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Amtsblatt für den Bezirk Nagold und für Altenstsig-Stadt. Allgemeiner Anzeiger für die Bczi eke Nagold, <Lalw und jreudenstadt.

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Nr. 33

Attenstrig, Montag den 9. Februar.

Jahrgang L923

Zweierlei Demokratie

Der nachstehende Aufsatz des Schweizer Geistliche» Eudard Blocher tn Zürich ist Len Blättern für das Studentcntum (Verlag: Moritz Schauenvurg, Lahr i. B.) entnommen.

Las, was man in Deutschland jetzt zu verwirklichen er­strebt, ist eine Abart der französischen Demokratie; das, was in der Schweizerischen Eidgenossenschaft lebt, ist ein Erzeugnis deutscher Entwicklung. Der Unterschied besteht im Aufbau des Staatslebens. Hier und dort soll nach den verkündeten Grundsätzen der Volkswille die Grundlage fein; er ist es auch, aber in ganz anderer Weise, so ganz anders, daß doch schließlich die beiden Arten von Demokra­tie kaum mehr etwas mit einander zu schaffen haben. Ver­wischt und vertuscht wird diese Verschiedenheit erstens durch den gemeinsamen Namen Demokratie, und dann freilich auch dadurch, daß die Demokratie der Schweizerischen Eid­genossenschaft bei ihren Um- und Ausbauarbeiten im vori­gen Jahrhundert Formeln und Formulierungen verwen­det hat, die aus der reichen politischen Literatur Frank­reichs stammen. Für längst Vorhandenes und Bodenständi­ges haben wir nachträglich in Form vonGrundsätzen", Lehrsätzen, auch Amtsnamen und dergleichen, fremde Be­zeichnungen angenommen, die den Schein erweckten; als wäre die französische Revolution Ursprung und Grundlage unserer Demokratie, während sie in Wirklichkeit nur Schutt weggefegt hat, unter dem die Grundmauern des ursprüng­lichen Gebäudes wieder sichtbar wurden.

Dieses Gebäude ist die altgermanische Volksverfassung. Ihr Erundzug ist der Aufbau von unten. Bei ihr tritt zu­rage, daß das Oertliche älter ist als das Allgemeine. Der Staat ist nicht eingeteilt in Gemeinden, sondern zusammen­gesetzt aus Gemeinden; nicht der Staat überläßt den Ge­meinden, sondern die Gemeinden überlasten dem Staat Be­fugnisse. Das gesamte Land ist nicht eingeteilt in Verwal- !tungsbezirke, sondern es ist zusammengesetzt aus Einzel­staaten, Dorfgemeinde, Talgemeinde, Landsgemeinde, eid­genössische Volksgemeinde, so setzt sich alles zusammen; ebenso aus freien Städten und selbstgewordenen Fürsten­staaten das Deutsche Reich, oder aus Grafschaften der eng­lische Königsstaat, und heute wieder aus Dominions der fünf Weltteile das britische Weltreich. Das ist germanische Demokratie. So entstand die heutige schweizerische Demo­kratie, der Volksstaat, der neben den Vereinigten Staaten Amerikas dem Ideal eines wirklich vom Volk selbst regier- « ten Staates am nächsten gekommen ist, und der einzige, der sich durch die Sauberkeit seiner politischen Sitten wirklich Achtung erworben hat. Schauplatz des öffentlichen Le­bens sind die Gemeinden, ist das ganze Land, das Dorf wie die Stadt. Es ist die ganz aus dem germanischen Geiste geborene Demokratie der Wirklichkeit.

