Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altenfieig'Ltadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bezirke Nagold, Lalw und Freudenstadt.
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Nr. 67 j Altenlteig, Freitag de« 26. Marz.
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Kandidatenrede von Iarresl
Zn Berlin hat am Mittwoch Oberbürgermeister Dr. Zar- res, seine erste Kandidatenrede gehalten. Es ist daraus be- i sonders hervorzuheben: ' f
Früher als wir dachten, ist durch den unerwarteten Heim- j, gang des ersten Reichspräsidenten diese Wahl notwendig ge« s worden. Sie werden es mir nachempfinden, daß ich das s persönliche Bedürfnis habe, und es an dieser Stelle es auch s für eine Ehrenpflicht halte, der Hochachtung Ausdruck zu ^ geben, welche ich dem Andenken des verstorbenen Präsiden- ! ten Ebert bewahren werde. Ich gestehe offen, daß ich die j Kandidatur einer einzelnen Partei hätte ablehnen müssen, : denn der Präsident des Reiches darf nicht der Vertreter j irgend einner einseitigen Parteirichtung oder einseitiger ; wirtschaftlicher Interessen sein. Auch mein dringender < Wunsch war es, daß die überparteiliche Grundlage füt di« i Wahl des Präsidentschaftskandidaten eine Verbreiterung , finden möge. Wenn im Kampf um die Bersackungspolitil - gegen mich gearbeitet wird, so sage ich, daß dieser Vorwurf ? eine Verleumdung darstellt. Zur Abwendung der dem Reich > wie dem besetzten Gebiet in gleichem Maße drohenden Ge- - fahren habe ich bei der Aufgabe des Ruhrkampfes ein« s Lösung empfohlen, die an die Nervenkraft des deutschen Voll s kes hohe, vielleichr allzu hohe Anforderungen gestellt haben > würde. Der Gedanke einer Preisgabe hat zu keinem Zeit ^ Punkt auch nur im entferntesten Bereich meiner politischen ! Erwägungen gelegen. Es besteht die Verpflichtung, de« j Kampf der Parteien und Klassen zu mildern, die Gegensatz« ; auf politischem, kulturellem und wirtschaftlichem Gebiet i zu überbrücken und damit die Einheit des Volkes im In- f nern zu fordern. Wir treten «in für die Fortentwicklung ^ und Erneuerung des Staates auf nationaler, christlicher unl : sozialer Grundlage. Darum bekämpfen wir den undeutscher j Geist der Novemberrevolution. Zeder Gedanke an einen wic « immer gearteten Kulturkampf würde eine schwere Dersün- : digung am deustchen Volke bedeuten. Aber unsere Einheit x ist auch heute schwer bedroht. Sie zu erhalten ist höchste« s Gebot. Ich glaube, daß mit mir ein großer Teil des deut- k schen Volkes in der jetzigen Verfassung nicht das Ideal er- § blicken können, daß sie mir in vielen ihrer Bestimmungen j schon heute reformbedürftig erscheint. Das gilt von den f Verhältnis zwischen Reich und Ländern. Zweifellos hat di« Weimarer Verfassung den unitarischen Gedanken in einet Weise überspannt, die den Ländern nicht das notwendig« Eigenleben läßt und auf die Dauer die deutsche Einigkeit und Einheit nicht fördern dürfte, sondern im Gegenteil gefährden kann. Ich halte fest an dem, was ich als Reichs, minister des Innern gesagt habe, daß die Verfassung auf der Bahn organisatorischer Entwicklung weitergebildet werden muß. Wir sind keineswegs der Auffassung, daß ein« Wiederherstellung der Zustände, wie sie vor 1914 waren, möglich oder auch nur wünschenswert wäre. Auch wir, di« - das Schild