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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altenpeig-Stadt. Allgemeiner Adriger für die Bezirke Nagold, Calw und Freudensta-t.

Echwanwälder Tageszeitung

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Nr. 132

Altrnfleig. Dienstag de« 9. Juni

j Jahrgang 1923

Hierzu eine Beilage.

Zerstörungenals Friedensgarantien

Von unserem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter.

Die im weiteren Verlauf des Weltkrieges in allen Län­dern entstehende und stch weiter ausbreitende Sehnsucht kommt in dr Forderung zum Ausdruck:Macht doch endlich Schlich mit den Zerstörungen!" Wir haben jetzt 6)4 Jahre lang Gelegenheit gehabt, festzustellen, daß mit der Beendi­gung der Feindseligkeiten noch keineswegs die Zerstörungen beendigt worden find. Durch die Waffenstillstandsabkom- jmen und besonders durch den Friedensvertrag find wir zu einer großen Zähl von Zerstörungen gezwungen worden, durch welche unsere Wirtschaftskraft eine weitere starke Ein­buhe erlitten hat. Die Zerstörungen wurden uns nicht mehr als Kriegsmatznahmen, sondern als Friedensmatznahmeu! auferlegt. Im vorigen Jahre glaubten wir Grund zu der Lrwartun zu haben, daß nunmehr endlich die Zeit der Zerstörungen vorüber sei. Wir hatten uns durch das Dawes-Abkommen zu hohen Jahrestributen verpflichtet, deren glatte Abwicklung nur bei sorgfältigster Erhaltung! des deutschen Produktionsapparates und der deutschen Ar­beitskraft möglich erschien. In den ersten Junilagen d. Js. haben wir es doch erneut erleben müssen, datz unsere frü­heren Gegner unsim Interesse des Friedens" zu neue« Zerstörungen zwingen wollen. Weil das hysterische Frank­reich vor einem deutschen Angriff immer noch nicht voll­kommen gesichert zu sein behauptet, sollen wir wertvolle in- " ustrielle Anlagen, Maschinen und Eisenbahnlinien zer- ören, da sie wie behauptet wird jederzeit von der genwärtigen Friedensproduktion auf iene künftige Kriegs- roduMor. umgestellt werden könnten. Selbst wenn das ichtig wäre, ist es ganz unsinnig, anzuehmen, datz solche «lagen das auch nur einigermaßen wettmachen könnte«, Mrs sonst niast nur unsere Angriffsfähigkeit, sondern sogar unsere Verteidigungsmöglichkeit vollständig ausschlietzt. ßkicht die Angst vor einem deutschen Angriff, sondern di« Angst vor dem deutschen wirtschaftlichen Wettbewerb hat diese Zerstörungsforde .nrgen diktiert! In raffinierter Weise haben unsere früheren Gegner die Erfüllung dieser Zer­störungsforderungen mit der Frage in Zusammenhang ge­kracht, die allen Deutschen besonders am Herzen liegt: Mit her Frage der endlichen Räumung der Kölner Zone. Wem sticht durch die diplomatischen Jntriguen ergeiziger Politiker das Urteil getrübt ist, mutz anerkennen, datz die uns auf-! rrlegten Zerstörungen keine Garantie für, sondern gegen den Frffdir. sind.

Der liberaleManchester-Guardian" sagt zur Entwaff- stungsnote:

