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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Mensteig Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und Freudenstadt.

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Ar. 160 j Altensteig. Samstag de« 11. Jatt. I Jahrgang 1923

Zur Lage.

- Zwischen Reich und Ländern ist in dieser Woche ein offe­ner Konflikt in der Frage des Finanzausgleichs ausgebro­chen. Schon vor dem Kriege bestand «in fortwährendes Ringen zwischen Reich, Ländern und Gemeinden um den ^Ertrag der Steuern. Seit Erzberger im Jahre 1919 dem Reich die Einkommensteuer zugeführt hat, der dann die Um­satz. und eine Reihe weiterer direkter Steuern folgte, sind die Länder und teilweise auch die Gemeinden Kostgänger lMs Reiches geworden. Geblieben sind ihnen nur die Real- lsteuern. Die Zuschläge auf die Einkommensteuer find be­seitigt. Länder und Gemeinden erhielten zuletzt 90 Proz. her Reichseinkommensteuer, ebenso 20 Prozent der Umsatz« Heuer, ebensoviel von der Körperschaftssteuer. Im Reichs­tag, zumal in den Ausschüssen und Lei den Verhandlungen Hmischm Reich und Ländern, streitet man sich nun darüber, ^wieviel vom 1. Oktober ab die Länder mit den Gemeinden vom Reich erhalten sollen. Das Reich will nur noch 75 Prozent der Einkommensteuer abgeben, dagegen den an di« Länder abzuführenden Betrag von der Umsatzsteuer auf 30 Prozent erhöhen. Dagegen erheben di? Länder entschiede« ,N«n Einspruch. Der bayerische Finanzrm.-ister hat mit einer scharfen Rede E Landtag die Flucht in die Oeffent- lichkeit angetreten, und in Baden hat erst gestern Finanz- Minister Dr. Köhler dasselbe getan. In Württemberg hat der Finanzminister anläßlich der Etatsberatung in scharfer jWeise gleichfalls das Reich darauf aufmerksam gemacht, daß die Berliner Finanzpolitik darauf ausgehe, das finan­zielle Eigenleben und die Selbstverwaltung der Länder zu Unterbinden. Di« Länder sollen in der Tat auf den Hunger­etat gesetzt werden, weil angeblich bei ihnen und nament­lich bei den Gemeinden die Sparsamkeit recht viel zu wün­schen übrig lasse. Andererseits wird aber darauf hinge­wiesen» daß das Reich eine wilde Einnahmewirtschaft treibe, denn es habe im letzten Steuerjahr zwer Milliarden lleber- schuß gchabt. Was besonders die Länder entrüstet, ist, daß da» Reich nun auch ein Prüfungsrecht gegenüber den Län­dern hinsichtlich der Sparsamkeit statuieren will. Dies ver­tilgt sich aber mit dem föderalistischen Gedanken nicht. Im Vteuerausschuß des Reichstags hat nun der Reichsfinanz- Winister zugestanden, daß die Länder vom 1. Oktober bis ü. April 1926 36 Prozent der Reichseinkommensteuer erhal­ten sollen und daß erst dann der endgültige Finanzausgleich geschaffen werden soll. Ob damit der Streit beigelegt ist» svird sich in den nächsten Wochen zeigen.

! Die Länder erheben mit Recht die Forderung, daß sie ihre finanzielle Selbständigkeit bewahren und ihre sozialen und kulturellen Aufgaben erfüllen können. Andererseits befin­det sich das Reich in einer Zwangslage durch die Repara­tionsverpflichtungen. Man wird zu einem geregelten Fi­nanzausgleich nur dann kommen, wenn die staatlichen Auf­gaben zwischen Reich und Ländern scharf abgetrennt wer­den. Das Reich hat kein Interesse, die finanzielle Selb­ständigkeit der Länder zu verkürzen, aber es hat die Auf­gabe, di« übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen und die gewaltige Reichsmaschine der Verwaltung in Ordnung tu halten.

