und Scholz von der Deutschen Volkspartei gleichfalls n einzelnen Unterredungen. Die Vertreter des Zentrums «nd der demokratischen Partei betonten, wie wir weiter Hören, die Notwendigkeit der Bildung der Gro ß e n Koalition, während sich der Vertreter der Deutsche« Volkspartei in dieser Frage sehr zurückhaltend äußerte.
Lje Deutsche Volkspartei für Verhandlungen über die Eroßr Koalition
Berlin, 7. Dez. Die „Tägliche Rundschau" bestätigt, daß Ke Vertreter der Deutschen Volkspartei bei der Besprechung mit dem Reichspräsidenten die Bereitwilligkeit der Partei ,u Verhandlungen über die Bildung einer Regierung von >er Deutschen Volksparkei bis zu den Sozialdemokraten erklärt haben.
i Neue Preisabbamlwknatmen
! In der letzten Kabinettssitzung der zurückgetretenen Regierung Luther wurde ein Gesetzentwurf zur Förderung des Preisabbaus verabschiedet, der nunmehr sofort dem Reichsrat vor- »elegt werden wird. Der Gesetzentwurf enthält:
1. Die Bestimmung über einen Vergleich zur Abwendung des
Konkurses unter Aufhebung der Verordnung über die Eeschäfts- »ufsicht; j
2. Vorschriften gegen die Ausbeutung bei der Vergebung von Aufträgen im Wege der Ausschreibung;
3. Beseitigung der Ausnahmestellung der Zwangsorganisatio- '
aen, die bisher nach der Kartellverordnung den Einwirkungs- Möglichkeiten der Reichsregierung und des Kartellgerichts nicht unterliegen; i
4. Bestimmungen, die hinsichtlich der Einwirkungsmöglichkei- '
ten des Staates, die Innungen und Jnnungsverbände den Kar- teilen in gewissem Umfang aeichstellen; !
5. Vorschriften über das Feilhalten von Brot zu festem Ge- ! wicht.
Diese gesetzlichen Maßnahmen haben sich bei Durchführung der Preisabbauaktion als notwendig erwiesen. Die zur Verfügung stehenden verwaltungsmäßigen Mittel hat die Reichsregierung zur Herbeiführung des für die erforderlich erkannten ; Preisabbaues selbstverständlich sämtlich angewandt. Diese Mit- i tel reichten aber zur Erzielung des angestrebten Erfolges nicht i ans. Der vorgeschlagene Gesetzentwurf soll die Preisgestaltung in der Wirtschaft weiterhin im Sinne einer für die Gesamtheit s gesunden Entwicklung beeinflussen. Dabei wird die Reichsregie- j rung in wesentlichen Beziehungen nach wie vor auf die verständ- ' nisvolle Mitwirkung der Erwerbsstände angewiesen bleiben.
Die in der Fortführung der Preisabbauaktion weiter einge- j leiteten und noch im Sans befindlichen Maßnahmen werden i ohne Unterbrechung sortgeführt werden. So beschloß heute das ! Kabinett, im Reichsrat die Herabsetzung des Zuschlages für die ! von den Apotheken vertriebenen Svezialitäten zu beantragen.
^ Außerdem verabschiedete das Kabinett eine Denkschrift über dis , Sozialversicherung 1924-15 und eine Darlegung über die Ein- i nahmen und Ausgaben der deutschen Erwerbslosenfürsorge seit ; dem 1. Juli 1924. Diese Materialien werden sofort dem Reichs- , , rat und dem Reichstag zur Kenntnisnahme vorgelegt werden, f Wie wir gleichzeitig erfahren, haben die Bestrebungen de» ^ ,s Reichsregierung auf Herabsetzung der Zinssätze kür öffentlich» i Gelder zu dem weiteren Ergebnis geführt, daß pcy den Bereinig barungen zur Zinsherabsetzung der öffentlichen Gelder nicht nui j die überwiegende Zahl der Länder vorbehaltlos angeschlossen bat,
: sondern daß auch die kommunalen Spitzenverbände, der Deutsche
- btädtetag, der Reichsstädtebund und der Deutsche Landkreistag,
' sowie das Geldinstitut des Deutschen Sparkassen- und Girover-
s Lands, die Deutsche Girozentrale ihnen vorbehaltlos beigetre- : ! len sind. f
Dr.Schachl über die Wirtschaftsfragen. E
k Stuttgart, 7. Dez. In Anwesenheit des Reichsbankpräsidenten ! s Dr. Schacht fand die feierliche Einweihung des neuen Dienst- s gebäudes der Reichsbankhauptstelle Stuttgart statt. Die Fest- ! s rede hielt der Präsident des Reichsbankdirektoriums Dr. Schacht. ! i Am 1. Januar 1926 kann die Reichsbankhauptstelle hier auf i eine 50iährige Tätigkeit surückblicken und zugleich mit der ; Reichsbank selbst das Jubiläum ihres 50jährigen Bestehens !