Die alliierte Note wird den Weg zum europäischen Flie­ste» »och für lange Zeit versperren. Die einzige Hoffnung die Verminderung der Wirkungen der Ungeschicklich­keit der Note liegt in Berlin. Es ist bedauerlich, datz ein solches Dokument in L) erlin zu einer Zeit überreicht wird, wo die höchste Aufgabe der europäischen Diplomatie darin besteht, den Sicherheitspakt vorwärtszubringen. Es ist schwer die geheime Freude zu verbergen, mit der die französischen Poincaristen dieses Dokument begrüßen, und es ist ebenso schwer zu verstehen, wie die Engländer zulasten konnten, dich es gedruckt wurde. Es ist erstaunlich, datz die Alliierten der deutschen Regierung fünf Monate lang die Gründe vor- rnthielten, weshalb Köln nichr am 1V. Januar geräumt wurde, und noch erbärmlicher, daß diese Note und diese For­derungen auf Berlinabgeschossen" wurden ohne jede Be­zugnahme auf Deutschlands bepundernswerte Initiative in ^ Frage des Sicherheitspaktes Der defensive Ton der Note deutet darauf hin, daß, wer stch entschuldigt, sich be- 'chu/bigt. Der Bericht schließt unter Hinwei aus die zweit­eiligen Diplomaten der alliierten Mächte mit den Worten: ^iire Ironie des Schicksals ist es, datz nur Deutschland durch d>e Anwendung eines überlegenen Geistes sie (die alliier- l:u Diplomaten) vor ihrer Torheit retten kann.

Irr einem Leitartikel bezeinetManchester Guardian" w fünf Monate, die die alliierten zur Formulierung der Grunde für die Nichträumung der Kölner Zone verwand- >?!.' Pals vollkommen vergeudet. Die Alliierten sind so be- ^uftigt ulit dem Splitter in Deutschlands Auge, datz sie den ulken in ihrem eigenen vergesse« haben. Die Ansicht, daß '^ttchland gähig ist, ohne ein einziges schweres Geschütz.

ohne Kampfflugzeuge und Tanks, ist einfach phantastisch. Das Blatt betont, datz Deutschland zu groß und wirtschaft­lich zu mächtig ist, um für immer niedergehalten zu werden, und sagt dann weiter: Die deutsche Geste des Paktangebo­tes ist unbelohnt geblieben. In ihrer augenblicklichen Ge­stalt sind die Forderungen der Alliierten noch schwerer zu erfüllen als zu der Zeit, wo sie hauptsächlich die Anliefe­rung von Kriegsmaterial betrafen. Deutschland ist jetzt in eine Lage gebracht worden, In der es niemals die Alli- i ierten befriedigen kann, auher wenn diese es wollen, was , sie augenblicklich anscheinend nicht tun. Der Grund dafür j ist leider nur allzu deutlich. Die Besetzung Kölns ist nach der . Ansicht Frankreichs eine der wichtigsten Bürgschaften für i seine Sicherheit. Es wird sie nicht aus den Händen lasten, ; bevor es einen mindestens ebenso guten Ersatz dafür har. Unter dem Vorwand der Nichterfüllung der Abrüstungsbe- stimmungen des Vertrages versucht Frankreich mit briti­scher Gutheißung bessere Garantien für seine Sicherheit zu ^en als die vom Versailler Vertrag vorgesehenen.

Sie Schutzroll - Bewegung

/ Wenn man die Nachkriegszeit vom Standpunkt der Wsk» Wirtschaft betrachtet, wird man ihr das Zeugnis ausstellen müssen, datz sie eine Zeit der Hochschutzzollbewegnng ist. Me deutschen Freihändler bedienen sich mit Vorliebe des Ar­gumentes, datz es Deutschlands erste Sorge sein müsse, wie­der an den Welthandel Anschluss zu gewinnen. Darum dürften längs der Landesgrenzen keine Zollmauern errich- tet werden, die das Einströmen ausländischer Waren er­schweren, und die den anderen Ländern Veranlassung ge den, ihrerseits Zollmauern gegen deutsche Wareneinsuhr rufzutürmen. Gegen diesen Eedankengang mutz jedoch ein­gewendet werden, datz die Zollmauern im Ausland bereits vorhanden sind, und datz wir selbst bei völligem Verzicht auf Einfuhrzölle das Ausland nicht bewegen würden, seiner­seits die Zollmauern abzutragen. Die gegenwärtige Schutz- Mära wird dadurch charakterisiert, daß gerade die wirt­schaftlich stärksten Länder mit dem schlechten Beispiel vor- vngegangen find. Selbst einem wirtschaftspolitischen Laien mutz es einleuchten, datz Deutschland auf einen Zollschutz feiner Produktion nicht verzichten kann, wen» Amerika für seine kraftstrotzende Wirtschaft einen solchen Zollschutz für notwendig hält.