Ebenso stark ist die innere Krise in den Fragen der »teuer, und Zollpolitik. Berliner Meldungen sprechen da- von, daß ein Kompromiß über die Zollvorlage in Vorberei- Ang stehe, das auch den Linksparteien, die sich gegen die Ararzölle stellen, die Zustimmung ermögliche. Sichere schlichten liegen nicht vor. Es erscheint aber fast unmög- ^sch, daß noch vor den Sommerferien, die der Aeltestenaus- schuß des Reichstags nun auf Ende Juli hinausgeschoben hm, auch die Zollvorlage verabschiedet wird.

In kommender Woche soll der Reichstag die Aufwer- tungsgesetze erledigen Der Kampf um diese hat im Reichstag bereits eingesetzt. Es ist heute noch nicht äbzu- iehen, in welcher Form die Aufwertungsgesetze trotz der ge­meinsamen Beschlüsse der Regierungsparteien den Reichs- M verlassen. Aber eine Regelung auf längere Sicht ist dringend notwendig.

lk?? ^ innerpolitrsche Krisenluft herein fallen nun di« i Ahnungen der Außenpolitik. Das Auswärtige Amt ? .^^in bereitet die deutsche Antwort auf die Sicherheits­rat Vriands vor. Sie soll zu Beginn der kommenden tk'- dem Reichskabinett zur Beschlußfassung vorgelegt

"b dann im Auswärtigen Ausschuß des Reichstags bespro» m Reichskanzler Dr. Luther ist es gelun«

Forderung der Linksparteien, schon jetzt in -e über die TÄerbettsLragx einzutreten.

auszüschälten. Da in der Außenpolitik nicht die partei­politischen Gesichtspunkte ausschlaggebend sein dürfen, son­dern nur die Staatspolitik in Beziehung zum Ganzen, so wird man es nur begrüßen können, daß die Sicherheitsfrage im Stadium der Vorbesprechungen zunächst aus der öffent­lichen Erörterung herausgenommen wurde. Di« von der Deutschen Volkspartei ausgestellten Richtlinien zum Sicher­heitspakt dürften durch ihre sachliche uNd ruhige Art die Billigung der Mehrheit des Volkes finden. Wir dürfen uns schon heute keinem Zweifel hingeben, daß dl« Verhandlun­gen über dir Sicherheitsfrage, die die deutsche Note be­zweckt, sehr lange dauern und sehr schwierig sein werden. Denn sobald die praktische Ausgestaltung des Sicherheits­vertrags beginnt, wird Frankreich und England, die sich ja geeinigt haben, die Ostfragen in den Vordergrund stellen. Frankreich will die Bündnispolitik mit Polen nicht auf­geben, die es verpflichten» mit seinen östlichen Verbündeten nahezu durch dick und dünn zu gehen, und sie in anderer Form aufrecht erhalten. Selbst weit links stehende fran­zösische Politiker halten an dieser Politik mit Polen fest. Die französische Antwort auf den deutschen Sicherheitsvor­schlag betont ausdrücklich das Recht Frankreichs, den Polen über deutsches Gebiet hinweg zu Hilfe kommen zu dürfen. Die englische Regierung soll anerkennen, daß ihre Verbür­gung deutscher Grenzen in diesem Falle nicht gilt. Darauf können wir uns in keinem Falle einlassen.

Nachdem nun durch Polen der Wirtschaft»-oder Zollkrieg vom Zaune gerissen wurde und nachdem die deutsch-französL schen Handelsvertragsverhandlungen in Paris zu keines Einigung führten und zunächst bis 18. September vertagt wurdeen, wäre ein Entgegenkommen Deutschlands in best Fragen der zukünftigen Sicherheit geradezu unbegreiflich Wohl ist mit Frankreich vereinbart worden, daß während der Dauer der Unterbrechung keine feindlichen Wirtschafts­matznahmen getroffen werden dürfen und daß keinerlei Ver­bindung zwischen Sicherheitspakt und Handelsvertrag be- steht, aber solange der französische Zolltarif nicht feststeht, haben die Verhandlungen praktisch wenig Sinn. Die fran­zösische Kammer wird aber nicht vor November diesen Zoll­tarif verabschieden können. ---