Daneben gibt es eine romanische Demokratie, zunächst in Frankreich verkörpert. Für sie ist bezeichnend der Ausbau von oben herunter.Im Anfang war der Staat", heißt es da. Der Staat ist eingeteilt in Bezirke, Kreise und zuletzt Gemeinden. An der Spitze steht die Regierung, diese er­nennt für die Verwaltungsbezirke Statthalter und llnter- statthalter, für die Gemeinden einen Vorsteher (den zu wählen die französischen Gemeinden erst seit 40 Jahren das Recht haben). Während der germanische Volksstaat sich verwaltet, wird die romanische Demokratie verwaltet von der Regierung Ohne Zustimmung der Gemeinde kann sie verkleinert, vergrößert, aufgeteilt, mit anderen Gemein­den vereinigt werden gleich einem gewöhnlichen Grundstück. Die Bezirke sind möglichst gleich groß, haben alle dieselben Rechte und Pflichten und keine gesetzgeberischen Befugnisse irgend einer Art. Das Volk wählt einen Gemeinderat, einen Vezirksrat, die beide sehr wenig Befugniste haben, und eine Volksvertretung fürs ganze Land. Es wählt, wer­ter hat es nichts zu sagen und ist einfach Gegenstand ver­waltungstechnischer Tätigkeit der Regierung und ihres Be­amtenheeres.

Der Einzelne hat in dieser Art Demokratie nichts zu sage«; hat er gewählt, so ist er alsbald wieder Unterran. Der örtliche Geist, die örtlichen Ueberlieferungen kommen nicht zu ihrem Rechte. Der germanische Geist sagt: hier in meinem Winkel laste ich mir nicht dreinreden (auf englisch: mein Haus meine Burg), eines schickt sich nicht für alle. Auf dieser Grundlage ruht unsere schweizerische Demokra­tie, das Kind oberdeutschen Bauerngeistes, Ist die ger­manische Demokratie die der Wirklichkeit, jo können wir die französische die Demokratie des Gedankens nennen. Sie verkündet eine Staatslehre von Freiheit, Gleichheit, Wett­bewerb aller Tüchtigen, sie lehrt diese Sätze in den Schulen, schreibt sie überall auf Stempelpapier und Türpfosten und erzeugt dadurch das beglückende Gefühl, das Ke etwas zu,

gebend zu verwirklichen habe. Das Bewußtsein, in einem von früheren Vorurteilen befreiten Staat zu leben, der die vernünftige, richtige, ewige Lehre von der menschlichen Ge­meinschaft verkörpere, ersetzt dem Romanen die Freiheit und Mannigfaltigkeit des örtlichen Eigenlebens und eine ständige tätige Mitwirkung im öffentlichen Leben. Das öffentliche Leben spielt sich nur in der Hauptstadt, in der Volksvertretung, dem Parlament (d. h.Redeanstalt"), wo man durch Bildung von Mehrheiten gegen die Regie­rung aus diese einen fortwährenden Druck zu üben versucht. Dies ist der sogenannteParlamentarismus", der wäh­rend des ganzen Krieges dem Deutschen Reiche so eifrig empfohlen worden ist. Als demokratisch gilt er deswegen, weil das Parlament aus allgemeinen Volkswahlen hervor­geht. In Wirklichkeit steht das Volk den Umtrieben, Wech­selfällen und Beweggründen des parlamentarischen Leben« ebenso fern, wie den Machenschaften in der Umgebung eines Fürstenhofes.

Mit gänzlicher Gleichmacherei geht es allerdings nicht, Bayern und auch andere Länder lasten sich nicht zu einfache» Verwaltungsbezirken erniedrigen. Aber man geht so wKt. wie man kann. Den ganzen Plunder gallisch-revolutionäre« Scheinfreiheit und Parlaments- und Präfektenwirtschaft sehen wir da kommen. Nicht die stammverwandte Schweiz/ nein Frankreich ist das Borbilo, kein deutsche» WM, dern die welsche Gironde ist die Geburtsstätte dieses neuen) angeblich deutschen Staatsgebildes. Es ist wohl unbeschei-; den, wenn der kleine Bruder aus den Waldstätten sich dem) in Verwirrung geratenen Riesen als nachahmenswertes^ Vorbild in empfehlende Erinnerung bringt. Aber Bestand! haben kann doch schließlich nur, was aus dem eigenen Volks-! geiste geboren ist und deshalb nicht an innerer Unwahrheit krankt.

Aus dem Surnpfland der Korruption

Die Finanzskandale Warum Bauer gehe« mußte Berlin, 7. Febr. DerBerliner Lokalanzeiger" veröffentt lichte einen Brief, der von dem Barmathschen Amexima- Konzern unter dem 27. September 1923 an den Reichskanz- i ler a. D. Bauer gesandt worden sein soll. In dem Schrei­ben heißt es u. a.:

Ihr an Herrn Varmat gerichtetes Schreiben vom 26. d. Mts. ist uns zur Erledigung übergeben worden.

