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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-Sta-t. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Calw und FreudenstaSt.
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Nr. 98.
AUensteig, Dienstag de» 28. April.
Jahrgang 1923
Zur Wahl Hindenburgs
Nach heißem Kampf und einer Parteidefehdung, wie wir sie bisher nicht erlebten, ist am Sonntag L'e Entscheidung durch das deutsche Volk darüber gefallen, wer als erster Reichspräsident, berufen auf verfassungsmäßiger Grundlage durch ms ganze deutsche Volk, die höchste Stelle im ^Deutschen Reich bekleiden soll. Die Wahl traf den Generalfeldmarschall von Hindenburg. Es entspricht durchaus ver- jsassungsmäßigen und demokratischen Grundsätzen, wenn «man diesen Spruch des Volkes nimmt, denn daran ändert ifich durch kei. rl - rückschauende und beschuldigende Betrachtung etwas. Die politische Beruhigung und der innere Friede muß wiederkehren, um im staatlichen und politischen Wellen die Fülle der Ausgaben z, meistern, die dem deutschen Wolke und seiner Regierung gestellt sind. Wenn innerhalb eines Jahres das deutsche Volk viermal zur Wahlurne gerufen wurde, so bleibt erstaunlich, daß die Wahlmüdigkeit jnicht großen Umfang annahm, sondern die rege politische «Beteiligung im Wachsen blieb. Haben doch am Sonntag «3tL Millionen Wähler im Reiche mehr abgestimmt als am 29. März. Die Volkstümlichkeit des alten Heerführers, konfessionelle wie politische Momente brachten Zug in die Wahl und beeinflußten die Wahlentscheidung. Deutsch- nationale, Deutsche Volkspartei, Wirtschaftspartei, zum Teil auch die Bayerische Volkspartei und die Nationalsozialisten sind geschlossen für Hindenburg eingetreten. Sie konnten zusammen ihre Stimmenzahl von 11709 899 am 29. März auf 14 639 399 erhöhen, während der Volksblock aus Sozialdemokratie, Zentrum und Demokratie nur eine Zunahme von 13 268 628 auf 13 782 640 erzielte. In runden Zahlen erreichte der Neichsblock eine Steigerung um 3 Millionen oder 20—28 Prozent, der Volksblock um Million oder nicht ganz 4 Prozent, trotzdem das Zentrum sehr starke Reserven heranführte. So gewann z. B. Ws Zentrum in der Heimat von Marx Köln-Aachen 72 000, in Düsseldorf 53 000, in der Rheinpfalz 32 000, in Baden 84 000 Stimmen. Demgegenüber stehen freilich auch gewaltige Stimmenzunahmen beim Neichsblock, so in Württemberg allein 183 000, in Baden 124 000, in der Pfalz 30 000, aber auch in selbst fast ganz katholischen, also überwiegenden Zentrumskreisen erzielte der Reichsblock große Erfolge: in Düsseldorf ein Mehr von 170 000, in Koblenz-Trier 60 000, i", Köln-Aachen von 62 000. Nur in Niederbayern erhielt Hindenburg 12 000 Stimmen weniger als Jarres — der. einzige Rückgang des Reichsblocks, während in den übrigen bayerischen Wahlkreisen auf Hindenburg nicht nur die Stimmen von Held, Jarres und Ludendorff, sondern je etwa 20—30 000 mehr entfielen. Marx erlitt in Thüringen, Sachsen, Pommern, Hamburg Einbußen von zehntausend^ von Stimmen, während gleichzeitig der Neichsblock die seinerzeitigen Jarresstimmen stark erhöhte. In Ostpreußen, dem Hindenburg durch seine Befreiung im Jahr 1914 von der Russenüberschwemmung besonders nahesteht, erreichte er mehr als zwei Drittel der Stimmen, nämlich 713 984 gegenüber den 302 673 Marx-Stimmen.
