Echwlmwälöer Tageszeitung

US den Tmwem^

LMM

-WWW

)Ms»','.

Amtsblatt für den Bezirk Nagol- vri- für AUensteig-Ltadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und jreudensta-t.

»Schentllch 40 »oldpsenniae. Di«"»ln»elnu»«,r k.ffet 10 »oldpfenv«,«. «et Nicht. l »o,ei,ea»r«I«r Di« etnspaltt,« W, k« deren «am» U »oLpfeanige, die ReklamezetleSö Äsldp» Dchch,« Kr Zettimi insole» -ober« Semüt «er Betriebrftörnn- beA-t kein »osyruch «,f Aefcrnn,. I Zehw« lmnrhev - Le-en. -i Mr telep-ontsch «teilt« Aufträge übernehmen wir kein« Gewähr

Sk. 139

VSSSSSSSSSS!

Hierzu eine Beilage.

Das neue Schullastengesetz und die Amtsschadenumlage.

Ein Beispiel.

Vom Rathaus in Schwenningen wurde dieser Tage der Öffentlichkeit folgendes unterbreitet, das allgemein inte­ressieren dürfte:

Die württembergische Regierung hat in den letzten Tagen einen Sparerlatz an die Gemeinden hinausgegeben, der bezwecken soll, datz die Eemeindeumlage 1925 möglichst nieder gehalten wird. Nicht in Einklang mit diesem Er­laß stehen folgende Tatsachen: 1. Der württembergische Staat versucht durch den neuen Gesetzentwurf einen weite­ren großen Teil der Schullasten auf die Gemeinden abzu­wälzen. Die Mehrbelastung für Schwenningen für die Schulen würde nach diesem Entwurf 115 000 Rm. gleich 4,6 Prozent der Eemeindeumlage betragen. Der Staat würde also um diese 4,6 Prozent weniger Lasten haben, beabsichtigt aber, seinen bisherigen hohen Umlagesatz auf Erundeigentum, Gebäude und Gewerbe mit 8 Prozent bei­zubehalten. (Friedenssatz 2,1 Prozent). Es ist natürlich keine Kunst, den Staatshaushalt auf diese Weise zu ba­lancieren und den Gemeinden zu diktieren, ihre Umlagen möglichst nieder zu halten. 2. Der Staat fordert von der hiesigen Gemeinde als Entschädigung für den Aufwand auf die verstaatlichte Polizei im Rechnungsjahr 1925 ca. 80000 RM., während die Friedensausgabe für die Gemeindepoli­zei 12 229 RM. betrug. Unter Zugrundelegung der heuti­gen Verhältnisse also auch hier eine Mehrausgabe von 60 000 RM. gleich 2,4 Prozent Eemeindeumlage. 3. Die Amtskörperschaft Rottweil hat in den letzten Tagen ihren Haushalt für 1925 mit einem von den Gemeinden zu deckenden Abmangel von mehr als 500 000 RM. verab­schiedet. Schwenningen hat an diesem Abmangel minde­stens 50 Prozent gleich 250 000 RM. oder 10 Prozent Eemeindeumlage zu tragen. Das Mehr an Schullasten und die Amtsschadenumlage gibt also allein 14,6 Prozent Eemeindeumlage der Staat empfiehlt aber den Ge­meinden höchstens 12 Prozent umzulegen. Die Steuer­zahler werden sich sicher für diese Zahlen interessieren und sich Gedanken darüber machen, auf welche Weife die Gemeinde ihren eigenen Aufwand decken soll. Es stehen hiefür nur der Anteil an der Einkommensteuer, einige weniger ertragreiche Gemeindesteuern und die Erträgnisse des Gemeindevermögens zur Verfügung".

Dazu erlaube ich mir folgendes auszuführen:

Zn diesen klaren, kurzen Ausführungen ist deutlich ge­macht, welch außerordentliche Erhöhung der Amtslasten­umlage durch das neue Schullastengesetz in Aussicht steht. Die Erhöhung ist so groß, daß sie für das gesamte hiesige Wirtschaftsleben verhängnisvoll werden kann.