Wir fügen anbei einen Auszug Ihrer Rechnung, aus dem Sie zu ersehen belieben, daß Sie noch 1207,66 Dollar und 1915 700 Mark zu bekommen haben, dagegen haben Sie 910 holländische Gulden (gleich 357,35 Dollar zum heutigem Kurse von 254,37) zu viel bekommen, so daß Sie im ganzen 850,31 Dollar und 1915 700 zu bekommen haben.

Die Vermutungen, die Sie in Ihrem Briefe vom 12. Sep­tember aussprechen, sind absolut unbegründet. Ebenso un- Mtreffend find die Angaben Ihres heutigen Briefes, wie Sie aus dem Auszug ersehen können. Die Viertel Prozent Ilmsatzprovision ist feit dem 1. April durch hfl. 300 Mark monatlich ersetzt worden, so daß sie nicht mehr in Betracht kommt. Zinsen für die Beschaffung des 6-Milliardenkredits haben Sie nicht zu beanspruchen, da Ihnen dafür etwa 2000 Dollar bezahlt wurden. Natürlich war es unzulässig, wie Sie ja selbst misten, für Sie Devisen zu kaufen, nachdem Sie Ihre Devisen im Juni haben verkaufen lasten.

Wir wollen ganz davon schweigen, welche kolossalen Ver­luste Sie Herrn Barmat durch Ihre authentischen Infor­mationen aus höchsten Kreisen zugefügt haben. Wir wolle«! auch unerwähnt lasten die 1VVV holländischen Gulden» dre Sie für Herrn Barmat außer der Reihe bekommen habe» and die vielen Hundert Gulden, die Herr Varmat Ihnen in Holland ohne jeden Grund gegeben hat; auch die vielen Hunderttausende Mark, die Ihnen Herr Varmat seinerzeit gegeben hat, wo die Mark noch sehr viel wert war, und die Kvü Dema-Aktien, die Ihnen franko überlasten wurden, wollen wir jetzt nicht in Rechnung stellen."

Die sozialdemokratische RUchstagsfraktion Bauer zur Mandatsniederlegung veranlaßt. Ganz abgesehen von der Art der E^geschäfte Bauers allein die Tatsache, daß Bauer vor dem Untersuchungsausschuß des preußischen Land­tages wahrheitswidrig erklärt hat, er habe ke>ne Zuwen­dungen von Barmat erhalten, war für di? lke-Uiov ent­scheidend, um von Bauer abzurücken.

Zu der Affäre Bauer, die '>n Bordergrm? ' ian- dalaffäi-n o-b- ^ . .ärts" Mitte"'"" ,:ber

ear E. >jehlungsju^ewrn vom Okt. 192o. die

Unterschriften des früheren ReichspSstnnnlsters HSsI e, des damaligen Reichskanzlers Dr. Stresemann und« des damaligen Reichsverkehrsministers Oeser trägt und mit den amtlichen Stempeln versehen ist und die Depositen» und Handelsbank AE. Berlin an den Börsenvorstand drin­gend empfiehlt. Trotz der Empfehlungen der drei Minister hat der Vörsenvorstand jedoch das Gesuch nicht beachtet. Sowohl der Börsenkommissar des preußischen Handelsmini­steriums wie der preußische Devisenkommissar lehnten es ab, der notorischen Schieberbank, für die sie das Bankhrus hielten, die verlangten Befugnisse einzuräumen. Trotzdem soll die Bank auf andere Weise entschädigt worden sein, und zwar soll sie fünf Millionen Postgelder erhalte» haben, nach deren Empfang die beiden Direktoren der Bank flüch­teten und seitdem steckbrieflich verfolgt werden. Die Ange­legenheit bedarf dringend der genauesten Aufklärung.