des alten Deutschland in einem treuen und an- ^ hänglichen Gedächtnis bewahren, find keineswegs blini! - gegen Fehler und Mängel der alten Zeit. Was sich in de« H Stürmen des Krieges und der Revolution als morsch er- r wiesen hat, kann nicht wiederkehren. Auf der anderen Seit« i find wir der Meinung, daß dieser alte Staat auf unendlich K vielen Gebieten das Borbild eines sozialen Volksstaates f gewesen ist. Wir lehnen die Auffassung ab, als ob es bei die- r fer Wahl des Reichspräsidenten um eine Entscheidung Lbei k die Streitfrage: „Monarchie oder Republik" ginge. Letzte« ! Endes ist nicht die Form des Staates entscheidend, sonder« K fein Inhalt. ^
Dringender erscheint mir dagegen die Lösung des unleidlichen und unsere Nation im Ausland herabsetzenden Flaggenstreits. Ich halte es für ein nationales Verhängnis, daß man in Weimar diese Frage kurzsichtig entschieden hat, ohne auf die heiligsten Gefühle in unserem Volke und die eindringlichen Warnungen aus dem Kreise der Ausländsdeutschen zu achten. Diese Frage muß gelöst werden. Aufgab« des Reichspräsidenten sollte es sein, seine vermittelnde Tätigkeit hierbei versöhnend ernzuschalten. Schwarz-Rot-Eold find die verfassungsmäßigen Farben des bestehenden Staates. Die Achtung, die darum dieser Flagge entgegengebrachi werden muß, würde nach meiner Ueberzeugung eine allgemeine sein, wenn man nicht dazu übergegangen wäre, di« Farben Schwarz-Rgt-Gold, an die sich für mich als alten '
, Burschenschafter die Erinnerung an die Freiheitskriege uM i : an das Streben unserer Väter nach einem freien und mäch- i ,i tigen Deutschland knüpft, zu parteiagitatorischen Zwecken zu i ^ mißbrauchen. Wir bringen der verfassungsmäßigen Fahr» ! die schuldige Achtung entgegen, aber wir fordern auch füi ! uns das Recht, die alten Farben Schwarz-Weiß-Rot, i« : denen sich uns die Symbole einer ruhmreichen Vergangen» j heit verkörpern, ungehindert zu ehren und hochzuhalten. :
Der Frage Loebells, ob jeder sich für Dr. Zaires einsetzea j wolle, wurde durch Handaufbeben zugestimmt. i
Zum AbstimmungsLage Oberschlesiens
' Am 20. März jährt sich zum vierten Male der Ab- ! stimmungstag über Oberschlesien. Die Vereinigten Ver- i bände heimattreuer Oberschlesier rüsten sich in den mei- s sten großen Städten ihn feierlich zu begehen. Aber da- ! rüber hinaus muß der Tag von allen Deutschen mit s stiller Erinnerung und treuem Gelöbnis begangen wer- r den. Das große nationale Erlebnis des Abstimmungs- sieges muß in aller Herz und Hirn ebenso lebendig bleiben, wie das Bewußtsein des schweren Unrechts, das Oberschlesien und A .utschsand später durch das Genfer Diktat zugefügt worden ist. s
Eine Tatsache bleibt Tatsache, auch wenn man sie , umzudeuten versucht. Heute noch, wie vor vier Iah- ' ren, steht unumstößlich fest, daß über drei Fünftel der Stimmberechtigten sich für das Verbleiben beim Reiche j und damit für die Einheit Oberschlesiens ausgcspro- ^ chen hatten. Dem ist durch die Genfer Entscheidung nicht Rechnung getragen worden. Heute noch, ebenso wie im Herbst 1921, ist die damalige Verletzung des gepriesenen Selbstbestinwmngsrechtes der Völker offenbar. Ein Unrecht wird auch dadurch nicht besser, daß es lange dauert, es wird schlimmer. Das soll uns die Wiederkehr des Abstimmungstages auch 1925 deutlich ' zu Gemüte führen.