Aber selbst wenn es unter den Völkern der Erde solche gäbe, die eine freihändlerische Politik verfolgen, könnte Deutschland nicht aus die Möglichkeit verzichten, den ver­schiedenen Ländern je nach ihrem wirtschaftspolitischem Verhalten uns gegenüber günstigere oder ungünstigere Lie- Herungsmöglichkeiten nach Deutschland zu gewähren. Ob­wohl wir seit fünf Monaten die formelle Handelsvertrags- freiheit wieder erworben haben, kann von einer wirtschafts­politischen Gleichberechtigung Deutschlands unter den Welt­völkern nicht die Rede sein. Die Gründe, die Deutschland zu einer Schutzzollpolitik zwingen, sind also folgende: Wir müssen den Vorsprung ausgleichen, den das reichere und weniger belastete Ausland vor uns besitzt; wir müssen dem Beispiel der führenden Weltwirtschaftsvölker folgen, wenn wir nicht hoffnungslos ins Hintertreffen geraten sollen; wir müssen endlich ein Schutzzollsystem schaffen, um uns wieder zur internationalen Gleichberechtigung aus wirtschaftlichem Gebiet emporzuarbeiten.

Wir können die Entwicklung, welche die Schutzzollbewe- gung nach dem Kriege genommen hat, bedauern, aufhalten oder ins Gegenteil verwandeln können wir sie nicht. Selbst ausgesprochene Gegner der jetzt eingeleiteten Zollpolitik sprechen von einerZoll-Lavine", die vom Berge ins Tal hinabsaust und alle Widerstände niederwirft. In der Wirt­schaftsgeschichte der neueren Zeit haben Perioden des Schutz­zolles mit Perioden des Freihandels abgewechselt. Die jet­zige Schutzzoll-Lawine mutz sich erst auslaufen; erst dann besteht Aussicht, datz sich die Völker auf die grundsätzliche Befreiung des internationalen Warenverkehrs von Schika­nen und finanziellen Lasten einigen. Freiheit kann nur zwischen gleich Starken bestehen. Darum ist auch das Ver­tragsinstrument, welches die politischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse der Völker in unerträglicher Weise ver­lagert hat, der Versailler Verrag eines der größten Hindernisse, welche der Schaffung eines unbehinderten in­ternationalen Warenaustausches entgegcnstehen.

Dr. C r o l l.

Die Genfer Völkerbundsratstagung

Paris, 8. Juni. Havas meldet aus Gens: Briand und Chamberlain haben bereits in Anwesenheit des französi­schen Delegierten Paul Boncourt und des britischen Unter- staatssekretärs im Kriegsamt, Lord Onslow, die erste Un­terredung miteinander gehabt, lieber die Aussprache zwi­schen Briand und Chamberlain über den Sicherheitspakt wird von beiden Staatsmännern das größte Stillschweigen beobachtet. Dadurch ist natürlich das Interesse unter den Vertretern der internatinoalen Presse aufs äußerste gestei­gert. Es befestigt sich der Eindruck, datz Briand und Cham­berlain in Genf zu einem greifbaren Ergebnis gelange« wollen, jedoch müssen alle Nachrichten, die schon von einem Ergebnis sprechen, als verfrüht bezeichnet werden.