Die Bayerische Volkspartei hat der Wahlparole für Hindenburg nicht sonderlich Folge geleistet: In Oberbayern erhielt Marx in diesem Wahlgang 90 000 Stimmen mehr, Hindenburg nur 24 000, in Niederbayern Marx mehr 61000, Hindenburg 12 000, in Franken Marx mehr 120 OM, «Hindenburg 57 MO. In ganz Bayern erhielt Marx 1046 453, Hindenburg 1730 504, die Zunahme beträgt gegenüber dem «ersten Wahlgang bei Marx 250 000, bei Hiydenburg nur 100 000 Stimmen.
^ Der Wahlsieg Hindendurgs wird erst dann deutlich, wen» Man daran erinnert, daß die Parteien des Volksblocks schon M ersten Wahlgang um 1548 433 Stimmen voraus waren; !«rß der Neichsblock diese nun eingeholt hat und dazu noch !Äne Mehrheit von 887 759 Stimmen errang.
t? Dis außenpolitischen Wirkungen der Wahl Hindenburgs ^*den nun in den nächsten Tagen durch eine Reihe Stirn» Wen der Presse beleuchtet, die gber meist von den Parteien ^ Bitten beeinflußt sind. Es ist also gegenüber diesen Krr- Weu Vorsicht zu üben und die Entwicklung abzuwarten.
selbstlose neue Reichspräsident Hindenburg wird, Me das sein Leben beweist, das deutsche Volk repräsentie» Kampf um seine Person wird stiller werden —
dies dringend zu wünschen — aber wir dürfen das ^rtrauen haben, daß der Mann, dem auch die politische»
E Achtung gegenüberstehen, die Belange des denk« Wen Volkes mit Treue und Gewissenhaftigkeit wahren wird.
Aus dem Leben des neuen Reichspräsidenten
Paul von Beneckendorf und Hindenburg wurde
2. Oktober 1847 in Posen geboren. Sein Vater war? der Major a. D. Robert v. Beneckendorf und HindeW bürg, seine Mutter Luise eine geborene Schwickart- Der Vater starb 1902, die Mutter bereits 1893. Der junstir, Hindenburg wurde zunächst auf dem Gymnasium M Groß-Glogau und dann im Kadettenkorps zu Wahl-» stadt erzogen. Seine militärische Laufbahn begann 7,im April 1866 als Sekondeleutnant beim dritten Garderegiment zu Fuß. Er nahm an den Feldzügen von 1866 und 1870 mit Auszeichnung teil, würde 1872 Premier-- leutnant und besuchte dann die Kriegsakademie. Seine militärische Tätigkeit vollzog sich abwechselnd im Großen Generalstab und im Frontdienst. 1889 war er Abtei- lungsch-f im Kriegsministerium, 1893 Chef des Infanterieregiments 91, 1896 Chef des Stabes 8. Armeekorps, 1900 Generalleutnant und Kommandeur der 28. Division in Karlsruhe. 3m Jahre 1903 wurde er mit der Führung des vierten Armeekorps beauftragt, einige Zeit später zu dessen kommandierenden General ernannt, und am 22. 3uni 1905 zum General der Infanterie befördert. 3m März 1911 nahm er den Abschied, wurde zur Disposition gestellt, und schlug feinen Wohnsitz in Hannover auf.