Cs ist seitdem nichts geschehen, was die falsche Entscheidung nachträglich als gerechtfertigt erscheinen lassen - könnte. 3m Gegenteil, die Entwicklung hat bewiesen. ^ daß die Zerreißung des einheitlichen Wirtschaftsgebietes s von Oberschlesien ein schwerer Fehler war. Diejenigen ! haben recht behalten, die traurige Folgen der Zerstllcke- s lung voraussagten. 3u Ost-Oberschlesien haben sich die k Nachteile noch mehr gezeigt, als im deutschgebliebenen k Teile. Die wirtschaftliche Lage der sogenannten Wojewodschaft Schlesien ist geradezu trostlos geworden. Wohin wir auch blicken, sehen wir schlechten Geschäfts- j gang, Arbeitslosigkeit, Mangel an bereiten Zahlungsmitteln, Konkurse und andere untrügliche Zeichen wirtschaftlichen Niederganges. Die deutsche Bevölkerung Ost- Oberschlesiens wird schlecht behandelt. Die deutschen Optanten müssen das Land verlassen. Ueberall sucht matt die deutschen Beamten zu verdrängen. Daß beim Mangel von geschultem Ersatz die Industrie nicht gedeihen kann, liegt auf der Hand. Dann leidet auch die arbeitende Bevölkerung, also die Masse. !
Dies alles empfinden wir doppelt auch im Reiche mtt Abstimmungslage. Das Mitgefühl mit unfern deutschen Brüdern und Schwestern, mit denen wir die Kulturge- i meinfchast, trotz der neuen Grenzen aufrechterhalten und ! aufrecht erhalten müssen, wird besonders rege. Wir geloben heute, sie nicht zu vergessen, wie wir gewiß sind, daß sie auch unserer gedenken. Wir hoffen mit ihnen« daß die Geschichte dereinst den Fehler beseitigen wird, den kurzsichtige Machthaber begingen. - !
Der 20. Mürz ist für die Deutschen aber noch einö andere Mahnung. Die Abstimmung über Oberschlesien war wohl die letzte deutsche Kundgebung, die von eineiq einheitlichen Volksempfinden begleitet war. Seitdem haben wir ein solches kaum wieder in irgend eine« großen nationalen Frage erlebt. Ueberall trennten sich die Anschauungen. Aber am 20. März 1921 standen ohn« Unterschied der politischen Partei, des religiösen Bekenntnisses und der sozialen Schicht aller Deutschen in- und außerhalb Oberschlesiens treu zusammen. Brauchen wir Einigkeit in nationalen Dingen heute weniger als da- i mals? Die Frage stellen, heißt, sie verneinen. Sollt« c es nicht möglich sein, wieder zu solcher Einigkeit zu kommen? So wird uns der Abstimmungstag zur lauten ! Mahnung. An mm allen liegt es, die rechte Lehre aus ^ ihm zu ziehen.
I Jahrgang !923
Nur das Volk kann sich in der schweren Zeit durchsetzen, das in großen Fragen einig ist oder es wird. Nichts müßte mehr zusammenschweißen, als das Bewußtsein Unrecht gelitten zu haben und die Hoffnung, den Sieg des Rechtes zu erleben. Wir dürfen in dieser Beziehung hoffen. Es hat sich doch seit dem Herbst 1921' manches geändert. Vor drei oder zwei Jahren noch wäre es unmöglich gewesen, daß der Ministerpräsident einer Großmacht in der Entente die oberschlesischche Entscheidung selbst offen als einen Fehlspruch gekennzeichnet hätte. Das Hat MacDonald in Genf getan. Wenn ein Fremder solche Worte sprach, sollten wir Deutschen sie nicht wiederholen dürfen? Wir haben dazu nichi nur das Recht, es ist unsere Pflicht. Besonders am Ab« stimmungstage. Wir wenden uns nicht an die Gewaltz aber wir wissen, daß wir nicht mehr am Boden liegen, daß wenigstens wirtschaftlich das Reich erstarkt ist. Möchten die augenblicklichen Wirtschaftsverhandlungerl mit Polen davon Zeugnis ablegen. Auch hierin fest za> bleiben, mahnt uns der vierte Jahrestag der oberschte- fischen Abstimmung. <
/Neues vom Tage
" Marx verzichtet auf die Kabiuettsbildung ^
Berlin, 19. März. Wie wir aus parlamentarische» Kreisen hören, hat Ministerpräsident Marx den Anstrag wr Bildung des Kabinetts zurückgegeben.