DieBerliner Vörfenzeitung" stellt fest:Hiernach zeigt sich die Barmat-Affäre in einem zum Teil ganz neuen Licht. Einer ganzen Reihe von Persönlichkeiten, die schon jetzt schwer belastet erscheinen, werden bestimmte Daten und Zahlen entgegengehalten. Noch wichtiger aber dürfte sein, daß nach dem uns bekanntgewordenen Material damit ge­rechnet werden muß, daß die Verluste, welche die Preußische Staatsbank erleiden wird, voraussichtlich alle bisherigen Schätzungen Lbertreffen werden. Der Sumpf der politische» Korruption reicht nach allem viel weiter und die finanzielle Schädigung von Staat und Reich ist viel größer, als die Oeffentlichkeit bisher angenommen hat. Die Behörden und die Parlamentsausschüße sind ja nun an der Aufräumungs­arbeit. Man kann nur wünschen, daß sie so rücksichtslos wie nur irgend denkbar, in jeder Richtung und gegen jede Person, Vorgehen, damit das deutsche Volk wieder das Ge-,

! fühl erhält^ in reiner Lust zu leben."

Auf Grund einer Meldung der DS.-Korrespondenz scheint! Julius Varmat, nachdem die Hastentlastungsanträge bisher? abgelehnt worden sind, zu energischen Mitteln greifen za wollen. In eingeweihten Kreisen verlautet mit größter Bestimmtheit, daß Julius Varmat der Staatsanwaltschaft gegenüber milgeteilt habe, er besitze außerordentlich schwer­wiegendes Material gegen Reichspostminister Höfle und den Abgeordneten Lange-Hegermann, sowohl nach der Richtung hin, was die Aeußerungen des ehemaligen Ministers betreffe, als auch nach der mehr privat-geschäft­lichen Seite des genannten Abgeordneten hin.

In diesem Zusammenhang spielt auch heute der Sprtt- schieber Weber wieder eine Rolle. In der Berliner Presse war behauptet worden, daß gewisse Zusammenhänge zwi-l scheu Dr. Stresemann und Spritweber bestünden./ Diese Zusammenhänge wurden von derZeit" entschieden/ in Abrede gestellt. Doch gibt dieZeit" zu, daß der Sprit-! weder unbestritten in den Klub der Deutschen Volksparter alsPatenkind" Stresemanns eingeführt worden sei, und! zwar auf Empfehlung von Frau Oheimb. Weiter gibt tue Zeit" zu, daß Weber der Klubkasse der Deutschen Volks­partei nennenswerte Beträge zugeführt habe.

In derBerliner Börsenzeitung" wird behauptet, daß für die Seehaudlung, Reichsbank- und Girozentrale eine Bilanz der Barmatschen Unternehmen aufgemacht sei, in der diese mit überhohen Wertsummen aufgeführt worden wären. Damit wurden besonders Neuanschuldigungen gegen den Zentrumsabgeordneten Lange-Hegermann er­hoben.

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Als ein neu« Nantskandal kennzeichnen sich die Vor­gänge, die sich bei der Luisenstädtischen Genossenschaftsbank in Berlin abge'pielt haben. Darüber weiß dasBerliner! Tageblatt" zu berichten. Diese Bank erhielt Kredite aus Staatsmitteln mit der Auflage, einen bestimmten Teil die­ser Gelder an Gemeinden zu einem bestimmten Zinssatz aus­zuleihen. Tatsächlich hat sie die Gelder nicht bestimmungs­gemäß verwandt, sondern den Gemeinden nur die Häute des an sie auszuleihenden Teiles in bar ausbezahlt, für die andere Hälfte aber eigene Akzepte gegeben. Die Deut­sche Girozentrale hat auch in einem Rundschreiben an dis Gemeinden bereits vor Monaten >-or dieser Bank gewarnt. Wie der Zentrunwpresse mitgeteilt wird, soll die Bank GeGmillionen in Rumänien angelegt haben. Die veraut- "wttllchen Geschäftsführer find, wie dasTageblatt" weiter meldet, inzwischen geflüchtet ' "ke nkt". Die Bank

ist nicht in d.r Lage, ihren Verpfl' rvgen nachts."'.men. Es handelt sich in erster Linie um ^-erpslichtungen g»" > eine Anzahl Gemeinden, so die Städte Bonn und Gugen. Die Bank Hat aber, auch , ttt Staatsgeldern gearbeitet.