Gegenwärtig in Stuttgart nahm ich teil an der Jubi­läumsfeier eines führenden Werkes der elektrischen Indu­strie. Die Leistungen dieser Industrie fanden rückhaltlose Anerkennung. Man würdigte, was in gemeinsamer Ar­beit, in Streben und Sichregen trotz allem erreicht wurde. Andererseits ließ die Staatsregierung ihr Interesse bekun­den und stellte die weitere Förderung in Aussicht, sodaß man versucht war, durch die Steuerwolken blauen Himmel zu sehen. Doch beim gemütlichen Teil, beim Glas Bier, kam wie überall auch die Klage über die lange, immer schwerer werdende Kette der Steuerlast in die Unterhal­tung und zwei Freunde, Vertreter der württembergischen Wirtschaft, glaubten, die Gelegenheit benützen zu sollen, sich an mirLuft zu schaffen". Darauf eingehend und mich bemühend denselben und noch mehreren Tischgenossen die Zusammenhänge dieser Steuerkette, wodurch, woher und durch wen und zu was zu erklären, fand ich ein derartiges geringes Verständnis und vielleicht zum Teil absichtliche llnorientiertheit, daß ich mir weitere Worte sparte.

Wer einerseits in allgemeinen Redensarten über Nicht­bezahlenkönnen und Nichtbezahlenwollen von Steuern spricht, andererseits aber erklärt,von dem Dreck nichts wissen zu wollen", denDemokraten" belächelt und mitlei­dig bedauert, daß er in dieBude" (Landtag) hocke, sich als Stuttgarter sogar rühmt, selbst noch nicht darin gewe­sen zu sein, geschweige denn zu wissen, wo sie sei, bei diesen Leuten ist Aufklärung vergeblich.

Aehnlich fürchte ich, wird es mit den eingangs erwähn­ten Ausführungen über die steuerlichen Verhältnisse der Stadtverwaltung gehen. Ich glaube, daß die Fest- und andere Berichte eingehender studiert werden und mehr In­teresse finden, als derDreck" über Steuerumlagen.

Als Landtagsabgeordneter, der gleichzeitig als Ee- meindevertreter und Mitglied der Amtsversammlung in das Wechselwirken der Etats diefer 3 Körperschaften

Allkvsteig, Freitag den 19. Juli.

hineinsteht, erachte ich es als meine Pflicht, alle diejenigen, die nicht nur allgemein räsonieren, sondern sich ernstlich mit diesen Fragen beschäftigen, darauf hinzuweisen, was in den nächsten Tagen im Plenum des Landtags vor sich geht. Dort wird die Pfeife geschnitten, nach der die Ge­meinden zum großen Teil tanzen und ihre Etats einrich­ten müssen.

Ilm die Staatssteuer nicht erhöhen zu müssen, versucht die Regierung eine Umwälzung der aufgeblähten Lasten zu Gunsten eines Teils der Bevölkerung auf die Städte, Industrie, Handel und Gewerbe, dabei ganz außer Auge lassend, daß eine Erschwerung oder gar Erdrosselung des einen Teils auch dem anderen Teil Unheil bringt.

Der Landtag trat am 30. Juni nachmittags zusammen, um den in der Nacht des 30. Juni ablaufenden Notetat zu verlängern.

i Nur durch Zurückziehung (im letzten Augenblick) des I Artikels 2, der die Erhöhung der Eebäude-Entschuldungs- s steuer von 0,6 Prozent auf 1 Prozent verlangte, gelang es s der Regierung, den sich vorbereitenden Sturm zu beschwich- z tigen und in letzter Stunde den Notetat unter Dach zu bringen.

Aber schon die erste Lesung des Schullasten-Eesetzes, die bei Schwenningen ca. 110 000 M. Mehrkosten ausmachen wird, abgesehen von dem kulturellen Rückschritt, gab den Rednern der Opposition Veranlassung, ihren rücksichtslo- I festen Kampf jetzt schon anzukündigen und auf diese Kämpfe, ? die meiner Ansicht nach nicht hoffnungslos geführt wer- s den, möchte ich die Öffentlichkeit aufmerksam machen.

