Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altensteig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Calw und jreudenstadt.

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Nr. 78.

Alteustetg. Donnerstag den 2. April

Jahrgang 1923

Der Neichshaushattplarr 1925

Der Reichshaushaltsplan für 1928 ist wieder nach den be­währten Grundsätzen der vorrevolutionären Finanzgeba­rung aufgestellt worden. Dem Ordinarium find alle Aus­gaben zugewiesen worden, die aus laufenden Einnahmen Lestritten werden können, während die Aufwendungen für werbende Zwecke dem Extraordinarium zugewiesen sind. Der Gesamthaushalt schließt in Einnahme und Ausgabe mit 7Z Milliarden Reichsmark ab (allgemeine Reichsverwal- tun 5,9 Milliarden, Kriegslasten 1,4 Milliarden Mark). Der Haushalt für die Kriegslasten (bisher Haushalt für die Ausführung des Friedensvertrages) enthält rund 162 Mil­lionen R.M. zur Deckung der außerhalb der Annuität des Dawesplanes das Reich belastenden inneren Reparations­kosten aus den ordentlichen Mitteln des Etats, 142 Millio­nen Reichsmark müssen als Zuschußbedarf auf dem Wege der Anleihe flüssig gemacht werden. Nimmt man hierzu den Zuschußbedarf des außerordentlichen Etats der allge­meinen Reichsverwaltung von rund 136 Millionen Renten­mark,so ergibt sich ein Eesamtanleihebedarf von 277 Mil­lionen R.M., dessen Deckung im Wege der Anleihe wohl noch auf einige Schwierigkeiten stoßen dürfte. Vorläufig er­scheinen diese 277 Millionen noch ohne Deckung.

Von Einzelheiten des Etats seien hier nur einige er­wähnt: der Reichsdruckereibetrieb, angeblich kaufmännisch ausgezogen, soll einen Ueberschuß von 1875 600 Fl abwer- sen. Die wirtschaftsorganisatorisch selbständigen Verkehrs­institute, Post und Eisenbahn, werden dem Reich im Etat­fahr 1925 keine Einnahmen bringen. Im Etat ist weder ein Betriebsüberschuß oer Post noch eine Dividende auf den Aktienbesitz des Reiches an der Reichseisenbahn in Ansatz gebracht. Der Anteil des Reiches am Reingewinn der Reichsbank fließt jetzt bestimmungsgemäß dem Tilgungs­fonds zu, der bei der Reeichsbank zur Einziehung der um­laufenden Rentenbankscheine gebildet ist.

Zur Durchführung der Wahl des Reichspräsidenten sind Ich Millionen Mark in den Etat eingestellt, mit 40 Millio­nen Mark ist die Gewährung von Renten an bedürftige In­haber selbstgezeichneter Kriegsanleihe in Ansatz gebracht. Der Reichstag erfordert einen Zuschuß von 5,7 Millionen Mark, davon entfallen 3,2 Millionen auf Diäten für die Ab­geordneten. Neben besonderen Tagegeldern für Ausschuß­sitzungen erhält jeder Abgeordnete im Monat 562,50 Mark als Diäten.

Die Lasten aus dem Londoner Abkommen find in dem Etat für die Kriegslasten, den wir bereits oben erwähnten, enthalten. Von den insgesamt angeestzten 1400 Millionen Mark entfallen auf die Erfüllung des Sachverständigengut­achtens , auf sonstige Ausgaben 305 Millionen Mark.

Der Etat hat die Zustimmung des Reichsrats bereits gefunden. Der Reichstag wird sich in allernächster Zeit da­mit zu beschäftigen haben. '

Das Unglück bei der -Reichswehr

M 78 Mann und 1 Offizier ertrunken.^

.Hannover, i. April. Nach den bei dem Infanterie-^ Mrer 6 in Hannover eingezogenen Erkundigungen be-s tragt die bis heute morgen 1- 45 Uhr festgestellten Der- i unßtenzali: AusbildungÄataillon 18: 67 Mann, Kraft-! sahrabteilung 6: 1 Offizier, Pionierbataillon 6: 4 Mann: i me Anzahl der Toten ist noch nicht ermittelt- Berlin, 1. April. Nach der vom Inspektor der Pio- mere erstatteten Meldung wurden um 245 Uhr nachts vermißt: 1 Offizier und 78 Mann- Aussicht auf Der- ' »ugerung der Verluste ist gering. ^ > - ! - : H

Bei einer Reichswehrübung am 31- März in der Gegend von Minden, an der vier Bataillone, eine Ar- mlerie-Abteilung, Teile der Fahrrad-Abteilung 6 und oer Kraftfahrabteilung 6 sowie das Pionier-Bataillon 6 leunahmen, ist beim Uebergang über die We.ser eine an­scheinend überlastete Fähre gesunken-