Der Kriegsausbruch rief Hindenburg nach dem Rus- feneinfall in Ostpreußen alsbald auf einen führenden Posten. Hindenburg, dem Ludendorff als Generalstabschef beigegeben war, wurde mit der Abwehr der russischen Heere betraut. Als Generaloberst übernahm er das Kommando in Ostpreußen, und am 29. August wurde die Schlacht bei Tannenberg geschlagen, die den russischen Vormarsch nach Westen zum Stehen brachte und Hindenburgs Namen mit einem Schlage neben die größten Namen der Kriegsgeschichte stellte. Am 12. September 1914 folgte der Sieg an den masurische» See», der die Befreiung Ostpreußens im wesentlichen vollendete. Dann begann die Reihe der strategischen Operationen im Osten, die in langem und erbittertem Ringen die deutsche Verteidigungslinie weit in das russische Gebiet vortrugen und dort gegen alle russischen Anstürme verankerten. Rumäniens Eintritt in den Krieg im August 1916 hatte die Berufung Hindenburgs an Stelle Falkenhayns zum Chef des Generalstabs zur Folge. Die Niederwerfung Rumäniens ermöglichte eine Verstärkung der Westfront zur Abwehr der gewaltigen englisch-französischen Offensive. Die endgültige Niederzwingung Rußlands und die Offensive nach Italien im Herbst 1917 schafften die Voraussetzung für entscheidende deutsche Schläge im Westen. Nach überraschenden Anfangserfolgen kam das deutsche Vordringen beim dritten Anlauf in der Champagne zum Stehen, und die amerikanische Hilfe ermöglichte dem Generalissimus der Alliierten, Foch, den erfolgreichen Gegenstoß, der zum Rückzug des deutschen Heeres, und, als Bulgarien und Ungarn zusammenbrachen, zum Waffenstillstand führten.
Dem deutschen Volke war der Feldmarschall, der Führer in vielen siegreichen Schlachten, zum Symbol der deutschen Waffentüchtigkeit geworden. Und der Eindruck der militärischen - Katastrophe wurde ausgewogen durch das Beispiel hohen Pflichtgefühls, das tzinden- burg gab, als er sich nach der Abdankung des Kaisers und nach dem Umsturz zur Verfügung der neuen Regierung stellte, um das deutsche Heer sicher über den Rhein zu führen. Als diese schwierige Aufgabe erfolgt und die Demobilisierungsarbeiten im wesentlichen beendet waren, reichte Hindenburg seinen Rücktritt vom Oberbefehl ein. Reichspräsident Ebert genehmigte damals das Rücktrittsgesuch in einem Briefe, worin er dem Feldmarschall für die „dem Vaterland während des Krieges und in der jetzigen Zeit unter großer Aufopferung den unauslöschlichen Dank des deutschen Volkes aussprach.". Auch der damalige Reichskanzler Bauer und Reichswehrminister Noske sandten chm ehrende Abschiedsworte. So telegraphierte Bauer: „Wir, die wir im Zwang der Pflicht auf unserem Posten bleiben müssen, werden immer ein großes Vorbild in der Art sehen, wie Sie die Pflicht gegenüber dem Vaterlands höher gestellt haben, als die persönlichen Gefühle und Anschauungen."
Nach seinem Rücktritt vom Oberbefehl nahm Hindenburg seinen Wohnsitz in Hannover. Dort arbeitete er an seinen Lebenserinnerungen, die im Frühjahr 1920
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unter dem Titel „Aus meinem Leben" «rMemm MV. Dom politischen Getriebe hielt sich der Feldmarschall vollständig fern, und auch bei vaterländischen Kund-> gedungen waren seine Ansprachen von taktvoller Z«-> rückhaltung diktiert. Im Mai 13Z1 verlor «r seine Äeue Lebensgefährtin Gertrud, ged. von Sperling. Aus- Pflichtgefühl stellte er sich für das schwere Amt des Reichspräsidenten noch an seinem einsamen Lebensabend zur Verfügung.
Die Wurzeln feiner KvM
O Hindenburgs Schwester schreibt Wer den Charakter ihres berühmten Bruders: „Kurz gesagt: Gottvertrauerk Und Demut, das ist der Grundzug seines Wesens, das ist die Wurzel seiner Kraft. Gott kan« jhn segnen, Gott kann chm seine gewaltigen Erfolge schenken, ohne daß er Schaden leidet an seiner Seele, denn er gibt Gott allein die Ehre. Er ist ein Mann, der beten kann — dgs jagt,UNK genug, das erklärt uns alles.