! Die Kämpfe um den eigentlichen Etat beginnen erst ! jetzt. Sie werden geführt von unserer Seite gegen die Ilm- s wälzung der Lasten, sie werden geführt unter dem Ee- z sichtspunkt, daß die Lasten nicht umgewälzt, sondern rück- i sichtslos beschnitten werden. Nicht als Geste, sondern ent­schlossen die Konsequenzen zu ziehen, wurde seitens der ! deutsch-demokratischen Partei eingereicht der Antrag ; Scheef:Das Staatsministerium zu ersuchen, ungesäumt s eine der geminderten finanziellen Leistungsfähigkeit des H Landes entsprechende durchgreifende Reform der gesamten s öffentlichen Verwaltung des Landes unter wesentlicher Vermindung der Zahl der Behörden und Vereinfachung des Geschäftsganges einzuleiten und dem Landtag entspre­chende Vorlage zu machen".

Hier muß der Hebel angesetzt werden. Vereinfachung und damit Verbilligung unserer Staatsverwaltung! In jeder Hinsicht.

Fritz Mauthe, Mitgl. d. Landtags.

Anmerkung der Schriftleitung. Auch bei der kürzlich stattgefundenen Amtsversammlung in 'Nagold wurde von den Eemeindevertretern des Bezirks energisch dagegen protestiert, daß der Staat jetzt versuche, die Schul­lasten auf die ohnehin schwer belasteten Gemeinden abzu­wälzen und betont, daß eine derartige Finanztechnik des Staates keine Kunst sei.

Sie Kampfe in Marokko

Die blutigen Kämpfe, der letzten Wochen in Marokko ha­ben von neuem die Augen der ganzen zivilisierten Welt auf jenes kleine rätselhafte Volk der Berber oder Kabylen ge­lenkt, die voll von unbändigem, wildem Freiheitsdrang durch die Jahrtausende hindurch gegen die Phönizier, Kar­thager, Römer, Vandalen, Byzantiner, Araber, Portugie­sen, Spanier, Franzosen blutig für ihre Unabhängigkeit ge­kämpft haben. In weiten Kreisen trifft man oft die An­sicht, alle Einwohner Marokkos und die Rifkabylen der nördlichen Küstengebiete seien Araber. Nichts ist irriger als diese Annahme der Gegensatz zwischen den ureinge- sessenen Berbern und den landfremden, viel später erst ein^ gewanderten Arabern ist außerordentlich scharf, wenn sich auch hier und da durch den nivellierenden Einfluß des Is­lam und die Arabisierung gewisse Ausgleiche geschaffen ha^ den. Die Ureinwohner Nordafrikas, die noch heute fast überall den Grund der Bevölkerung bilden, auf den sie später fremde Rassen einfach aufokuliert haben, sind ein mittelgroßes, energische?, nerviges und lebhaftes Geschlechts wesen, das den Ureinwohnern Spaniens, Italiens und Südfrankreichs glich. Sie waren weiß, von rein europä­ischem Typ, und sogar blondhaarige waren keine Seltenheit, unter ihnen. Seit Beginn des 7. Jahrhunderts n. Ehr/ kam die entscheidende Eroberung, die dem Verbertum auf das nachdrücklichste ihren Stempel aufdrückte: Die beiden arabischen Invasionen. Mit Feuer und Schwert brachen aus ihrer kleinen arabischen Halbinsel die Anhänger des wahren Propheten unter flatternden,grünen Fahnen hervor, fegten wie eine Sturmflut über ganz Nord-Afrika, und der

Jahrgang l923

Bluthauch des Islam fegte sengend über das Verderland vom Roten Meere bis zu den Gestaden des Atlantischen Ozeans. Das Christentum im Berberlande wurde ausge­rottet vom muselmanischen Fanatismus. Als der uns aus Tausendundeinernacht gut bekannte Harun al Raschid Ka­lif zu Bagdad war im Jahre 700 kämpften bereits vereinigte Araber- und Berberheere bei Poitiers in Frank­reich gegen die Truppen Karl Martells, und wir alle wissen noch von der Schulbank her, wie Roland, der Paladin Karls des Großen bei Ronceval gegen die Mauren fiel. Aeber 700 Jahre lang herrschten die Mauren, d. h. die ara« bisierten Berber Marokkos, nächste Blutsverwandte der heutigen Rifkabylen über das stoze Spanien! . . . Kriegs­glück und Macht schwankten auf und nieder im Leben der Völker, aber durch die Jahrtausende hindurch haben die Rifkabylen niemals irgend eine Fremdherrschaft ertragen. Und was sich heute in Marokko abspielt, ist nichts weiteres als eine ganz kleine Phase des tausendjährigen großen Kampfes der Berber um ihre Freiheit und Unabhängigkeit. Jenes Kampfes, den einst schon Junghurta und Massinissa kämpften, und den heute Abd el Krim weiter führt.