Ueber den Hergang des Unglücks wird folgendes be- «annt: Für das Uebersetzen der Truppen über die Weser m der Nähe von Veltheim hatten die Mindener Pio- mere eine Fähre gebaut, die aus vier Pontons bestand, ^ ^ einem Bodenbelag versehen waren- Nachdem! Rn bereits zweimal die Weser mit Truppen au

i/Mefährdet überquert hatte, begannen Lei der drit-! : j." Aberfahrt mitten im Strom die Hinteren Pontons, > r Fahre wegzusacken und der Bohlenbelag riß aus-' s

einander. Ein Teil der 13V Mann,' die sich auf dcü Fähre befanden, fiel ins Wasser, während die übrigem sich auf den noch schwimmenden Teil der Fähre retten konnten. Vom Ufer wurden sofort Rettungsmaßnahmem mit Pontons und Kähnen eingeleitet und es gelang etwa 8v Mann dem Strom zu entreißen- Die übriges der feldmarschmäßig ausgerüsteten Infanteristen warett von der starken Strömung bereits stromabwärts getrieZ den worden.

Beim Versuch, dem auf der Weser treibenden Tech der Fähre mit einem Rettungsboot nahezukommen, ge^ schah ein zweites Unglück- In der Erregung drängen sich die Leute zum Rettungsboot, Fähre wie RettungH bot wurden einseitig überlastet und kenterteu- 130 Manu schwammen so in den Fluten der durch Regen angc- schwollenen Weser- Ein Test der Mannschaften konnte schwimmend oder mit Hilfe der Balken sich ans Land retten. Ein anderer Teil wurde durch hinzukommeichs Rettungsmannschaften aus dem Wasser gezogen-

Die Kunde von dem Massenunglück hatte sich bald' in den umliegenden Ortschaften verbreitet. Viele Be­wohner aus Veltheim, Hausberge und anderen Orten eil­ten herbei, um so bald Me möglich Hilfe zu leisten,' Eine Anzahl der geretteten Soldaten wurde von ihnen mit in die Häuser genommen und dort gepflegt- Dch Unglücksstelle bietet ein wirres Durcheinander von Bal­ken und militärischem Felddienstmaterial.

Bis zum späten Ahend waren fünf ertrunkene ReichI- wehrsoldaten geborgen. Es werden noch 4050 Leute vermißt, von denen anscheinend der größte Teil ertrun­ken ist- Besondere Kommandos juchen beide Flußufer, ab- Das Bergungswerk wurde heute früh fortgesetzt. Der Divisionskommandeur Freiherr o- Ledebour be­findet sich an der Unglücksstelle. Auch ein Vertreter des Reichswehrministeriums, der Inspektor des Pionicr- wesens, Generalmajor Llldriz ist eingetroffen. Oberst Lorenz, der Standortälteste in Minden, leitet persönlich die Bergung der O.vfer und die Untersuchung des Un­falles- Die Vernehmung der Augenzeugen hat noch kein völlig klares Bild ergeben-

Beileidskundgebungen.

Reichskanzler Dr- Luther sandte dem Reichswehr­minister Dr- Geßler folgendes Telegramm: Tief er­schüttert übermittele ich Ihnen das aufrichtig empfun­dene Beileid der Reichsregierung zu dem schweren Un­glücksfall an der Weser, wodurch so zahlreiche An­gehörige der Wehrmacht in treuer Dienst- und Pflicht­erfüllung den Tod fanden- Ich bitte Sie, auch den An­gehörigen der Verunglückten der Reichsregierung und mein aufrichtigstes Mitgefühl auszusprechen.

Der Stellvertreter des Reichspräsidenten richtete an den Reichswehrminister folgendes Telegramm: Ties er­schüttert über das schwere Unglück beim Weserübergang bei Veltheim spreche ich Ihnen und der Reichswehr herzliche Teilnahme aus- Zugleich bitte ich Sie, den Angehörigen der verunglückten Soldaten, sowie den be­troffenen Truppenteilen den Ausdruck meines aufrichti­gen Beileids zu übermitteln- Ueber das Ergebnis der Untersuchung der Ursachen des Unglücks bitte ich Sie, Mich auf dem laufenden zu halten.

Punkt bezüglich einer auf friedlichem Wege zu'erstrebendsA Revision der Ostgrenzen volle Würdigung habe zuteil wer­den lasten. Ein Gegner der deutschen Anregungen sei vor: allen Dingen die rechtsstehende französische Presse, die wohl anerkenne, daß die dauernde Sicherung des deutschen Rhein­landes einen wesentlichen Kernpunkt der deutschen Initia­tive ausmache- Der Minister betonte, daß er sich versagen müsse, auf Einzelheiten der angedeuteten Fragen einzuge­hen. Die Außenpolitik» die Deutschland zu führen habe» werde iu der nächsten Zeit eine unpopuläre sein und werde starke Anforderungen an das Ertrage der Zeitgenossen stel­len. Aber die Zukunft werde die Menschen und die Par­teien nicht beurteilen nach ausgesprochenen unerfüllbaren Hoffnungen, sondern nach dem Ergebnis positiv geleisteter Arbeit, die uns, wenn auch auf steinigem Wege, der Konso­lidierung der Verhältnisse näherbripgen werde.

Rerres voiMTageU"

Ablehnung des deutsch-spanischen Handelsvertrags ! Berlin, 1. April. Der deutsch-spanische Handelsver»! trag wurde heute im Reichstagsausschuß mit 17 gegen S! Stimmen bei K Stimmenthaltungen abgelehut.