' Am Sonntag nach dem gewaltigen Siege bei Tannenberg — dem „ostpreußischen Sedan" —, da hat „unser Generalfeldmarschall" inmitten seiner braven Landsturmleute im Gotteshause dem Herrn aus tiefster Seels gedankt und ihn angefleht um weitere Siege. „Ora et labora" (bete und arbeite), eine Kart« mit drei Worte»' steht auf seinem Schreibtisch, sie hat früher auf dem Schreibtisch unseres Vaters gestanden. Ja, „bete und arbeite", eines ohne das andere ist chm nicht denkbar. „Dankt dem da oben", sagte er und wies mit der Hand zum Himmel, als Hunderte in Graudenz sein Auto jubelnd umdrängten, als sie auf die Bäume kletterte», um den „Befreier von Ostpreußen" besser zu sehem „Dankt dem da oben" — dann fuhr er rasch davon,
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Ergebnisse im Reich
In der folgenden Zusammenstellung der Ergebnisse des 2. Wahlgangs der Reichspräsidentenwahl find zum Vergleich die Zahlen des 1. Wahlgangs beigesügt, und zwar bei Hindenburg die Stimmenzahlen, die sich am 29. März' auf Jarres vereinigt hatten, zuzüglich derer von Held (B. Vp.) und Ludendorff (Nat.-Soz.), bei Marx die zusammen- gerechneten Stimmen von Hellpach, Braun und Marx. z
1. Wahlkreis. Ostpreußen: Hindenburg 713 984 (564 483),
Marx 302 673 (330 821), Thälmann 50 513 (45 726). ,
2. Wahlkreis. Berlin: Hindenburg 384 033 (334 370)', Marx 664 132 (576 638), Thälmann 144 853 (180 734).
3. Wahlkreis. Potsdam II: Hindenburg 428 276 '(378179), Marx 468 350 (418 002), Thälmann 71581 <84516).
4. Wahlkreis. Potsdam I: Hindenburg 464 687 (401 383), Marx 403 512 (372 384), Thälmann 73 603 (84 IM).
5. Wahlkreis. Frankfurt a. Oder: Hindenburg 532 770 (448 102), Marx 308 098 (306 626), Thälmann 25 513 (23 319).
8. Wahlkreis. Pommer»: Hindenburg 683 415 (543 431), Marx 225 872 (261 732), Thälmann 42 838 (33 483).
7. Wahlkreis. Breslau: Hindenburg 451181 (362 420), Marx 620 663 (515 717), Thälmann 23 344 (18 668).
8. Wahlkreis. Liegnitz: Hindenburg312 027 (245 029), Marx 298 6689 (312 037), Thälmann 45 941 (45 552).
9. Wahlkreis. Oppeln: Hindenburg 224 850 (151 757), Marx 293 M3 (276 284), Thälmann 45 941 (45 552).
16. Wahlkreis. Magdeburg: Hindenb. 485 324 (419 972), Marx 405 193 (403 250), Thälmann 39 564 (38 670).
11. Wahlkreis. Merseburg: Hindenb. 412110 (344 718), Marx 164 192 (187 711), Thälmann 140 444 (136 951).
12. Wahlkreis. Thüring.: Hindenburg 620 907 (514 715), Marx 392 406 (394 939), Thälmann 110146 (101681).
13. Wahlkreis. Schleswig-Holstein: Hindenburg 477 208 (380 850), Marx 281 659 (284 154), Thälmann 39 306 (37 035).
14. Wahlkreis. Weser-Ems: Hindenb. 334 M0 (236 645), Marx 355 104 (340 905), Thälmann 22 991 (19 144).
15. Wahlkreis. Osthannover: Hindenb. 336 861 (255 766), Marx 172 830 (164 457), Thälmann 16 027 (14 289).
16. Wahlkreis. Südhannover-Braunschweig: Hindenburg 628 671 (431193), Marx 487 064 (469 499), Thälmann 30 533 (28 819).
17. Wahlkreis. Westfalen-Nord: Hindenburg 388 963 (279 099), Marx 663 590 (630 643). Thälmann 48 270 (48 625).
18. Wahlkreis. Westfalen-Süd: Hindenburg 461783 (331 349), Marx 737 330 (722 931), Thälmann 95 021 l108 686).