Die militärische Lage in Marokko hat sich für Frankreich, ohne daß die französischen Heeresberichte allzuviel davon, verrieten, stark verschlechtert. Von den Ausläufern des Rif­gebirges trugen die Rifkabylen ihre ersten Angriffe gegen ^ die französischen Posten nördlich des Uergha-Flusses vor. Ein Stützpunkt nach dem andern mußte von den Franzosen aufgegeben werden, nachdem seine Besatzung umzingelt»! wieder entsetzt und dann zurückgezogen war. Nach dem Uergha-Fluß ist jetzt das obere Tal des Leben, flankiert', oon den Gebirgszügen des kleinen Atlas, Kampfgebiet ge-! worden. Ab el Krims altes strategisches Ziel, die Bahnlinie - von Rabat über Meknes, Fez, Taza nach Oran, die Marokko ^ mit Algier verbindet und das Rückgrat der französischen, Kampffront bildet, erscheint ernstlich bedroht. Nach der- Räumung der Stadt Uezzan, die vor Wochen zum erstem Male die Lage kennzeichnet«, ist jetzt, auch Taza auf Anord­nung der französischen Behörden von der Zivilbevölkerung, sunächst den Frauen und Kindern, geräumt worden. Man erwartet also den Kampf um die Stadt. Das Vorrücken der Truppen Abd el Krims ist darum für F ankreich so be- seutungsvoll, weil damit die bisher neutralen Eingeborenen­stämme dem französischen Einfluß entzogen werden und nun natürlich für Abd el Krim, freiwillig oder gezwungen, eine wertvolle Verstärkung bilden.

-lieber den Ausgang des Kampfes um Taza ist schwer et­was vorauszusagen. Frankreichs Stellung ist hier indessen entschieden stärker als sie weiter nördlich war, schon wegen d-c Anlehnungsmöglichkeit und der schnelleren Verbindung! Mit den Nachschubstellen. Aber auch der Feind weiß, was auf dem Spiele steht, sodaß mit erbitterten Kämpfen zu rechnen ist. Frankreich hat dem Rechnung getragen, indem! es die vom Parlament und der Presse seit langem geforderte - Oüerkommando'telle für die Front nun endlich geschaffen hat. Anstelle von General Weygand freilich, der zuerst ge» - nannt wurde und Euillllaumat, des letzten Kandidaten, ist General Naulin mit der Leitung der Operation betraut worden. General Guillaumat gilt wegen der Räumungs­aktion im Ruhrgebiet zur Zeit am Rhein als unabkömmlich, i

Paris, 9. Juli. Das amtliche Tommunique über die Lage in Marokko vom 8. Juli berichtet: Die Riftruppen und die' Dissidenten haben 10 000 Mann am Ouerghafluß zusam­mengezogen. Die Absicht des Feindes ist anscheinend ein neuer und intensiver Angriff von Norden und Süden her.

London. 9. Juli.Times" schreibt in einem Leitartikel über die neue Phase in Marokko, die Ernennung des Gene­rals Naulin zum Befehlshaber der französisiyen Streitkrafte in Marokko läßt klar erkennen, daß der Feldzug gegen die Rifleute kein« keiner« koloniale Expedition, sondern ein Krieg von beträchtlicher Ausdehnung ist oder es jedenfalls bald werden kann. Der Anteil Großbritanniens an den marokkanischen Angelegenheiten ist glücklicherweise gering.

Paris, 9. Juli. Wie demJournal" aus Madrid berich­tet wird, hat die französisch-spanische Konferenz das Proto­koll, die die Ueberwachnng zu Lande betreffenden Akte un­terzeichnet. Bezüglich der Tangerfrage hat Spanien vorge- schlagen, Ueberwachungsposten in bestimmten Zonen von Tanger einzusetzen. Heute wird Abgeordneter Malvy vor seiner Abreise nach Paris das Abkommen betreffend die po­litische Zusammenarbeit der beiden Länder unterzeichnen-