Was der Bölkerbundsrat nicht erledigen wird Genf, 8. Juni. In unterrichteten Kreisen des Völker» ibundssekretariats wird die Meinung vertreten, daß wah­rend der bevorstehenden Ratstagung, deren Dauer nur auf 3 bis 4 Tage bemessen wird, keine Beschlüsse hinsichtlich der Kontrolle der demilitarisierten Rheinlandzone gefaßt wer­den. Die weitere Vertagung der Beschlußfassung wird mit dem Stand der Verhandlungen über den Sicherheitspakt begründet.

Französisch-englische Einigung über den Sicherheitspakt Paris, 8. Juni. Der Sonderberichterstatter desMatin" in Genf bestätigt die Nachricht, datz Chamberlain und Bri­and sich über die Frage des Abschlusses eines Sicherheits- Paktes mit Deutschland unterhalten haben. Die.Angelegen­heit sei jetzt so weit gefördert, datz nunmehr die Verhand­lungen mit Deutschland beginnen könnten. Um die Bedeu­tung dieses Ereignisses zu begreifen, sei es notwendig, die Aufmerksamkeit auf folgende Punkte zu lenken: Der reine Sicherheitspakt könne von Frankreich nur angenommen werden, wen« er von Schiedsgerichtsverträgen zwischen Deutschland und Frankreich, Deutschland und Belgien, Deutschland und Polen, sowie Deutschland und der Tschecho­slowakei begleitet werde, die von Frankreich garantiert werden. England seinerseits, das restlose Garantien für jeden Angriff gegen die Rheinzone gebe, wolle -,ur die Schiedsverträge garantieren, die zwischen den Rheinufer­staaten abgeschlossen werden, wolle aber seinerseits mit kei- > r:m Staat einen derartigen Vertrag unterzeichnen. Ein anderer interessanter Punkt wurde im Laufe der letzten Tage erörtert, nämlich datz Deutschland in den Völkerbund eintreten könne, bevor es seine Entwaffnnngsverpflichtun- §-n erfüllt habe.

Neues vom Tage.

Die Neuregelung des Personalabbaus Berlin, 8. Juni. Die neue Novelle zur Personalabbau­oerordnung sieht folgende wesentlichen Verbesserungen vor: 1. gänzlich" Aufhebung der für die Beamten und Angestell­ten geltenden Abbaubestimmungen, 2. völlige Beseitigung der Pensionskürzungsvorschriften, 3. Gewährung von Abfin­dungssummen an verheiratete weibliche Beamte, die aus dem Beameiroerhältnis ansscheiden, 4. Hinauffetzung der Mudeftwartegeldgrenze und des Höchstbetrages des Warte­geldes, 5. Einschränkung der Einflellungssperre; besonder« Berücksichtigung der Versorgungsanwärter und Schwer», kriegsbeschädigten bei Einstellung von Beamten, 6. Gewäh-i -rung von Witwen- und Waisengeld an die Hinterbliebene», eines verstorbenen Ruhegvhaltsempfängers, der stch erst «ach der Pensionierung verheiratet hat, 7. Gewährung ein«! Witwenbeihilfe an schuldlos geschiedene Ehefrauen verstov- bener Beamten oder D 'hegehaltsempfänger, 8. Gewährung! einer Witwenbeihilfe an Wiederverheiratete Witwengelds berechtigte Witwen im Todesfälle des zweiten Ehemanne« Da die Verbesserungen nicht ohne Eifluß auf die Rech» der Länder- und Gemeindebeamten bleiben werden, war eine vorherige Beteiligung des Reichsrates geboten, um sa eine gleichmäßige Behandlung der Reichsbeamten mit de«! Länder- und Gemeindebeamten zu erzielen.

Zentrum und Bayerische Volkspartei München, 8. Juni. In einer Auslassung der Korrespon­denz der Bayerischen Volkspareti über die Beratungen de» Landesausschusses der Partei, die Ende der Woche hi« Pattfanden, wird gesagt, daß insbesondere die Vorgang« bei der Reichspräfidentenwahl und das Verhältnis der ^Bayerischen Volkspartei eingehend erörtert worden, stM>