Der Oberste Gerichtshof in Moskau hat gegen drei Stu­denten Todesurteile gefällt. Die Vollstreckung wurde zu­nächst aufgeschoben. DerVorwärts" schreibt, daß die zwei jungen Deutschen und der Balte nur deshalb verhaftet und verurteilt wurden, weil die Moskauer Tscheka sich Aus-, tauschobjekte sichern wollte, um die Freilassung ihrer in Leipzig verurteilten Freunde fordern zu können. Es han­delt sich also zweifellos um einen großen Justizskandal.

Die Lage in Marokko hat Lurch die Erfolge Abd el Krims bei Taza gegen die Franzosen eine Zuspitzung erfahren. Die Risleute suchen nun auf Fez vorzustotzen. Indessen haben Frankreich und Spanien ein Marokko-Abkommen! getroffen. Die Hauptsache daran soll sein, daß beide ani Abd el Krim einen Friedensvorschlag richten wollen. Di« Unabhängigkeit von Abd el Krim wird unter der Bedin­gung anerkannt, daß Abd el Krim den Sultan von Marok­ko, der unter französischem Einfluß steht, als höchste Ge­walt ansteht. Ob es nun zu Friedensverhandlungen durch spanische Vermittlung kommt, wird die kommende Woche zeigen.

Aus China liegen wenig neue Nachrichten vor. Die lln- ruhen und Wirren sind jedoch noch nicht beigelegt. Aber zwischen den Mächten und China schweben Verhandlun­gen.

Znm Moskauer Urteil

Berlin, 10. Juli. Rechtsanwalt Dr. Freund, der als Be­auftragter des Auswärtigen Amtes dem Moskauer Prozeß beigewohnt hatte, gibt eine ausführliche Darstellung des Prozesses, die er als seine Auffassung bezeichnet und in der er u. a. ausführt: Die Angeklagten, die in dem kommunisti­schen Flüchtlingsheim abgestiegen waren, erregten dort so­fort Mißtrauen durch ihr Verhalten. Der Umstand, daß sie ihre kommunistische Gesinnung auffällig betonten, mußte i das Mißtrauen verschärfen. Im Besitze des Wolscht wurde r ein Fläschchen Zyankali gefunden und die Angaben Dr. Kin­der manns über seine Reisepläne erschienen unglaubwürdig, k Somit erscheine die Verhaftung der drei Studentn nach Ansicht des Dr. Freund als berechtigte Maßnahme. Di« Hauptverhandlung erfolgte unter den ungünstigsten Um­ständen für die Angeklagten, die ihre Selbstverteidigung k denkbar unglücklich führten. Die Angeklagten mußten wei-

tere, zahlreiche gegen sie sprechende Umstände, die der Zeuge Baumann bekundete, zugeben. Ebenso waren Dittmars Aus­sagen derart belastend, daß das Gericht sie als wahr an­sah, zumal Dittmar sich selbst damit nicht weniger belastete. Trotz aller dieser starken Verdachtsmomente hat die Haupt­verhandlung für die deutschen Zuhörer nicht die Ueberzeu- gung begründen können, daß die Angeklagten tatsächlich schuldig seien. Angesichts der entlastenden Aussagen der Zeugen Fink und. Rose und der eidesstattlichen Erklärung des Reichskanzlers a. D. Michaelis war es klar, daß das Studentenwerk und Studentenheim nichts mit der Organi­sation Lonsul zu tun hatten. Damit aber ist der Anklage die Grundlage entzogen. Die Angeklagten sind in weite­rem Maße ein Opfer des Zusammentreffens unglücklicher Ereignisse geworden.

Neues vom Tage

Rücktritt des Kasselers Oberbürgermeisters?