; feiern. Die ständig zunehmende Erweiterung und wachsende j j Intensität der Geschäftsbeanspruchung der Reichsbankhauptstelle s ! hier hatte schon vor dem Kriege zur Folge, daß sie räumlich s ! M stark beengt war. Die Umsatztätigkeit der Reichsbankhaupt- ! stelle samt Nebenstellen betrug im Jahre 1890 1,3 Milliarden .
! jährlich, im Jahre 1900 2 Milliarden und 1914 6.5 Milliarden. ,
: Diese letzte Summe wurde 1924 noch um 400 Millionen Mark § überflügelt. Die Steigerung des Umsatzes war vor allem auf f ! vermehrte Diskontierung zurückzusühren. Ferner stieg der Platz- l t Wechsel von 37,9 Millionen im Jahr 1914 aus 146,4 Millionen s r im Jahre 1924, also fast das Vierfache, die eingekauften Wechsel ; auf fremde Orte von 152 Millionen (1914) auf 173 Millionen t s (1924). Trotz der außerordentlrchen Steigerung der Kreditge- ! l Währung der Reichsbank ist der Kreditbedarf der Stuttgarter ! s Wirtschaft nicht voll befriedigt worden. Die Reichsdank hat aber ! j alles getan, was sie bei der Zwangslage, in der sie sich beim- !
; det, tun konnte. Der Reichsdankpräsident ging sogann näher auf - s die württ. Verhältnisse ein und führte weiter aus: Für Würt- k ! temberg ist das Vorherrschen der kleineren und mittleren Be- >
! triebe in Landwirtschaft und Industrie charakteristisch. Diese l
- Struktur ist auf verschiedene Umstände zurückzuführen. Von gro- i s bem Einfluß war hierauf die politsche Gestaltung. In Würitem- l
berg gibt es viele freie Reichsstädte; auch ist hier die Bauern- k x befreiung schon früher erfolgt. Ausschlaggebend war aber das k ! fast völlige Fehlen von Bodenschätzen jeder Art, die das Auf- ; j kommen einer Großindustrie erschwerten. Der Bildung von ! i Erobstadtbetrieben stand ferner hemmend im Weg das Fehlen !
: von Zufubrstraße« zu Land und zu Wasser. Unter dem Zwang ?
; dieser Verhältnisse hat sich in Württemberg eine leistungsfähige .
! Fertigwaren- und Qualitätswarenindustrie herausentwickelt, die !
" ihre Selbständigkeit gewahrt bat. Trusts und große Konzerne
haben sich in Württemberg nur geringen Eingang verschaffe« können. Da den kleineren und mittleren Betrieben es besonders schwer fällt, Kredite zu erhalten, so hat sich beim Ueberbringen der kleineren und mittleren Betriebe die Kreditnot in Württemberg besonders fühlbar gemacht. Die Genossenschaftsbanken, denen das württ. Gewerbe fast durchweg angeschlossen ist und die in normaler Zeit die Hauptgeldgeber für das württ. Gewerbe waren, konnten nach dem Kavitalschwund der Inflation aus eigener Kraft nur wenig Helsen. Deshalb ist hier die Reichsbank in Würdigung der besonderen Notlage der württ. Wirtschaft mit außerordentlichen Krediten beigesvrungen. Die Reichs- Lank hat den Genossenschaftsbanken Kreditksntingente einge- räumt, die weit über das hinausgehen, was diese Institute auf Grund ihrer eigenen Kapitalkraft hätten beanspruchen können. Zum Beweis dafür, daß die Reichsbank Württemberg mit einer gewissen Bevorzugung behandelt hat, teilt der Reichsbankvräsi- dent mit, daß unter sämtlichen Reichsbankbezirken Stuttgart nach der geschäftlichen Belastung an 12. Stelle, nach der Kredit- konringentzuteilung aber schon an 6. Stelle steht, d. h. die Reichsbank hat der württ. Wirtschaft im Verhältnis zu ihrem Eesamtumfang sehr stark unter die Arme gegriffen. — Dann solgten noch weitere Ansprachen, über die wir nicht berichten, da es die Reichsbank wie kürzlich die Handels- und Handwerkskammer versäumte, die Presse des Landes oder ihre Stuttgarter Vertretung eiuzuladerr.