' Die Streiklage bei der Reichsbahn
Dresden, 19. März. Die Zahl der Streikenden hatte im Bezirk der Reichsbahndirektion Dresden am 14. März ihre» Höchststand mit 5 957 ereicht und ist seitdem langsam im Fallen. Sie betrug gestern abend 5 845. Betrieb und Ver» kehr haben weiterhin ausrecht erhalten werden können.
Der neue deutsche Gesandte für Brasilien
Berlin, 19. März. Ministerialrat z. D. Dr. Knitting ist zum Gesandten in Rio de Janeiro ernannt worden. Dr. Knitting begibt sich am 21. ds. Mts. ans seinen neuen Posten.
Die Sicherheitsfrage im Anfangsftadium
London, 19. März. Im Unterhaus wurde an den Staatssekretär des Auswärtigen, Lhamberlain, die Frage gerichtet,' ob er dem Hause Mitteilungen über das jüngst erfolgte deutsche Angebot betreffend einen westeuropäischen Sicherheitspakt machen könne. Lhamberlain antwortete: Das deutsche Angebot liegt noch nicht in der Form vor, in der es dem Hause übermittelt werden könnte. Die mir ursprünglich im strengsten Vertrauen gemachte Mitteilung stellte eine Sondierung dar, die seitdem eine Erweiterung erfahren hat. Ich beabsichtige, die Angelegenheit in allgemeiner Form nächste Woche zur Erörterung zu bringen. Der Meinungsaustausch, der bisher stattgefunden hat, ist noch nicht soweit fortgeschritten, daß ich in der Lage wäre, genau anzugeben, welche Form die deutsche Regierung endgültig ihre« An» Legungen gebe« wird. Ein zu großes Eingehen auf ein» zelne Punkte in diesem Augenblick könnte den weitere« Verlauf der Verhandlungen, die jetzt noch in ihrem An- Kangsstadium sind, gefährden-
Die Sicherheitsfrage bis September verschoben
Paris, 19. März. Der Kammerausschuß für auswärtige Angelegenheiten hielt eine Sitzung ab, in deren Verlauf de« französische Delegierte beim Völkerbundsrat, der Abg. Bri- and, auseinandersetzte, unter welchen Bedingungen während der Tagung des Völkerbundsrats in den letzten Wochen das Sicherheitsproblem behandelt wurde. Er habe die Hoffnung ausgesprochen, daß zwischen dem französischen und dem englischen Standpunkt eine vermittelnde Lösung bis zum kommenden September gefunden werden könne, da alsdann die Völkerbundsversammlung sich wiederum mit der Sicherheitsfrage beschäftigen werde. Vriand erklärte ferner, er fasse nicht nur als möglich, sondern auch als wünschensu ri den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund ins Auge unter der Bedingung, daß es alle Pflichten, die sich daraus ergäben, übernehme, da es ja auch alle Rechte genieße» werde, die durch seinen Eintritt in den Völkerbund ihm zuerkannt würden. Briand hat dann in Verbindung damit von der Notwendigkeit gesprochen, den territorialen status guo aufrechtzuerhalten, namentlich hinsichtlich der deutschpolnischen Grenze. — Der sozialistische Abgeordnete Paul Boncour schloß sich der Erklärung Vriands an und hob die Vorteile hervor, die die Zulassung Deutschlands zum Völkerbund im Hinblick auf die Sicherheitssrage biete. ^