Berlin, 10. Juli. Wie dieB. Z. am Mittag" erfährt,, werde der gegenwärtige Oberbürgermeister von Kassel» Philipp Scheideman«, heute oder morgen sein Abschieds­gesuch einreichen. Scheidemann soll aus Eesundheitsrück- sichten sich gezwungen sehen, von seinem Posten zurückzutre­ten und wird seinen Wohnsitz von Kassel nach Berlin ver- . legen.

! Marokkodebatte in der französischen Kammer

^ Paris, 10. Juli. Die Kammer hat in einer Nachtsitzung ! die kurz nach 1 Uhr vormittags endete, die Kredite für Ma- ! rokko mit 141 gegen 2S Stimmen bewilligt.

! Nach der Rede des Abgeordneten Renaudel ergriff Mini- ! sterprästdent Painleve das Wort. Er führte u. a. aus: Der

- Angriff Abd el Krims hat sich auf einem Gebiet vollzogen, j das Frankreich regelrecht zugesprochen worden ist. Man hat , es mit einem Massenangriff der Rifleute und mit einer ! sehr gut ausgebildeten und sehr mobilen Infanterie zu tun.

, Die Regierung hat nichts vernachlässigt, um den guten Ver­lauf des Kampfes sicher zu stellen. General Naulin, dessen

! Ernennung kritisiert worden sei, sei ein junger aber ersah- j rener Führer, der sich Verdienste im Orangegebiet erwor­ben und ein Armeekorps an der Front befehligt habe,

? Schließlich sprach Ministerpräsident Painleve von der Zu- » kunst der marokkanischen Angelegenheiten. Er sagte hie-

- rüber: Wir haben mit Spanien mit voller Herzlichkeit ver­handelt. Frankreich will einen gerechten und dauerhaften Frieden, ohne irgendeine Absicht auf Beherrschung und Er»

i öberung. Wir wollen in Marokko nur Ruhe und Ordnung z schaffen und werden die Traditionen der Bevölkerung r«c spektieren. Was die Friedensbedingungen betreffe, so kön­nen wir sie nicht veröffentlichen, da wir dadurch etwaige spätere Verhandlungen schädigen würden.

Vor der Abstimmung erklärt der Abgeordnete Blumr Wir können und wollen nicht gegen die Kredite stimmen. Das könnte zu der Annahme führen, daß wir uns in Oppo­sition gegen die Regierung befinden. Wir haben zwar di« Unterstützungspolitik beendet; denn wir machen Vorbehalt« hinsichtlich der Marokkopolitik. Für den Frieden sind uns die Formeln, gleichgültig, wenn nur der Friedenswille be­kannt gegeben wird. Wir treten ein für die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Rifgebietes.

Die Kommunisten lassen hierauf erklären, daß sie im Gegensatz zu den Sozialisten für die vollkommene Räumung von Marokko eintreten.

/ " Die Wirre« in China

London, 10. Juli. WieTimes" aus Peking meldet, wird tn amtlichen Kreisen bezüglich der Aktion des diplomatische« Korps Stillschweigen beobachtet. Es verlautet nur gerücht­weise, daß das Korps empfohlen habe, dem amerikanischen! Vorsitzenden des Stadtrates in Shanghai einen Verweis zu erteilen und dem britischen Polizeichef der internatio­nalen Niederlassung in Schanghai vom Amt zu entheben.

Times" berichtet aus Tokio, die Presse lasse sarkastisch durchblicken, daß das britische Prestige abnehme.

Pariser Winkelzüge?

Paris» 10. Juli. Der belgische Außenminister Vander« velde hat gestern nachmittag seine Besprechungen mit dem französischen Außenministerium fortgesetzt. Es verlautet, daß im Grundsatz eine Einigung über die Neugruppierung der französischen und belgischen Besetzungstruppen nach der Räumung des Ruhrgebiets erreicht worden sei. Wegen der Räumung von Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort würde, so sagt man, sowohl von Belgien wie von Frankreich großes