Die deutsch-italienischen Handelsbeziehungen Rom, 1. April. Da das am 10. Januar zum Zwecke einer vorläufigen Regelung der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien geschlossene Zwischenabkommen s heute abläuft, die Verhandlungen aber über den Abschluß ? des an die Stelle des provisorischen Regimes tretenden s Handels- und Schiffahrtsoertrags noch nicht zu Ende ge­führt sind, haben die deutsche und die italienische Regierung die Verlängerung dieses vorläufigen Regimes für die Dauer der Verhandlungen vereinbart, die voraussichtlich inner­halb einer nicht sehr langen Frist zu einem günstigen Ab­schluß gelangen werden. Unter Berücksichtigung einiger sehr dringlichen wirtschaftlichen Notwendigkeiten verein­barten beide Regierungen eine Beschränkung der Listen je­ner« Waren, die bisher von der Meistbegünstigung ausge­schlossen r aren. Infolgedessen werden außer den schon bis-, her nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung ausge- ° Waren vom 1. 4. an in Deutschland italienische Tomaten, Tafeltrauben, sowie Schleif- und Poliersteine und i.r Ita­lien deutsche Bolzen und Schrauben aus Eisen und Stahl, sowie Möbelbeschläge zu den meistbegllnstigsten Zollsätzen zur Einfuhr zugelassen. Das Abkommen wurde heute durch einen Notenwechsel abgeschlossen, der auf italienischer Seite von Mussolini als Außenminister und aus deutscher Seite vrm Botschafter v. Neurath unterzeichnet wurde-

Dr. Stresemann über die Lage

Chemnitz, 1. April. Im Rahmen einer Bismarckfeier die die hiesige Ortsgruppe der Deutschen Volkspartei veran­staltete, hielt gestern Reichsaußenminister Dr. Stresemann eine Ansprache. Nach eingehender Würdigung der Per­sönlichkeit Bismarcks ging Dr. Stresemann kurz auf die außeupolitische Lage ein. Der Dezember 1924 habe eine schwierige Situation für Deutschland herbeigeführt, nach­dem durch das Dawesgutachten eine Grundlage für die Lö­sung des Reparationsproblems geschaffen und eine gewisse Entspannung zweifellos zu erkennen gewesen sei. Nicht die Räumung der Kölner Zone, die mit unseren angeblichen Verfehlungen in der Frage der Militarkontrolle begründet worden sei, sondern das Genfer Nachforschungsprotokoll und das angekündigte Dreimächtebündnis gegen Deutschland hätten die schwierige Situation geschaffen. Durch die deut­sche Initiative des Sicherheitsangebots sei die Lage heute Zweifellos als entspannt anzusehen. Der Minister wies in diesem Zusammenhang auf die bedeutsamen Aeußerungen hin, mit denen der englische Außenminister in der letzten Sitzung des Unterhauses die Idee eines 'Militärbündnisses gegen Deutschland abgelehnt habe und den deutschen Stand-

Mutsch er Reichstag

Das Unglück bei der Reichswehr Eruudschulfrage«

! Berlin, 1 .April. Präsident Löbe widmet am Mittwoch im Reichstag den Opfern des Fährenunglücks mit warmen Worten einen Nachruf, in dem er gleichzeitig den Angehö­rigen der Opfer die aufrichtigste Anteilnahme der deutschen Volksvertretung zum Ausdruck bringt. Das Haus hat sich zum Zeichen der Trauer während der Ansprache des Präsi­denten von den Plätzen erhoben.

Reichswehrminister Dr. Geßler dankt dem Präsidenten für den Ausdruck der Teilnahme und ebenso dem Reichstag» der sich dieser Teilnahme angeschlossen habe. Die Kata­strophe an der Weser stehe beispiellos da, besonders durch die Zahl der Opfer. Er sei noch nicht in der Lage heute eine verantwortliche Erklärung über die Ursachen des Un­glücks abzugeben, die erst festgestellt werden müßten durch eine Untersuchung, zu der er den Chef des Pionierwesens ab­geordnet habe, und dann aber auch durch eine gerichtliche Untersuchung- Der Minister bringt dann einen vorläufi­gen Bericht über die Katastrophe zur Kenntnis und teilt mit, daß wahrscheinlich ein Offizier und 78 Mann ertrunken seien. Die Aussicht auf Rettung sei gering. Verstärkt werde die Trauer noch durch einen neuen Unfall, der sich gestern bei der Marine ereignet habe, wobei zwei Heizer und zwei Arbeiter ihr Leben eiugebüßt haben und ebenso­viel Personen verwundet worden sind. Der Minister stellt auch hierüber einen baldigen amtlichen Bericht in Aussicht.

Auf der Tagesordnung steht dann der Bericht des Ge­schäftsordnungsausschusses über die Anträge des Landge­richtes Magdeburg auf Erteilung der Genehmigung zur Vernehmung mehrerer Reichstagsabgeordneter im Rot- Haxdt-Prozeß.