Neuer vom Tage
Das Arbeitsprogramm in Genf Genf» 7. Dez. Das Völkerbundssekretariat veröffentlicht die ausführliche Tagesordnung der nächsten Ratssitzungen. Die Montag-Sitzung wird mit der Behandlung des griechisch-bulgarische« Grenzstreites beginnen. Für den Nachmittag sind Sitzungen des österreichischen und ungarischen Komitees und die Verhandlung von Minderheitenfragen einem Ratskomitee vorgesehen. Die Dienstags-Sitzung bringt die Prüfung der Berichte über den finanziellen Wiederaufbau Oesterreichs und Ungarns und nachmittags die Schlichtung des Mossulstreites zwischen England uno der Türkei. Werter stehen auf der Tagesordnung Mandats- fragen, darunter ein Schreiben der Reichsregierung über die Verwaltung von Ruanda und Uvundi und die Klage Danzigs gegen die Bewachung des polnischen Munitionsdepots auf der Wefterplatte durch 88 polnische Soldaten. Am Mittwoch und den weiteren Tagen soll eine Reihe von Minderheitenfrage« und die Vorbereitungsmaßnahmen für die beiden internationalen Konferenzen, die Weltwirtschaftskoufe» reuz und die Abrüstungskonferenz, behandelt werden. Unter denjenigen Gegenständen^ die in geheimer Sitzung beraten werden sollen, befindet sich auch die Ernennung des neuen KoMnissars für Danzig -
Zusammentritt des Völkerdunvsrates Genf, 7. Dez. Unter dem Vorsitz des italienischen Rats. Mitgliedes Scialoja wurde Montag vormittag um 11.45 Uhr die 37. Ratstagung des Völkerbundsrates eröffnet Die Zusammensetzung des Rates ist die gleiche wie bei den letzten Tagungen. Nur wird auf ihr Frankreich nicht durch Briand, sondern durch Paul Boucour vertreten. Der einzige Punkt der Tagesordnung, der griechisch-bulgarisch« Erenzzwischenfall, konnte in der heutigen Vormittagssitzung nicht zum Abschluß gebracht werden und wird in de» nachmittags angesetzten Ratssitzung weiter verhandele werden.
Beschlüsse der Völkerbundskommisfion für Abrüstungsfragen Genf, 7. Dez. Das Ratskomitee für Abrüstungsfragen beschloß, im Völkerbundsrat den Antrag einzubringen, Deutschlands die Vereinigten Staaten und Rußland zu ersuchen, Vertreter in den vorbereitenden Ausschuß für ein« Abrüstungskonferenz zu entsenden. Das Komitee legte ferner in großen Zügen das Programm des vorbereitenden Ausschusses fest.
Die Erledigung der „Lufitania"-Ansprüche Washington, 7. Dez. Die deutsch-amerikanische Entschädigungskommission hat die beiden letzten der 194 Schaden- ersatzsorderungen wegen der Versenkung der „Lufitania" abgewiesen. Im ganzen wurden wegen des Lusiianiafalles Entschädigungen von zusammen 2 409 413 Dollar zugespro- chen. Wie die Kommission außerdem mitteilt, wurden in 4M anderen Fällen insgesamt 13146 069 Dollar an Entschädigungen bewilligt.
Zur Lage in China
London, 7. Dez. „Daily Mail" berichtet aus Shanghai: Nach japanischen Meldungen soll Tschangtsolin nach weitere» Erfolgen der aufständischen Armeen beschlossen haben.